Doppelte Todes-Dampfwalze in Lenzburg
Die Met-Bar war am Freitagabend komplett in deutscher Hand. Die aus München respektive Thüringen angereisten Kapellen liessen keinen Stein auf dem anderen. Hailstone entpuppten sich als idealer Opener und ebneten den Weg für das darauffolgende Abrisskommando unter der Leitung von Deserted Fear. Wie? Ihr habt diese fulminanten Shows verpasst? Dann sei euch dieser Bericht wärmstens ans Herz gelegt.
Auftakt in ein endlich wieder intensives Konzertwochenende für Metal-Dutti. Heute Lenzburg, morgen Wetzikon und übermorgen Pratteln – so hat das gefälligst zu sein! Ausserdem «verirren» sich nach einer längeren Durststrecke auch vermehrt internationale Gruppen in unser helvetisches Gebiet. Versteht mich bitte nicht falsch; gegen die hiesigen Lokalmatadoren gibt’s grundsätzlich keine Einwände, aber ab und an dürstet es einen trotzdem nach Equipen aus dem Ausland. Die heutigen Akteure passen freilich in dieses «Beuteschema». Das Augenmerk der Besucher dürfte hauptsächlich den sympathischen und umgänglichen Thüringer-Jungs von Deserted Fear gelten. Die Todesmetaller erklimmen seit einer Weile fleissig eine Karriereleiterstufe nach der anderen und zementieren ihren Namen immer intensiver in den Schriftstücken der Szene. Dass der spontane Abstecher in die Schweiz wirklich Realität wurde, ist ohne Zweifel eine verdammt geniale Angelegenheit. Zudem ist es die optimale Gelegenheit, um den Fans das neuste Eisen «Doomsday» vorzustellen.
Das könnte tatsächlich ein ganz besonderer Event werden. Irgendetwas liegt in der Luft. Die Location ist bereits kurz nach Türöffnung beinahe zum Bersten voll. Ich gehe davon aus, dass die letzten paar verbliebenen Tickets problemlos an der Abendkasse verscherbelt werden. Die Hüterinnen des Tresens flitzen unermüdlich durch die Gegend und versorgen die durstigen Kehlen mit diversen, zu meist alkoholischen Säften. Kollege Benji und ich nehmen uns jedoch zuerst einmal den Merchandise-Stand vor. Und mein lieber Scholli, die Auswahl ist bemerkenswert! Beide Truppen scheinen richtige Wagenladungen über die Grenze geschleppt zu haben. Gerade Deserted Fear haben Artikel für sämtliche Witterungen und Vorhaben am Start. Von Jacken über «Faulenzerhosen» bis hin zu Mützen ist alles im Angebot. Da lässt man seinen schwerverdienten Zaster natürlich gerne liegen. Danach ist eine clevere Standortplatzierung vor der Bühne angesagt. Wir wollen schliesslich nicht dauernd die Hinterköpfe der vor uns stehenden Hünen bestaunen.
Hailstone
Servus München! Die mir unbekannten Hailstone legen ein paar Minuten nach 21 Uhr los wie die Feuerwehr. Lecko mio, da steckt ordentlich Wumms dahinter! Einen passenderen Support hätten sich Deserted Fear nicht wünschen können! Der Vierer bringt den Saal mit seinem melodiösen Todesblei, welches gelegentlich mit schwarzmetallischen Elementen angereichert wird, rasch auf Betriebstemperatur. Frontmann Daniel brüllt engagiert ins Mikro, Bassist Hanse beweist mit seinem Amorphis-Shirt eindeutig Musikgeschmack, Klampfer Basti hantiert geschickt an seinem Spielgerät herum und Drummer Tom, der lediglich als Aushilfskraft figuriert, erntet ein Sonderlob für seinen Einsatz und seine Leistung. Interessierte Stick-Schwinger können sich übrigens unter hailstonemunich@gmail.com für den freien Posten bewerben.
Das Publikum bekommt Liedgut der beiden Platten «The Greater Counterfeit» (2012) und «Epitome» (2016) zu hören. Allerdings gibt sich Daniel im letzten Drittel selbstironisch und kündigt an, dass sie doch auch wieder einmal einen neuen Song geschrieben hätten. Das Ding heisst «Under Fallen Skies» und macht – wie die restliche Setliste – richtig Laune! Hailstone empfehlen sich dank dieser grandiosen Leistung definitiv für weitere Gastspiele auf schweizerischem Grund. Nach diese knappen Stunde ist die Zuhörerschaft bestens aufgewärmt und bereit für den Headliner.
Deserted Fear
Der aufsteigende Stern am Death Metal-Himmel startet ein bisschen holprig ins Geschehen. Die Saitenkönigin von Fronter Manuel zickt herum und muss zuerst beruhigt werden. Das Problem wird sowohl schnell als auch in witziger und sympathischer Manier behoben. Dem Thüringer Dialekt könnte ich sowieso den ganzen Tag lauschen. Eventuell nehmen die Jungs eines Tages aus purem Jux mal ein Hörbuch auf. Naja, genug von solch abstrakten Ideen. Lieber zurück zum Geschehen. Die Ursache für die technische Stolperfalle war übrigens der Mikrofonständer. Er sei zu weit vorne gewesen. Ach, wer kennt sie nicht, diese elenden «Ständer-Schwierigkeiten»?
Im Anschluss geht alles seinen gewohnten Gang. Kollege Benji frohlockt von A bis Z, denn seine Helden zeigen sich jetzt in bestechender Form. Überragend, was der Vierer da vom Stapel lässt! Dass von «Doomsday» bloss drei Nummern zum Handkuss kommen, stört mich persönlich kaum. Man muss eine aktuelle Scheibe schliesslich nicht immer direkt komplett durchrattern. Sonst gibt’s beim späteren Hören im privaten Rahmen nix mehr zu entdecken. Des Weiteren sind die älteren Kompositionen des Quartetts ebenfalls sackstark und sollten nie komplett ausser Acht gelassen werden. Die Soundqualität passt wunderbar. Da scheint der bandeigene Mischer trotz der ihm fremden Lokalität keine Sorgenfalten im Gesicht zu haben.
Spielfreude ist bei diesem Haufen eh stets garantiert. Rapunzel Fabian grinst ständig und Schiessbudenmeister Simon präsentiert der «Honigwein-Welt» seinen gestählten Oberkörper. Die Tieftöner-Arbeit übernimmt ein langjähriger, türkischer Freund der Gruppe. Wenn ich es richtig verstanden habe, hört der gute Mann auf den Namen Saab (ansonsten bitte ich um Entschuldigung und bin gerne bereit für nachträgliche Richtigstellungen). Die Schlussakkorde stammen nach rund 75 Minuten vom Stück «Mortal Reign».
Das Fanzit – Deserted Fear, Hailstone
Eine volle Hütte und zwei hammermässige Kapellen, die ein schweisstreibendes Kopfschüttel-Fitnessprogramm auslösten. Das war ein Freitagabend ganz nach meinem Gusto. Wer sich diesen Geheimtipp hat durch die Lappen gehen lassen, ist freilich selbst schuld! Auftritte von Deserted Fear in einem solch intimen Rahmen könnten – je nach Verlauf der Erfolgswelle – wahrscheinlich schon bald der Vergangenheit angehören.
Setliste – Hailstone
- Celestial Wrath
- The Greater Counterfeit
- Desolation Paradise
- The Operation
- Bulletstorm
- The Shore
- Insidious Depravity
- Revenant
- Under Fallen Skies
- Epitome Of Failure
- Paragon
Setliste – Deserted Fear
- Part Of The End
- The Final Chapter
- Kingdom Of Worms
- Wrath On Your Wound
- Reborn Paradise
- Funeral Of The Earth
- Battalion Of Insanities
- Welcome To Reality
- Face Our Destiny
- The Carnage
- Bury Your Dead
- The Fall Of Leaden Skies
- Mortal Reign