Schwäbische Kost
Wenn es um unterschätzte und unterbewertete Bands geht, dann muss der Name Brainstorm fallen. Seit Jahren liefern die Schwaben um Fronter Andy B. Franck hochwertiges Futter für die Ohren, liefern auf der Bühne schweisstreibende Shows und werden auch von Seiten der Presse mit Lob überhäuft. Und trotzdem fliegt der Fünfer immer weit unter dem Radar der meisten Metalheads. Völlig zu Unrecht und unverständlich!
Oh, Moment. Dieser Text ist ja geklaut. Von mir selbst. Denn genauso hab ich es schon vor drei Jahren geschrieben, als die schwäbischen Metaller „Midnight Ghost“ veröffentlicht haben… Doch in diesem Fall treffen obenstehende Aussagen auch im Spätsommer 2021 zu!
Drei Jahre sind seit dem erwähnten Output vergangen. Jetzt liefern Brainstorm mit „Wall Of Skulls“ den Nachfolger. Endlich, möchte man sagen! Es ist mittlerweile Studioalbum Nummer 13 – und das könnte vielleicht zur Glückszahl werden?
Nun ja, wirklich schlechte Alben haben die Süddeutschen ja eh nie rausgehauen. So gesehen ist es vor allem eine Frage, ob das Niveau des hochwertigen Vorgängers gehalten werden kann.
Ich hab jedenfalls grad etwas ein Luxusproblem. Ich hab das Ding schon dermassen oft gehört, dass ich kaum mehr weiss, was ich hier eigentlich erzählen soll… Aber fangen wir mal an, am besten am Anfang. Der heisst „Chamber Thirteen“. Ob das einen Zusammenhang mit der erwähnten Tatsache des 13. Albums hat, müsste man mal in einem Interview rausfinden. Jedenfalls ist es das erste Brainstorm-Intro seit „Metus Mortis“ vor 20 Jahren. Düster, beklemmend, Kirchenchöre – irgendwie erinnert das einen an die böse Atmosphäre im Film „Der Name der Rose“. Doch dann geht’s mit Hochgeschwindigkeit ans Eingemachte. „Where Ravens Fly“ drückt von der ersten Sekunde aufs Gaspedal und erfreut mit seinem stampfenden Refrain die Fangemeinde. Auch wenn mich das zwar etwas an „Devils Eye“, den Opener des Mitternacht Geistes, erinnert – es ist ein Einstand nach Mass.
Mit „Solitude“ folgt ein absolutes Highlight. Ich bevorzuge ja generell eher die langsameren und schweren Tracks. Hier werde ich fündig! Was für ein Brett, das ist einfach geil. Andy liefert (allerdings nicht nur hier!) eine fantastische Gesangsleistung ab und die Instrumentalabteilung drückt, was das Zeug hält. Stilistisch in die gleiche Richtung geht „Glory Disappears“. Diese Melodie, dieser Refrain, diese ganze Stimmung – das ist auf dem Niveau des fantastischen „… And I Wonder“ vom 2014er Werk „Firesoul“.
Tendenziell sind jedoch die schnelleren Songs in der Überzahl. Das muss jedoch kein Qualitätsmangel sein. Brainstorm beherrschen auch das sehr gut. Als Beispiel kann hier „My Dystopia“ dienen. Schnelle Doublebass Gewitter, garniert mit Hochgeschwindigkeits-Gefrikel und einem weiteren Ohrwurm-Refrain. Auch „Stigmatized (Shadows Fall)“ bewegt sich mehrheitlich in höherem Tempo.
Die Schwaben bringen aber auch noch ganz neue Elemente in ihren Sound: Gastmusiker! Beim Nackenbrecher „Escape The Silence“ (vielleicht der schnellste Track überhaupt…) brilliert zuerst Andy mit seiner unverkennbaren Stimme, bevor im zweiten Teil Rage-Mastermind Peavy dem Ganzen noch seinen eigenen Stempel aufdrückt. Direkt im Anschluss geht’s nur unwesentlich langsamer weiter. Hier darf nun ein zweiter Gast mittun: Seeb Levermann, seines Zeichens Fronter von Orden Ogan und gleichzeitig auch Produzent dieses Albums.
Gibt’s denn nun überhaupt Schwachpunkte? Also einen wirklichen Stinker kann ich absolut nirgends finden. Mag sein, dass man beim anderen oder anderen Song vielleicht mal „tönt doch etwas wie….“ denkt. Und nur der (vermeintlich) letzte Track, „I, The Deciever“, fällt dann (wirklich nur ein kleines) Spürchen ab. Doch das gleicht der treibende Bonus Track „Cold Embrace“ mehr als nur aus. Zum Abschluss nochmals ein Refrain mit ganz viel Kleister, und die Accept-mässigen „ohohohoh“-Chöre setzen dem ganzen grad noch die Krone auf.
Das Fanzit Brainstorm – Wall Of Skulls
Ich habe Schreibempfehlungen bekommen. Kollege Andy beispielsweise hat mir zu folgendem Review geraten: Hörerlebnis: geil. Resultat: Kaufempfehlung. Wertung: 9/10. Kollege Thomas meint, dass man „So muss sich ein Power Metal Album anhören“ dazu kritzeln soll. Und wenn ich jetzt ehrlich bin: Ich muss dazu eigentlich wirklich nicht mehr sagen…
Ausser vielleicht noch: Brainstorm haben mit „Wall Of Skulls“ erneut ein bockstarkes Ding gemacht. Wie man in Interviews lesen konnte, hat die unfreiwillige Zwangspause zudem ganz offensichtlich dazu verholfen, viele Details noch zu verbessern. Das Resultat ist eine Scheibe, die den Vergleich mit keinem der zwölf Vorgänger fürchten muss! Ob es das beste Album der Schwaben überhaupt ist? Das wird sich wohl erst mit den Jahren zeigen. Aber 9 fette Punkte ist es allemal wert!
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