Ein Blick auf die neue Metal-Generation
Während andere am Greenfield-Festival weilten oder in den wohlverdienten Urlaub verschwunden sind, nutzte ich die Gelegenheit für den Besuch von diversen Untergrundveranstaltungen und musikalischen Horizonterweiterungen mit mir tendenziell unbekannten Kapellen. Aus diesem Grund traf ich beispielsweise am Donnerstag im altehrwürdigen Z7 auf Spiritbox – die aktuellen Überflieger aus Kanada. Konnten sie ihrem Hype gerecht werden und eine bombastische Show abliefern? Die Antwort auf diese Frage werdet ihr beim Weiterlesen entdecken.
Inspektor Dutti begibt sich für die heutige «Spurensuch-Mission» erneut in die Nordwestschweiz. Tatort und Zentrum der Untersuchung ist eine gewisse Konzertfabrik, welche rund zehn Kilometer ausserhalb der Stadt Basel angesiedelt ist. Auf dem Prüfstand stehen überschwängliche Lobeshymnen, die einer blutjungen Truppe aus dem Land der Ahornblätter attestiert werden. Die Rede ist von den 2017 gegründeten Spiritbox. Weshalb man seinen Geist respektive seine Seele in eine Kiste packen soll, ist mir allerdings ein Rätsel. Gemessen an der musikalischen Ausrichtung des Quartetts würde ich das Ganze viel eher als «Wundertüte» bezeichnen. Die Künstler köcheln in ihrem Topf nämlich ein Gebräu aus Metalcore, Djent und Modern Metal sowie progressiven und elektronischen Elementen zusammen. Da kommt jede Menge Arbeit auf die anwesenden Ohrmuscheln zu.
Um die Support-Sequenzen kümmern sich InVisions und Mayflower. Den Opener-Slot haben die Organisatoren erst zwei Wochen vor dem Event mittels Facebook-Aufruf ermittelt. Meine Wenigkeit hat ebenfalls ein paar Kandidaten vorgeschlagen. Sickret oder Ophelia’s Eye hätten sicherlich hervorragend ins Bild gepasst. Am Ende machten jedoch die in Freiburg im Breisgau beheimateten Mayflower das Rennen. Ich lasse mich gerne überraschen, welche Pfeile die Jungs in ihrem Köcher haben.
Aus den üblichen Gründen – Sommerwetter, Festivals, Ferienzeit – hält sich der Ansturm auf die Location erwartungsgemäss in Grenzen. Nichtsdestotrotz sind mehr Leute da als erwartet. Diese sorgen an der hinteren Bar für einen verdammt ungewohnten Anblick. An einer Stelle bildet sich plötzlich eine Warteschlange, die beinahe bis zum Mischpult reicht. Alle reihen sich artig ein. Witzigerweise kommt niemand auf die Idee, einfach an einem anderen Tresen-Platz Stellung zu beziehen. Dabei wäre eigentlich genügend freie Fläche vorhanden. Den Göttern sei Dank komme ich wegen meiner weitreichenden Vernetzung innerhalb der Bardamen-Welt trotzdem gewohnt schnell zu meinem Hopfentrunk (und werde dafür von der wartenden Schar kritisch beäugt). Tja Freunde, Beziehungen zur «Quelle» sollten nie unterschätzt werden.
Mayflower
Das eigene Live-Debüt im legendären Z7 feiern? Mayflower können diesen Punkt just in diesen Minuten von ihrer «To-do»-Liste streichen. Mit dem Schiff der Pilgerväter haben diese Jungspunde herzlich wenig gemeinsam. Sie servieren uns stattdessen ansprechenden Metalcore im Stile von As I Lay Dying, Bury Tomorrow oder While She Sleeps. Verständlicherweise läuft bei diesem ersten Gehversuch noch nicht alles rund, aber auf dieser soliden Basis kann ungeachtet dessen freilich aufgebaut werden. Beim sozusagen ausschliesslich aus knackigen Breakdown-Ketten bestehenden «AC131» entflieht das Publikum sogar stellenweise seinem Salzsäulen-Modus. Frontmann Alex findet gegen Ende der halbstündigen Darbietung die passenden Worte: «Wir hoffen, dass dieser Schuppen niemals zumacht!» Wahr gesprochen, werter Kollege.
InVisions
Öhm, die Einstimmungsmucke, welche unter anderem aus Eminem und den Backstreet Boys besteht, wirkt ein bisschen verstörend. Solche Klänge hört man in dieser Halle höchst selten. Gottlob prügeln uns InVisions rasch wieder zurück in gewohnte Gefilde. Ein wuchtiger und donnernder Mix zwischen Metalcore und Deathcore. Damit blasen die York-Jungs alles und jeden weg! Ein unfassbar packender Abriss! Die aggressive Gangart lässt die Zuhörerschaft endgültig aus dem Dornröschenschlaf erwachen und führt mittig vor der Bühne zu zerstörerischen Circle Pits. Die Party ist effektiv lanciert. Parallelen zu Caliban sind durchaus erkennbar. Nach der Show muss ich unbedingt versuchen, eine CD zu ergattern. Diese sackstarke Entdeckung verdient Unterstützung. Die Engländer würden zweifelsohne auch an jedem Open Air für Furore sorgen.
Spiritbox
Um 21.40 Uhr schlägt dann die Stunde des Headliners. Angeführt von Courtney LaPlante, dem sympathischen, nerdigen Frontmädel von nebenan, hauen die Akteure mit «Circle With Me» zu Beginn sogleich einen ersten Kracher raus! Diese Melodien gehen einem direkt unter die Haut. Geschickt wird zwischen Klargesang und groben Growl-Attacken variiert. «Chapeau» in Richtung der Sängerin – das sind herausragende Leistungen! Spiritbox scheinen tatsächlich einen gewissen Bekanntheitsgrad zu geniessen, denn das Publikum erweist sich als unglaublich textsicher (was es beim drauffolgenden Stück «Hurt You» abermals eindrücklich unter Beweis stellt).
Neben Courtney wuseln ihr Ehegatte Mike Stringer (Gitarre), das ehemalige As I Lay Dying-Mitglied Josh Gilbert (Bass) und Zev Rose (Drums) auf der Bühne herum. Okay – Letztgenannter ist zugegebenermassen nicht sonderlich mobil, aber irgendeiner muss ja die Schiessbude hüten und den Takt vorgeben. Die Chemie innerhalb der Band scheint definitiv zu stimmen. Trotzdem gilt der primäre Fokus der wunderbaren Courtney. Klar sind ähnliche Formationen wie Jinjer, Infected Rain oder die Butcher Babies zurzeit hoch im Kurs, aber Spiritbox und ihre Sängerin verdienen ebenfalls diskussionslos einen Platz im Scheinwerferlicht. Die Kanadier könnten wirklich einmal ganz vorne mitspielen.
Schön ist auch zu sehen, wie Courtney fast jede einzelne Note fühlt und mit der Musik verschmilzt. Ausserdem treffen ihre Aussagen ziemlich ins Schwarze. Breakdowns seien zwar nicht alles im Leben, aber sie hätten eben schon eine geile Wirkung. Sie habe zudem viele der Songs in trauriger Verfassung geschrieben und sei nun aber umso glücklicher, wenn sie ihre Kompositionen den freudig jauchzenden Fans näherbringen darf. Und die Besucher geniessen diesen einstündigen Ritt wahrlich in vollen Zügen. Das nächste Gastspiel von Spiritbox auf helvetischem Grund kann meines Erachtens gar nicht schnell genug stattfinden.
Das Fanzit – Spiritbox, InVisions, Mayflower
Ein lohnenswerter Abend, der bewiesen hat, dass man in den Sommermonaten nicht zwingend an einem Festival herumstiefeln muss, um neue Band-Höhepunkte entdecken zu können. Der Hype um Spiritbox ist absolut gerechtfertigt. Daran gibt’s nach diesem Abend nix zu rütteln. Sie werden uns wohl auch künftig noch viel Freude bereiten. InVisions hinterliessen ebenfalls einen bleibenden Eindruck. Des Weiteren brillierte das Z7 erneut mit einer fantastischen Soundqualität.
Setliste – Mayflower
- Misery
- Before I Fall
- Colado
- AC131
- Torn To Pieces
- Save Me
Setliste – InVisions
- D V P E
- Gold Blooded
- Annihilist
- Hindsight
- Half Life
- Deadlock
- Parasite
Setliste – Spiritbox
- Circle With Me
- Hurt You
- Yellowjacket
- Rule Of Nines
- Halcyon
- Silk In The Strings
- Constance
- Blessed Be
- Secret Garden
- The Mara Effect, Pt. 3
- Holy Roller
- Eternal Blue
- Belcarra*
*Zugabe