Entspannte Schweden und wilde Kanadier
Ich habe mir wieder einmal ein Wochenende im populärsten Metal-Tempel unseres Landes gegönnt und bin dabei Zeuge von diversen Darbietungen geworden. Für die erste Ladung Live-Musik waren am Freitagabend die Alternative Rocker tAKiDA und die Volldampf-Ahornblätter The Wild! besorgt. Die erzählenswerten Ereignisse entnehmt ihr den nachfolgenden Zeilen.
Week-end ahoi! Abermals wurde eine Pilgerreise ins gelobte Z7-Land erfolgreich absolviert. Nun warte ich vor der ehrwürdigen Halle auf den Einlass und geniesse die sommerlichen Temperaturen. Da kommt schon fast ein bisschen Ferienstimmung auf. Der Andrang vor den Eingangspforten wirkt optisch vielversprechend. Sind die mir noch unbekannten tAKiDA (jep, das ist tatsächlich die korrekte Schreibweise) wirklich so gefragt? Ich glaube zumindest im Vorfeld irgendwo gelesen zu haben, dass ihr Sound stellenweise durchaus als «mainstreamig» eingestuft werden kann. Ein Fakt, der natürlich automatisch eine grössere Anziehungskraft mit sich bringt.
Meine Präsenz hat jedoch einen anderen Grund. Dieser hört auf den Namen The Wild! und übernimmt im heutigen Programm die Rolle des Support-Acts. Bereits Mitte Juni 2018 hinterliessen die Kanadier als Einheizer für Rose Tattoo hier in Pratteln unglaublich viele bleibende Eindrücke. Noch selten habe ich beim Auftritt einer Vorband eine solch euphorisierte Zuhörerschaft erlebt. Ähnliche Begeisterungsstürme dürfen die Jungs meinetwegen auch beim inzwischen unmittelbar bevorstehenden Gig entfachen. Dann könnten anschliessende Merch-Einkäufe wohl nicht bloss bei meiner Wenigkeit freilich zum Thema werden.
The Wild!
Den Göttern sei Dank bleiben die riesigen Tore der Konzertfabrik während des gesamten Abends durchgehend geöffnet. Sonst würde im Inneren mit der Zeit ein höllisches Sauna-Inferno entstehen. Heiss bleibt’s allerdings trotzdem, denn Fronter Dylan Villain verzichtet freiwillig direkt von Anfang an auf ein T-Shirt und präsentiert der Welt seinen kräftigen Oberkörper. Da schauen logischerweise insbesondere die anwesenden Mädels gerne genauer hin. Zwischen exzessivem Abrocken findet er sogar Zeit, einen Kamm aus seiner Jeans hervorzukramen und wieder ein wenig Ordnung in die durcheinandergewirbelte Frisur zu zaubern. Ein schmaler Grat zwischen Angeberei und Coolness. Die gelegentlichen Spuck-Attacken könnte Dylan dafür lieber komplett weglassen. Sonst müssen wir die erste Reihe plötzlich noch zur «Splash Zone» erklären.
Abgesehen von dieser «Speichel-Affäre» gibt’s am Gezeigten in Tat und Wahrheit nix zu kritisieren. Die vier Teufel lassen den Fuss auf dem Gaspedal und zocken sich in bester Airbourne-Manier durch ihr Set. Basser Boozus – der Mann mit der monströsen Gesichtsbehaarung – hilft gelegentlich am Gesang aus und macht dabei ebenfalls einen astreinen Job. Die Setliste kommt als netter Querschnitt der drei bisher veröffentlichen Studiosilberlinge daher. In den ihnen zur Verfügung stehenden 45 Minuten gelingt es dem Vierer sogar, meine Erwartungen zu übertreffen. Das ist zweifelsohne nochmals eine Stufe stärker als vor vier Jahren. Ich kann das nächste Rodeo mit diesen Rockern ehrlich gesagt kaum erwarten. In diesem Sinne: «Stay Wild!»
tAKiDA
The Wild!-Shirt gekauft, Hopfenvorrat wieder aufgestockt und meinen altbekannten Standplatz in Pfostennähe eingenommen – ich bin bereit für die Performance des heutigen Headliners aus Schweden. Krass, dass das Sextett schon seit über zwei Dekaden auf diesem Planeten herumgeistert und bisher völlig unter meinem Radar geflogen ist. Die Beliebtheit der Herrschaften kann ich jedoch bald einmal nachvollziehen. Da ist nämlich definitiv der eine oder andere radiotaugliche Schnulzen-Song mit von der Partie. Generell gesprochen kann das Ganze in Sachen Sound als Gemisch aus The Rasmus, Volbeat und HIM bezeichnet werden. Glücklicherweise sind die Feuerzeuge bei den Balladen in der Überzahl. Gut so! Das hat sowieso mehr Charme als irgendwelche Handytaschenlampen.
Das durchgeschwitzte Hemd von Sänger Robert Pettersson gibt uns Aufschluss über seinen Aktivitätenradius. Er ist sich obendrein für zwei Abstecher hinunter in die Publikumsreihen keinesfalls zu schade. Bei der Rückkehr nach dem ersten Ausflug erwischt der Paradeschwiegersohn allerdings prompt die falsche Ausfahrt und landet in der Männertoilette. Die hilfsbereite Security geleitet den verirrten Musiker aber schnell zurück auf die Bühne. Halb so wild lieber Robert, das ist auch schon vielen deiner Kollegen passiert (man erinnere sich beispielsweise an Alea von Saltatio Mortis).
Bevor jetzt einer ums Eck düst und motzt, dass all diese Kompositionen zu seicht seien, muss ich fairerweise anmerken, dass tAKiDA also ebenfalls fetzigere Stücke in ihrem Repertoire haben. Dazu gehören sicherlich «Goodbye» oder «Purgatory (Live And Let Die)». Ich frage mich übrigens bereits die ganze Zeit über, was aus der ansehnlichen Warteschlange von vor ein paar Stunden geworden ist. Wo haben sich diese Leute plötzlich versteckt? Der Prattelner Konzerttempel ist leider allerhöchstens mittelmässig besucht. Möglicherweise liegt’s am Sommerwetter oder dem wieder etwas reichhaltigeren Event-Angebot. Naja, die Anwesenden geniessen jedenfalls die finalen Klänge der Schweden, welche ihr Set mit dem Kracher «What About Me?» (dessen Riffs ich eindeutig irgendwoher kenne) ausklingen lassen.
Das Fanzit – tAKiDA, The Wild!
The Wild! konnten ihre Qualitäten am heutigen Abend ohne Zweifel bestätigen und sind für weitere Shows auf schweizerischem Grund garantiert ein Thema. Liebe Leute, diese Truppe müsst ihr auf dem Schirm haben! tAKiDA konnten mich derweil nur mit gewissen Songs packen. Das Gros der Besucher hat die Nordmänner allerdings frenetisch abgefeiert.
Setliste – The Wild!
- Roadhouse
- Goin’ To Hell
- Straight To Hell
- Helluva Ride
- King Of This Town
- Bad News
- Playing With Fire
- Ready To Roll
- Party ‘Til You’re Dead
Setliste – tAKiDA
- Wild Eyes
- How Far I’ll go
- Flowerchild
- Better
- In Spite Of Everything
- Curly
- Don’t Wait Up
- Let The Hammer Ring The Bell
- Willow And Dead
- Master
- Edge
- Goodbye
- I Am The World
- You Learn*
- Purgatory (Live And Let Die)*
- What About Me?*
*Zugabe