Geburtstagsgeschenk
Hereinspaziert, hereinspaziert, bitte nehmen Sie Platz, gleich geht’s los! Mirka Rantanen ist mit seinem Circus Of Rock in der Stadt. Also husch, husch, „Come One, Come All“, oder wie wir hier zu sagen pflegen: „Kommt, kommt alle“ – aber ich wiederhole mich. Ruhe jetzt, Manege frei – und Vorhang auf für eine wirklich coole Mucke!
Ratespiel gefällig? Was haben Marko H., Johnny G., Elize R., Danny V. – plus noch so einige mehr – gemein? Genau – sie alle sind Teil des Circus Of Rock, und das in mindestens zweierlei Hinsicht. Was es damit auf sich hat – und ob „Come One, Come All“ seinem Namen gerecht wird, lest ihr in dieser Review! Wer zudem etwas hinter die Kulissen des Projektes schauen möchte, findet hier unser Interview mit Mr. Rantanen.
Drummer sind ja – Ausnahmen bestätigen die Regel – wohl nicht unbedingt die extrovertiertesten Mitglieder einer Musiktruppe (was wohl allein schon der etwas eingeschränkten Visibilität hinter ihrer Schiessbude geschuldet sein dürfte). Doch wehe, wenn sie losgelassen – wie Mirka Rantanen, seines Zeichens Trommler bei der finnischen Power Metal-Band Thunderstone: „Vor ein paar Jahren begann ich darüber nachzudenken, ein Soloalbum aufzunehmen; allerdings sollte es sich vom üblichen Einheitsbrei abheben.“ Angesichts des Umstandes, dass Eigenwerke gestandener Musiker oftmals für zelebrierte Selbstverwirklichung, fernab von Bandgefüge und songdienlichen Harmonien stehen, ein willkommenes Ansinnen.
„Ich wollte mich primär auf grossartige Songs konzentrieren, die nicht zufällig einfach ein paar extra Schlagzeugsolos beinhalten. Mein Fokus lag auf den vielen fantastischen Kollegen, mit denen ich über die Jahre hinweg zusammengespielt habe – diese, sowie ein paar zusätzliche Gastsänger sollten das Rückgrat dieses, meines Albums bilden“. Dass Mirka allein schon aufgrund seines Mittuns bei der finnischen All-Star-Weihnachts-Combo Raskasta Joulua über ein entsprechend grosses Netzwerk verfügt, steht ausser Frage.
Freilich birgt ein Longplayer mit so zahlreichen Stimmen stets auch das Risiko, an den grundlegend unterschiedlichen Erwartungshaltungen zu scheitern. Glücklicherweise widerstand Rantanen der Versuchung, zu sehr an zu vielen Parametern schrauben zu wollen – das Gros der dreizehn Songs bewegt sich vorwiegend im mittelschnellen Tempobereich, was der Scheibe trotz ihrer sonstigen Mannigfaltigkeit eine gewisse Konstanz verleiht. Entstanden ist so ein beeindruckendes Werk, welches nicht nur gesanglich, sondern speziell auch als in sich geschlossene, homogene Einheit zu überzeugen weiss.
Perfect match
Bereits die Vorab-Auskopplungen „Desperate Cry“ und „In Times Of Despair“ zeigen, auf was wir uns unter dem aufgespannten Zirkuszelt freuen dürfen: Beide Tracks sind dermassen perfekt auf das jeweilige Gesangsorgan abgestimmt, dass man nicht umhinkommt zu vermuten, Mirka hätte bei der Entstehung der Songs den jeweiligen Vocalisten messerscharf vor Augen gehabt. So versprüht der erstgenannte Track denn diesen melodisch-rockenden Axel Rudi Pell – Appeal (oder Bon Jovi, wie Redaktionsintern nicht zu Unrecht angemerkt wurde), derweil Amaranthes Miss Ryd mit ihrer klaren, leicht poppig anmutenden Stimme „In Times Of Despair“ den Stempel aufzudrücken weiss (aber mal ehrlich, was kann diese Dame schon nicht singen?), ich das Lied aufgrund seiner Machart, seinen treibenden Drums und den heavy Riffs jedoch eher in der Ecke von Timo Tolkki’s Avalon verorten würde, wo Elize ja auch bereits tätig war. Apropos Trommelbude – gerade dieses Stück zeigt eindrücklich auf, dass Mr. Rantanen nicht nur etwas von der Zusammenstellen eines solchen Vorhabens versteht, sondern auch unglaublich gut mit den Drumsticks umgehen kann!!
Überhaupt ist diese Zuordnung Song – Vocalist eine der ganz grossen Stärken dieses Projektes. Man spürt förmlich, wie wohl sich die Intonisten in ihren Gesangslinien fühlen und dadurch sehr viel von sich selbst in die einzelnen Tracks einbringen. So etwa auch Danny Vaughn, der im eingängigen „Caught In The Middle“ das Flair von Tyketto zu ihren besten Tagen – wenn hier vielleicht auch nicht ganz in so flockig-leichter Art – aufleben lässt. Und wenn bei „Sheriff Of Ghost Town“ Marko Hietala ins Mikro röhrt, wünscht man sich nichts sehnlicher, als bald wieder mehr von diesem Ausnahmekünstler vernehmen zu können. Ein Hammer-Song, der speziell auch in den Versen brillant funktioniert!
„Variety is the spice of life“
Während sich einige Lieder äusserst schnell in den Gehörgängen einnisten, benötigen andere ein paar Umdrehung mehr – als Paradebeispiel sei hier etwa das leicht schleppend daherkommende „Crossroads“ genannt, welches mich mit seinem bluesigen Beat zunächst eher kalt liess, sich in der Folge aber – vielleicht auch wegen den irgendwie Gotthard-esken Strophen – zu einem meiner Lieblingstracks gemausert hat. Noch nicht so richtig warm wurde ich dafür bis anhin mit dem auf stark melodischem AOR-Territorium agierenden „Everafter“, welches mir aufgrund der etwas quäkenden Stimme von Tommi “Tuple” Salmela (die mich an den leider viel zu früh und unter tragischen Umständen verstorbenen Daniel Küblböck aus DSDS erinnert) halt noch immer ein Klitzeklein wenig auf den Keks geht – aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden (und „variety is the spice of life“, wie schon der englische Poet William Cowper zu sagen pflegte).
Die Auszeichnung für den ausgefallensten Songnamen geht klar an „Plywood Covered Windows And Crappy Shoes“ (Feat. Antti Railio) – wie man wohl auf sowas kommt? Und dass sich ausgerechnet eine Ballade („Tears Of The Clown“ – doch noch ein Bezug zur schillernden Zirkuswelt) ganz am Ende der Langrille breitmacht, ist sicher nicht alltäglich, bildet aber den stimmigen Abschluss eines wirklich tollen, kurzweiligen und unterhaltsamen Albums.
Ebenfalls beachtlich ist die Liste der beteiligten Saiten- respektive Tastenzauberer (siehe unten), welchem den Songs eine sehr kraftvolle Note verleihen, bei der nicht zuletzt auch die dynamische, nie mechanisch klingende Produktion das Ihrige dazu beiträgt.
Fun-Fact zum Schluss: Rantanen gründete anno 2009 die sehr beliebte Heavy-Rock-Band für Kinder namens „Hevisaurus“, in welcher er den Apatosaurus „Komppi Momppi“ verkörperte, und wofür er 2011 mit dem Emma Award (dem finnischen Äquivalent zum Grammy) ausgezeichnet wurde.
Das Fanzit Circus Of Rock – Come One, Come All
Mit „Circus Of Rock – Come One, Come All“ liefert der Finne Mirka Rantanen ein beeindruckendes Solowerk ab, bei dem die kompositorischen Fähigkeiten ebenso überzeugen wie die Ausstaffierung der Lieder mit überaus passenden Stimmen. Namen wie Johnny Gioeli, Danny Vaughn, Marco Hietala oder Elize Ryd mögen dabei – zumindest für das Gros der hiesigen Hörerschaft – herausstechen, doch bewegen sich alle Akteure auf einem erfreulich hohen Level, so dass keiner der dreizehn Songs abfällt!
Nun liegt es sicherlich auch in der Natur der Sache, dass bei so vielen unterschiedlichen KünstlerInnen nicht jedem alles gleich gut ins Ohr geht – aber gerade diese Diversität, dieses vielfältige Potpourri an wirklich coolen Stücken ist meiner Meinung nach das grosse Plus dieser Scheibe. So ist denn auch der Titel des Albums mehr als passend, denn der Einladung, dieser musikalischen Zirkusaufführung beizuwohnen, dürfte man nur allzu gerne Folge leisten.
Mirkas Traum war es, sich zu seinem 50. Wiegenfest mit einem Soloalbum zu beschenken – dass jeder Fan guten Metals ein grosses Stück der Geburtstagstorte mit abbekommt, ist da natürlich umso erfreulicher!
Anspieltipps: Desperate Cry, In Times Of Despair, Crossroads, Plywood Covered Windows And Crappy Shoes, Edge Of Love
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Trackliste Circus Of Rock – Come One, Come All
- The Beat (Feat. Riku Turunen)
- Desperate Cry (Feat. Johnny Gioeli)
- Sheriff Of Ghost Town (Feat. Marco Hietala)
- Never (Feat. Kimmo Blom)
- In Times Of Despair (Feat. Elize Ryd)
- Crossroads (Feat. Pasi Rantanen)
- Caught In The Middle (Feat. Danny Vaughn)
- Plywood Covered Windows And Crappy Shoes (Feat. Antti Railio)
- Edge Of Love (Feat. Rick Altzi)
- Set Me Free (Feat. Jarkko Ahola)
- Everafter (Feat. Tommi “Tuple” Salmela)
- No Reason (Feat. Marc Quee)
- Tears Of The Clown (Feat. Erik Kraemer)
- Burning (Bonus Track Digital)
Line Up – Circus Of Rock
Singers:
- Marco Hietala (Nightwish, Tarot)
- Elise Ryd (Amaranthe)
- Johnny Gioeli ( Hardline )
- Danny Vaughn (Tyketto )
- Rick Altzi (Masterplan)
- Jarkko Ahola, ( solo artist, ex-Teräsbetoni)
- Antti Railio, ( TVOF-winner)
- Pasi Rantanen ( Thunderstone, ex-King Company)
- Marc Quee ( Esclavitud)
- Riku Turunen ( Exlibris)
- Kimmo Blom ( Leverage)
- Tommi “Tuple” Salmela ( soloartist, Tarot)
- Erik Kraemer ( Simulacrum)
Guitarists:
- Roope Riihijärvi (Brother Firetribe)
- Ade Manninen
- Erkka Korhonen (Raskasta Joulua, Dark Sarah)
- Antti Wirman (King Company)
- Tuomas Wäinölä (Marko Hietala Band, Raskasta Joulua)
- Sami Virtanen ( Strandberg Band, ex-Kotipelto Band)
- Tonza Huovinen (Sentiment)
- Juhani Malmberg ( Ex-Tunnelvision)
Keyboardplayers:
- Piotr Sikora ( Exlibris, Leash Eye)
- Christian Pulkkinen (Simulacrum, James La Brie etc.)
- Jari Pailamo (King Company, Daimonic)
- Heikki Neuvonen
- Pete Eskola (Sentiment)
Bassplayers:
- Lauri Porra (Stratovarius)
- Jykä Sirainen ( Transworld Identity, Horsepower)
- Erkki Silvennoinen ( Raskasta Joulua)
- Jari Behm ( Stud)
- Time Schleifer ( King Company)
- Reijo Stenman (Mephistos Söhne)
- Ville Sielunahjo (Sentiment)
- Marko Pukkila ( Shadow Tribe, Altaria, Stargazery)
- Riitis
Drums:
- Mirka Rantanen