Nomen est Omen?
Wer im Bandnamen Symphony führt, geht gewissermassen ein Versprechen ein – es sollte irgendwie so klingen oder zumindest Elemente einer Symphonie in sich bergen. Mit dem Album Opener «Overture» kommen Atomic Symphony einer dieser Versprechen nach und das Intro verspricht schon mal Einiges.
Man soll bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend loben und eine Schwalbe macht noch keinen…. Nun gut. Alles Geschwätz! Atomic Symphony bleiben beim einen Versprechen nicht hängen, sondern zeigen gleich von Anfang weg, was Sache ist und beweisen, dass der Namensteil Symphony zurecht gewählt ist.
Man wartet also nicht lange und stellt gleich mal was klar. Hier kommt was – und zwar was Ordentliches. Mit grosser Wucht präsentieren Atomic Symphony «Nightfall» und markieren gleich die Marschrichtung – 10 Minuten geballte Power mit drückenden Gitarren und dennoch verspielten und akzentuierten Passagen. Im Jargon nennt man dies «ein Brett fahren» – tatsächlich treffen viele Bezeichnungen zu.
Singen statt quietschen
Wer Frauenstimmen mag, kommt natürlich auf seine Kosten. Wer nicht, hat aber trotzdem keinen Grund sich zu beklagen. Allzu oft passiert es, dass Metal-Vocalistinnen dem Sound einer Band einen zu weiblichen Touch verpassen. Manche quietschen vor sich hin, andere versuchen es einer Tarja Turunen gleich zu machen. Hier jedoch passt Sängerin Jasmin Baggenstos hervorragend ins Gesamtbild und zeigt eine solide song- und banddienliche Leistung. Manchmal fast ein wenig zu unaufgeregt, ja fast brav, aber dennoch mit einer eigenen und angenehmen Klangfarbe. Zwischendurch dürften die Vocals durchaus ein bisschen mehr Dreck haben. Ich bin mir sicher, dass Jasmin Baggenstos dazu in der Lage ist, aber ihre Stimme ist wie ihre Live-Präsenz – unaufdringlich und doch homogen im Gesamtsound eingebettet. Es passt einfach und hier ein Kompliment zu platzieren, fällt mir ausgesprochen leicht.
Und spielen können sie auch noch…
Spielerisch zeigen Atomic Symphony, dass sie sich problemlos mit internationalen Acts in diesem Genre messen können. Die Songs, teilweise mit bis zu 12 Minuten Länge, sind keine leichte Kost und so manch andere Band verliert sich in Spielereien oder übertriebenen Gitarren-Gefrickel (ja ja, die Solo-Gitarristen). Bei Atomic Symphony Hybris trifft dies nicht zu. Der Zuhörer (natürlich auch die Zuhörerin) merkt schnell, dass die Band längst keinen Anfänger-Status hat und trotz komplexer Strukturen und rhythmisch anspruchsvollen Passagen, bleiben die einzelnen Instrumentalisten bescheiden zurückhaltend. Trotzdem schafft es die Band immer wieder, mir ein «Hoppla» hervorzulocken und beim Instrumental «Metamorphosis» überzeugt die Band auch ohne Gesang – eine schöne, spannende und eigenständige Komposition, die zwar anspruchsvoll ist, aber auch von Nichtmusikern gut verdaut werden kann.
Die Krönung
Mit «Chimera», den letzten 7 Minuten 34 Sekunden, setzen Atomic Symphony aus meiner Sicht ein eindeutiges Zeichen. Tolle Harmonien, schöne und ausgewogene Klänge und wunderbare Räume – der Songs hat aus meiner Sicht alles, was ein gelungener Prog-Track haben muss. Energie, Melancholie und Emotion. Dazu ist er wirklich gut abgemischt – man hörte jede Feinheit heraus und jedes Instrument hat seinen Platz ohne übertrieben im Vordergrund zu stehen. Es passiert selten, dass mir ein Song meine Augäpfel zu befeuchten vermag. Der viel zitierte Spannungsbogen kommt gekonnt zur Anwendung – es fällt mir leicht ein Bravo hinauszurufen und den Hut voller Respekt zu ziehen.
Das Fanzit Atomic Symphony – Hybris
Über 42 Minuten feinster Prog-Metal haben Atomic Symphony abgeliefert. Abwechslungsreich mit viel Druck, spielerisch auf einem respektablen Niveau, das in der CH-Szene nicht überall zu finden ist. Hybris ist ein absolut gelungenes Werk, das vor allem eines macht – Lust auf mehr. Lust auf viel mehr!
Setlist Atomic Symphony – Hybris
1. Overture (instrumental)
2. Nightfall
3. Oath Taker
4. Metamorphosis (instrumental)
5. Hybris
6. Chimera
Line-up Atomic Symphony – Hybris
- Jasmin Baggenstos – Vocals
- Roberto Barlocci – Guitars
- Carlo Beltrame – Keys
- Marc Friedrich – Drums
- Thomas Spoegler – Bass
Video Atomic Symphony – Hyris