Spielleute erobern die Met-Bar!
Die Besucher der Lenzburger Met-Bar unternahmen am Samstagabend gemeinsam mit zwei Kapellen eine Zeitreise zurück ins Mittelalter und in die damit verknüpften Klangwelten. Ab und an waren auch Elemente aus der Wikinger-Ära zu hören. Dazu wurde munter das Tanzbein geschwungen. Was Koenix und Varda sonst noch alles angestellt haben, verrate ich euch in den nachfolgenden Zeilen.
Nach etlichen Wochen der Absenz führt mich meine Konzert-Tour endlich wieder einmal in die Honigwein-Schenke im nördlichen Seetal. Gestern durfte ich bereits den Darbietungen von Pertness und Dreams In Fragments beiwohnen. Heute folgt sogleich der nächste Streich! Stilistisch abermals ein komplett anderes Pflaster, aber das stört den ehrenwerten «Multi-Dutti» bekanntermassen höchst selten. Auf dem Pfad zum angepeilten Lokal werde ich allerdings beinahe von einer Weggabelung in Versuchung geführt, denn unweit meines Ziels ertönen ebenfalls rockige und metallische Klänge. «Schuld» daran ist die nahegelegene Wisa Bar, welche die Gruppen Human Zoo und Xtasy beherbergt. Zweitgenannte Equipe durfte ich ja erst kürzlich im Z7 zum ersten Mal in Aktion erleben. Zur heutigen Leistung der Spanier weiss Kollege Sandro dann in seinem Bericht garantiert mehr zu erzählen, denn er ist für Metalinside live und mit Notizblock bewaffnet an der Sägestrasse 30 im Einsatz.
Also Dutti, bitte brav weiterlatschen. Du hast schliesslich eine andere Aufgabe. Selbstverständlich gehorche ich artig den Befehlen meiner Denkzentrale und laufe weiter zur anderen Lenzburger Konzerthütte. Varda und Koenix wollen schliesslich auch beurteilt werden. Glücklicherweise habe ich an keine der beiden Bands schlechte Erinnerungen. Im Falle des Headliners ist jedoch ein bisschen Gedächtnistraining erforderlich. Meine erste – und bisher einzige – Begegnung mit Koenix hat Anfang 2017 in Pratteln stattgefunden. Bei Varda liegt dieses «Debüt-Treffen» derweil drei Jahre zurück. Damals haben sie die Gäste des Hall Of Fame-Clubs in Wetzikon optimal auf Infinitas eingestimmt. Mal schauen, wie das unmittelbar bevorstehende Kapitel aussehen wird.
Varda
Die Bühne kommt freilich an ihre Kapazitätsgrenze. Zahlreiche Dekoraktionen, Instrumente und ganze sieben Musiker stehen ab 21 Uhr im Einsatz. Mit Flöten, Marktsäcken, einem Mandoloncello und diversen Perkussions-Geräten entführen die Akteure die anwesenden Gehörgänge in das Zeitalter der Ritter, Schlösser und Festbankette. Teile des Publikums sind übrigens in passenden Gewändern erschienen. In fröhlicher Manier lassen sie die Tonfolgen auf sich einwirken und ihre Gliedmassen in einen konstant grösser werdenden Bewegungsrausch verfallen. Ja, die Sause ist in der Tat lanciert.
Frontmädel Skal, die einigen möglicherweise aufgrund ihres Engagements bei Illumishade bekannt sein dürfte, mag zwar eine zierliche Gestalt sein; aber die mangelnden Zentimeter an Körpergrösse kompensiert sie locker mit ihrem bockstarken Stimmorgan. Des Weiteren zieht die Waldfee mit der farbenfrohen Haarpracht alle mit ihrem strahlenden Lächeln in ihren Bann. Damit bewegt Skal die Fans bei Stücken wie «Hi Ri Horeinno» problemlos zum Mitsingen. Klingt richtig gut. Und falls doch einmal zu wenig Resonanz vorhanden ist, haucht Kumpel Pfeifenschrey – der Motivator und Witzbold vom Dienst – der Geschichte rasch neues Leben ein. Seine Applausaufforderungen bleiben zumindest nie unbeantwortet.
Varda haben effektiv einiges im Angebot: Tanzbare Nummern, Trommel-Duelle im Stile von Safri Duo, fleissige Instrument- respektive Positionswechsel innerhalb des Bandgefüges und sogar ein Wardruna-Cover. «Helvegen» ist nun wirklich keine leicht zu meisternde Aufgabe, aber unsere Helvetier zeigen keine Scheu und leisten einen tadellosen Job bei dieser epischen Hymne. Das weckt umgehend die Lust auf das Original (Achtung Werbeblock: … welches ihr so nebenbei erwähnt am 01. Juli 2022 im Theater Augusta Raurica bestaunen könnt). Doch kommen wir nochmals zurück zu Varda. Die Equipe beendet mit dem von ihr als «Gute-Nacht-Song» betitelten «Chì Mi Na Mòrbheanna» ihren mitreissenden Auftritt. Koenix sind definitiv gefordert!
Koenix
Der Headliner löst bei mir eine waschechte Glaubenskrise aus. Eine Mittelalter-Gruppe mit iPad und Laptop? Ist das überhaupt erlaubt?! Tja, völlig ohne modernen Schnickschnack funktioniert der Zauber wohl nicht, das muss man unweigerlich zugeben. Generell ist das übrigens der ideale Moment, um dem hausfremden Mischer ein dickes Lob zuzusprechen. Beide Bands und ihre Wagenladungen von Spielgeräten kommen ohne Soundschwierigkeiten aus. Astreine Klänge!
Koenix’ neuster Streich hört auf den Namen «Eiland». Und genau dorthin soll die Reise gehen. Eine abgelegene Idylle, fernab von Alltagssorgen und sonstigen Konflikten, ohne Smartphone-Sucht, dafür aber mit Entspannung und zahlreichen Festivitäten. Bereits nach wenigen Minuten herrscht vor der Bühne eine unaufhaltsame Tanz-Eskalation. Phasenweise habe ich fast schon das Gefühl, an einer Street Parade-Veranstaltung gelandet zu sein. Obschon die vorgetragene Musik herzlich wenig mit den dort vorherrschenden «Bumm-Bumm-Bass-Dröhn»-Orgien gemeinsam hat. Die Protagonisten aus der Region Solothurn sind viel eher an der Zusammenführung der Stile Folk und Ska interessiert. Dem Humor nicht abgeneigt bezeichnet Frontmann Jonas Martin Schneider sich und seine Kumpels als «Mittelalter-Hipster». Wird so notiert! Und auf dem «Eiland» habe sowieso jeder seine Aufgabe. Drummer Philipp Eichenberger sei beispielsweise der ziegenbärtige Glacé-Verkäufer. Wegen dieser Aussage fliegt umgehend ein Stick in Richtung des Mikrofonhüters.
Mit fortschreitender Auftrittsdauer steigt auch die Temperatur im Raum. Das hat wiederum vermehrt Arbeit für das Barpersonal zur Folge. Der aufgekommene Durst will schliesslich gelöscht werden. Ausgestattet mit einer erneut befeuchteten Kehle geht das unermüdliche Herumhüpfen und Ausüben von Balzritualen (oder so etwas Ähnlichem) schnörkellos weiter. Sitar-Maestro Marco Piccapietra kriegt das Grinsen gar nicht mehr aus seiner Visage. Den Schlusspunkt setzen die Künstler nach rund 80 Minuten mit dem Track «Perelìn». Anschliessend geht’s – begleitet von tosendem Applaus – in den wohlverdienten Feierabend und zum einen oder anderen Schlummertrunk.
Das Fanzit – Koenix, Varda
Wir wurden Zeuge einer schweisstreibenden Mittelalter-Fete in der Met-Bar! Sowohl Varda als auch Koenix vermochten zu überzeugen und konnten sich auf eine hammermässige Soundqualität stützen. Die gut besuchte Location beherbergte den ganzen Abend lang eine feierwütige Meute. Weitere Begegnungen mit diesen Kapellen schliesse ich freilich nicht aus.
Setlist – Varda
- Indigo / Bärentanz
- Skol
- Hi Ri Horeinno
- Snjór Eldur
- Harassa
- My Mother
- Helvegen (Wardruna-Cover)
- Andro
- Uborka
- Siedler
- Carmina*
- Burgonia*
- Chì Mi Na Mòrbheanna*
*Zugabe
Setlist – Koenix
- Urzyt
- Fuchur
- Être sur Soleure
- Eiland
- Caverna Magica
- Summerching
- Let’s Dadada
- Sitarta
- Mondsucht
- Morge am drü
- Dampfwalzer
- Schwalbetanz
- Tuuti Bolognese
- Perelìn*
*Zugabe