Blütezeit
Endlich! Die Schweizer Melodic Metal – Combo Rizon meldet sich nach einer längeren Schaffenspause mit Opus Nummer fünf – „Prime Time“ – sowie einer neuen Frontlady am Mic fulminant zurück.
Irgendwie muss ich bei Rizon an eine Aussage von Joe Elliot (Def Leppard) denken, die er vor vielen, vielen Jahren mal getätigt hat: „Würden wir nach Anzahl Songs bezahlt, so wären wir schon längst verhungert“. Natürlich präsentiert sich die hiesige Ausgangslage als eine völlig andere, ist das helvetische Projekt doch nach wie vor primär ein Hobby der involvierten Musizierenden, und der Broterwerb von Matt Götz und Co somit nicht von der Anzahl verkaufter Tonträger abhängig. Trotz alledem sind aber seit dem Erscheinen der letzten Langrille „Power Plant“ doch stolze sechs Jahre ins Land gezogen. Wieso dem so ist (plus noch einiges mehr), erfahrt ihr in unserem ausführlichen Interview.
Als umso erfreulicher ist es daher zu werten, dass die in Zürich angesiedelte Truppe nichts von ihren offenkundigen Stärken, welche schon auf dem Vorgänger „Power Plant“ zu Tage traten, eingebüsst hat. Noch immer bestimmt eingängiger, mit tollen Refrains gespickter melodischer Metal die Szenerie, nach wie vor verleiht der Kontrast zwischen den beiden Stimmen, welche sich im überlagernden Wechselgesang nahezu symbiotisch ergänzen, dem Sound von Rizon eine ganz spezielle Dynamik. Und wuchtiger denn je steuert die Saitenfraktion das ihrige zum abgerundeten, sehr riffbetonten Klangerlebnis bei – unterlegt von tragenden Synthieklängen, welche für zusätzliche Atmosphäre sorgen.
Fuckin‘ Rock It!
Und doch sticht einem bereits beim ersten Gesamtdurchlauf das eine oder andere Detail ins Ohr, welches den Fortschritt, die Evolution dieser Band dokumentiert. Rizon anno 2022 kommen härter daher, dominanter, schnörkelloser – was schon beim Opener „Truth Or Consequences“ überdeutlich hörbar wird. Klar beherrscht das helvetische Siebengestirn auch sanftere Klänge, was nicht zuletzt in der einfühlsamen, schwebenden Ballade „Time Till Kingdom Come“ zu Tage tritt, doch sind es gerade die schnellen, kraftvollen Vollgaspassagen, welche die Stärken dieser Truppe aufzeigen („Save My Soul“, „Through The Fire“).
Ebenfalls einen klaren Schritt nach vorne gemacht hat man bei der Ausgestaltung der Strophen – etwas, das zumindest für meinen Geschmack bei früheren Werken hin und wieder ein bisschen als Füllwerk zwischen den Kehrreimen rüberkam, nun aber den Spannungsbogen der Songs bewusst mitträgt (als Beispiel seien mal exemplarisch „Fuckin‘ Rock It“ oder „Save My Soul“ aufgeführt).
Quasi als Sahnehäubchen obendrauf serviert uns die Gruppe mit „Torn“ ihren bislang wohl abwechslungsreichsten Track, welcher von sanft bis knüppelhart die gesamte Bandbreite abzudecken und die darin besungene innere Zerrissenheit so perfekt zum Ausdruck zu bringen vermag.
Licht und Schatten
Vokalakrobatisch setzt man wie bereits erwähnt auf Bewährtes – Neuzugang Anastasia Panagiotou fügt sich nahtlos ins melodische Gesamtbild von Rizon ein, wobei man der ursprünglich aus Griechenland stammenden Sängerin ihre breit gefächerte Musikerfahrung, welche u.a. Pop und Soul mit einschliesst, sehr gut anmerkt. Wie schon ihre Vorgängerin Rahel Fischer ist Anastasia denn auch nicht die typische, mit reibeiserner Stimme growlende Metal-Lady, sondern bringt durch die poppige Klangfarbe ihres Gesangsorgans diese gerade zu Matts Vocals im Kontrast stehende Nuance mit ein – was letztlich entscheidend zu dieser auditiven Licht und Schatten – Dynamik beiträgt.
Dass die Dame auch eine bluesige Seite hat, kommt bei „High Noon“, bei welchem Anastasia für einmal allein glänzt, voll zur Geltung, und verleiht dem Album einen rauchigen Hauch von Südstaaten-Flair. Nicht vergessen werden darf ob all der Freude über die perfekten Nachfolgerin der männliche Gesangspart: Matthias Götz kräftiger, ausdrucksstarker Gesang trägt nach wie vor zum hohen Wiedererkennungswert dieser Combo bei, und hat – so zumindest meine Einschätzung – im Vergleich zu früher nochmals hörbare Fortschritte gemacht. Eine Band in ihrer Blütezeit, fürwahr!
Aufgenommen wurde „Prime Time“ in den Ringstudios zu Volketswil, gemischt von Jacob Hansen (Doro, Pretty Maids, Amaranthe, Volbeat etc.).
Das Fanzit Rizon – Prime Time
Rizon gelingt es auf „Prime Time“ einmal mehr, eingängige Melodien mit viel positiver Energie zu verschmelzen. Die eingeschlagene härtere Gangart tut dem typischen Stil der Gruppe dabei keinen Abbruch, sondern lässt den Sound noch authentischer aus den Boxen dröhnen. Dass die Stimmen von Anastasia und Matt so gut harmonieren, geht als weiterer Pluspunkt durch, ebenso wie die tolle, druckvolle Produktion der Scheibe. Wer mit den Klängen von Bands wie Pretty Maids, Dynazty, Avantasia oder auch Amaranthe etwas anzufangen weiss, sollte unbedingt ein Ohr riskieren! Ich bin extrem gespannt, wie „Prime Time“ bei den Metalheads einschlagen wird! Thumbs Up von meiner Seite! Denn: They Fuckin‘ Rock It!!!
Anspieltipps: Truth Or Consequences, Torn, High Noon, Through The Fire
Reinhören und portofrei erhalten
Trackliste Rizon – Prime Time
- Truth Or Consequences
- Rebel Heart
- Torn
- Fuckin‘ Rock It
- Time Till Kingdom Come
- Save My Soul
- Love Your Life
- High Noon
- In The End
- Back To The Game
- Through The Fire
- Heaven’s Gate
Line Up – Rizon
- Matthias Götz – vocals, acoustic guitars
- Anastasia Panagiotou – vocals
- Christian Götz – guitars
- Reto Hähnel – guitars
- Marco Küderli – keyboards
- Maik Kindermann – bass
- Tom Lindegger – drums