Popcorn für die Ohren
Lockdowns sind ja irgendwie auch cool. Klar war das gesamtheitliche Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens – inklusive aller Live-Events – Hühnerkacke, darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber hey, wie viele saustarke Abriegelungs-Projekte haben in dieser Zeit das Licht der Welt erblickt? Wie etwa „At The Movies“ mit ihrem „Soundtrack Of Your Life – Vol. 1“, welcher diese Tage neu aufgelegt wird. Und das kam so…
„Ich liebe es einfach, der realen Welt für zwei Stunden komplett zu entfliehen und an etwas völlig anderes zu denken – speziell im letzten Jahr“, sagt Chris Laney (Pretty Maids) über seine Leidenschaft für Filme. „Ich habe mir alle die Klassiker während des Lockdowns angesehen, weil ich wirklich nichts Besseres zu tun hatte“. Speziell „Music And Lyrics“ mit Hugh Grant scheint es dem Schweden angetan haben: „Es gibt da diesen unglaublich kitschigen Song „Pop Goes My Heart“, und ich konnte einfach nicht anders als ein Demo aufzunehmen um herauszufinden, wie der als Rockvariante klingen würde“.
Freunde…
Nach einem Online-Chat mit Allan Sørensen (Pretty Maids, Royal Hunt) und Morten Sandager (Ex-Pretty Maids, Mercenary) beschloss man, einige Freunde zu kontaktieren und sie zu einem gemeinsamen Quarantäne-Spass einzuladen. Nur ist die Sache die: Wenn Laney seine „Freunde“ anruft, endet das in einer Band mit Leuten wie Björn Strid (Soilwork, The Night Flight Orchestra), Linnéa Vikström (Ronnie Atkins, Therion), Pontus Egberg (King Diamond, Wolf) oder Pontus Norgren (Hammerfall, Pänzer, Talisman, Dreams Fall), um nur einige zu nennen. „Damit fing alles an. Wir waren einfach auf der Suche nach etwas, mit dem wir in diesen Zeiten Spass haben konnten“.
So entstand über die Zeit hinweg (konkret jeden Donnerstag um 19 Uhr) eine breit gefächerte Sammlung interessanter Remakes von Klassikern der Filmmusik, wobei man sich bei „Soundtrack Of Your Life – Vol. 1“ auf die Blockbuster der 80er Jahre fokussierte. Ob nun „St. Elmo’s Fire“ (aus dem gleichnamigen Movie), „We Don’t Need Another Hero“ („Mad Max Beyond Thunderdome“), „The Power Of Love“ (aus „Back To The Future“) oder „The Neverending Story“ – die Neuinterpretationen machen wirklich Laune, auch wenn ich als Kind jener Zeit nicht mit allen Details dieser Neuauflagen vorbehaltslos glücklich bin. Gerade bei „No Easy Way Out“ (im Original von Robert Tepper, Rocky 4) klingt der Refrain in meinen Ohren etwas abgehackt, „Wouldn’t It Be Good“ von Nik Kershaw hätte für meinen Geschmack in der Strophe etwas variabler intoniert werden dürfen.
Zudem will beim ursprünglich von Duran Duran gespielten James Bond-Theme „A View To A Kill“ der Funke bei der At The Movies-Version nicht so vollends überspringen. Und ob die Welt nun wirklich eine neue Fassung von Whams „Last Christmas“ (auch wenn’s ein Bonustrack ist) so dringend nötig hat (welche aber zugegebenermassen recht keck hinterm Weihnachtsbaum hervorschielt) – urteilt selbst. Dann doch schon eher „Far From Over“, welches aus dem Film „Staying Alive“ stammt und in der Urfassung von Frank Stallone gesungen wurde – und heute wie gestern gehörig abgeht.
… auf Distanz
Aber das ist wirklich mäkeln auf hohem Niveau, denn generell bieten die zwölf auf der Scheibe enthaltenen Tracks (Intro nicht mit eingerechnet) wirklich sehr gute Unterhaltung und lassen einen mit einem breiten Grinsen im Gesicht zurück – und genau das ist es doch, was man diese Tage nur zu gut gebrauchen kann! Zudem erinnert das Teil von der Machart her stark an die Bravo-Hit-Kollektionen des letzten Jahrtausends, was sich nicht zuletzt auch in der knallig-bunten Aufmachung der Verpackung widerspiegelt.
Was mir ebenfalls auffiel, ist die hier zuweilen deutlich klarere Aussprache denn im Original. Und auch, dass ein Gros der vorgetragenen Lieder eigentlich bereits in ihrer Urfassung recht rockig um die Ecke kamen. Etwas, das sich in der darauffolgenden Dekade irgendwie zu wandeln schien, und auf das ich in der Rezension zu Volume 2 sicherlich noch zu sprechen kommen werde.
Aufgenommen wurde das Ganze bei den jeweils beteiligten Musikern zuhause – oder „remote“, wie man heute zu sagen pflegt – und dann in Chris Laneys Heimstudio zusammengefügt. Das hier vorliegende Vol. 1 war bis dato nur digital erhältlich, wurde aber nochmals neu remastered und ist nun auch endlich in physischer Form bestellbar.
Das Fanzit At The Movies – Soundtrack Of Your Life – Vol. 1
Klar, über den Sinn und Unsinn eines solchen Unterfangens kann man trefflich streiten. Einerseits dürften die Titel gerade bei schon etwas gesetzteren Semestern hinreichend bekannt sein, wodurch stets halt auch das Original im inneren Ohr munter mitklingt. Auf der anderen Seite macht das Teil einfach nur jede Menge gute Laune, zumal allzu ausufernde künstlerische Experimente mit dem vorliegenden Liedgut glücklicherweise vermieden wurden und man stets nahe bei der Urfassung blieb.
Der Kaufentscheid gestaltet sich für einmal recht einfach: In den 80ern aufgewachsen und ein Film-Fan? Bestellen! Lust auf Spass und kurzweilige Unterhaltung, auch wenn’s mal nicht von der ganz harten Sorte ist? Zumindest reinhören ist nicht verkehrt! Denn: „The Heat Is On“, fürwahr!
Anspieltipps: Maniac, St. Elmo’s Fire, The Heat Is On, Far From Over
Ab Release reinhören und portofrei bestellen
Trackliste At The Movies – Soundtrack Of Your Life – Vol. 1
- Intro
- No Easy Way Out
- Maniac
- St. Elmo’s Fire
- A View To A Kill
- (I’ve Had) The Time Of My Life
- Wouldn’t It Be Good
- We Don’t Need Another Hero (Thunderdome)
- The Power Of Love
- The Heat Is On
- The Neverending Story
- Far From Over
- Last Christmas
Line Up – At The Movies
- Björn „Speed“ Strid – Vocals
- Linnéa Vikström Egg – Vocals
- Chris Laney – Guitar
- Morten Sandager – Keyboards
- Allan Sørensen – Drums
- Pontus Egberg – Bass
- Pontus Norgren – Guitar