Raus mit der angestauten Energie!
Die viel zu lange Konzertpause scheint sowohl bei Clawfinger und Soulline als auch bei den Fans für jede Menge angestaute Energie gesorgt zu haben. Am 14. Mai durfte diese im Z7 endlich rausgelassen werden!
Zuvor war die Tour mehrmals verschoben worden, doch der Termin im Mai rückte näher und näher, ohne dass sich eine weitere Verschiebung abzeichnete. Clawfinger würden – abgesehen von fünf skandinavischen Konzerten im März – ihre aktuelle Tour im Z7 starten. Für das Vorprogramm wurden Soulline aus dem Tessin beauftragt.
Nachdem das Z7 bei meinen letzten Besuchen (z. B. Live/wire oder Riffs Against War) mehr schlecht als recht gefüllt war, haben Klauenfinger und Seelenlinie dafür gesorgt, dass die Location fast ausverkauft ist. Dies wirkt umso eindrücklicher, als dass das schöne Wetter die Leute in den hierfür eher knapp bemessenen Aussenbereich lockt. Was für ein Anblick!
Soulline
Mit fünfzehn Minuten Verspätung gegenüber der ursprünglichen Ankündigung starten Soulline den heutigen Konzertabend. Live habe ich die Band noch nie gesehen und ab Aufnahme hat mich deren Musik nur mässig überzeugt. Die Vorfreude könnte also grösser sein. Umso überraschter bin ich dann jedoch von der Energie, mit welcher die Tessiner ihre Musik zum Besten geben!
Am meisten Aufmerksamkeit ziehen dabei Fronter und Sänger Ghebro sowie Gitarrist Lorenzo auf sich. Doch auch die weiter weg von mir stehenden Saitenhelden (Marco an der Gitarre und der neue Bassist, dessen Namen ich nicht finden kann) tauen nach ein paar Aufwärmminuten auf und sorgen für Bewegung auf der Bühne. Drummer Mattia ist aufgrund der geringen Höhe – er sitzt vor dem Podest mit dem Clawfinger-Schlagzeug – hinter seinen Becken leider nicht allzu gut zu sehen, doch sorgt er dort mächtig für Tempo. Überhaupt ist die Musik von Anfang an sehr sauber und druckvoll abgemischt, was dem Hörvergnügen nur Gutes tun kann.
Soulline sind in den vergangenen Monaten schon mehrfach live aufgetreten (z. B. im Z7 am Riffs Against War, über welches wir leider nur am Sonntag berichteten, und bei einem Headliner-Gig in Mailand). So wirkt die Band gut eingespielt und kann problemlos für einen sehr energetischen Auftritt sorgen. Dieser ist dann leider fast ein wenig zu schnell vorbei… Entgegen meinen Erwartungen hätte ich den Tessinern gerne noch ein Stündchen länger gelauscht.
Setlist – Soulline
- Intro / The Curse
- Your Death (Is My Life)
- Salvation Inside
- Dragonfly
- Say Just Words
- Broken By Madness
- Anvils
- Leviathan
- Outro: Against Myself
Clawfinger
Habe ich soeben gesagt, Soulline hätten für einen sehr energetischen Auftritt gesorgt? Das ist zwar wahr, doch Clawfinger legen – zusammen mit dem Publikum – mächtig einen obendrauf. Wenn der Auftritt von Soulline ‘energetisch’ war, dann ist das hier ‘absolut äusserst extrem energiegeladen’. Mindestens.
Zwar brauchen die norwegisch-schwedische Band und das Z7-typisch internationale Publikum knapp zwei Songs, bis der Funke springt. Schon gegen Ende von «Prisoners», spätestens aber bei «Nothing Going On» beginnt aber die Post abzugehen. Der Moshpit ist aktuell noch angenehm weit hinten, sodass ich hier in der dritten Reihe noch keine seitliche Bewegung verspüren kann.
Dies sollte sich allerdings schneller ändern, als mir lieb ist, denn schon bei «Recipe For Hate» kommen auch hier die ersten Stösse in Seite und Rücken an. Nichtsdestotrotz entscheide ich mich, den Pit vorläufig nicht zu betreten und stattdessen meine Position zu verteidigen. Für die nötige Bewegung kann ich nämlich auch hüpfend und headbangend sorgen.
Zak Tell und seine Jungs sind inzwischen auch angesteckt und haben sichtlich Freude an der starken Publikumsaktivität. Ob «Deaf Dumb Blind»-Klassiker wie «Catch Me» und «Rosegrove», mittelalte Songs wie «Money Power Glory» oder das dieses Jahr veröffentlichte «Environmental Patients»: Clawfinger beweisen Song für Song, wie sehr sie es drauf haben, die Menge anzuheizen. Der Pit ist in der Zwischenzeit völlig ausser Kontrolle geraten und zieht sich zeitweise von den Spiegeln an der linken Wand bis zu den sich vor der rechten Bar befindlichen Pfosten. Crazy! Leider haben sich nicht wenige Konzertbesucher nicht mehr richtig im Griff und sorgen für eine etwas ungesunde Aggressivität in der Menge. Dabei wäre es ja nicht so schwierig, sich einigermassen zu benehmen…
Anyway, mit einem ebenfalls sehr stark gelieferten «The Price We Pay» und einem lautstark mitsingenden Publikum beenden Clawfinger den Hauptblock. Doch klar, da fehlen noch mindestens etwa vier Songs! Der offizielle Zugabenblock liefert die vermissten «Biggest & The Best», «The Truth» (was für ein geiles Teil!) und «Do What I Say» nach. «Nigger» steht heute leider – wie ich schon vor dem Konzert online vernommen habe – nicht auf dem Programm. Doch wider Erwarten reagieren Clawfinger auf die unzähligen Rufe nach einer weiteren Zugabe und legen «Zeroes & Heroes» nach. Tatsächlich steht dieser nicht einmal auf der physischen Setliste. Diesen Move hat das Z7 bereits 2017 mit «Pin Me Down» erlebt…
Setlist – Clawfinger
- World Domination
- Prisoners
- Nothing Going On
- Recipe For Hate
- Tear You Down
- Hold Your Head Up
- Catch Me
- Rosegrove
- Warfair
- Don’t Get Me Wrong
- Environmental Patients
- Out To Get Me
- Money Power Glory
- None The Wiser
- Burn In Hell
- Pin Me Down
- Two Sides
- The Price We Pay
- Biggest & The Best*
- The Truth*
- Do What I Say*
- Zeroes & Heroes**
- *Zugabe 1
- **Zugabe 2
Das Fanzit – Clawfinger, Soulline
Soulline haben mich live mit einer unglaublichen Spiellust überrascht und ich bin sehr gewillt, die Tessiner auch weitere Male live zu erleben. Die skandinavischen Headliner haben dann in Sachen Energie – auch mit Hilfe des Publikums – nochmals einen draufgelegt. Sehr stark für eine Band, die sich eigentlich aufgelöst und (meines Wissens) nie ein Comeback gegeben hat! Doch wen interessiert das schon, wenn dann eine so aktive Truppe auf der Bühne steht und zeigt, dass sie einfach nur Bock hat?
Übrigens, Clawfinger beehren die Schweiz schon sehr bald wieder, wenn sie im Rahmen des Rock The Lakes am Murtensee aufspielen werden.