Von Zeremonienmeistern, Wiener Blut und Super Ninjas
Tönt verwirrend? Ok – dann bringen wir mal etwas Licht ins Dunkel. Unter dem Banner Symphonic Power Alliance 2022 sind vier Bands zusammen auf Konzertreise: Dragony, Victorius, Sascha Paeth’s Masters Of Ceremony und als Headliner Serenity. Nach den allseits bekannten Verschiebungen und dadurch auch Änderungen im Line-Up ist es am Karfreitag aber so weit. Vier Truppen machen einen Stopp in Luzern – das muss man sich ansehen!
Angekommen in der Schüür heisst es aber zuerst mal Kollegen begrüssen. Viele alte Bekannte, die man teilweise lange nicht mehr gesehen hat, trifft man an – schöne Zeiten! Auch Metalinside Kollege Dutti ist anwesend, der darf dann später gerne noch seinen Senf zum Thema „Serenity“ durchgeben. Hehehehe… Pünktlich um 19.30h beginnt derweil das musikalische Programm. Dann wollen wir mal rauf in den Saal.
Dragony
Die Aufgabe des Openers übernehmen die Österreicher Dragony. Die Jungs um Fronter Siegfried Samer sind mir das erste Mal auf der Cruise 2019 ins Auge gestochen – sofortige CD Käufe waren das Resultat damals.
Mit dem vom aktuellen Album bekannten Intro „On The Blue Danube“ und dem direkt folgenden schnellen „Gods Of War“ startet der Fünfer (interessanterweise ohne Bassist) in den Abend. Das noch nicht sehr zahlreiche Publikum kommt daher sehr schnell auf Betriebstemperatur – genauso wie die ganze Band, die hier null Anlaufschwierigkeiten zeigt.
Auch optisch versuchen Dragony etwas zu bieten, so trägt die ganze Band schicke glitzernde Gilets, was für ein schönes und einheitliches Bild sorgt. Musikalisch geht’s derweil mit „Lords Of The Hunt“ weiter, gefolgt von „A.E.I.O.U.“ vom aktuellen Album „Viribus Unitis“. (Anm. Dutti: Thematisch scheinen auf dieser Scheibe übrigens unter anderem Sissi und Franz als Zombies herumzuturnen. Geschichte einmal anders erzählt – oder so). Leider hat man das Gefühl, dass hier plötzlich am Sound des Sängers geschraubt wird, denn just ab diesem Moment ist seine Stimme plötzlich recht dünn und leise hörbar.
Das Highlight in der Setliste ist natürlich „If It Bleeds We Can Kill It“ (Arnold Schwarzenegger lässt grüssen), und hier ist gegen Ende des Tracks auch plötzlich der Gesang wieder klar und deutlich hörbar. Gut so! (Anm. Dutti: Äusserst amüsant, wie Sigi hier das kultige Filmzitat «Get To The Chopper!» in bestem Schwarzenegger «Ösi-Englisch» imitiert)
Legenden sterben nie, meint Samer und freut sich über ein Publikum, welches sehr aktiv ist und auch sichtlich den Plausch hat an der Darbietung der Österreicher. „Legends Never Die“ stammt ebenfalls vom aktuellen Album und hier wird man das Gefühl einfach nicht los, dass die Jungs im Vorfeld etwas ausgiebig Sabaton gehört haben… Spass macht’s aber so oder so!
„Wolves Of The North“ bildet dann den Abschluss nach viel zu kurzen 30 Minuten Spielzeit. Die Fans feiern Dragony zu Recht und die fünf Musiker verlassen mit zufriedenen Gesichtern die Bühne. Und ich muss mal schauen, ob da tatsächlich keine Dragony Merch zu finden ist – gesehen habe ich bislang nix…
Victorius
Nach einer angenehm kurzen Umbaupause sind Victorius an der Reihe. Wenn es den Begriff „Comic-Metal“ noch nicht gibt – dann könnte man den für die Leipziger einführen. Und das ist durchaus positiv gemeint! (Anm. Dutti: Zudem katapultiert mich das aus den Boxen ertönende Intro der US-amerikanischen Zeichentrickserie «Extreme Dinosaurs» schnurstracks in meine Kindeheit zurück. Top!)
Ein einheitliches Bild geben die Jungs mit ihren gold-schwarzen Uniformen ab, als sie mit „Dinos And Dragons“, ihrer aktuellen Single, ihre Show beginnen. Gitarrist Flo hat zudem auf Wunsch zweier Black Diamonds-Fans heute seine pink-glitzernde Zweitgitarre auf der Bühne – die gleiche, wie sie Black Diamonds Fronter Mich spielt… Coole Sache!
Hauptaugenmerk im Programm legen Victorius danach jedoch auf das noch aktuelle Album „Space Ninjas From Hell“. „Wrath Of The Dragongod“ und „Shuriken Showdown“ werden mit Maximum Speed dargeboten, da kommt man kaum mehr nach mit Headbangen… „Dinosaur Warfare“ ist anschliessend ein kleiner Rückblick auf die 2018er EP, bevor mit dem saugeilen „Night Of The Nuclear Ninja“ (was für ein Titel…) ein Appetithäppchen auf das nächste Album (das wird „Dinosaur Warfare Pt2 – The Great Ninja War“ heissen, was für ein Titel… ) geliefert wird. (Anm. Dutti: Ninjas, Dinosaurier, Samurai, Laserschlachten und was-weiss-ich-noch-alles. Da frohlockt jedes Nerd-Herz in der Scheune. Richtig «cheesiger» Power Metal!).
Ab diesem Punkt wird die Show zum Selbstläufer. Victorius sprühen vor Spielfreude, die Fans feiern derweil die Band ohne Ende ab, es herrscht grossartige Stimmung in der Schüür! Und die beiden letzten Songs „Super Sonic Samurai“ und „Cosmic Space Commando Base“ heizen diese dann nochmals an, bevor nach ebenfalls gut 30 Minuten das Spektakel bereits ein Ende findet. Somit auch der Wermutstropfen, dass es kein Song der älteren Alben („Dragonheart“! „A Million Lightyears“!) ins Programm geschafft hat. Ansonsten ein restlos überzeugender Aufritt!
Sascha Paeth’s Masters Of Ceremony
Auf die nächste Truppe bin wohl nicht nur ich gespannt. Klingende Namen versprechen einiges. Sascha Paeth ist bekanntlich der wichtigste Faktor bei Tobi Sammet’s Avantasia. Mit dabei in seiner eigenen Band sind zudem Drummer Felix Bohnke und Basser André Neygenfind. Ein Album aus dem Jahr 2019 steht zudem auch zur Verfügung, eingesungen Adrienne Cowan – auch sie erlangte dank Avantasia erhöhten Bekanntheitsgrad. (Anm. Dutti: Genau, denn zuvor kannte man die Dame höchstens – wenn überhaupt – aufgrund ihrer eigenen Kapelle Seven Spires. Metalinside-Album-Review sei Dank!).
Doch irgendwie scheint diese Tour für den Zeremonienmeister und seine Mannschaft nicht unter dem besten Stern zu stehen. Zwar ist schon länger bekannt, dass Adrienne nicht dabei sein kann, weil sie in den USA mit Seven Spires auf Tour ist. Und so übernimmt die Italienerin Chiara Tricarico den Job als Sängerin.
Damit nicht genug – gleich nach dem ersten Song erklärt Sascha, dass ihr Keyboarder Corvin Bahn einen Tag vor Tourstart ins Spital musste. Zwar sei er nun wieder draussen, aber natürlich fehlt er (noch) auf der Rundreise. „Heute ist somit einfach fast wie Motörhead!“ meint Paeth grinsend. Die gute Laune lässt er sich jedenfalls nicht nehmen!
Und wie ist das nun also musikalisch? Von den Songs her liegt der Fokus klar auf dem eigenen Album – was ja eigentlich gut und richtig ist. Wer allenfalls so naiv (wie ich…) ist und auf den einen oder anderen Avantasia Song gehofft hat, wird enttäuscht. Da ich „Signs Of Wings“ allerdings nicht kenne, packt mich das alles nicht so sehr. Auffallend ist, wie hart die Songs rüberkommen – ich kann mir schon vorstellen, dass es mit Keyboard auch etwas melodiöser tönt. Der Sound ist zudem generell sehr Bass-lastig. Neygenfind hat zwar den Aktionsradios des berühmten Bierdeckels, aber sein Instrument hat er zweifellos im Griff!
Auch die anderen Musiker machen natürlich einen tollen Job, keine Frage. Felix Bohnke ist das gewohnte Tier an den Drums, der Typ ist einfach Wahnsinn! Sascha selbst (mit coolem Bud Spencer Shirt!) ist ebenfalls sehr spielfreudig und über die Gesangsleistung von Chiara kann man auch nicht wirklich meckern. (Anm. Dutti: Sie singt effektiv beeindruckend. Teilweise schleichen sich sogar Growls ins Gesamtbild hinein. Das dürfte dann Kaufi wohl eher zur Flucht animieren. Ich habe gar nicht gewusst, dass Chiara so etwas auf dem Kasten hat. Ihre anderen Truppen Moonlight Haze oder Sound Storm sind ja eher im symphonischen Sektor beheimatet). Einzig die Songs – die vermögen mich nicht zu packen. Nach dem furiosen Auftritt von Victorius ist es sichtlich eine schwierige Aufgabe für Paeth, denn auch die Stimmung im Publikum ist nicht mehr so euphorisch.
Ein „Cover“ gibt es dann doch noch zum Schluss. „Under Fire“ von Paeth’s alter Band Heavens Gate beendet nach etwa 40 Minuten den Auftritt. Die Fans verabschieden die Band mit wohlwollendem Applaus, die Umstände waren wohl in der Tat nicht einfach für die Masters Of Ceremony.
Serenity
Kommen wir zum schwierigen Teil. Also für mich. Serenity. Es gibt Bands, die müssten voll auf meine musikalische Schiene passen. Tun sie aber nicht. Warum auch immer. Ich habe Serenity schon mehrmals live gesehen, aber irgendwie fesselt mich das nicht… Von daher ist es gut, dass Meister Dutti ebenfalls anwesend ist und vielleicht noch etwas mehr erzählen kann…
Fakten: Serenity haben am meisten Zuschauer heute Abend, somit sind sie unbestritten der richtige Headliner. Die Stimmung im Publikum ist grossartig. Fronter Georg Neuhauser führt mit Witz durch die Show. Beispiel gefällig? „Wir sind froh, dass wir wieder raus auf die Bühne dürfen! Nach zwei Jahren in muffigen Kellern. Wobei – wir Österreicher haben ja eh ein spezielles Verhältnis zu Kellern! Oh – nein, das habe ich jetzt nicht gesagt!“ Schwarzer Humor – passt!
Und sonst? Serenity dürfen als einzige Zugaben spielen, doch auch bei ihnen ist nach 85 Minuten mit „Lionheart“ Schluss. Doch den Fans gefällt’s, das ist dann wohl die Hauptsache. Aber eben: Vielleicht kann Dutti noch etwas mehr ins Detail gehen?
Dutti: In der Tat ist es für mich stets irritierend, dass Kaufi mit den Jungs von Serenity nicht ganz warm wird. Aber eben, die Geschmäcker sind gegeben und das muss man nun einmal so hinnehmen… Aus meiner bescheidenen Perspektive bieten die Ösis und ihr deutscher Saitenhexer Christian Hermsdörfer beste Unterhaltung und reissen das Publikum gekonnt mit. Mikrofon-Hüter Georg Neuhauser agiert in gewohnt souveräner Frontmann-Manier. Sprüche und Animationen in Richtung Zuhörerschaft sitzen. Trommler Andreas Schipflinger muss zwar den einen oder anderen Seitenhieb einstecken, aber am Ende mutiert er zum Liebling des Abends und wird mit laustarken „Andi!“-Rufen abgefeiert.
Das Fanzit – Symphonic Power Alliance 2022
Zuerst mal: Toll, wieder mal an ein etwas grösseres Konzert zu gehen! Vier Bands in einem stimmigen Package – keine allzu grossen stilistischen Ausreisser im Programm. Alle Akteure sind motiviert bis in die Haarspitzen, es ist allen Bands und Musikern anzusehen, dass sie es geniessen, endlich wieder live aufzutreten!
Schade dafür sind die insgesamt eher kurzen Spielzeiten. Sogar der Headliner bleibt unter 90 Minuten, das ist eigentlich wirklich ein No-Go. Das Publikum hätte locker bei allen Bands 10, 15 Minuten mehr verkraften können!
Erwähnenswert auch das enorme Angebot an Merch von allen Bands, vorab natürlich von Serenity. Shirt-Preise bei 25 resp. 30 Stutz sind sehr akzeptabel. Und da man nie genug Shirts haben kann: Plus zwei für mich…
Somit: Toller Abend, tolle Leute, gute Musik – was will man mehr!
Fotos Symphonic Power Alliance 2022 (Friedemann)
Setliste Dragony
- On the Blue Danube (Intro)
- Gods of War
- Lords Of The Hunt
- A.E.I.O.U
- If It Bleeds, We Can Kill It
- Legends Never Die
- Wolves of the North
Setliste Victorius
- Dinos And Dragons
- Wrath Of The Dragongod
- Shuriken Showdown
- Dinosaur Warfare
- Night Of The Nuclear Ninja
- Super Sonic Samurai
- Cosmic Space Commando Base
Setliste Sascha Paeth’s Masters Of Ceremony
- Radar
- My Anarchy
- Wide Awake
- The Time Has Come
- Die Just A Little
- Where Woould It Be
- Signs Of Wings
- Under Fire
Setliste Serenity
-
The Last Knight (Intro)
-
My Kingdom Comes
-
Reduced To Nothingness
-
Velatum
-
Iniquity
-
Set The World On Fire
- Hero
- Souls And Sins
- Coldness Kills
- In The Name Of Scotland
- Legacy Of Tudors
- Call To Arms
- Spirit In The Flesh
- Follow Me
-
Deus Lo Vult / United*
-
Lionheart*
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