Kreativer Stillstand ist das Ende
„Musik kann Dinge sagen, die wir nicht in Worte fassen können“, steht handgeschrieben auf meinem physischen Tonträger, der pünktlich zum Release des neuen Dead Venus Albums „Flowers & Pain“ im Postkasten lag. Dieses Zitat, welches die Komponistin und Sängerin Seraina Telli verfasst hat, trifft den Nagel auf den Kopf.
Immer wieder habe ich mich gefragt, wie ich Musik in Worte fassen soll. Musik, die durch jede einzelne Ader und Sehne meines Körpers fliesst und mich elektrisiert. Musik, die jeden einzelnen Nerv in mir stimuliert und mich zum Lachen, Weinen oder Staunen bringt. Dafür gibt es keine Worte und dafür muss es eigentlich auch, aus meiner Sicht, keine Worte geben. Wer das nicht fühlt…
Nun, ich versuche es zu umschreiben. Die Schweizer Künstlerin Seraina Telli ist international kein unbeschriebenes Blatt und rockte bereits viele grosse Bühnen in Europa. Im Frühjahr 2019 entschied sich das Ausnahmetalent eigene Wege zu gehen und trennte sich von ihrer damalige Band Burning Witches, die gerade dabei war internationalen Durchbruch zu erlangen. Das war mutig und genau darum geht es in diesem Album. Es geht um Veränderung. Kreativer Stillstand ist ein tiefgreifendes Gefühl. Wenn man die Hoffnung verliert, dann verschliesst sich das Herz. Daher bleibt als einzige Möglichkeit die Transformation.
Bereits mit dem ersten Album-Release „Bird Of Paradise“, welches am 13. September 2019 veröffentlicht wurde, zeigte Seraina Telli ganz klar auf, wo die Reise hin gehen soll. Weg vom traditionellen Heavy Metal, hin zu anspruchsvolleren und komplexen Soundstrukturen. Es entstanden Lieder, die nicht jeder gut verdauen kann. Zudem veröffentlichte die Band passende Video-Clips, bei denen die Songs und Texte künstlerisch in eine beeindruckende Bildsprache umgesetzt wurden. Das setzt sich mit dem aktuellen Release «Flowers & Pain» weiter fort und konnte sogar gesteigert werden. Video-Clips werden zweiteilig veröffentlicht, die Keyboard-Parts klingen noch flüssiger und das E-Gitarren-Spiel erhält Einzug. Beim ersten Release «Bird Of Paradiese» warb man noch damit, dass keine Gitarren verwendet wurden. Auch das Songwriting ist nochmals eine Spur anspruchsvoller geworden. Dennoch: Falls ihr nun eine verbindliche Antwort auf die musikalische Stilrichtung von mir haben möchtet – ich kann es fast nicht einordnen, das ist sehr eigen.
Um das neue Album am Stück anzuhören, nimmt man sich am besten einen hochkarätigen japanischen Whiskey zur Hand und hört mal ganz genau hin. Das ist keine Hintergrundmusik. Das ist Musik, mit der man sich auseinandersetzen will. Die tiefgründigen Texte regen zum Nachdenken an. Leider schaffen es heutzutage nur noch wenige Musikliebhaber, tiefer in Musik einzutauchen.
Mit Mike Malloth am Schlagzeug und André Gärtner am Bass hält die Frontfrau Seraina Telli die Formation gewollt klein. Frau will sich auf das Wesentliche konzentrieren. Ausserdem kann sie sehr wohl Keyboard und Gitarre bestens selbst bedienen. Das ist beeindruckend, doch was ist es, wobei einem am Ende die Spucke wegbleibt? Dem Gesang der Aargauerin hinsichtlich Qualität und Range scheint keine Grenze gesetzt zu sein. Ihre Stimme ist für mich bei weitem das wertvollste Instrument, welches hier zum Einsatz kommt. Es wird geschrien, gegrunzt, hoch gesungen, tief gejammert, energisch gefiept und liebevoll gehaucht. Was gesangtechnisch hier geboten wird schreit nach Ausnahmezustand! Sobald die fast 40-tägige Tournee mit Orphaned Land stattfinden wird, kann Seraina Telli dies auch live unter Beweis stellen. Da bin ich mir ganz sicher.
Ein Freund von mir sagte, als er das Album zum ersten Mal hörte: „Ich weiss gar nicht was ich dazu sagen soll. Das ist Kunst…“
Das Fanzit Dead Venus – Flowers & Pain
Mit dem zweiten Release „Flowers & Pain“ entwickelte sich Dead Venus konsequent weiter und Seraina Telli überrascht immer wieder mit neuen kunstvollen Konzepten was ihr Aussehen, die Musik und die Umsetzung der Video-Clips betrifft. Wer Überraschungen liebt und intelligentes Songwriting schätzt, sollte das Album unbedingt kaufen!
Reinhören und CD/Vinyl portofrei erhalten
Trackliste Dead Venus – Flowers & Pain
- The Cognition
- Flowers & Pain
- Lily Of The Valley
- Plaything Doll
- The Haunted Place
- That Creation
- Revelation of Hate
- Little King
- Anna Moll
- The Release
- Keeps You Alive
Line-Up Dead Venus
- Seraina Telli (Gesang, Keyboard, Gitarre)
- Mike Malloth (Schlagzeug)
- André Gärtner (Bass)
- Merlin Mattheeuws (Bass seit Januar 2022)
Video Dead Venus – Plaything Doll Part I