Mauerfall
Für die einen sind sie ein aufgehender Stern am Firmament, für die anderen wohl einfach „die komischen Typen mit diesen bekloppten blauen Schüsseln auf dem Kopf“. Gemeint ist Adam And The Metal Hawks – oder kurz: AMH – welche die Sozialen Medien wie TikTok oder YouTube als Einfallstor in die weite Welt der Musik gewählt haben.
Die amerikanische Rockband, die innerhalb von sechs Monaten fast 3 Millionen Followers gewinnen konnte, wurde zur viralen TikTok-Sensation, weil es ihr wie niemandem sonst gelang, schrullige Videoclips mit überzeugenden melodischen Darbietungen zu kombinieren. Wir trafen Adam, Ryan, Johnny und Griffin am Riverside Open Air in Aarburg und haben uns mit ihnen über ihren Werdegang, abgefahrene Ideen sowie ihre Eindrücke von der Schweiz unterhalten. Und natürlich wollten wir auch wissen, ob sie denn privat ebenso verrückt sind wie in ihren Videoclips.
Metalinside (Sandro): Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Ihr seid ja schon ein paar Tage in der Schweiz, wie hat es euch gefallen?
Adam: Es war unglaublich! Wir haben zuvor bereits Deutschland und Italien besucht, und allein schon die Autofahrten haben atemberaubende Aussichten geboten. Berge, Bauernhöfe… Es war einfach eine grossartige Erfahrung für uns, gemeinsam als eine Band durch Europa zu reisen und all diese fantastischen Städte zu sehen, all die unterschiedlichen Speisen zu kosten.
MI: Und was habt ihr von der Schweiz gesehen?
Adam: Wir waren in Luzern…
MI: Meiner Heimat…
Adam: Ou cool, Luzern ist wirklich eine wunderschöne Stadt. Später haben wir dann noch einen Abstecher in die Berge nach Lauterbrunnen gemacht, inmitten dieser unglaublichen Landschaft.
Ryan: Von da aus haben wir eine Gondel genommen und sind nach Mürren hochgefahren, welches von einigen kleinen Dörfern umsäumt wird. Dies war eines der beeindruckendsten Erlebnisse, das ich in meinem ganzen bisherigen Leben machen durfte. Die ganze Szenerie war einfach atemberaubend.
MI: Irgendwie beneide ich euch gerade ein wenig! Kommen wir nun aber auf Adam And The Metal Hawks zu sprechen. Wie würdet ihr die Band jemandem vorstellen, der noch nie etwas von ihr gehört hat?
Adam: Ich würde sagen, dass AMH versucht, den Geist der klassischen Rockmusik auch jüngeren Leuten näher zu bringen. Einer Generation, die entweder noch nie davon gehört hat, oder aber gerade erst ihre Reise in die Rockmusik beginnt. Wir alle haben die typischen musikalischen Einflüsse wie Van Halen, Kiss, Queen, Twisted Sister – eben jenen Legenden, die wir selbst vergöttert haben. Wir eifern den Helden unserer Jugend nach und hoffen, eines Tages vielleicht selbst mal eine Art Ikone für die jüngere Generation zu werden. Und ich denke, es ist einfach auch die beste Mucke, die man spielen kann, was sich wohl auch in unserer Musik widerspiegelt. Eine Art moderne Interpretation des klassischen Rocks, zu der jeder von uns vieren seinen Teil beisteuert.
MI: Möchte jemand noch etwas ergänzen? Oder hat Adam schon alles gesagt? [Zustimmendes Nicken und Gelächter].
Ryan: Adam fasst das jeweils sehr gut für uns alle zusammen [lacht].
MI: Anno 2019 haben Adam und The Metal Hawks ihre Kräfte gebündelt. Wie kam es dazu?
Ryan: Wie du richtig gesagt hast, existieren AMH nun seit rund drei Jahren, wobei Griffin erst seit sechs oder sieben Monaten mit an Bord ist [Griffin, der Alex Hertler am Schlagzeug ersetzte, nickt eifrig]. Aber die Metal Hawks gibt es schon viel, viel länger. Johnny und ich haben uns damals bei einer Talentshow in der Mittelstufe kennengelernt, als ich zusammen mit einem Freund gesungen habe. Er war in einer kleinen Gruppe von 12-Jährigen, die sich Metal Hawks nannten. Sie warfen während ihrer Show selbst gemachte T-Shirts ins Publikum, und wie es der Zufall so will, hat meine Mutter eines davon gefangen. Wenn das nicht Schicksal ist, dann weiss ich auch nicht. Jedenfalls verliess der ursprüngliche Sänger die Band in jenem Sommer, worauf sie sich an mich wandten und meinten: „Weisst du, wir fanden deinen Auftritt damals bei der Talentshow toll und möchten, dass du bei uns vorsingst.“ Ich war damals gerade mal 14 Jahre alt, aber ich denke, Johnny kann dir bestätigen, dass ich das Ding gerockt habe.
Johnny: Absolut, sein Auftritt war fantastisch, ich konnte es kaum glauben.
Ryan: Seither sind wir zusammen. Die Zeit verging, wir wurden etwas älter und begannen, in Clubs und Bars aufzutreten und uns so in der lokalen Szene einen Namen zu machen. Und dann sind wir irgendwann auf Adam gestossen, der nach seiner Zeit bei American Idol ein Soloprojekt am Laufen hatte. Tja, schlussendlich wurde weit mehr als ein Solo-Ding daraus, nämlich eine ganz andere, neue Band!
Adam: Diese Jungs sind so jung und unglaublich talentiert! Zudem hatte das ganze Projekt stets irgendwie den Flair einer Garagenband aus irgend einer dieser Kleinstädte. Und jetzt nach Europa zu kommen ist einfach unglaublich. Was meiner Meinung nach auch viel mit unserer Präsenz in den Sozialen Medien zu tun hat. Wir machen ständig Videos und stellen sie ins Netz. Wir schreiben neue Songs, wir arbeiten an einem neuen Album. Wir sind gerade dabei, die Rockstar-Leiter Sprosse für Sprosse nach oben zu klettern und hoffen natürlich, es bis ganz nach oben zu schaffen.
MI: Die Sozialen Medien als Steigbügel?
Adam: Wenn du so willst [lacht]. Ich bin überzeugt, dass sowas gerade durch die alles durchdringende Digitalisierung ungemein wichtig geworden ist. Die sozialen Medien haben die klassische Art des Marketings ein-, wenn nicht sogar schon überholt. Früher ging man raus und hängte Plakate in Clubs und so auf. Heutzutage, wo alles online ist und es eine Menge Konkurrenz gibt, muss man sich wirklich abheben, aus der Masse herausstechen. Viele Leute machen Musik von zu Hause aus, so dass man sein Talent möglichst augenfällig zur Schau stellen muss. Und man darf keine Angst haben, einfach mal einen Videoclip zu posten und zu schauen, was wohl passiert. Zum Glück haben unsere Musik sowie unsere Persönlichkeiten online Millionen von Menschen angesprochen. Und wir sind einfach nur dankbar und überglücklich, diese Chance zu erhalten.
MI: Du hast eure zuweilen etwas skurrilen Musikvideos angesprochen, von denen nicht zuletzt die TikTok-Variante von Guns’N’Roses „Sweet Child Of Mine“ heraussticht. Wie kommt man auf solche Ideen?
Ryan: Ich verrate dir gerne, wie wir den Einfall mit diesen blauen Schalen hatten. Und ich gebe auch offen zu, dass sie wohl etwas gestohlen war. Denn seien wir mal ehrlich: Die meisten TikTok-Ideen werden ziemlich oft recycelt. Das Ganze nahm anfangs 2021 seinen Lauf, als Corona noch omnipräsent, es aber irgendwann sicher genug war, um zusammenzukommen und mit dem Schreiben neuer Songs zu beginnen. Uns war aber auch allen bewusst, dass wir nicht so schnell würden rausgehen und Shows spielen können. Also dachten wir uns, – wie Adam ja bereits erwähnt hat – dass wir mehr Präsenz auf TikTok zeigen und auch kreativer werden müssen. Johnny und ich haben dann rein zufällig Videos gesehen, in denen einer mit einem Ball auf dem Kopf Gitarre spielt und der andere in einen Wasserball singt – und das zu den Klängen von AC/DCs „Back in Black“. Also wieso dies nicht einfach adaptieren und einen Haufen cooler Songs daraus produzieren? So entstanden unsere Clips zu „Crazy Train“ und „Sweet Child O‘ Mine“, die sich dann auch einfach gut verbreitet haben. In der einen Minute gibt es einen Artikel über uns auf The Wire, und bevor du dich versiehst, kursieren hundert Berichte dazu im ganzen Internet. Diese dummen kleinen Schüsseln haben unser Leben verändert [Gelächter].
MI: Aus der Masse herausstechen, sich abheben… Was macht AMH sonst noch so besonders?
Adam: Ich denke, es sind auch unsere Persönlichkeiten, die auf der Bühne hervortreten, durchscheinen, wenn du verstehst, was ich meine. Ryan springt herum wie ein Tier und zupft an seinem Bass. Johnny fetzt die Gitarre wie verrückt rauf und runter. Griffin dreht am Schlagzeug komplett durch, und ich schreie so hoch wie ich nur kann. Ich glaube, eine unserer Stärken ist zudem der Einbezug des Publikums. Bei vielen unserer Songs, und gerade auch dazwischen, reissen wir diese Mauer, diese vierte Wand, die dich von den Zuschauern trennt, nieder und beziehen wirklich alle mit ein. Im Sinne von: hey, das ist eine Party, und wir sind alle hier, um gemeinsam Spass zu haben. Ich denke, das Energielevel ist unglaublich hoch, und das ist eben genau das, was wir als Band erreichen möchten.
MI: Seid ihr privat eigentlich gleich verrückt wie in den Videos oder auf der Bühne?
[Gelächter] Ryan: Nicht einmal annähernd! Wir haben alle sehr starke Persönlichkeiten, das sind unsere wahren Ichs. Aber auch hinter der Bühne läuft unglaublich viel, wie zum Beispiel bei der Produktion dieser TikTok-Videos. Man sieht das fertige Produkt, aber nicht den ganzen Aufwand dahinter. Wenn wir als Band proben denken wir immer, ok, was kommt als nächstes? Du musst dir ständig das Hirn zermartern und neue Sachen ausprobieren. Manchmal klappt es, manchmal eben nicht. Es steckt eine Menge Arbeit hinter alledem, was wir tun.
MI: Geraten diese gerade erwähnten Persönlichkeiten zuweilen auch aneinander?
Adam: Klar, das kann durchaus passieren, aber wir tendieren stets dazu, offen aufeinander zuzugehen, vor allem auch, wenn wir neue Songs schreiben. Wir geben uns stets gegenseitig Inputs, arbeiten bei allem zusammen. Es ist so etwas wie eine Bruderschaft geworden. Wir machen uns übereinander lustig, wie Brüder es auch tun würden. Aber das gehört irgendwie dazu und schweisst uns nur noch enger zusammen. Brüder streiten sich ständig, aber am Ende des Tages sind sie immer noch eine Familie.
Ryan: Um noch einmal auf den Songwriting-Prozess zurückzukommen: Wir versuchen nicht nur, jeden Song so zu schreiben, als wäre er der beste Song, den wir je verfasst haben. Es ist auch so, dass jedes Lied, das wir komponieren, beinahe schon auf eine andere Art und Weise entsteht, eine eigene Entstehungsschichte hat. Wie zum Beispiel „Strain“. Adam war damals im Fitnessstudio, und auf einmal hatte er diesen Einfall für die Basslinie. Er hat sie mir daraufhin vorgesungen und ich habe sie quasi übersetzt. Es ist in der Tat stets unterschiedlich. Mal kommt Griffin mit einer Idee, dann Johnny mit einem coolen Riff, oder jemand von uns hat gleich nen ganzen Song ausgeheckt. Aber schlussendlich ist es immer eine Zusammenarbeit. Wir sind zu viert, und ich denke, das ist auch der Grund, wieso wir so viel Spass haben.
MI: Eine Ergänzung hierzu?
Johnny: Ich denke, es hilft enorm, dass Ryan und Griffin nahezu jedes erdenkliche Instrument spielen können. Und dass sie wirklich gut darin sind, mit allen zu kommunizieren und dafür zu sorgen, dass alles stets reibungslos funktioniert.
MI: Adam, du warst bei American Idol 2015 unter den letzten 16. War das für deine musikalische Karriere eher zu- oder abträglich?
Adam: American Idol war ein tolles Erlebnis für mich. Ich habe da viele talentierte Leute kennengelernt, speziell auch Musiker. Jennifer Lopez war damals ja auch in der Jury. Und ich durfte eine Menge Erfahrung sammeln, als ich vor so vielen Leuten auf der Bühne stand. Ich bin generell nicht wirklich der nervöse Typ, und wie ich schon sagte, durchbreche ich gerne diese Barriere zum Publikum und gebe jedem im Zuschauerraum das Gefühl, mit uns auf der Bühne zu sein. Auch da hat mich American Idol sicher weitergebracht, wie generell in Sachen Stage-Performance. Danach habe ich in verschiedenen Bands gespielt, bis ich schlussendlich über mein Soloprojekt auf die Metal Hawks gestossen bin. Gut möglich, dass auch dies ohne American Idol nie so zustande gekommen wäre!
MI: Und was erwartet ihr vom heutigen Abend hier in Aarburg?
Adam: Ich freue mich enorm, nachher da rauszugehen. Das Publikum, das wir gestern schon bei einigen Show beobachtet haben, ist einfach fantastisch! Alle sind hier, um eine tolle Zeit zu haben und Rockmusik zu geniessen. Man merkt, dass die Leute auf den nächsten Song, die nächste Band hungrig sind. Ich kann es kaum erwarten, ihre Reaktion zu sehen, wenn wir die Bühne betreten und loslegen.
MI: Seid ihr vor einem Auftritt jeweils nervös?
Griffin: Wir bringen den Leuten Musik, die sie so noch nie zuvor gehört oder gesehen haben, und sie werden sehr glücklich sein, dass sie heute gekommen sind. Aber ja, das ist wahrscheinlich die grösste Show, die ich je gespielt habe. Das spüre ich jetzt, und werde es wohl auch noch fühlen, wenn ich dann dort oben bin. Aber ich denke, wenn wir die Hälfte des ersten Songs gespielt haben, werde ich zu mir sagen: „Alles klar, hier bin ich nun, es fühlt sich gut an – kann gerne so weitergehen!“
Ryan: So ist es normalerweise vor einer grossen Show wie dieser. Die letzten 15, 10 Minuten bevor du auf die Bühne gehst, machst du dir fast in die Hose [Gelächter]. Aber sobald du zwei oder sogar drei Songs gespielt hast, verfliegt diese anfängliche leichte Unsicherheit. Und beim Publikum gilt immer: Je grösser, desto besser, zumindest für mich. Es ist viel einfacher, vor 20’000 Leuten zu spielen als vor 20, obwohl letzteres mindestens genauso wichtig ist.
Griffin: Absolut. Jede Show ist wichtig, und man sollte jede auch so angehen, als wäre es deine letzte! Es ist einfach eine wunderbare Sache, in der Lage zu sein, dies alles auf einem solch hohen Niveau und in so einer Grössenordnung zu tun. Es wird ein grandioser Abend werden.
MI: Habt ihr ein spezielles Ritual, bevor ihr auf die Bühne geht?
[Grosses Gelächter]
Johnny: Das wäre mal was!
Ryan: Sowas sollten wir echt einführen! Hände in die Mitte, kommt! [Gelächter]
Adam: Nein… Ich meine… Normalerweise führen wir direkt vor einer Show einen Line- oder Sound-Check durch, feilen an den letzten Details und stellen einfach sicher, dass alles bereit ist… Und dann sind da noch diese wenigen Augenblicke, kurz bevor sie den Vorhang zuziehen und sagen, dass du jetzt auftreten wirst… Du musst dich in die richtige Stimmung versetzen, die Spannung aufbauen, bereit sein! Und an diesem Punkt werfen sie dich dann ins kalte Wasser, und los geht’s.
MI: Wie geht es mit Adam And The Metal Hawks weiter, wenn die Shows hier durch sind und ihr nach Amerika zurückkehrt?
Adam: Einerseits sind wir ständig daran, neue Songs zu schreiben, andererseits aber auch immer auf der Suche nach Gelegenheiten, live auftreten zu können. Aber am meisten geniessen wir gerade die Festivals hier in Europa – und würden uns zudem über weitere Auftrittsmöglichkeiten hier in der Schweiz sehr freuen. Es war grossartig hier, und ich bin mir sicher, dass jeder von uns erst einmal die ganzen Bilder und Videos sehen möchte, sobald wir wieder zu Hause sind. Wir werden dann noch ein paar regionale Shows spielen und jede Menge Spass dabei haben.
MI: Letzte Frage: Habt ihr eine spezielle Nachricht an eure Fans hier in der Schweiz, respektive diejenigen, die es dann nach eurem Auftritt sicher sein werden?
Adam: Unsere Botschaft ist folgende: Geniesst weiterhin gute Rockmusik – ihr wisst schon, habt Spass, und dies möglichst jeden Tag. Und der beste Weg, eine Band zu unterstützen, die ihr mögt – besonders heutzutage, mit all den Sozialen Medien überall: Drückt den „Gefällt mir“-Knopf, klickt „Teilen“, erzählt euren Freunden von dieser neuen Combo, die ihr entdeckt habt. Und all die Dinge, die ihr tun könnt, sind absolut kostenlos. Macht Mund-zu-Mund-Propaganda, sagt den Leuten, welche grossartige Band ihr dieses Wochenende auf einem Festival oder online gesehen habt.
MI: Vielen Dank für dieses kurzweilige Gespräch!
Falls ihr auf Adam And The Metal Hawks neugierig geworden seid, so findet ihr hier zusätzliches Futter:
- https://www.amhband.com/
- https://www.youtube.com/c/AMHBand
- https://www.facebook.com/amhband
- https://www.instagram.com/amhband/
- https://www.tiktok.com/@amhband?lang=de-DE
Adam And The Metal Hawks sind:
- Adam Ezegelian: Singer
- Johnny Barry: Guitar
- Ryan Daversa: Bass
- Griffin McCarthy: Drums