Phoenix aus der SpiteFuel-Asche
Als die Heilbronner Truppe SpiteFuel im Sommer 2021 urplötzlich das Handtuch geworfen hat, war nicht nur ich schwer enttäuscht. Die Gründe für den Split dürften vielfältig sein, sicher haben die erschwerte Suche nach einem Sänger und der Scheiss Virus eine tragende Rolle gespielt.
Nun gut, die Musiker gingen getrennte Wege – zumindest teilweise. Gitarrist Timo Pflüger und Drummer BJ Hessenmüller gehen mit Iron Echo an den Start, deren Erstling dürfte im Spätherbst zu erwarten sein. Auch der frühere Sänger Stefan Zörner kommt im Juli mit seinem neuen Reternity Werk um die Ecke. Der andere Gitarrist Tobi Eurich und der Schweizer Tieftöner Matt Lüönd haben zusammen mit Drummer Jason-Steve Mageney (ex-Maverick) derweil Serpents In Paradise gegründet. Und sie gehen einen komplett anderen Weg…
Temptation
Mit „Love Bites“ beginnt der Silberling. Und der Kenner staunt sogleich: Die Stimme…? Das ist doch Gianni Pontillo, der Sänger von The Order und Victory? Anstatt einen fixen Sänger für die Band zu suchen und engagieren, setzen Serpents in Paradise in der Tat auf eine variable Lösung mit mehreren Sängern. Und das ist eine saustarke Idee – denn neben dem Schweizer kommen noch mehr Prominente zum Mikro. Der Song selbst ist eine saucoole Rocknummer mit Ohrwurmpotenzial.
Deutlich heftiger geht’s dann bei „Tomorrow Never Comes“ zur Sache. Hier dürfen die Headbanger ran. Ein markerschütternder Schrei leitet den Song ein – der von keinem Geringeren als Stu Block, dem ehemaligen Iced Earth Fronter gesungen wird.
„Where Is The Rock’n’Roll Gone“ (finde nur ich, dass der Titel irgendwie komisch tönt?) ist die erste Single, die gibt’s bereits auf allen einschlägigen Kanälen zu hören. Eine unheimlich cooler Rocker, der seinen Stempel von Herbie Langhans‘ (u.a. Avantasia) rauer Stimme aufgedrückt bekommt. Aber auch die Gitarrenläufe sind der Hammer! Die Briten Thunder lassen (nicht nur aufgrund der Kuhglocke) grüssen…
Den nächsten Sänger erkennt der Schweizer Hardrock Fan im Schlaf: Shakra’s own Mark Fox darf beim „Moonshine Blues“ ran. Ein schöner Rocker, der dank Fox‘ Stimme auch problemlos auf einem Shakra Album Platz finden würde.
Der Fünfte im Bunde und gleichzeitig der Einzige, der bei drei Songs den Gesang übernehmen darf, ist Alex Kühner von High Tide. Die Süddeutschen sind erst vor kurzem auf meinem Radar aufgetaucht, als sie den Support für Kickin‘ Valentina im Hall of Fame in Wetzikon machten. Diese Zusammenarbeit scheint zudem Sinn zu machen, so kommt der Sänger wie die alten Spite Fuel aus Heilbronn. „Black Hole“ ist der erste Betrag, den Kühner hier beisteuert, eine Nummer die insgesamt aber nicht herauszustechen vermag. Was allerdings keinesfalls als Kritik an dem Sänger gewertet werden soll!
Die absolute Überraschung ist zweifellos „Sun May Shine“. Ich bin bekanntlich ein ziemlicher Balladen-Muffel. Aber das hier ist schlicht und einfach grossartig! Gesungen ausgerechnet von Stu Block (gar nicht gewusst, dass der das kann…) versprüht der Track ein Feeling, welches irgendwie an Glanztaten der Marke „Every Rose Has It’s Thorn“ von Poison erinnert. Die Gitarrenläufe, der gefühlvolle Gesang, die Melodien… Wirklich fantastisch. Mehr 80er geht eigentlich kaum mehr.
Da vermag die zweite Ballade (paradoxerweise wieder mit Alex Kühner) schlicht nicht mitzuhalten. Auch hier gilt: Keine Kritik am Sänger, der Song bleibt trotz intensivem Gesang und gefühlvollem Gitarrensolo insgesamt einfach blass.
Ansonsten kann man sagen, dass die übrigen Songs einfach so sprühen mit 80er Feeling. „Mr. Mojo“ ist stark und „Overrated“ gehört zweifellos zu den Highlights, genauso wie der Rausschmeisser „Smoke And Mirrors“.
Das Fanzit – Serpents In Paradise: Temptation
Grosses Kompliment! Was uns Tobi Eurich und seine Mitstreiter hier präsentieren ist eines der besten 80er Alben, welches nicht aus den 80er kommt. Der Einsatz von fünf verschiedenen Sängern ist ein ungewöhnlicher Weg, der aber hier wirklich prima funktioniert.
Selbst wenn nicht ganz alle Songs restlos zünden, so hat „Temptation“ genug saustarken Stoff zu bieten: In dieser Sparte muss in diesem Jahr erstmal noch jemand an diesem Album vorbeikommen! Alleine die Killerballade „Sun May Shine“ und das enorm coole „Where Is The Rock’n’Roll Gone“ rechtfertigen den Kauf dieses Werkes. Fette 8.5 von 10 Punkten.
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Trackliste Serpents In Paradise – Temptation
- Love Bites (feat. Gianni Pontillo)
- Tomorrow Never Comes (feat. Stu Block)
- Where Is The Rock’n’Roll Gone (feat. Herbie Langhans)
- Moonshine Blues (feat. Mark Fox)
- Black Hole (feat. Alex Kühner)
- Sun May Shine (feat. Stu Block)
- Mojo (feat. Gianni Pontillo)
- Overrated (feat. Herbie Langhans)
- Get Lost Again (feat. Alex Kühner)
- Ghost Light (feat. Mark Fox)
- Smoke And Mirrors (feat. Alex Kühner)