Primordial-Swallow-the-Sun-Z7-Pratteln-2022
Fr, 15. April 2022

Primordial, Swallow the Sun, Rome

Z7 (Pratteln, CH)
25.04.2022
Primordial-Swallow-the-Sun-Z7-Pratteln-2022

Von Verschiebungen, Atmosphäre und lang andauerndem Jubel

Der Heathen Crusade, die Headlinertour der irischen Pagan Metal Band Primordial wurde zweimal verschoben und hat dabei zweimal einen Wechsel im Line-up erleiden müssen, bis er schliesslich am Karfreitag seine Wiederauferstehung unter dem neuen Namen Heathen Crusade to Doomsday mit Swallow the Sun und Rome als Supportbands erlebte. In der Schweiz war mit dem Z7 eine Location um den hiesigen Tourstop besorgt, die stets Garant für gelungene Konzertdurchführungen ist.

Stets äusserst zuvorkommend funktioniert im Z7 auch die Abwicklung der Akkreditierung, vielen Dank an dieser Stelle. Ich erhalte sogar einen Fotopass. Infolge fehlendem Equipment, vor allem aber mangels fotografischer Fähigkeiten überlasse ich den Graben jedoch gerne den Kollegen anderer Magazine. Auch so kommen wir ganz nah an die Bühne ran, denn dank unserem pünktlichen Eintreffen ist der Weg ganz nach vorne zum Gitter noch frei. Na dann nichts wie hin!

Rome

Mit den besten Plätzen ausgestattet freuen wir uns auf die Eröffnung des heutigen Konzertabends durch Rome. Die Band tritt gemäss meinen Recherchen mit unterschiedlichen Besetzungen zu ihren Auftritten an. Jetzt gerade sind es zwei Personen, die auf der Bühne stehen und neben einer akustischen Gitarre diverse Perkussionsinstrumente bedienen. Gemeinsam mit dem ruhigen, sinistren Gesang füllen Rome ihre Genreeigenbezeichnung Chanson Noir passgenau aus. Im Einklang damit beschränkt sich die Präsentation der beiden Herren auf eine sehr reduzierte und dadurch intim wirkende Darstellung. Showelemente sind genausowenig vorhanden wie Bühnenaufbauten oder eine spezielle Gewandung. Die fragile Musik kriegt dadurch Raum, um sich zu entfalten, was dem Liedgut sehr gut tut.

Rome machen Musik, die still und aufmerksam genossen werden möchte. Für eine gewisse Dramatik sorgen dabei vor allem die Trommeln, die den Songs eine gewisse Urtümlichkeit verleihen. Die Band hat bereits den grössten Teil ihres Auftritts hinter sich als Alan Averill, seines Zeichens Leadsänger von Primordial seine Stimme zur letzten Komposition beisteuert, die wir heute hören und die auf den Namen „Ächtung, Baby“ hört. Ein schöner Moment, der den dreiviertelstündigen Auftritt von Rome mit einer speziellen Note abrundet.

Swallow the Sun

Nach einer wunderbar kurzen Umbaupause gehört die Bühne nun Swallow the Sun. Mit der finnischen Doom Death Metal Band bin ich bis jetzt noch gar nicht näher in Berührung gekommen. An der musikalischen Qualität kann das nicht gelegen haben, denn die Band steigt mit „Enemy“ in einen professionellen und leidenschaftlichen Auftritt ein. Dank einer sauberen Abmischung kommt das Ganze auch schön nachvollziehbar im Publikum an. Sänger Mikka Kotamäki führt beinahe etwas schüchtern durch das Set, was aber mehr als kompensiert wird durch die engagierte Darbeitung während der Songs. In diesem Zusammenhang komme ich auch nicht darum herum, die Saitenfraktion zu erwähnen, die sich um Kopf und Kragen spielt. Bisweilen steht das beinahe schon etwas im Kontrast zur Schwere und Düsternis der Musik, aber ich will mich hier nicht beklagen, denn das Geschehen auf der Bühne entfaltet eine mitreissende Wirkung.

Der Fokus der Setlist liegt auf dem im letzten November veröffentlichten Album Moonflowers, das mit vier Stücken vertreten ist, die Mikka in den Ansagen auch herausstreicht. Nach „This House has no Home“ lässt er uns dann aber wissen, dass jetzt Schluss sei mit neuen Songs und sie etwas altes spielen werden. So folgen „Descending Winters“ und zum Abschluss „Swallow (Horror Pt. 1)“, welche die Melodic Death Metal-Seite von Swallow the Sun vermehrt ins Zentrum stellen. Die beiden Stücke bilden den Höhepunkt, auf den die Fünfviertelstunden des ganze Auftritt hingesteuert zu sein scheinen und stellen mit ihrer druckvollen Art den perfekten Übergang zu Primordial dar.

Primordial

Die Umbaupause dauert dieses Mal etwas länger während im Hintergrund Choralgesänge ab Band zu hören sind. Zugegeben eine spezielle Wahl für die „Pausenmusik“ aber im Kontext der heutigen Bandzusammenstellung gar nicht fehl am Platz. Nahtlos reiht sich schliesslich „Dark Horse on the Wind“ in der Primordial eigenen Version als Intro ein, bevor die Band mit „Nail their Tongues“ die Bühne erklimmt. Was die Fans von Primordial auf der Bühne erwarten dürfen, ist mir bereits von vergangenen Auftritten bekannt und das Quintett erfüllt diese Erwartungshaltung auch gleich von Beginn weg.

Wobei ich Quintett etwas näher ausführen muss. Leadgitarrist Ciáran MacUiliam steht zu meiner Verwunderung nämlich gerade nicht da oben. Anscheinend wird er vertreten von einem mir nicht bekannten Herren. Ich bin etwas überrascht, denn im Vorfeld habe ich keine Anzeichen für diesen Umstand erfahren. Seis drum, der musikalischen Qualität tut dies weder bei „No Grave Deep Enough“ noch bei „Where Greater Men Have Fallen“ einen Abbruch und um es gleich vorwegzunehmen; auch während des restlichen Auftritts nicht. Dafür sorgen nur schon Micheál O’Floinn an der zweiten Gitarre und Pól MacAmlaigh am Bass. Letzterer ist tatsächlich ein wahrer Ruhepol auf der Bühne, sei es beim furiosen „Sons of the Morrigan“ oder dem wunderschön aufgeführten „The Mouth of Judas“.

Derweil ist Alan Averill alias A.A. Nemtheanga das gewohnte Gegenteil von Ruhe. Der charismatische Frontmann fegt über die Bühne, singt sich dabei die Seele aus dem Leib und geht vollkommen in der Musik auf. Trotz seines grimmigen Auftretens nimmt er auf sehr sympatische Art und Weise via Gestik und Mimik immer wieder Kontakt auf mit einzelnen Personen im Publikum, das ihn vor allem bei „As Rome Burns“ natürlich tatkräftig unterstützt. Sich dem eindringlichen Blick von Alan zu entziehen fällt aber auch schwer. Zwischen den Songs gibt er sich jedoch locker und lässt auch mal subtilen Humor durchsickern. Der heimliche Star von Primordial ist für mich aber Simon O’Laoghaire am Schlagzeug, der den Songs mit seinem ganz eigenen charakteristischen Spiel diese volkstümlich treibende Note verleiht. „Gods to the Godless“, das wir gerade hören, ist gerade ein gutes Beispiel dafür.

Im Laufe des Auftritts lüftet Alan schliesslich auch noch teilweise das Rätsel um die Besetzung. Ciáran sei verhindert, aber sie hätten kurzfristig eine Aushilfe gefunden in Shaun, wenn ich den Namen richtig gehört habe. Der macht seine Sache wirklich ausgezeichnet, so dass auch „Wield Lightning to Split the Sun“ ein wahrer Genuss ist.

Primordial haben übrigens eine sehr organisch ineinanderfliessende Setlist zusammengestellt, Kompliment dafür. Das folgende „To Hell or the Hangman“ ist einfach der perfekte Track im Anschluss an das getragene „Wield Lightning to Split the Sun“, es war beinahe vorhersehbar, dass die Band nun diesen Song anstimmt. „The Coffin Ships“ widmet Alan schliesslich den Menschen in der Ukraine und stellt die Verbindung her von der im Lied behandelten Hungersnot in Irland zu derjenigen in ebenjenem Land. Viel zu schnell geht die Zeit vorüber als nach anderthalb Stunden mit „Empire Falls“ Schluss ist. Das Publikum gibt nochmals alles, singt aus voller Kehle mit, schüttelt die Köpfe, was das Zeug hält und bricht schliesslich in grossen Jubel aus, als Primordial dankbar die Bühne verlassen. Auch als die Band verschwunden ist, klingen die Sprechchöre und Rufe nach einer Zugabe sehr, sehr lange nicht ab. Doch heute sollen sie unerfüllt bleiben und erst nach einer so langen Dauer, wie ich es seit geraumer Zeit kaum mehr an einem Konzert erlebt habe, verstummen die Stimmen und wir treten hinaus in die kalte Nachluft dem Heimweg entgegen.

Das Fanzit – Primordial, Swallow the Sun, Rome

Der heutige Abend war eine stimmungsvolle Angelegenheit, die ganz im Namen von eindrücklicher Atmosphäre stand. Das begann bei Rome, die mich zwar nicht über die ganze Spielzeit ihres Sets fesseln konnten, aber einen gelungen Einstieg boten. Diesen Faden nahmen Swallow the Sun problemlos auf und erhöhten den Härtegrad und die Intensität in einer schönen Fortsetzung. Wie als Höhepunkt eines überlangen, epischen Songs stand am Ende der Auftritt Primordials unter besten Vorzeichen, eine Ausgangslage welche die Band zu nutzen wusste. Dass die Fans auf ihre Kosten kamen, hat der unermüdliche Jubel nach Konzertende gezeigt. Schön, dass der Heathen Crusade of Doom nun tatsächlich stattfinden und ein grosser Erfolg werden konnte. Ich hoffe, dass meine Metalmitinsider heute in der Schüür einen ebenso gelungenen Abend erleben durften, wie ich hier im Z7.


Wie fandet ihr das Konzert?

25.04.2022
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