Hell Is Finally Here Again!
Was haben wir uns gefreut, als 2019 das Line-Up des Party.San Open Air (P:S:O:A) 2020 bekannt gegeben wurde. Und was mussten wir uns nun die letzten zwei Jahre gedulden… Wie fast überall war auch im beschaulichen Schlotheim zwei Jahre nicht an ein Festival zu denken. Die Bühne mit dem grossen Schriftzug «Hell Is Here» blieb verpackt und wurde nicht aufgebaut. Zum Glück hat es dieses Jahr endlich wieder geklappt. Ob sich das Warten gelohnt hat? Im folgenden Bericht gibt es Antworten.
Luke: Zum ersten Mal sind sogar zwei Personen von Metalinside vor Ort. Der geschätzte Kollege Dutti, welcher schon für das Review der Ausgabe 2017 besorgt war (siehe Review), wird mit seiner Gang dem Festival ebenso die Ehre erweisen, wie ich mit meiner Crew. Meine Premiere hier war 2016, und 2019 war ich zum ersten Mal als Schreiberling tätig (siehe Review). Wie man den beiden Berichten entnehmen kann, ist das Wetter in Schlotheim durchaus für die eine oder andere (negative) Überraschung gut. Diesmal verspricht der Wetterbericht zwar viel Sonne, aber man weiss ja nie…
Gut gelaunt machen wir uns am Mittwochmorgen auf die Reise und erreichen das Gelände am späten Nachmittag. Erstmal Zelt aufbauen, Platz für unsere deutschen P:S:O:A Kollegen reservieren und Bändel tauschen. Als nacheinander langsam, aber sicher die meisten unseres Camps eintreffen, die ganzen Begrüssungen nach der langen Zeit erledigt sind und das eine oder andere Bier vernichtet wurde, folgt der obligatorische Abstecher ins Party-Zelt. Wir verpassen zwar Dutti und Kollegen, welche früher zurück zu ihrem Camp gehen, geniessen aber sonst die Metal Disco bis zum Schluss. Dieser ist zwar heute etwas früher als angekündigt – bereits um 1:50 anstatt um 2 Uhr, was zu einigen Protesten führt – aber es stehen ja auch noch ein paar Tage Festival bevor. Und ein kühles Bier gibt es sowieso auch beim Zelt…
Dutti: Vielen Dank für das Intro Luke! Seid gegrüsst, sehr verehrte Leserschaft! Ich melde mich ebenfalls noch kurz mit ein paar einleitenden Worten zu diesem Festivalbericht. Am späteren Nachmittag sind meine Crew und meine Wenigkeit dann auch auf dem Gelände eingetroffen. Fahrer Benji hat abermals einen astreinen Job abgeliefert. Wir haben unser Camp direkt an der Hauptstrasse. Zwar ziemlich im hinteren Bereich, aber an einem P:S:O:A müssen bekanntermassen sowieso niemals kilometerlange Wanderungen zurückgelegt werden. Das bleibt eher Wacken und anderen Kalibern vorbehalten. Dort haben wir unsere Nackenmuckis übrigens vor ein paar Tagen schon intensiv aufgewärmt. Mal schauen, ob unsere Energiereserven bereits wieder für die bevorstehenden Missionen in den Bereichen Black, Death und Thrash Metal (inklusive den jeweiligen Unterkategorien) ausreichen.
An der Metal-Disco schauen wir logischerweise auch rasch vorbei. Zudem sind neben den Bars neuerdings schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Festivals sämtliche Food-Stände geöffnet. Das war meines Wissens 2017 (bei meiner ersten Party.San-Teilnahme) noch nicht der Fall. (Anm. Luke: Ist so, auch ich habe es so in Erinnerung, dass es 2019 nur einen offenen Essensstand gegeben hat um diese Zeit.) Wird aber freilich für gut befunden. Anhänger von lunarischen Elementen kommen ausserdem in den Genuss eines wunderschön anzuschauenden Vollmondes. Aber nicht zu lange anstarren! Sonst rennen hier am Ende urplötzlich noch irgendwelche blutrünstige Werwölfe durch die Gegend…
P:S:O:A – Donnerstag, 11. August – Hell Is Hot
Luke: Irgendwie bin ich mir das Campen nach der langen Pause nicht mehr gewohnt. Oder ist es einfach das Alter? Jedenfalls habe ich definitiv auch schon besser und vor allem mehr geschlafen. Während es in der Nacht ziemlich abgekühlt hat, war am Morgen relativ früh die Sonne am Himmel, was noch zusätzlich zur Flucht aus der Zelt-Sauna animiert. So bin ich ungefähr um 8 Uhr bereits wieder auf den Beinen. Vorteil: bei den Duschen steht noch fast keiner an und ich komme bereits am ersten Morgen zu meiner Hygiene. Nachteil: die erste Band startet erst um 13:45 Uhr. Bleibt also noch viiiiel Zeit zu überbrücken.
Dies gelingt jedoch problemlos, nicht zuletzt wegen den uns bereits bekannten Nachbarn aus Deutschland, für welche wir Platz reserviert hatten. Und auch dank der ebenfalls bei uns in der Nachbarschaft wohnenden Fraktion von Mind Patrol. So wird bereits das eine oder andere Bier genossen, gute Gespräche geführt und auf den Beginn des musikalischen Programms hin gefiebert.
Birdflesh
Luke: Für den Auftakt sind heute die Schweden von Birdflesh verantwortlich. Diese Typen und die Organisatoren können den Beginn offensichtlich nicht abwarten. Die Ansprache von Seiten Veranstalter ist kurz. Es wird vor allem für das die dreijährige «Zwangsgeduldprobe» und das Durchhaltevermögen gedankt. Und als ob unsere Geduld besonders belohnt werden soll, geht es dann mit der ersten Show sogar gut fünf Minuten früher los als auf der Running Order. Auf geht’s!
Beim ersten Eindruck frage ich mich sogleich: ja ist denn heute schon Freitag? Normalerweise ist es doch traditionell der zweite Festivaltag, der von einer Grindcore-Band mit lustigen Verkleidungen und noch lustigeren Texten eröffnet wird… Aber natürlich funktioniert das auch schon am Donnerstag. Der Platz vor der Bühne ist jedenfalls für den ersten Act schon ordentlich gefüllt. Nicht grad «Gutalax 2019»- voll, aber doch beachtlich für den Auftakt.
Die Schweden gibt es tatsächlich schon seit 30 Jahren, und besonders der singende Drummer Smattro Ansjovis, welcher auch der Bandkopf zu sein scheint, kann tatsächlich einiges. Ich bin immer beeindruckt vom in einem Takt trommeln und im anderen Singen/Growlen. Aber auch seine ebenfalls mit herrlichen Pseudonymen ausgestatten Mitstreiter, Gitarrist Count Crocodelis und Bassist Willy Whiplash, bringen sich sowohl musikalisch als auch stimmlich mit ein.
Natürlich ist das hier nichts für Feingeister – ist ja schliesslich auch Grindcore. Aber der Sound drückt und führt bereits zu ersten kleineren Circle Pits. Zudem ist das Ganze wirklich unterhaltsam. Als kleinere technische Probleme auftreten, wird nicht nur ein Song «Technical Problems» angekündigt, sondern auch kurz A-Cappella intoniert. Und der Song vom Album «Alive Autopsy», der von einer «Alive Autopsy» handelt, heisst zur Überraschung aller Anwesenden «Alive Autopsy».
War der Beginn noch fünf Minuten im Vorsprung zur Running Order, ist das Ende sogar zehn Minuten zu früh. Und so vergehen die 40 Minuten des Auftrittes ziemlich schnell. Ein guter und vor allem kurzweiliger Auftakt. Nun verschiebt sich der Grossteil der vorher vor der Bühne anwesenden Leutchen erstmal zum Merchstand, welcher direkt links neben der Hauptbühne steht. Die Schlange ist mir definitiv zu lang. Also erstmal vorne zum Bühnengitter, denn da gibt es wenigstens ein bisschen Schatten. Zumindest für die Umbaupause bis zum nächsten Act keine schlechte Idee…
Dutti: Ha! Da wärst du mir ja fast über den Weg gelaufen, lieber Kollege. Wir stehen uns nämlich während des gesamten Birdflesh-Auftritts vor dem Merch-Zelt die Beine in den Bauch. Die erwartungsgemäss begehrten Festival-Shirts gehen weg wie warme Weggli. Und auch bei den Textilwaren der einzelnen Bands herrscht reger Ausverkauf. Ein bisschen mehr Vorrat würde definitiv nicht schaden. Trotzdem können wir Erfolge verzeichnen und die gewünschten Produkte absahnen.
Die Lage des Merch-Standes ist tatsächlich ein Vorteil. Dadurch bekommen selbst wir die eine oder andere Aktion auf der Hauptbühne mit. Grindcore ist zugegebenermassen nicht wirklich mein präferiertes «Lausch-Gebiet», aber die schwedischen Vögel machen wirklich Stimmung und sorgen für gelungene Unterhaltung. Müsste man sich effektiv in Zukunft irgendwo nochmals reinpfeifen.
Revel In Flesh
Luke: Die Sonne kann noch so runter brennen, bei Revel In Flesh bin ich immer vor der Bühne. Die Schwäbischen Death Metaller sind immer ein Garant für eine geile Liveshow und haben mich auch an der letztjährigen, leicht abgespeckten Baden In Blut Ausgabe überzeugt (siehe Review).
Frontmann Ralf «Haubersson» Hauber und seine Mitstreiter geben von Anfang an Vollgas! Die ersten zwei Tracks werden ohne grosse Pause dazwischen oder eine Ansage durchgezockt. Leider ist das Mikrofon am Anfang etwas gar leise abgemischt, im Laufe des zweiten Songs pendelt sich das dann aber glücklicherweise ein. Vor dem dritten Stück folgt eine kurze Begrüssung, inklusive Hinweis, dass man lieber so viel wie möglich spielt anstatt viel zu quatschen. Sehr sympathisch!
Der Platz vor der Bühne ist für die Uhrzeit und die brütende Hitze doch sehr ordentlich gefüllt. Bis zu den ersten grösseren Bewegungen in Form von Moshpits dauerts dann aber doch etwas länger und benötigt ein paar Ermunterungen des Fronters. Die Nachfrage, ob die Anwesenden die Tanzschuhe dabeihaben, sorgt erst mit etwas Verspätung für grössere Aktivität in den Zuschauerreihen. Am meisten los ist dann erst beim fast schon obligatorischen «Rock Out»-Cover von Motörhead. Überhaupt ist die Setliste heute fast identisch mit derjenigen vom Auftritt in Weil am Rhein letztes Jahr, was aber absolut kein Manko ist. Die Liederauswahl war damals schon gut und das ist sie auch heute noch.
Zum Abschluss meint Haubersson «wir beerdigen euch heute mit dem «Cyprtcrawler», welcher dann auch zu hören ist. Stand so nicht einmal auf der Bühnen-Setliste, ist aber definitiv ein guter Rausschmeisser. Ein wirklich starker Auftritt der Schwedentod-Jünger aus dem Süden Deutschlands!
Somit wäre der Auftakt mehr als erfolgreich absolviert. Jetzt brauche ich aber erstmal eine kleine Pause. Da auch noch die letzten Nachzügler unseres Camps eingetroffen sind verabschiede ich mich mal Richtung Campingplatz. Dutti, was siehst du dir so an?
Setliste Revel In Flesh
- The Hour Of The Avenger
- My Trial
- Fortress Of Gloom
- Death Kult Legions
- Shadowbreeder
- Emissary Of All Plagues
- Casket Ride
- Deathblow
- The Nihilistic Nothingness
- In The Name Of The Flesh
- Rock Out (Motörhead Cover)
- Cryptcrawler
Hangatyr
Dutti: Wir starten unser Bandprogramm in der Tentstage mit Hangatyr. Die Thüringer geniessen ihr Heimspiel und ermöglichen nicht bloss meiner Person einen optimalen Festivalauftakt. Draussen herrscht eine brütende Höllenhitze, aber der Vierer schafft es dank seines musikalischen Schaffens trotzdem irgendwie eine eisige Atmosphäre zu erzeugen. Engagiert keift Frontmann Silvio die harschen Worte in sein Mikrofon. Die ausschliesslich in Deutsch gehaltenen Texte scheinen sowieso bevorzugt winterliche Aspekte zu thematisieren. Doch selbst der grobste Eisblock auf der Bühne kommt beim Anblick des rappelvollen Zeltes nicht um ein breites Grinsen herum. Auffallend ist übrigens der Fakt, dass die Herrschaften ohne Felle-Klopfer agieren. Das Drum-Geprügel kommt lediglich ab Tonband. Stört mich jetzt nicht sonderlich. Zumal die Qualität der Performance von Hangatyr kaum darunter leidet.
Gaerea
Dutti: Weiter geht’s auf der Hauptbühne mit den portugiesischen Schwarzmetallern Gaerea. Es ist wahrlich ein Segen, dass dieses Open Air nur zwei Spielstätten im Angebot hat. Die kleinen zeitlichen Überschneidungen im Programm müssten allerdings trotzdem nicht sein. Wobei ich ungeachtet dessen davon überzeugt bin, dass die Booking-Abteilung diesbezüglich stets versucht, die bestmöglichen Lösungen anzustreben. Ich möchte jedenfalls nicht in der Haut eines dauergestressten Organisators stecken.
Aber zurück zur Musik. Die Mitglieder von Gaerea sind unfassbar düstere Gesellen. Ihre Antlitze verbergen sie hinter komplett verhüllenden Kapuzen, welche alle mit einem identischen Symbol bestickt sind. Diese Outfits dürften wahrscheinlich an irgendeine Art Kult erinnern. Des Weiteren haben sie ihre Arme mit pechschwarzer Farbe bemalt. Dass sie mit diesen Verkleidungen im Angesicht des vom Himmel herabbrennenden Himmelskörpers nicht gleich schonungslos kollabieren, verdient den allergrössten Respekt! Ganz im Gegenteil, der Gig überzeugt von A bis Z und bestätigt damit den positiven Eindruck, welchen wir beim kurzen Anhören der Truppe in Wacken gewonnen haben.
Nyktophobia
Dutti: Zurück im lautesten Zelt des gesamten Geländes steht der Auftritt von Nyktophobia auf dem Plan. Diese Formation ist Balsam für sämtliche Seelen, welche immer noch der Auflösung der Gruppe Dawn Of Disease und ihrem mitreissenden Melodic Death Metal nachtrauern. Doch nun kann Sänger Tomasz Wisniewski seine komplette Energie in die Dienste dieses neuen Nebenprojektes stellen. Wobei, so neu ist das Ganze eigentlich gar nicht. Nyktophobia wurden 2015 ins Leben gerufen und haben inzwischen drei Studioplatten auf den Markt gebracht. Stilistisch halten die Herren dem melodiösen Todesblei brav die Treue.
Im Rahmen dieser guten halben Stunde verfallen wir in einen regelrechten Headbanger-Rausch. Vergleiche mit den populären Grössen aus dem skandinavischen Raum (wie beispielsweise Insomnium, Wolfheart oder Amon Amarth) braucht diese Equipe freilich nicht zu scheuen. Es geht mächtig und rasant zur Sache! Keine Ahnung, ob der Fünfer schon einmal auf helvetischem Grund zu Gast war; aber bei ihrem nächsten Besuch in der Schweiz muss ich unbedingt mitmischen. Dieser Party.San-Gig macht in Tat und Wahrheit Lust auf mehr!
Total Hate
Dutti: Bei Total Hate erwarte ich grundsätzlich die Umsetzung des altbekannten Sprichwortes «Nomen est omen.» Und ja, die Schwarzmetaller aus Nürnberg hauen exakt in dieser Kerbe rein. Schnell vorgetragener, peitschender Black Metal, der mit tonnenweise Hass angereichert ist. Nieten und Corpsepaint bei den einzelnen Protagonisten sitzen einwandfrei. So muss das sein! Seine eigens angestaute Wut kann man – motiviert von diesen finsteren Tonfolgen – sorglos herausschreien. Ich erlaube mir den Vergleich und wage zu behaupten, dass hier just in diesem Moment die deutsche Version von Taake in Aktion zu sehen (und hören) ist. Die Tentstage wird kompromisslos in ihre Einzelteile zerlegt. Für meine Massstäbe ist das die bisher stärkste Darbietung des heutigen Tages.
Meinen ehrenwerten Mit-Metalinsider Luke habe ich allerdings schon länger nirgends mehr gesichtet. Wo hast du dich denn genau versteckt, geschätzter Kollege?
Sinners Bleed
Luke: Ja Dutti, irgendwie hat meine “kleine Pause” länger gedauert als geplant. Es ist bei der Hitze auch einfach zu angenehm im Schatten des Pavillons zu sitzen, ein Bier zu trinken und ein bisschen zu plaudern… Nun geht es aber wieder in die Sonne. Also eigentlich nur beim Weg nach vorne, die nächste Band die ich sehen will spielt im Zelt. Im Gegensatz zu unserem Pavillon ist es da aber ziemlich heiss.
Dementsprechend leer ist es auch, als Sinners Bleed loslegen. Die Berliner Technical Death Metaller waren mir vor dem Party.San noch kein Begriff, nach dem Reinhören habe ich mir die Gruppe auf meinem Plan aber markiert. Leider ist besonders zu Beginn der Sound alles andere als optimal. Die Bassdrum ist extrem laut und übertönt fast alles andere… Zum Glück bessert das aber bald etwas. Zudem ist dies eines der Zelt-Konzerte, wo der Sound komischerweise etwas weiter hinten angenehmer klingt als direkt vor der Bühne.
Musikalisch ist das aber durchaus spannend. Die Saitenfraktion spielt auf extrem hohem Niveau, die Herren beherrschen ihr Handwerk alle mehr als nur ein bisschen! Auch Sänger Jan Geidner gefällt mir. Sein Growlen klingt im Vergleich zur Band fast etwas «oldschoolig». Ich finde die Kombination aus den Vocals zusammen mit dem technischen Sound aber sehr gelungen. Ist definitiv eine Band, die ich mir nochmals genauer anhören muss.
Als auf der grossen Bühne Secrets Of The Moon fertig sind, füllt sich schliesslich auch das Zelt noch ein bisschen. Das haben sich die Jungs aber echt auch verdient. Eigentlich hätte ich gerne fertig geschaut, aber auf der Hauptbühne steht nun eines meiner absoluten Tages-Highlights an. Deswegen verlasse ich das Sauna-Zelt schon kurz vor Schluss und stelle mich wieder direkt in die Sonne…
Exhorder
Luke: Egal wie heiss es ist, Exhorder würde ich mir nie entgehen lassen! Die Kult-Thrasher aus New Orleans haben zwar nur drei Alben in der Diskografie stehen, diese sind dafür allesamt sackstark. Und auch live haben mich die Jungs bis jetzt immer überzeugt. Allerdings sind seit unserem letzten Aufeinandertreffen beide Gitarristen ausgestiegen, mit Vinnie LaBella auch das zweitletzt verbliebene Gründungsmitglied. Somit musste Bandkopf Kyle Thomas für Ersatz an den sechs Saiten sorgen.
Zu meinem Erstaunen ist zumindest für die Rhythmusgitarre eine vermeintlich einfache Lösung gefunden worden. Kyle übernimmt diese nämlich gleich selbst. Und ganz offensichtlich spielt er auch nicht erst seit gestern, dafür klingt es eindeutig zu gut… An der Leadgitarre steht mit Waldemar Sorychta ein deutscher Musiker – und dazu kein unbekannter. So ist der gebürtige Pole nicht nur als Mitglied von Grip Inc., Despair und weiteren Bands bekannt, sondern auch als Produzent. Und Gitarre spielen kann der definitiv auch mehr als nur gut.
Leider kann der Sound nicht ganz mithalten. Das Mikro ist eindeutig zu leise. Und auch der Aufmarsch vor der Bühne ist zu meiner grossen Überraschung nicht wirklich riesig. Es hat zwar schon ordentlich Leute, ich hätte aber bei Exhorder mehr erwartet als bei Secrets Of The Moon die direkt zuvor gespielt haben, was wohl eher nicht der Fall ist. Immerhin ist die Stimmung ziemlich gut, es sind doch einige Circle Pits vor der Bühne auszumachen.
Die Band selbst spielt gut, wenn auch die ganze Performance eher unspektakulär wirkt. Aber wer solche Songs im Köcher hat muss auch nicht noch eine grosse Show auffahren! Der Fokus liegt eindeutig auf dem Kult-Album «Slaughter In The Vatican», von welchem gleich fünf Lieder ihren Weg auf die Setliste gefunden haben. Die anderen beiden LPs «The Law» und «Mourn The Southern Skies» sind mit jeweils nur einem Stück vertreten. Ob eventuell Waldemar einfach das Debüt-Album am besten kennt und nicht zu viel neu lernen wollte? Natürlich reine Spekulation…
Unter dem Strich ein guter Auftritt, wenn ich auch Exhorder schon noch stärker gesehen habe. Irgendwie wirkt der Sound auch einfach mehr auf einer kleinen Stage wie im Kiff-Foyer als auf einer riesigen Open Air Bühne. Ich freue mich also auf die nächste Clubtour, auch wenn das heute schon sehr gut war.
Dutti: Exhorder gönnen wir uns ebenfalls. Mein Résumé deckt sich mit demjenigen meines Kollegen. Die Amis zocken ein solides Set, ohne dabei wirklich bahnbrechend zu wirken. Nach der Show bleibt kurz Zeit für ein Schwätzchen mit Luke und den beiden Mind Patrol-Mitgliedern Yves und Christian. Vereinzelt tummeln sich also doch immer wieder ein paar Schweizer im Publikum. Das P:S:O:A scheint somit auch bei den Eidgenossen an Popularität zu gewinnen.
Setliste Exhorder
- Incontinence
- Legions Of Death
- Slaughter In The Vatican
- My Time
- Death In Vain
- Exhorder
- Desecrator
Anomalie
Dutti: Das Zelt wird jetzt Zeuge einer ordentlichen Ladung Post-Black Metal. Da kannst du entspannt herumstehen, an deinem Hopfen-Smoothie nippen, die Augen schliessen und dich von der Musik tragen lassen. Die Österreicher von Anomalie sind in Zusammenhang oftmals ein verlässlicher Wert. Schnellhörer sollten diesem Event besser fernbleiben, denn die einzelnen Kompositionen der Band überschreiten jeweils locker die 5-Minuten-Marke. Alle anwesenden Geniesser lassen sich dafür umso lieber verzaubern.
In der Setliste wird der Fokus primär auf die Alben «Visions» und «Tranceformation» gelegt. Hinzu gesellt sich mit «Aurora» ein Lied von der 2018er-EP «Integra». Da die auf der Tentstage aufspielenden Kapellen mit etwas weniger Spielzeit auskommen müssen, können logischerweise nicht gerade unzählige Songs präsentiert werden. Die Auswahl von Anomalie passt jedoch wie die Faust aufs Auge. Nach dieser spirituellen Reise muss ich meine davonschwebende Seele dann zuerst wieder einmal auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Setliste – Anomalie
- Trance I: The Tree
- Trance II: Relics
- Vision IV: Illumination
- Aurora
- Vision I: Towards The Sun
Der Weg einer Freiheit
Luke: Da man zum ersten Mal ohne stundenlanges Anstehen zum Merch kommt, beschliesst meine Truppe, da einmal nach den aktuellen Festival-Sachen Ausschau zu halten. Das diesjährige Line-Up macht sich schliesslich bestens auf einem Shirt oder Hoodie. Zumal auch die Designs wie immer überzeugen und die Preise äusserst fair sind. Der grosse Vorteil vom bühnennahen Stand ist, dass man da doch auch etwas von der Show mitbekommt. Mein erster Eindruck ist, dass die Würzburger Black Metaller etwas härter sind als ich beim Reinhören das Gefühl hatte. Eventuell habe ich aber auch grad die drei sanften Songs gehört und hier beginnen sie mit dem harten Material.
Wirklich gefallen tut mir das aber trotzdem nicht. Irgendwie zu Post, zu «Artsy» – und schlussendlich auch zu Black Metal. Sollte also genau deine Baustelle sein, oder Dutti?
Dutti: Mit meinem nicht vorhandenen, handwerklichen Geschick willst du mich garantiert nicht auf einer Baustelle ackern sehen, mein Freund. Aber ich weiss natürlich, was du meinst. Beflügelt vom soeben erlebten Anomalie-Trip werfe ich mit Vergnügen auch noch einen Blick auf den Gig von Nikita Kamprad und seinen Kumpanen.
Ich meine mich zu entsinnen, irgendwo einmal gelesen zu haben, dass die Truppe und ihr Stil als «Studenten respektive Hipster Black Metal» bezeichnet werden. Das ist dann schon ein bisschen weit hergeholt – ja beinahe geradezu abschätzig formuliert. Die Würzburger verstehen ihr Handwerk und bringen dieses unaufgeregt aufs Parkett. Ihre Stücke beinhalten ebenfalls ausreichend Melodie und passen dadurch hervorragend zur langsam aufkommenden Dämmerung. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass ihre Performance und die damit verknüpfte Atmosphäre in einer Halle deutlich besser zur Geltung kommen.
Whoredom Rife
Dutti: Black Metal. Norwegen. Whoredom Rife. Keine Überraschungen und keine Experimente. Hier kriegt der geneigte Fan exakt das, was er bestellt hat. Also, Kopf in den Nacken legen und fleissig die eigene Mähne (sofern vorhanden) schütteln. Unaufhaltsam donnert der düstere Expresszug durch sein Programm. Die Hütte bebt! Übrigens ist generell anzumerken, dass die Konzerte im Zelt häufig verdammt gut besucht sind. Die hiesigen Besucher scheinen somit eine besondere Passion für die «Underground»-Truppen hegen. Eine mir völlig willkommene Eigenschaft. Ich dümple ja auf den grösseren Festivals auch des Öfteren bei den kleineren Bühnen umher und erfreue mich an den dortigen Horizonterweiterungen.
Whoredom Rife nehme ich jedenfalls mit Handkuss in meine Sammlung der vielversprechenden und hörenswerten Bands auf. Anfang November gastieren sie gemeinsam mit den finnischen «Ziegen-Röchlern» Archgoat in der Luzerner Schüür (dies einfach als kleiner Werbeblock am Rande).
Alcest
Dutti: Punkt 21 Uhr gehen die wahrscheinlich grössten Exoten des heutigen Billings an den Start: Alcest aus Frankreich. Mit ihren von Post-Metal und Shoegaze durchtränkten Hymnen versetzen sie die Massen seit über zwei Dekaden immer wieder in Trance. Vielen dürfte das zu wenig actionreich sein. Nichtsdestotrotz hat sich eine ansehnliche Menschentraube vor der Hautbühne eingefunden. Der Slot ist ebenfalls ideal gewählt. Diese Songstrukturen müssen schlichtweg im Dunkeln und mit der dazu passenden Scheinwerfer-Untermalung gezockt werden. Zuvor habe ich ja erwähnt, dass meine Seele bei Anomalie einen Trip unternommen hat. Doch das ist nix im Vergleich zu den sphärischen Reisen, welche sie nun während des Auftritts der Franzosen erleben darf.
Himmel, Arsch und Zwirn! Das ist abermals eine meisterhafte Leistung von Neige und seinen Gefährten. So funktioniert erstklassiger, musikalischer Hochgenuss! Sämtliche Instrumente werden auf höchstem Niveau bedient, «Knüppel-Parts» wechseln sich mit gefühlvollen Abschnitten ab und die Songauswahl ist ausgezeichnet. Einzig das farbenfrohe Hemd des Fronters sorgt bei genauerer Betrachtung für schmerzende Augenlider.
Carnation
Luke: Whoredom Rife verpasse ich aufgrund Kleiderwechsel. Sobald die Sonne Weg ist, wird’s nämlich merklich kühler hier in Thüringen. Mit Alcest wurde ich schon am Baden in Blut 2019 (siehe Review) nicht so richtig warm. Auch heute reichen mir ein paar Minuten von weit hinten. Ich muss aber attestieren, dass die fürs Line-Up hier doch eher ruhigen Franzosen eine Menge Leute vor der Bühne versammeln konnten. Ich ziehe aber die Zeltbühne vor und warte da auf Carnation.
Mein letztes Konzert der Belgier ist noch überhaupt nicht lange her, waren sie doch vor drei Wochen an der diesjährigen Ausgabe des Baden in Blut (siehe Review) kurzfristig eingesprungen. Ich war vom Auftritt in Weil am Rhein wirklich begeistert, und bin nun umso gespannter, ob das heute nochmals getoppt werden kann. Und scheinbar warten auch sonst noch ein paar Leute auf den Auftritt, das Zelt ist bei Beginn trotz noch parallellaufendem Hauptbühnen-Konzert schon ordentlich gefüllt.
Pünktlich auf die Minute beginnt die Band mit dem instrumentalen Einstig. Etwas später betritt Fronter Simon Duson mit seiner obligatorischen Gesichtsbemalung die Bühne. Und von da an gibt es eigentlich kein Halten mehr. Die Instrumenten-Fraktion holt alles aus Ihren Arbeitsgeräten heraus, Simon growlt sich die Seele aus dem Leib und sogar der Sound ist richtig gut gemischt. Bisher von allen Konzerten heute meiner Meinung nach der am besten abgemischte Auftritt.
Auch das Publikum macht ordentlich mit, bis weit hinten werden zumindest die Köpfe fleissig mitbewegt. Die Setliste ist exakt gleich wie vor drei Wochen, was nicht gross überraschend und vor allem auch kein Nachteil ist. Die Stücke sind sehr gut ausgewählt, ergeben einen guten Fluss und einen super Querschnitt durch das bisherige Schaffen der Gruppe. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn Carnation so weiter machen werden wir sie bei zukünftigen Ausgaben auf der Hauptbühne und nicht im Zelt sehen können. Eventuell hätte das sogar schon dieses Jahr funktioniert, so gut wie sich die Truppe gibt. Definitiv eine der spannendsten jungen Death Metal Bands.
Aufgrund der Publikumsreaktionen, welche hier doch einiges euphorischer ausfallen als mitten am Nachmittag am Baden in Blut, wurde der damals schon sehr gute Auftritt tatsächlich nochmals getoppt. Ein einziger Triumphzug!
Dutti: Dem kann ich sorglos beipflichten. Carnation sind mittlerweile auch mit so etwas wie einer «Abriss-Garantie» ausgestattet. Da kannst du dich als Veranstalter nach der erfolgreichen Verpflichtung der Belgier entspannt zurücklehnen und zuschauen, wie sie alles in Grund und Boden stampfen. Ich denke auch, dass Shows auf grösseren Bühnen lediglich noch eine Frage der Zeit sind. Verdient wäre es allemal.
Setliste Carnation
- Reincarnation
- Iron Discipline
- Plaguebreeder
- Maleformed Regrowth
- Necromancer
- Sepulcher Of Alteration
- Stench Of Death
- Where Death Lies
- Fathomless Depths
Mayhem
Luke: Noch völlig geflasht von Carnation wanke ich langsam aus dem Zelt. Wie unterdessen bekannt sein sollte, kann ich mit dem meisten Black Metal nicht viel anfangen. Aber bei den sagenumwobenen Mayhem muss ich schon mal kurz reinschauen. Der Platz vor der Bühne sieht von hinten gesehen sehr gut gefüllt aus – wenig überraschend beim einzigen Headliner aus dem Schwarzmetall-Bereich. Beim etwas weiter nach vorne gehen wirken die Zuschauerreihen aber doch etwas weniger dicht als es von hinten wirkt.
Optisch kriegt man den Eindruck, hier bei einem grossen Outdoor-Theater zu sein. Die grossen Gesten von Fronter Attila Csihar und die Verkleidungen haben so ein bisschen was von Faust. Aber das speziell ausgeleuchtete Bühnenbild macht schon was her, dazu gibt es noch jede Menge Feuer-Effekte. Fürs Auge definitiv nicht uninteressant. Wenn da nur nicht die Musik wäre. Geschmackssache hin oder her, an meinem Standort rumpelt und scheppert der Sound, als wären es alte Aufnahmen aus dem Helvete-Keller von Anfang 90er Jahren, und nicht ein Live-Konzert 2022. Dutti, du hast ja Mayhem schon Live gesehen (siehe Review). Muss das so sein? Ich bin jedenfalls erst mal wieder am Bierstand weiter hinten…
Dutti: Sorry Kollege, das kann ich leider nicht vor Ort beurteilen, da meine Crew und ich nach Carnation bereits zum Campingplatz zurückgekehrt sind. Aber «scheppern» und «Keller-Aufnahmen» klingen durchaus nach dem Black Metal der damaligen Ära. Wobei die Soundqualität in der Wetziker «Ruhmeshalle» praktisch immer überzeugen kann. Und die Party.San-Hauptbühne klang bisher auch richtig angenehm.
Luke: Ok, dann lag es wohl doch an meinem Standort. Oder daran, dass mir die Darbietung generell zu wenig gefällt. Egal, Bier trinken und warten auf die Kannibalen ist angesagt. Gute Nacht Dutti!
Cannibal Corpse
Luke: Pünktlich zum Schlusspunkt stehe ich wieder direkt vor der Bühne. Der Corpsegrinder und seine Kannibalen laden zum Tanz und die Menge folgt. Jetzt ist der Platz vor der Mainstage definitiv richtig gut gefüllt. Die Zuschauermassen müssen sich aber noch etwas gedulden, erst mit etwas mehr als fünf Minuten Verspätung beginnt die Show. Dafür geht’s dann gleich richtig los! Eigentlich ab den ersten Tönen sind im Publikum sowohl Circle Pits als auch Crowdsurfer unterwegs. Und auch der Sound stimmt, zumindest an meinem Standort relativ weit vorne.
Die Setliste bietet sowas wie zwei Blöcke. Angefangen wird mit einige eher neueren Nummern, darunter drei Songs vom aktuellen Album «Violence Unimagined». Gegen Ende werden dann eher die älteren Klassiker ausgepackt, wobei mitten in diesem Old School Block mit «Kill Or Become» nochmals ein Stück von 2014 eingestreut wird, welches aber hervorragend passt. Insgesamt kommen Tracks von ganzen 12 Alben zum Zug heute. Ein Super Querschnitt durch die ganze Diskografie also.
Was bei Cannibal Corpse aber immer ein bisschen Geschmackssache ist, sind die Ansagen von George Fisher. Irgendwie ist das ein schmaler Grat zwischen unterhaltsam und arrogant oder doof. Ich glaube ja, dass das nur seine Bühnenpersönlichkeit ist und der sonst ein ganz angenehmer Zeitgenosse sein muss. Aber manchmal schiesst der gute George schon ein bisschen übers Ziel hinaus.
Wenn er fragt, wo denn die Ladies sind und aufgrund der verhaltenen Reaktion auf ungefähr 100 anwesende Frauen tippt – was ja schliesslich eine sehr gute Zahl für ein Metal Konzert sei – ist das ja noch witzig. Ob man diesen dann unbedingt «Fucked With A Knife» widmen muss, naja. Da find ich den Headbang-Contest, bei dem es absolut nichts zu gewinnen gibt, und ja eh keiner eine Chance gegen ihn hat, definitiv witziger. Und einen Song Trevor von Black Daliah Murderer zu widmen ist sogar eine sehr schöne Geste. Aber die aggressiven Ansagen zwischendurch müssten meiner Meinung nach nicht unbedingt sein. Man würde den Coprsegrinder ohne diese nicht weniger ernst nehmen.
Ansonsten habe ich aber nichts auszusetzen. Ein guter Auftritt, passender Sound und eine sackstarke Setliste, welche als Zugabe sogar noch «Hammer Smashed Face» enthält. So laufen wir zufrieden, aber todmüde zurück zu unserem Camp. Kräfte sammeln für morgen, schliesslich ist morgen auch noch ein Tag – uns was für einer!
Setliste Cannibal Corpse
- Scourge Of Iron
- Inhumane Harvest
- Evisceration Plague
- Death Walking Terror
- Necrogenic Resurrection
- Condemnation Contagion
- Fucked With A Knife
- The Wretched Spawn
- Gutted
- Kill Or Become
- I Cum Blood
- Unleashing The Bloodthirsty
- Devoured By Vermin
- A Skull Full Of Maggots
- Stripped, Raped And Strangled
- Hammer Smashed Face
P:S:O:A – Fanzit Donnerstag
Luke: Was haben wir das Party.San vermisst! Es tut unfassbar gut, wieder hier zu sein. Nur ganz so heiss müsste es für mich nicht sein, dank der Sonne habe ich einiges verpasst, was ich mir bei angenehmeren Temperaturen wohl angesehen hätte. Nichtsdestotrotz zeigt mir mein Schrittzähler am Ende des Tages 16‘500 Schritte an, und ich habe auch einige Highlights gesehen. Mein Tagessieger sind Carnation, aber auch Cannibal Corpse, Exhorder und Revel in Flesh wussten zu gefallen.
Dutti: Auch wir sind gerne auf den Flugplatz Obermehler zurückgekehrt. Das Party.San weist in Sachen Grösse und Bandauswahl schlichtweg ein ideales Konzept auf. Als «Schönwetter-Jünger» habe ich nix gegen die warmen respektive heissen Temperaturen einzuwenden. Zur Abkühlung kann schliesslich munter leckeres Schwarzbier in sich hineingeschüttet werden. 2017 war die Witterung nämlich phasenweise schon verflucht hart und eklig. Zu den Gruppen, welche mich heute begeistern konnten, zählten sicherlich Nyktophobia, Total Hate, Anomalie und Alcest.
P:S:O:A – Freitag, 12.08.2022 – Der Band-Marathon
Luke: Erneut bin ich früher wach als eigentlich geplant, und wieder nutze ich die frühe Zeit für eine Dusche. Wenn schon nicht ausgeschlafen, dann wenigstens frisch geduscht! Das Tagesprogramm hält heute einige Highlights für mich bereit und wenige Pausen zum Durchatmen, essen oder sonstige Dinge. Also sitze ich noch so lange herum, wie es geht. Meine Beine werden später noch genug zu tun haben… Bereit machen für meinen «Super Friday!»
Kadaverficker
Luke: Pünktlich zum Konzertstart um 12 Uhr bin ich vorne bei der Bühne. Den traditionellen Grindcore-Spass-Eröffnungsslot haben in diesem Jahr die Kadaverficker aus Dortmund erhalten. Diese existieren doch schon seit 1993, also nur ein Jahr weniger lang als die Birdflesh-Vögel von gestern. Im Gegensatz zu anderen Spass-Grind-Bands verzichtet die Band aber auf Verkleidungen, zumindest bei den Musikern. Und auch der Anteil an kostümierten Leuten vor der Bühne ist im Vergleich zu anderen Jahren (vor allem Gutalax 2019) eher etwas geringer. Die Anzahl Besucher ist für die frühe Uhrzeit aber trotzdem mehr als ordentlich.
Und auch die Stimmung passt von Anfang an. Die Ficker (erste Ansage „wir sind die Ficker, ihr nicht“) haben doch auch einige ganz normal gekleidete Fans mit dabei. Kurz nach Beginn kommen wir dann doch in den „Genuss“ einer Verkleidung auf der Bühne. Der «Beer Ghoul» stapft in seinem Bademantel auf die Bühne und wirft jede Menge Pet-Flaschen Leichenwasser (Bier) ins Publikum. (Die spätere Diskussion in unserem Camp, ob das gefährlich ist oder nicht, erspare ich unseren Lesern jetzt…). Etwas später kommt noch der Pommes-Frites-Mann vorbei, welcher mit gefrorenen Fritten schmeisst. Was der noch später eintreffende Scheisse-Mann so rumschleudert, kann sich wohl jeder vorstellen. Gottseidank aber nur künstliche Plastikhaufen…
Musikalisch ist das jetzt selbstverständlich nichts extrem Hochstehendes für den durchschnittlichen Progrock-Fan oder so. Aber definitiv auch nicht schlecht! Das Ganze ist doch ziemlich abwechslungsreich und überhaupt nicht nur Grindcore. Es gibt eher Death Metal-lastige Songs, unter anderem mit einem Gastauftritt von Bernd Reiners von Slaughterday, welche morgen die Hauptbühne eröffnen werden. Dazu hört man aber auch relativ deutliche Punk-Einflüsse. Was auch ein zwischen die Spass-Ansagen gemischtes „Fuck Fascism“ nochmals unterstreicht. Und mit der Gothic-Nummer „Feel Dead Hit Of The Summer“ wird sogar augenzwinkernd schon ein bisschen auf Katatonia später eingestimmt.
Mir ist die Gruppe um den Goreminister (Anm. Dutti: Ist der nicht noch nebenbei YouTuber?) jedenfalls sehr sympathisch, würde ich mir definitiv wieder einmal ansehen. Auch dem Publikum gefällts, für die frühe Uhrzeit und die doch schon wieder intensive Sonne ist jedenfalls schon ziemlich viel Bewegung auszumachen. Die halbe Stunde vergeht jedenfalls schnell. Eine würdige Eröffnung für meinen Marathontag.
LIK
Luke: Das Programm bietet nicht lange Zeit um durchzuatmen, mit LIK folgt gleich ein nächstes Highlight. Es reicht knapp für ein neues Panaché Sauer (nur immer Bier geht ja auch nicht, besonders nicht wenn’s Köstrizer ist) und ein kurzes Erholen im Schatten der Bühne, dann geht es gleich weiter. Die jungen Schweden von LIK haben mit „Misanthropic Breed“ 2020 eines der besten HM2-Schweden-Death Alben der letzten Jahre abgeliefert, live hatte ich bisher aber noch nicht das Vergnügen.
Die sympathische Begrüssung durch Sänger und Gitarrist Tomas Akvik, welcher auch bei Bloodbath aktiv ist, erfolgt sogar auf Deutsch. Zum Glück sind die technischen Probleme gleich zu Beginn schnell behoben, und danach passt auch der Sound. Und die Band selbst ist sowas von in Hochform! Das ist Death Metal auf ganz hohem Niveau. Klar, die Grundlage ist der alte Dismember/Edge Of Sanity/Entombed Schwedentod, aber trotzdem wirkt das ganze überhaupt nicht angestaubt, und auf positive Art und Weise auch modern.
Zudem macht es die Band und besonders Fronter Tomas sehr sympathisch, dass sie sich selber nicht allzu ernst zu nehmen scheinen. Kein aufgesetztes, grimmiges Image, sondern viel Spielfreude und ständiges Grinsen während der Songs. Und zwischen den Nummern witzige, aber nicht alberne Ansagen. Zu der noch verbliebenen Spass-Fraktion mit Penis-Mützen vom Konzert zuvor meint Akvik augenzwinkernd, er finde sehr gut, dass sie an die Sonnenschutz-Hüte gedacht haben. Und später gibt er breitwillig zu, dass er sowohl Ansagen zwischen Songs als auch die deutsche Sprache nicht besonders gut beherrscht, also konzentrieren sie sich aufs spielen.
Und das machen sie während den praktisch komplett ausgenutzten 45 Minuten mehr als grossartig. Auch wenn die Reaktionen im Publikum, welches doch schon ziemlich zahlreich anwesend ist, durchaus euphorischer sein könnten… Mir gefällt der Auftritt wirklich gut. Kann mal jemand eine Co-Headliner Tour von Carnation und LIK organisieren? Ich würde sofort Tickets kaufen. Sehr starker Auftritt!
Aufgrund des sehr strengen Programms heute verzichte ich schweren Herzens auf 1914. Musikalisch eh nicht so ganz mein Ding, aber aufgrund der Aktualität hätte ich die Gruppe aus der Ukraine eigentlich gerne angeschaut. Dutti, bitte übernehmen!
DuttI: Moin moin Kollege! Mache ich sehr gerne, aber zuerst wollen noch die letzten Augenblicke der knallharten, schwedischen Nackenmassage genossen werden. Schwedentod zum Frühstück. Neben dem morgendlichen Salut-Schuss von Flugabwehrgeschütz «Esmiralda» wohl das Beste, was einem am Party.San Open Air zum Start in einen neuen Tag blühen kann.
1914
Dutti: Der bevorstehende Gig des ukrainischen Vertreters im Line Up wird von zahlreichen Zuhörern mit Spannung erwartet. Sie erhielten (ähnlich wie Jinjer und Co.) eine Sondergenehmigung um aus ihrem Heimatland ausreisen zu dürfen und als eine Art musikalische Botschafter zu figurieren, welche den Rest der Welt auf den Ukraine-Konflikt aufmerksam machen und um Unterstützung erbitten sollen. Über den Wahnsinn, welchen Vladimir Putin dort drüben seit Monaten abzieht, möchte ich eigentlich gar nicht extrem viele Worte verlieren. Es ist sowohl zermürbend als auch schockierend, dass unser Planet seit einer Weile ungebremst von der einen in die nächste Krise schliddert…
Dem Ganzen haftet freilich ein paradoxer Touch an. Während wir in Schlotheim fröhlich feiern und endlich wieder unsere Musik im Live-Gewand geniessen können, sterben in der Ukraine täglich unzählige Menschen. Dementsprechend wütend und politisch sind die Ansagen von Frontmann «2. Division, Infanterie-Regiment Nr. 147, Oberleutnant – Ditmar Kumarberg». Er verspricht uns, dass die in ihrer Heimat tapfer kämpfenden Soldaten jeden feindlichen Russen töten würden, der ukrainischen Boden betritt. Alter Verwalter! Diese Aussage hat gesessen. Ich persönlich finde sie gleichermassen verständlich wie heikel. Obschon die ganze Thematik an sich überaus schwierig ist und keiner von uns «Nicht-Betroffenen» so genau weiss, wie damit umgegangen werden soll.
Natürlich sollte in diesem Bericht primär über die Musik gesprochen werden (was ich nun auch in die Tat umsetzen werde). Die fünf Herrschaften zocken ein Gemisch aus geschwärztem Todes- beziehungsweise Doom Metal. Wer jetzt einen langatmigen, schwerfälligen Brei erwartet, wird rasch eines Besseren belehrt. Da steckt definitiv ausreichend Tempo und Melodie drin! Aufgrund dessen kann ich die mehrheitlich positiven und exzellenten Bewertungen der drei bisher veröffentlichten Studiosilberlinge absolut nachvollziehen. Thematisch befassen sich die Osteuropäer mit dem Ersten Weltkrieg (welcher bekanntermassen im Jahre 1914 seinen Anfang nahm). Dazu passen dann auch die Klamotten der einzelnen Akteure und die gewählten Pseudonyme. Fronter Ditmar Kumarberg sieht mit seinem verdreckten Körper effektiv so aus, als ob er gerade durch einen Schützengraben gekrochen wäre. Berührungsängste zeigt er übrigens keine, was anhand eines längeren Ausflugs hinunter in die Publikumsreihen eindrücklich bewiesen wird.
Ich werde mich in Zukunft zweifelsfrei noch intensiver mit der Musik der Ukrainer auseinandersetzen. Das Verfassen von imposanten, düsteren Liedern bereitet den Künstlern keine Probleme. Allerdings hätten sie es wohl selbst in ihren dunkelsten Albträumen niemals erwartet, dass ihre Lyrics in der aktuellen Zeit nochmals so gewaltig an Bedeutung gewinnen respektive zur bitteren Realität werden würden…
Malevolent Creation
Luke: Nach der kurzen Pause beim Camp komme ich ziemlich genau auf den Anfang von Malevolent Creation zurück vor die Bühne. Die US-Death Metal Legende ist seit 1987 unterwegs. Wobei die heute auf der Bühne stehende Besetzung mit diesem Ur-Line Up leider gar nichts mehr zu tun hat. Nachdem Original-Sänger Brett Hoffmann 2018 an Krebs gestorben war, ist Gitarrist Phil Fasciana das letzte verbliebene Gründungsmitglied. Und dieser konnte den Trip nach Europa leider relativ kurzfristig nicht mitmachen. Somit stehen hier drei Musiker auf der Bühne, die alle maximal seit fünf Jahren in der Band sind.
Am Gesang und der einzigen Gitarre steht mit Ryan Taylor von Solstice aber immerhin ein Hochkaräter in der aktuellen Mannschaft. Sowohl gesanglich als auch musikalisch ist der gute Mann ganz offensichtlich eine sehr gute Wahl. Wobei es immer sehr undankbar ist, Musik die für zwei Gitarren geschrieben wurde mit nur einem Sechssaiter darzubieten. Wenn man dazu auch gleich noch growlen muss, macht es das definitiv auch nicht einfacher. Gemessen daran macht der gute Ryan seinen Job aber sehr gut.
Dargeboten werden diverse Tracks vom Kult-Album «Retribution», welches dieses Jahr bereits seinen 30-jährigen Geburtstag feiern darf. Und die Songs haben es definitiv immer noch in sich! Nur ist halt eben schade, dass einige der genialen Gitarren-Solis gezwungenermassen wegfallen müssen, da mit nur einer Klampfe schlicht und einfach nicht machbar… Vor dem letzten Track genehmigt sich Ryan zusammen mit dem Bassisten Josh Gibbs zu ehren von Brett Hoffmann noch einen kräftigen Schluck aus der Jack Daniels-Flasche. Der Name des ursprünglichen Fronters ist auch auf dem riesigen Backdrop verewigt und somit immer präsent. Schöne Geste.
Nach nicht ganz 45 Minuten geht ein Auftritt zu Ende, der zwar solid war, aber leider nicht restlos überzeugen konnte. Und das liegt nicht an den drei auf der Bühne stehenden Musikern, sondern vor allem an den abwesenden Charakteren. So hat das Ganze ein bisschen etwas von einer Coverband, wenn auch einer die unter dem offiziellen Namen fungiert. Aber klar, wenn ich die Chance aufs Original nicht mehr habe, nehme ich auch die Coverband…
Dutti: Dem kann ich nur beipflichten. Ohne die abwesenden Akteure scheint diese Besetzung wahrlich keine Topleistungen abrufen zu können.
Nornir
Dutti: In der nordischen Mythologie gelten die Nornir als Schicksalsgöttinnen, welche die Lebenszeit und das Los aller Wesen bestimmen. Sie halten sozusagen die Fäden und das dazugehörige Gewebe in ihren Händen. Am P:S:O:A sind Nornir jedoch eine aus dem Freistaat Sachsen stammende Black Metal-Gruppe. Mit Saitenhexerin und Kreischerin Lethian steht zudem erstmals an diesem Festival ein Mädel auf der Bühne. Keine Angst, ich lasse mich nicht auf irgendwelche sinnfreien Quotendiskussionen ein. Mir liegt die Qualität des Liedguts am Herzen und dabei ist es völlig egal, ob dieses von einem Weiblein oder Männlein interpretiert wird. Bedauerlicherweise möchten zurzeit genügend Personen auf dieser Erde aus dieser vermeintlichen Mücke einen Elefanten machen…
Der Vierer ruft jedenfalls eine beachtliche Leistung ab und wird im beinahe aus allen Nähten platzenden Zelt zurecht frenetisch gefeiert. Das Debüteisen «Verdandi» wurde 2019 auf die Menschheit losgelassen. Doch mit «Pest» wird uns heute offenbar bereits ein neuer Track präsentiert. Bleibt zu hoffen, dass die Kreativität der Protagnisten ungebrochen bleibt und wir noch eine ganze Weile in den Genuss ihres musikalischen Schaffens kommen.
Setliste – Nornir
- Intro
- Transzendenz
- Above The Mountains
- Isvinden I Nord
- Natt
- Pest
Onslaught
Luke: Es geht nun Schlag auf Schlag auf der Hauptbühne. Nach den US-Death Metallern folgt eine weitere Band, die man ohne Übertreibung als Legenden bezeichnen kann. Die 1982 gegründeten Onslaught aus Bristol können auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Zu Beginn noch dem Hardcore Punk zuzuordnen, folgte schnell die Neuausrichtung im Thrash Metal. Wobei einige Alben auch im klassischen Heavy Metal eingeordnet werden können. Mit «Generation Antichrist» haben die Engländer 2020 eine neue Scheibe veröffentlicht, die bei mir definitiv zu den Jahres Highlights gehört hat. Umso mehr freue ich mich auf meine Live-Premiere!
Als es mit ungefähr fünfminütiger Verspätung endlich losgeht, wird klar, dass auch hier leider das letzte verbliebene Originalmitglied nicht mit dabei ist. Wie wir später in einer Ansage erfahren, konnte Gitarrist Nige Rockett wegen einer Schulter-Operation die Reise nicht mit antreten, er erholt sich in England von den Folgen der OP. Macht aber nichts, Sänger David Garnett kann das ganz offensichtlich auch. Und er hat sogar Niges Gitarre mit dem «Viva La Hate!»-Schriftzug mit dabei. Im Gegensatz zu Malevolen Creation ist zudem mit Basser Jeff Williams auch einer mit auf der Bühne, der die Band zwar nicht mitbegründet hat, aber doch schon einige Jahre mit an Bord ist.
Sein Bass ist ganz am Anfang etwas zu laut, nach einem halben Song pendelt sich das aber ein. Der Sound kommt nun richtig sauber und druckvoll aus den Boxen. Einzig der Zuschaueraufmarsch ist leider etwas enttäuschend. Eventuell trauen sich viele noch nicht in die nach wie vor starke Sonne. Dank etwas Wind ist es aber unterdessen ziemlich erträglich. Und so sind nun am Nachmittag auch endlich einmal grössere Moshpits und etwas mehr Bewegung bei den Anwesenden auszumachen.
Die Band selbst legt wirklich los wie die Feuerwehr, die ersten fünf Songs werden ohne Ansage durchgezockt. Erst danach wendet sich David zum ersten Mal ans Publikum. Mit dem warmen Wetter, dem kalten Bier und dem leichten Wind sei das doch ein perfekter Tag. Es folgt passenderweise «A Perfect Day To Die», welches der Frontmann Lemmy widmet. Dies ist der geniale Schlusssong des oben erwähnten neuen Albums, von dem es leider nur ein weiterer Track in die Setliste geschafft hat. Aber mit so vielen Klassikern in der Hinterhand ist das auch verständlich, grad die beiden Old School Nummern «Metal Forces» und «Onslaught (Power From Hell)» werden frenetisch abgefeiert.
Ein wirklich starker Auftritt, der für mich gerne noch einiges länger hätte gehen können. Mit den fünf Minuten Verspätung am Anfang haben wir 40 Minuten Vollgas bekommen von den Briten. Ich hoffe, die Jungs bald mal bei einer Headliner-Tour sehen zu können. Zwei Daumen nach oben!
Dutti: Und von mir gibt’s direkt zwei weitere, in den Himmel hinauf gerichtete Daumen hinterher! Onslaught lösen mit ihrem Geballer locker den eine oder anderen Circle Pit vor der Bühne aus. Dass sie ebenfalls mit einem Mann weniger agieren, fällt irgendwie kaum ins Gewicht. Ihnen gelingt gar einer der bisher mitreissendsten Darbietungen des heutigen Tages. Sänger David Garnett grinst wie ein Honigkuchenpferd. Spotify wollte mir diese Truppe schon mehrfach schmackhaft machen, in dem regelmässig Stücke der Briten plötzlich in meinen Playlists aufgetaucht sind. Hat funktioniert! Die Geschichte ist auch im Live-Gewand vollends überzeugend und ich fiebere bereits sehnsüchtig dem nächsten Onslaught-Gig entgegen.
Setliste Onslaught
- Intro
- Let There Be Death
- The Sound Of Violence
- Strike Fast Strike Hard
- Destroyer Of Worlds
- A Perfect Day To Die
- Metal Forces
- Fight With The Beast
- Onslaught (Power From Hell)
- Thermonuclear Devastation
Bütcher
Luke: Nun wage ich einen ersten, sehr kurzen Abstecher zur Nebenbühne. Das Programm auf der Hauptbühne ist heute so stark und die Umbaupausen so kurz, dass ich bisher nie gewechselt habe. Wenigstens ein paar Minuten belgischen Speed Metal möchte ich mir aber doch ansehen. Das Zelt ist allerdings als ich hinten eintreffe schon sehr gut gefüllt, also versuche ich mich irgendwo auf der Seite reinzuquetschen.
Das Konzert ist natürlich schon in vollem Gange, und das Publikum scheint ziemlich euphorisch zu sein. Der Sänger sieht mit seinem zerrissenen Shirt, Corpsepaint und Schwert-Mikrofon-Halter ein bisschen aus wie eine Mischung aus Punk und Black Metal. Und auch musikalisch ist das durchaus nicht einfach in eine Schublade einzuordnen. Irgendwie eine Mischung zwischen Motörhead, Venom, Mayhem und Exciter.
Das Ganze ist definitiv nicht uninteressant. Durch die Hitze und den bevorstehenden Hauptbühnen-Auftritt verabschiede ich mich aber nach circa zehn Minuten wieder aus dem Zelt. Die kurze Momentaufnahme, welche ich mitbekommen habe, war aber definitiv nicht schlecht.
Dutti: Holla, die Waldfee! Dieser Belgier sind verflucht kranke Bastarde! Trotzdem weist ihr Auftritt auch genügend unterhaltsame Abschnitte auf. Besonders ins Gewicht fallen in diesem Zusammenhang die regen Crowdsurfer-Wellen. Hat man in diesem Ausmass vor der Tentstage wahrscheinlich noch nicht hunderte Male erlebt. Black und Speed Metal mögen sich in Kombination eventuell gerne ein bisschen beissen, aber bei Bütcher harmoniert dieser Mix ausgezeichnet. Hätte ich ehrlich gesagt so nicht erwartet. Gerne mehr davon!
Setliste – Bütcher
- Metallström/Face the Bütcher
- 45 rpm Metal
- 666 Goats Carry My Chariot
- Iron Bitch
- Viking Funeral
- Blakk Krusader
Misery Index
Luke: Zurück vor der Hauptbühne sind Misery Index noch am Soundcheck. Und vor der Bühne begegne ich Onslaught-Basser Jeff Williams. Der ist mit einem Stapel Papier in der Hand unterwegs. Weil er nach dem Auftritt die ganzen Setlist-Sammler – inklusive mich – enttäuschen musste, ist er nun am Verteilen. Wie er sagt, haben sie schlicht vergessen, die extra für heute erstellten Listen auf der Bühne zu verteilen. Und da sie für den Auftritt so viel geprobt haben, ist das bis zu den Rufen aus dem Publikum keinem aufgefallen. Richtig gute Story, und ich komme noch zu meiner Setliste. Danke, Jeff!
Nun sind die Brutal Deather aus Baltimore aber ready, und legen gleich los wie die Feuerwehr! Mein letztes Aufeinandertreffen mit den sympathischen Amis ist noch nicht allzu lange her, waren sie doch am Züri Gmätzlets Vol. 1, welches im März dieses Jahres stattgefunden hat, im Dynamo zu sehen (siehe Review). Im Gegensatz zur Show in Zürich ist die Saitenfraktion diesmal aber komplett. Tönt schon gerade nochmals etwas geiler mit zwei Gitarren!
Seit diesem letzten Aufeinandertreffen von mir und der Band ist das Album „Complete Control“, welches damals schon gut angeteast wurde, auch erschienen und bei mir schlussendlich in der Heavy Rotation gelandet. Und so ist auch wenig erstaunlich, dass heute gleich vier Songs vom besagten Album auf der Setliste landen. Aber auch ein paar alte Klassiker werden ausgepackt. Das Ganze wird sehr gut vorgetragen. Zudem geht das Publikum ab der ersten Sekunde voll mit. Der bis jetzt klar grösste Mosh Pit des bisherigen Tages ist absolut kein Zufall, auch wenn rein Mengenmässig nach wie vor mehr Leute vor der Bühne Platz finden würden.
Trotzdem sind auch bereits die ersten Crowdsurfer unterwegs. Stimmungsmässig bis jetzt klar das Highlight des Tages, auch wenn nicht viel Interaktion von der Bühne mit dem Publikum stattfindet. Braucht es aber auch gar nicht wenn der Sound so drückt wie hier und jetzt, die Band so spielfreudig agiert und das Songmaterial zudem richtig stark ist. Ein weiteres Highlight an diesem Super Friday und es ist noch nicht einmal 18 Uhr…
Setiste Misery Index
- Infiltrators
- New Salem
- Manufacturing Greed
- Ruling Class Cancelled
- Exception To The Ruled
- The Calling
- Rites Of Cruelty
- The Carrion Call
- The Choir Invisible
- The Eaters And The Eaten
- The Great Depression
- Complete Control
- Traitors
Thron
Dutti: Ab 17.45 Uhr wird heute auf dem Hauptspielfeld schweizerischer Stahl serviert. Doch wir können sogar bereits davor ein paar unseres Landsleute in Aktion erleben. Die beiden Malphas-Haudegen J und Ravendust sind relativ frisch (sprich erst seit wenigen Wochen) ebenfalls für die Schwarzwald-Equipe Thron tätig. Bereits nach wenigen Minuten wird klar, dass sich die beiden Jungs problemlos in das bestehende Gefüge integriert haben. J drischt gewohnt kompakt auf seine Felle ein, während Ravendust an seiner Saitenkönigin jede Menge Fingerspitzengefühl beweist.
Von der Leistung her wirkt die Darbietung zu Anfang noch etwas verhalten und nicht wirklich umwerfend. Allerdings vermag sich das Quintett konstant zu steigern und wird immer stärker. So kann man am Ende trotzdem von einer soliden Angelegenheit sprechen. Helvetische Kopfnicker können die Band übrigens am 20. Mai des nächsten Jahres in Bern live erleben. Dann werden sie gemeinsam mit den von mir in diesem Bericht hochgelobten Nornir das Konzertlokal Malibu heimsuchen. Als weiterer Support-Act wurden Bedrängnis bestätigt. Das dürfte in der einen oder anderen Agenda ohne Zweifel für eine Vormerkung reichen.
Messiah
Luke: Nach Misery Index bleibt nicht lange Zeit um sich zu erholen, denn nun ist die Reihe an “unseren” Messiah. Dutti und ich hatten das etwas zwiespältige Vergnügen, die Band im Mai 2021 bei einem wegen Corona doch sehr eingeschränkten Auftritt zu sehen (siehe Review). Unterdessen hat sich bei der Kult-Band einiges getan. Der langjährige Sänger Andy Kaina, welcher noch das Comeback-Album “Fracmont” von 2020 eingesungen hatte, ist nicht mehr in der Gruppe. Seinen Posten übernommen hat Marcus Seebach von Masquerade. Und ausserdem ist heute doch mit etwas mehr Bewegung zu rechnen als damals im Kiff… Also installieren wir uns rechtzeitig in der ersten Reihe, um das Spektakel aus nächster Nähe mitzuerleben.
Leider hat sich der Platz vor der Bühne nach Misery Index doch etwas geleert. So beginnen die helvetischen Death-Thrasher vor ziemlich überschaubaren Zuschauermassen. Macht aber gar nichts, die Band selbst gibt von Anfang an Vollgas! Von unserer Position aus fällt schnell auf, dass sowohl im Bühnengraben als auch direkt auf der Stage, doch einige Kameras das Konzert mitfilmen. Ist da etwas ein Live-Album geplant und es soll ein Video mitgeschnitten werden? Ich will ja keine Gerüchte in die Welt stellen die dann nicht stimmen, wäre aber absolut plausibel. Schliesslich gäbe es keinen besseren Weg einen neuen Sänger vorzustellen, als eine Performance auf so einer grossen Bühne für die abwesenden Fans festzuhalten.
Und vom Auftritt her spricht absolut nichts dagegen. Marcus überzeugt mich mindestens so wie sein Vorgänger – teilweise finde ich ihn sogar noch ein kleines Stück besser. Dazu kommt der direkt vor der Bühne sehr geil drückende Sound, auch der Mischer ist definitiv auf seinem Posten. Und die Saitenfraktion um Brögi an der Leadgitarre, Patrick Hersche am Bass und V.O. Pulver an der Rhythmusgitarre holt nicht nur alles aus seinen Instrumenten heraus, sondern scheint den Auftritt auch richtig zu geniessen. Alle drei haben fast durchgehend ein richtig grosses Grinsen im Gesicht.
Marcus dürfte sich bei den Ansagen zwischen den Songs noch etwas mehr trauen. Die sind nicht nur relativ kurz (weiterer Hinweis auf ein Live-Album?), sondern wirken teilweise fast ein bisschen gehemmt. Das soll aber der einzig winzig kleine Kritikpunkt sein. Ansonsten stimmt wirklich alles! Die sehr geil zusammen gestellte Setliste könnte so auf einem Best-Of Album stehen, die Akteure auf der Bühne spielen gut und mit viel Freude, und der Sound drückt. Nur schade hat es nicht noch etwas mehr Zuschauer. Auch wenn es sich gegen Ende Show noch etwas füllt, hätte ich da ehrlich gesagt mehr erwartet – es waren gestern und heute schliesslich doch ein paar Messiah-Shirts zu sehen hier in Schlotheim. Ansonsten aber ein rundum gelungener Auftritt, den ich mir definitiv auch ins CD-Regal stellen würde…
Dutti: Ehrensache, dass wir unsere Schweizer Todes-Thrasher bei ihrem Festivalauftritt lautstark unterstützen. Das weiss wahrlich immens besser zu gefallen als diese coronakonforme «Aquarium-Show» in Aarau… Der neue Mikrofonhüter Marcus erwischt einen tollen Einstand und ich kann es kaum erwarten, demnächst einmal eine Headliner-Show der neu erstarkten Messiah zu erleben.
Setliste Messiah
- Intro (Sacrosanctus Primitivus)
- Fracmont
- Hymn To Abramelin / Messiah
- Space Invaders
- Choir Of Horrors
- Akasha Chronicle
- Lycantropus Erectus
- Living With A Confidence
- Singularity
- Enjoy Yourself
- Extreme Cold Weather
Iron Flesh
Luke: Nach einer längeren Serie von Mainstage-Shows, folgt bei mir nun der Zeltbühnen-Hattrick. Los geht es mit Iron Flesh aus Frankreich, welche ich vor dem Festival nicht kannte, mir aber nach dem reinhören angestrichen habe in der Running Order. Auch wenn ich durch den Hauptbühnen-Auftritt von Messiah etwas verspätet im Zelt eintreffe, ist es auch hier leider noch nicht all zu voll. Eventuell sind grad alle beim Nachtessen?
So komme ich immerhin gleich nach vorne und kann das Bühnenbild bestaunen. Nicht nur der auffällige Mikrofonständer im Skelett-Look sticht dabei sofort ins Auge, sondern auch mehrere Grabsteine auf der Bühne – teilweise mit HM2-Schriftzug und verkehrtem Kreuz. Die Marschrichtung ist also klar. Die Band bietet aber nicht nur Schwedentod in der Tradition von Edge Of Sanity und Konsorten, sondern baut gerne auch mal etwas doomigere Parts mit ein. Zudem wirkt das ganze zwar durchaus Oldschool, aber alles andere als altbacken. Kein Wunder, die Gruppe existiert erst seit 2017 und gehört damit zu den eher jüngeren Vertretern des Genres. Wenn diese Kombo aus Bordeaux ähnlich wie der Wein mit dem Alter immer besser wird, können wir uns in Zukunft auf etwas gefasst machen.
Sänger und Rhythmusgitarrist Julien überzeugt mit Growls, die zwar schön fies klingen, aber trotzdem verständlich sind. Und auch die Instrumentalfraktion weiss wirklich zu überzeugen. Trotz verhaltener Zuschauer-Reaktionen ist jede Menge Spielfreude zu spüren, und auch das Songmaterial weiss durchaus zu gefallen. Wieder eine Gruppe, die ich mir nach dem Festival nochmals etwas genauer anhören werde. Und sollte einmal jemand wirklich die von mir vorgeschlagene Co-Headliner-Tour von LIK und Carnation umsetzen, dies hier wäre der perfekte Support-Act.
Setliste Iron Flesh
- Invade, Conquer & Dominate
- Malignant Kingdom
- Servants Of Oblivion
- Ripping The Sacral
- In Agony
- Demonic Enn
- Limb
- The Nameless Fog
- Relinquished Flesh
Heidevolk
Dutti: Dann machen wir sozusagen Schichtwechsel. Luke beaufsichtigt die Akteure im Zelt und ich beobachte brav das Treiben auf der Mainstage. Seid ihr bereit für eine Prise Folk und Viking Metal? Dann kommet und lauschet den Melodien der niederländischen Formation Heidevolk. Headbangen und mitgrölen stehen bei ihren Setlisten jeweils an der Tagesordnung. Auch das heutige Programm ist diesbezüglich keine Enttäuschung. Tapfer ackern sich unsere von Bier durchtränkten Kehlen durch die Zeilen von genialen Hymnen wie «A Wolf in My Heart», «Winter Woede» oder «Saksenland». Sämtliches Liedgut wird im Angesicht der gemächlich sinkenden Sonne gewohnt souverän vorgetragen.
Für viele von uns ist dieses Konzert die erste Gelegenheit, um sich ein Bild des neuen Sängers Daniël Wansink zu machen, welcher den Posten von Lars NachtBraecker beerbt hat. Dessen Abgang hat mich äusserst skeptisch gestimmt… Heidevolk funktionieren meines Erachtens ausschliesslich mit drei mächtigen Gesangsröhren. Gut zu wissen, dass Jacco de Wijs und Basser Rowan Roodbaert nun wieder ein drittes Mikrofon-Ass in ihren Reihen haben. Die Zukunft der dreifachen Stimmgewalt ist also gesichert. Und dieser Daniël scheint effektiv ein talentierter Bursche zu sein. Somit kann ich den künftigen Shows der Niederländer gelassen entgegenblicken. Wäre auch jammerschade gewesen, wenn einer meiner favorisierten Gruppen aus der folkloristischen Ecke von der Bildfläche hätte verschwinden müssen.
Space Chaser
Luke: Nachdem mir bei Heidevolk auf der Hauptbühne auch von sehr weit hinten sofort klar ist, dass das nichts für mich ist, stehe ich überpünktlich wieder vor der Tentstage. Denn auf Space Chaser freue ich mich seit langem! Aus irgendeinem unerfindlichen Grund habe ich die Gruppe bis heute nie live gesehen, obwohl ich so ziemlich die gesamte Diskografie in der Sammlung stehen habe. Aber leider haben es die Jungs in den letzten Jahren nie in die Schweiz geschafft. Umso mehr freue ich mich darauf, hier und heute meine Premiere zu feiern.
Die Berliner haben 2021 mit „Give Us Life“ einen wirklichen Kracher veröffentlicht, und mit Material von diesem Longplayer legen sie auch gleich los. Sänger Sigi und seine Mitstreiter sind bestens gelaunt und hauen eine Thrash-Hymne nach der nächsten raus. Die Spielfreude ist der gesamten Truppe definitiv zu jeder Sekunde anzumerken, und das überträgt sich auch aufs Publikum. Während beim ersten Song das Zelt noch ziemlich leer wirkt, füllt sich der Zuschauerraum bereits ab dem zweiten Track merklich auf. Und ab dem dritten Lied starten Moshpits, welche bis zum Ende der Show praktisch immer in Bewegung sind.
Ansagen gibt es nicht sehr viele, trotzdem erfährt man, dass mit Eggi aus Hamburg heute ein Aushilfsdrummer auf dem Hocker sitzt. Ansonsten regiert die Musik, und die hat es definitiv in sich. Obwohl ich sonst höheren Stimmlagen gegenüber meist eher skeptisch eingestellt bin, finde ich Sigi einen sehr guten Sänger. Mit dem Speed-Einschlag im Sound von Space Chaser passt das halt einfach perfekt. Zudem stimmen auch die Optik und das Stage-Acting für ein perfektes «Old School Thrash rundum-Paket».
Nach total fünf Songs des aktuellen Albums werden gegen Ende des Sets auch die älteren Alben noch abgedeckt, besonders die Hymne „Skate Metal Punks“ sorgt für viel Begeisterung. Sowohl Band als auch Publikum könnten hier definitiv noch viel länger machen als die eingeplanten 35 Minuten, welche sogar um gut zwei Minuten überzogen werden. Ein absolut triumphaler Auftritt! Kaum jemand verlässt das Zelt ohne verschwitztes Shirt und fettes Grinsen auf dem Gesicht…
Nun ist es aber aufgrund der Dämmerung für mich Zeit von Sonnen- auf normale Brille zu wechseln und etwas Wärmeres anzuziehen. Zumal ich mit Uada wohl nicht sooo viel verpasse. Oder doch, Dutti?
Setliste Space Chaser
- Cryoshock
- Juggernaut
- Remnants Of Technology
- The Immortals
- Waves
- Give Us Life
- Skate Metal Punks
- Decapitron
- Metro Massacre
Uada
Dutti: Hmm, da der Black Metal zumeist nicht gerade dein favorisiertes Steckenpferd ist (zumindest interpretiere ich die bisherigen Zeilen deines Berichts so), verpasst du wahrscheinlich nicht sonderlich viel. Doch wer seine düstere Mucke am liebsten mit einem Schuss Melodie geniesst, sollte seinen Allerwertesten nun schleunigst vor die Mainstage schwingen. Gemeinsam mit den mysteriösen, stets Kapuze tragenden Künstlern aus den Vereinigten Staaten haben wir nun fast eine Stunde Zeit, um die das Gelände langsam verschlingende Dämmerung würdevoll zu zelebrieren.
Unaufhörlich wird die Spielstätte in Nebel gehüllt. Das hilft bei der Erschaffung des idealen Habitats für die bevorzugt im Schatten agierenden Amis. Musikalisch liefern sie fraglos überragende Kost ab. An Kompositionen wie «Djinn» kann man sich eh praktisch nie satthören. Jedes Bandmitglied beherrscht sein Werkzeug aus dem Effeff. Hinzu kommt die abwechslungsreiche Stimme von Frontmann Jake Superchi. Mal fies krächzend, mal schrill schreiend – der Kerl hat wirklich etwas auf dem Kasten. Da stört sich auch kein Schwein an der kaum vorhandenen Interaktion mit dem Publikum. Die Klangwelten sprechen für sich und benötigen keine weiteren Ergänzungen. Der Hype um die Herren aus Portland, Oregon ist völlig nachvollziehbar. Ein Headliner-Slot dürfte eigentlich bloss noch eine Frage der Zeit sein.
Profanity
Luke: Nach kurzem Fussmarsch zum Camp und zurück ins Infield, zieht es mich gleich wieder ins Zelt. Da sind nun Profanity an der Reihe. Die Band aus Augsburg existiert seit 1993, wenn auch zwischen 2002 und 2014 eine längere Pause eingelegt wurde. Auf meinem Radar aufgetaucht sind die Bayern erstmals mit dem sackstarken „Fragments Of Solace“-Longplayer von 2020. Und nun erlebe ich – erneut – eine Live-Premiere, auf die ich gespannt bin.
Das Zelt ist zumindest bei Beginn und mit parallellaufender Mainstage-Show noch eher dürftig gefüllt. Der frühere Bassist/Sänger Lukas Haidinger, welcher sich unterdessen Live nur noch dem Mikro widmet, springt trotzdem ab Minute eins auf der Bühne hin und her. Wenn man ihm ohne Musik zuschauen würde, hätte man glatt das Gefühl bei einer Hardcore-Show zu sein. Aber hier wird feinster und sehr technischer Brutal Death Metal dargeboten, der sich gewaschen hat.
Bandkopf Thomas Sartor an der Gitarre ist ein Wahnsinniger! Was der mit seinen Fingern anstellt, ist nicht von dieser Welt. Aber auch die Rhythmus-Fraktion spielt definitiv so einige Kollegen locker an die Wand. Technisch auf extrem hohem Niveau. Um das ganze etwas aufzulockern, bringt Lukas zwischendurch immer mal wieder einen Spruch. So erzählt er, im Süden des Landes sei es aktuell einiges kühler, sogar im Zelt. Oder kündigt vor einem der Songs an „nun wird es anstrengend – für euch!“. Das Ganze natürlich im bayrischen Dialekt vorgetragen. Hat definitiv seinen Charme.
Teilweise passiert extrem viel in einem einzigen Song. Profanity haben manchmal in fünf Minuten mehr Tempowechsel als AC/DC in der kompletten Karriere. Durch die energiegeladene Performance auf der Bühne und das trotz aller Technik gute Songwriting wird es definitiv nie langweilig, zumindest mir nicht. Als zweitletzten Song hören wir noch das Suffocation-Cover „Catatonia“. Vor dem letzten Track beantragt der Fronter vorsorglich ein Sauerstoffzelt, nur um dann gleich zuerst aufs Gitter und danach in den Zuschauerraum zu springen. Die Stimmung ist am Höhepunkt, inklusive Moshpit und Crowdsurf-Aktionen.
Nach 35 schweisstreibenden Minuten ist mir wieder einmal klar geworden, dass technischer Death Metal durchaus auch mitreissend sein kann, so anstrengend die vertrackten Songstrukturen manchmal auch sind. Ich würde mir Profanity jedenfalls immer wieder Live ansehen.
Dutti: Da würde ich dich mit grösstem Vergnügen begleiten. Was die Herrschaften von Profanity einem da vor den Latz knallen, ist Orgasmus… ähm, oder besser, «Ohrgasmus»-Material für die Technik vergötternde Todesblei-Abteilung.
Setliste Profanity
- The Autopsy
- Who Leaves Stays
- Melting
- I Am Your Soul (You Made Me Flesh)
- Catatonia (Suffocation Cover)
- Towards The Sun
Asphyx
Luke: Etwas verspätet durch den Profanity-Abriss im Zelt, komme ich erst nach den ersten Tracks zum holländischen Schlachtross Asphyx vor die Hauptbühne. Die seit 1987 aktiven Deather haben letztes Jahr mit „Necroceros“ nicht nur einen starken Longplayer vorgelegt, sondern auch einen super Auftritt am Meh Suff!-Festival gespielt (siehe Review).
Als ich in Hörweite der Bühne gelange, erzählt Sänger Martin van Drunnen gerade etwas von einem Songtitel, welchen sie zehn Jahre vor Amon Amarth hatten. Leider habe ich nicht mitbekommen welchen. Die anschliessende Bewertung von Sabatons „Bismarck“, welches sogar 17 Jahre nach dem gleichnamigen Asphyx-Track erschienen ist, ersparen wir Kaufi und allen anderen Sabaton-Fans. Martin wie man ihn kennt… Immer mal wieder ein Spruch. Manchmal witzig, manchmal albern. Beim Publikum kommt es jedenfalls gut an, was am Party.San aber alles andere als überraschend ist. Sehr viele Sabaton-Fans wird es hier nicht vor Ort haben.
Nun aber zum wichtigsten, der Musik! Der Sound ist wieder richtig gut, und die Band ist in absoluter Bestform. Untermalt von einige Pyroeffekten wird auch musikalisch ein absolutes Feuerwerk gezündet. Und wie zuvor schon bei Messiah wird hier wieder fleissig mitgefilmt, vom Fotograben und von der Bühne aus. Ist etwa schon das nächste Live-Album im Anflug? Ich will nicht spekulieren, aber der Auftritt hat es definitiv verdient festgehalten zu werden.
Auch die Stimmung im Publikum ist richtig gut. In der Mitte tobt praktisch während der ganzen Show ein grosser Pit, zudem sind einige Crowdsurfer unterwegs. Die Setliste ist nicht wie bei anderen Bands in Blöcke eingeteilt, sondern die neueren Songs (darunter drei vom neusten Album) werden quasi zwischen den Klassikern eingebettet. Ein gutes Mittel, um die Stimmung auch bei den Oldschool-Fans nie richtig absinken zu lassen.
Asphyx liefern eine Stunde lang einen Auftritt von absolutem Headliner-Format ab, welcher bis auf ein oder zwei sonderbare Ansagen von Martin von A bis Z zu überzeugen weiss. Die Show hier hat mir sogar noch ein bisschen besser gefallen als der Auftritt in Hüttikon letztes Jahr. Ganz stark!
Nun geht es für mich erstmal zurück zum Camp. Letzte Kräfte sammeln für Carcass ist angesagt. Anstatt mich von Katatonia stehend einlullen zu lassen, setze ich mich lieber nochmals kurz hin.
Dutti: Asphyx brettern wie eine gigantische, unaufhaltsame Dampfwalze durch die Gegend und hinterlassen dabei zerstörte Nackenwirbel und blutende Gehörgänge. Dieser Abriss dürfte nach meinem Gusto ungeniert länger als eine Stunde dauern. Einem solch gutgelaunten Martin ist einiges zuzutrauen. Heute scheint er tatsächlich am Frühstückstisch einem blöderweise vorbeilaufenden Clown den Kopf abgebissen zu haben. Aber egal, das witzige Sprücheklopfen ist perfektes Popcornkino. Selbst bei den Seitenhieben gegen Amon Amarth und Sabaton – welche beide ebenfalls meine Sympathien geniessen – muss ich sofort loslachen. Möglicherweise sollte der werte Mister van Drunen als zweites Standbein einen Comedy-Podcast ins Leben rufen. Wäre noch eine interessante Idee.
Luke: Würde ich auf der Stelle abonnieren!
Setliste Asphyx
- The Quest Of Absurdity
- Botox Implosion
- Molten Black Earth
- Death The Brutal Way
- The Krusher
- Deathhammer
- It Came From The Skies
- Knights Templar Stand
- Vermin
- The Nameless Elite
- Forerunners Apocalypse
- The Rack
- Last One On Earth
Graceless
Dutti: Katatonia und Carcass werden meine Crew und ich sausen lassen. Dafür nehmen wir vor dem Rückweg ins Camp gerne noch den Gig von Graceless mit. Da stellt sich bald schon als genialer Schachzug heraus, denn die Holländer lassen keinen Stein auf dem anderen. Eine überraschend lohnenswerte Entdeckung! Logischerweise haben sie noch nicht denselben Kultstatus wie ihre Landsleute, welche draussen gerade die Mainstage haben erzittern lassen, aber ihre Haudrauf-Mucke macht definitiv Laune und steckt voller Potenzial. Das ist so überzeugend, dass Kumpel Benji und meine Wenigkeit einem abschliessenden Besuch des Merchandise-Standes nicht abgeneigt sind. Neue Textilware muss her! Graceless haben sich unseren Support redlich verdient. Und dem lieben Luke wünsche ich an dieser Stelle viel Durchhaltevermögen und tonnenweise Spass bei der finalen Etappe des heutigen Musikprogramms.
Carcass
Luke: Nun folgt – subjektiv gesehen – dass absolute Highlight des Festivals! Carcass sind für mich sowas wie Metallica für pam oder Sabaton für Kaufi. Eine absolute Lieblingsband. Man möge mir deswegen verzeihen, wenn ich nicht ganz Objektiv bin. Aber wir sind ja schliesslich ein Fanzine, und nicht der Kulturteil der NZZ oder so… Somit ist auch klar, dass ich mehr als pünktlich zurück vor der grossen Bühne stehe. Angefixt wurde ich übrigens relativ spät, mit dem „Surgical Steel“-Album von 2013. Danach folgte ein tiefes eintauchen in die ganze Diskografie. Heute bin ich überzeugt, dass es nicht viele Bands gibt, welche sich während ihrer Karriere so oft verändert haben, ohne sich irgendwie zu verkaufen oder zu verleugnen. Und schon gar keine, welche trotz so vieler Veränderungen im Sound nicht ein schlechtes Album veröffentlicht hat.
Als es mit leichter Verzögerung mit „Exhumed To Consume“ losgeht, einem ganz alten Track, gibt es sogleich kein Halten mehr. Bill Steer an der Gitarre (und hier auch den Vocals) gibt schon einmal die Marschrichtung vor. Auch wenn der Gute optisch immer wirkt wie ein Hippie, ist und bleibt er einer der besten Gitarristen im Death Metal. In der Mitte vor der Bühne tobt ein riesiger Pit, und ich bin ebenfalls bereits in Ekstase. Im direkten Anschluss geht’s weiter zum „Heartwork“-Album, „Buried Dreams“ wird hart abgefeiert. Auch Lead-Sänger und Basser Jeff Walker ist in absoluter Höchstform. Es folgt der erste Track vom neuen Longplayer „Torn Arteries“, und erst noch der beste der ganzen Scheibe: „Kelly’s Meat Emporium“.
Und so geht es weiter. Hit folgt auf Hit, und die Band spielt auf absolutem Top-Niveau. Drummer Dan Wilding, welcher nun schon zehn Jahre auf dem Drum-Hocker sitzt, kann die sehr grossen Fussstapfen von Original-Drummer Ken Owen unterdessen locker ausfüllen. Und die Live-Verstärkung an der zweiten Klampfe, Nip Blackford, versteht nicht nur sein Handwerk, sondern scheint jede Menge Spass zu haben an der Seite von Bill und Jeff. Und Spass hat definitiv auch das Publikum. Mittlerweile kommen die Crowdsurfer schon von ganz weit aussen geflogen, und nicht nur in der Mitte vor der Bühne toben Mosh Pits.
Die Setliste ist nicht nur gut zusammengestellt, sondern auch die Reihenfolge ist für mich sehr stimmig. Wie schon Asphyx zuvor setzen auch Carcass auf eine bunte Durchmischung von neuen, mittel-alten und ganz alten Tracks. Klar, ein paar Songs fehlen. Wird aber immer so sein bei dieser Band, ausser sie spielen einmal mindestens fünf Stunden am Stück. Ansonsten absolut beeindruckend, und einfach nur etwas vom Besten, was es live gibt! Tagessieg? Fix! Festivalsieg? So gut wie sicher!
Noch kurz ohne Fanbrille, hier was wie ich gehört habe alles so bemängelt wurde: Komisch, dass der Beginn nicht nur fünf Minuten zu spät war, sondern das Ende auch etwas zwei Minuten zu früh. Somit hat man von 75 Minuten Spielzeit sieben wertvolle Minuten vergeben, wirklich schade! Zudem ist auch speziell, dass in diesen ungefähr 68 Minuten keine einzige Ansage erfolgte. Bis auf ein paar kurze Intros folgt wirklich Song an Song. Aber seien wir mal ehrlich, lieber keine Ansagen als unnötiges Gequatsche… Weiter wurde teilweise noch reklamiert, dass noch ein paar alte Lieder mehr und dafür ein paar neue weniger auf der Setliste hätten stehen können. Aber wieso denn, wenn die neuen Alben auch so stark sind? Früher war auch nicht alles besser.
Für mich bleibt das hier und heute trotz der oben genannten Kritikpunkte einer der besten Auftritte, die ich von Carcass bisher gesehen habe.
Setliste Carcass
- Exhume To Consume
- Buried Dreams
- Kelly’s Meat Emporium
- Incarnated Solvent Abuse
- Unfit For Human Consumption
- Under The Scalpel Blade
- Genital Grinder
- This Mortal Coil
- Dance Of Ixtab
- Keep On Rotting In The Free World
- The Scythe’s Remorseless Swing
- Tools Of The Trade
- Corporal Jigsore Quandary
- Captive Bolt Pistol
- Heartwork
Fanzit P:S:O:A – Freitag
Luke: Was für ein Festivaltag! Insgesamt gut 13 Stunden auf den Beinen, fast 19‘000 Schritte und ein Highlight nach dem anderen. Das Wetter war auch ok. Zwar wieder etwas heiss, durch den leichten Wind aber immerhin angenehmer als gestern. Für mich sind neben den überragenden Carcass vor allem Misery Index, Space Chaser, LIK, Onslaught und Messiah besonders erwähnenswert. Aber auch sonst habe ich fast nur Gutes gesehen heute. Wahrlich ein “Super Friday!”
Dutti: Ein intensiver, schweisstreibender Freitag liegt hinter uns. Die hochsommerlichen Temperaturen liessen teilweise ziemlich viel Urlaubsstimmung aufkommen. Unsere Ohrmuscheln wurden erneut mit einem höllischen Lärm- und Krachprogramm verwöhnt. Als Highlights sind bei mir 1914, Nornir, Onslaught, Bütcher, Uada und Graceless zu nennen.
P:S:O:A – Samstag, 13.08.2022 – Der krönende Abschluss
Luke: Eigentlich dachte ich, dass ich dank des gestrigen Band-Marathons mal etwas länger schlafen werde. Tja, war wieder nichts. Dafür gibt es erneut eine Dusche. So wird man älter; früher habe ich an mehreren Tagen Wacken die Dusche nicht einmal gesehen. Unterdessen kommt die ausgiebige Morgenhygiene auch beim Campen täglich zum Zug. Und heute gilt es auch nochmals etwas weniger Zeit zu überbrücken von Aufstehen bis Konzertbeginn. Am Samstag lädt jeweils schon um 10 Uhr die erste Band im Zelt zum Frühschoppen. Und an meinem vierten Party.San schaffe ich es auch tatsächlich zum ersten Mal so früh nach vorne.
Caroozer
Luke: Die Ehre den Tag zu eröffnen haben Caroozer aus Leipzig. Während sich das Reinhören vor dem Festival noch als schwierig entpuppte – bis auf ein paar Ur-Alte Live-Videos habe ich fast nichts gefunden im Netz – wird einem vor Ort mehr oder weniger gleich klar, was zu erwarten ist. Wenn das Bandlogo auf dem Backdrop schon so sehr an Pantera angelehnt ist, rechne ich mit einer groovigen Angelegenheit.
Und so kommt es auch. Die Band spielt feinsten Groove Metal, der auch einige Einflüsse von 90er Jahre Crossover erkennen lässt – was durch ein Body Count-Cover (hier Bottle Count) unterstrichen wird. Die Vocals sind dementsprechend teilweise auch gerappt. Sänger Rich, welcher auch bei Blindgänger aktiv ist, fragt das Publikum wie es denn so geht? Ihm selbst gemäss eigener Aussage beschissen, da er gestern zu viel gesoffen hat. Davon merkt man aber nicht allzu viel, sowohl stimmlich als auch showtechnisch ist er definitiv auf der Höhe.
Auch wenn das Zelt noch nicht übermässig gefüllt ist, kommt trotzdem etwas Stimmung auf. Dafür sorgt auch eine wirkliche gelungene Version von „Papa Was A Rolling Stone“. Eigentlich generell schon fast zu Tode gecovert, die Version heute weiss aber definitiv zu gefallen. Und wird vom Fronter angekündigt als „der Track, den wir schon 1972 als Support von Judas Priest gespielt haben“. Auch sonst gefällt mir der Auftritt. Eine ziemliche Abwechslung zum restlichen Programm hier am Party.San, passt aber irgendwie trotzdem super. Sehr unterhaltsame 45 Minuten und ein gelungener Start in den Tag.
Danach ist auch das Gelände vom Zelt her schon zugänglich. So sind wir zum ersten Mal bereits vor Ort, als die zwei Kanonenschüsse abgefeuert werden, welche jeden Tag die Geländeöffnung ankündigen. Zu meiner (leisen) Enttäuschung kommen die Knaller aber nicht aus den Kanonen selber, sondern aus einem Rohr, das hinten an den Geschützen unauffällig befestigt wurde und in den Himmel zielt. Ist wohl auch sicherer so… Nun aber zuerst einmal zurück zum Camp, um für den Start auf der Hauptbühne besseres Schuhwerk anzuziehen. Frühschoppen im Zelt geht ja noch in Adiletten, vor der grossen Stage habe ich aber lieber etwas mehr Stoff um meine Zehen.
Setliste Caroozer
- First Round Knockout
- High-Kick-Style
- The Confession
- Bottle Count (Body Count Cover)
- Apex Predator
- Papa Was A Rolling Stone (Temptations Cover)
- Bury The Ghosts
- Baptized In Beer
- Sanctuary
Slaughterday
Luke: Mit immerhin Turnschuhen an den Füssen geht’s gleich zur Hauptbühne. Die Ehre diese heute zu eröffnen, gebührt Slaughterday aus Niedersachsen. Mit dem Album „Ancient Death Triumph“ haben es die Death Metaller 2020 in meine Spotify-Playlist geschafft, live habe ich die Gruppe aber noch nie gesehen. Und ich bin auch gespannt, wie sie das auf der Bühne umsetzen. Im Studio nehmen Jens Finger (Gitarre und Bass) und Bernd Reiners (Vocals und Schlagzeug) alles zu zweit auf. Für Live-Auftritte haben sie aber logischerweise eine richtige Band zusammengestellt. Schliesslich haben die beiden auch nur zwei Arme. So kann sich nun Jens auf die Gitarre und Bernd auf die Vocals konzentrieren.
Der riesige Backdrop, welcher ans Logo der Biermarke Köstritzer angelehnt ist, gibt schon einmal die Richtung vor. Wo beim Gerstensaft „Gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot“ steht, heisst es bei Slaughterday „Gespielt nach dem amerikanischen Reifertgebot“. Und Autopsy sind als Einfluss definitiv Hörbar, wenn die Deutschen auch etwas weniger rotzig tönen. Der Old School Death Metal ist aber allgegenwärtig beim Auftritt.
Teile des noch nicht sehr zahlreich anwesenden Publikum hätten wohl eher nochmals auf eine Spass-Grind Kapelle zum Anfang gehofft. So fliegen doch einige bunte Wasserbälle über unsere Köpfe, was so gar nicht zum fiesen Death Metal der Gruppe passt – und nebenbei auch Kollege Dutti das Fotografieren und Filmen erschwert. Ansonsten kommen aber noch nicht viele Reaktionen aus dem Publikum, bis auf ein bisschen Headbangen ist da wenig Bewegung vorhanden.
Die Band selbst liefert aber einen guten Auftritt. Bernd lässt das Publikum vor dem letzten Track noch wissen, dass das Party.San „einfach das geilste Festival überhaupt“ ist. Wissen wir doch schon lange… Guter Auftakt einer sympathischen Gruppe.
Dutti: Ein Filmchen und ein paar Schnappschüsse sind dann trotz «Bälle-Bombardement» im Kasten. Die Schwarzbier-Freunde aus Niedersachsen ermöglichen mir und meiner Crew einen perfekten Start in den finalen Festivaltag. Dieser kriegt auch gleich ein fieses Motto: «Today it’s Slaughterday!» Mal schauen, mit wie viel Gemetzel wir uns in den kommenden Stunden auseinandersetzen dürfen.
Setliste Slaughterday
- Ancient Death Triumph
- Expulsed From Decay
- Abattoir
- Cult Of The Dreaming Dead
- Church Of Dread
- Cosmic Horror
Purgatory
Luke: Direkt nach Slaughterday folgen mit Purgatory echte Urgesteine der deutschen Death Metal Szene. Die Sachsen sind bereits seit 1993 aktiv und haben in dieser Zeit neun Alben und diverse EPs und Splits veröffentlicht. Was schon vor dem Auftritt auffällt: Hier klebt der Chef die Setlists noch selbst! Sänger Dreier bringt die Listen sorgfältig an diversen Orten auf der grossen Bühne an.
Wie schon bei der Band zuvor, wird auch hier Old School Death Metal dargeboten. Angesiedelt irgendwo zwischen Vader und Morbid Angel. Das Ganze ballert ganz schön, hat aber auch einige atmosphärische Parts zu bieten. Und schon beim zweiten Track gibt es erste Flammeneffekte – sehr zur Überraschung des noch ziemlich gefüllten Fotograbens. Auf der linken Bühnenseite scheint aber irgendetwas nicht so ganz zu klappen, die eine Flamme brennt eindeutig länger als sie sollte. Ein hektisch herbeigeeilter Bühnenarbeiter kann das Feuer dann löschen. Generell sehr speziell, dass eine Band die so früh am Nachmittag spielt bereits Pyros nutzen kann. Ob das am Legendenstatus, den die Gruppe im Untergrund geniesst, liegt, oder daran, dass die Alben beim Festival-eigenen Label War Records erscheinen, entzieht sich meiner Kenntnis…
Die Gruppe spielt einige Songs vom neusten Album „Apotheosis Of Anti Light“, streut aber auch ein paar ältere Klassiker mit ein. Zudem gibt es mit „As I Behold I Despise“ von den legendären Finnen Demigod als zweitletzten Track einen Coversong zu hören. Beim Rausschmeisser kommen auch noch einmal Flammen zum Einsatz. Das Ganze ist zwar gut, aber irgendwie haben mich Slaughterday noch ein bisschen mehr abgeholt. Über die Dauer von 45 Minuten wird das teilweise fast ein wenige eintönig. Alles in allem aber ein solider Auftritt. Nicht überragend, aber definitiv auch nicht schlecht.
Da mit Panzerfaust nun eine Band folgt, die bei mir beim reinhören durchgefallen ist, und im Zelt noch gar nichts los ist, legen wir eine Pause ein. Die Sonne brennt wie schon in den letzten zwei Tagen unbarmherzig vom Himmel, somit ist nichts gegen ein bisschen Schatten und eine Wurst vom Grill hinten beim Zelt einzuwenden. Aber Dutti bleibt ja sicher hier und kann berichten, oder?
Dutti: Einigkeit zwischen Luke und mir. Slaughterday konnten mich nämlich ebenfalls ein bisschen mehr überzeugen. Nichtsdestotrotz knallen auch Purgatory eine solide Performance auf die Bretter. Die Probleme bei einer der Flammenkonstruktionen hat mein Kollege ja bereits angesprochen. Hoffen wir, dass bei den späteren Shows diesbezüglich keine groben Zwischenfälle drohen. Und nein, Panzerfaust müssen ohne mich auskommen, da sie beim diesjährigen Dark Easter Metal Meeting in München schon keine bleibenden beziehungsweise arg durchzogene Eindrücke hinterlassen haben. Mein nächster Programmpunkt heisst deshalb Nunslaughter. In diesem Sinne: Messer wetzen und ran an die Nonnen!
Setliste Purgatory
- Intro
- Accused, Sentenced And Buried Alive
- Ropes In November (Samhain’s Curse Part III)
- Spreading The Plague
- Expectato Solis
- God Loves None Of You
- (We Declare) War
- As I Behold I Despise (Demigod Cover)
- Deny! Deny!! Deny!!!
Nunslaughter
Dutti: Die Zerstückelung der christlichen Ordensschwestern beginnt um 14:45 Uhr auf der Mainstage. Nieten und Hass wohin das Auge reicht. Frontmann Don Of The Dead erinnert mich an einen kläffenden Köter, der dir unaufhörlich auf die Pelle rückt. Die aggressive, geschwärzte Todesfaust haut den anwesenden Zuhörern mitten auf die Schnauze! Musikalisch ist glasklar zu hören, dass die Gruppe Ende der 80er-Jahre ins Leben gerufen wurde. Dieses «oldschool» Gehabe passt hier wunderbar ins Gesamtbild.
Unerwarteterweise entpuppen sich die US-Amerikaner nach und nach als unser bisheriges Tageshighlight. Damit hätten wir definitiv nicht gerechnet. Ein weiteres Beweis dafür, dass man an einem solchen Festival durchwegs ohne Scheuklappen durch die Gegend latschen sollte. Andernfalls gehen einem solche Entdeckungen fatalerweise durch die Lappen.
Einziger Negativpunkt ist das nicht mehr verfügbare Shirt, welches meinen späteren Besuch des Merch-Zeltes zu einer kleinen Enttäuschung verkommen lasst. Aber dafür kann ja die Band nicht sonderlich viel. Für ein nächstes Mal bin ich jedenfalls gewappnet für den Nunslaughter-Kult und werde mir garantiert frühzeitig ein Erinnerungsstück abgreifen können.
Bösedeath
Luke: Da die Pause wieder einmal etwas länger gedauert hat als geplant, verpasse ich auch Nunslaughter. Schade, die paar Soundfetzen von der Hauptbühne haben gar nicht so schlecht getönt. Für uns geht es aber nun direkt ins Zelt. Mit Bösedeath steht nun eine Brutal Death / Grind-Kapelle auf dem Programm. Was natürlich auch zur Folge hat, dass wir zum ersten Mal heute in den „Genuss“ von verkleideten Menschen im Moshpit kommen. Diese sorgen aber dafür, dass das Zelt schon relativ früh ziemlich gut gefüllt ist und auch von Anfang an ziemlich viel Bewegung im Publikum vorhanden ist.
Musikalisch bietet die Band aus Darmstadt jetzt nichts extrem Sensationelles. Aber doch gut gezockten Brutal Death mit (wahrscheinlich) witzigen Texten. Natürlich versteht man von denen nichts, erstens wegen dem growlen und zweitens ist das Mikro auch ziemlich leise eingestellt. Aber Songtitel wie „Cantona Facekick Festival“ (Anm. Dutti: Haben wir zufälligerweise Fans von Manchester United im Haus?) und „Willy Tanner Crackhouse Blues“ sorgen bei den Ansagen schon für einige Lacher. Besonders gefällt mir „Cthulu Clothesline“, das Fronter Böse Dän als Song für gebildete Wrestlingfans ankündigt. Er absolviert übrigens den ganzen Auftritt in einem Dying Fetus-Langarm Shirt. Respekt, bei der Hitze im Zelt ist es mir sogar mit kurzen Ärmeln fast etwas zu warm…
Während man sich bei vielen Bands im Zelt eine längere Spielzeit wünscht, scheinen für Bösedeath selbst die kurzen 35 Minuten eine Herausforderung zu sein. Nach etwas mehr als der Hälfte der Spielzeit lässt uns der Frontmann wissen, dass sich die Band zu sehr beeilt hat. Es bleiben noch 16 Minuten und auf der Setliste stehen nur noch zwei Songs. Wie in dem Genre eigentlich auch üblich, dauern die beiden Lieder natürlich nicht ansatzweise je acht Minuten, und so ist man viel zu früh fertig. Aufgrund von Zugabe-Rufen wird dann einfach eine Nummer doppelt gespielt. Man entscheidet sich für einen Track vom neusten Album, quasi „den letzten Dreck“, wie Dän sagt. Den Titel habe ich aber leider nicht mitbekommen.
So endet der Auftritt nach knapp 30 Minuten, also trotz dieser Zugabe etwas zu früh. Die Band war durchaus unterhaltsam, würde ich mir auf einem Festival wieder ansehen. Ob ich für eine Einzelshow sehr weit reisen würde, weiss ich aber nicht.
Dutti: Teile unserer Crew wohnen dieser kurzweiligen Slam-Attacke ebenfalls bei. Sind wir einmal ehrlich, wenn eine Formation aus einer Stadt mit dem Namen Darmstadt kommt, müssen sie ja beinahe gezwungenermassen irgendwelche Grindcore oder Brutal Death-Kompositionen raushauen. Der Pit ist wahrlich ein Schaulaufen von illustren Personen und Gegenständen. Ich sehe unter anderem aufblasbare Bälle, Hämmer und obendrein Klobürsten. Sollten jetzt noch Toilettenpapier und Lauchstangen dazukommen, müsste man wahrscheinlich bald von einem Gutalax-Auftritt sprechen.
Setliste Bösedeath
- Animal Style
- Willy Tanner Crackhouse Palooza
- Butthole Tickling Bandit Blues
- Cthulhu Clothesline
- Southern Fried Homicide
- Cantona Facekick Festival
- BioNTech Is Godzilla
Saor
Dutti: Das Atmospheric Folk respektive Black Metal-Projekt Saor des schottischen Multiinstrumentalisten Andy Marshall geht um 15.45 Uhr an den Start. Die oftmals einige Zeigerumdrehungen in Anspruch nehmende, für ständige Hühnerhaut sorgenden, epischen Hymnen sind ein waschechter Genuss – so auch heute! Unglücklicherweise verhindern Schwierigkeiten bei der Soundqualität und der aus meiner Sicht falsch zugewiesene Slot die volle Entfaltung der majestätischen Tonfolgen. Saor müssen einfach in der Dunkelheit spielen (wie beispielsweise am Dark Troll Festival 2019 – eine unvergessliche Angelegenheit!).
Dass die Show überhaupt stattfinden konnte, ist übrigens ausschliesslich dem ebenfalls auf dem Gelände vertretenen Ibanez-Stand zu verdanken. Live-Klampfer Rene McDonald Hill hatte nämlich irgendwelche Probleme mit seinem Spielgerät. Oder ist es bei der Fluggesellschaft abhandengekommen? Ich habe die Aussage leider nicht ganz verstanden… Somit werden die Ibanez-Leute und eine Ersatzgitarre jedenfalls zu waschechten Rettern in der Not.
Lunar Shadow
Luke: Da Saor gar nicht mein Ding sind, bleibe ich gleich im Zelt und schaue mir Lunar Shadow an. Die Siegener Band spielt ziemlich klassischen Heavy Metal, gehört also hier am Party.San eher zu den Exoten. Auch für mich nicht das bevorzugte Genre, aber definitiv besser als der Folk Black Metal der Schotten auf der Hauptbühne. So gebe ich der Gruppe aus Nordrhein-Westfalen eine Chance.
Und die Twin Leads der beiden Gitarristen wissen wirklich zu gefallen. Auch sonst ist der Sound zumindest zu Beginn recht interessant. Epic Metal trifft auf Rhythmen des Black Metal. Bathory-Fans werden sich definitiv freuen. Ich finde das so ungefähr 15 Minuten interessant, danach habe ich das Gefühl es wiederholt sich alles ein bisschen. Die Riffs tönen oft sehr ähnlich. Allerdings füllt sich im Laufe des Konzerts das zuerst sehr leere Zeit immer mehr, so dass wenigstens die Stimmung im Publikum immer besser wird.
Unter dem Strich definitiv nicht uninteressant, aber halt wirklich nicht voll und ganz mein Ding. Deswegen verlasse ich das Zelt auch vorzeitig, um mir einen guten Platz vor der Hauptbühne zu sichern.
Fleshcrawl
Luke: Da steht mit Fleshcrawl nun eine weitere deutsche Death Metal Legende auf dem Programm. Die Bayern mussten mit dem Krebstod des langjährigen Sänger Sven „Svensson“ Gross letztes Jahr einen schweren Schicksalsschlag wegstecken. Und so erstaunt es auch nicht, dass der Verstorbene mit zwei riesigen Bannern auf der Bühne trotzdem irgendwie präsent ist. Gegangen, aber nicht vergessen. Passender kann man einem solch prägenden Sänger nicht huldigen.
Die etwas undankbare Aufgabe die grossen Fussstapfen von Sven irgendwie versuchen auszufüllen, hat Borisz Srafutgyinov aus Ungarn übernommen. Und rein gesanglich macht das der Mann wirklich gut. Leider hat er anfangs ein bisschen mit der Abmischung zu Kämpfen, wie die ganze Band. Bei den ersten zwei Songs passt da noch nicht viel. Mit der Zeit wird der Mix aber Glücklicherweise besser.
Der Platz vor der Bühne ist für die Uhrzeit eigentlich relativ gut gefüllt. Irgendwie will aber lange nicht so wirklich Stimmung aufkommen. Eventuell liegt das auch an der Hitze, die Band liefert nämlich nachdem die Soundprobleme gelöst wurden einen wirklich guten Auftritt ab. Auch die Setliste, welche einen guten Überblick über das bisherige Schaffen der Gruppe bietet, weiss zu gefallen. Und gegen Ende des Sets wird dann sogar das Publikum aktiver. Beim zweitletzten Song „As Blood Rains From The Sky“ vom gleichnamigen Album von 2000 gibt es den ersten grösseren Circle Pit direkt vor der Bühne. Und als zum Abschluss noch „The Day Man Lost“ von den legendären Carnage gecovert wird, gibt es gar kein Halten mehr im Publikum.
Schade war die Stimmung nicht während der ganzen Show so! Die Band hätte es mit dem guten Auftritt definitiv verdient. Für mich ein erstes grosses Ausrufezeichen an diesem letzten Festivaltag.
Setliste Fleshcrawl
- Intro
- Carved In Flesh
- Bloodred Massacre
- Flesh Bloody Flesh
- Embrace By Evil
- Lost In A Grave
- After Libliteration (Midtro)
- From Dead To The Living
- Under The Banner Of Death
- Soulskinner
- DA NEW ONE
- As Blood Rains From The Sky
- The Day Man Lost (Carnage Cover)
Scalpture
Luke: Von einer deutschen Death Metal Band geht es gleich zur nächsten. Im Zelt spielen nun Scalpture aus Bielefeld, welche mir ehrlich gesagt kein Begriff waren, bis ich im Zuge der Festival-Vorbereitung reingehört habe. Sie haben es aber auf meine Running Order geschafft, also schnell die Bühne wechseln. Aufgrund der Überschneidung von jeweils zehn Minuten bei den Spielzeiten von Haupt- und Nebenbühne verpasse ich den Anfang, was in diesem Fall wirklich schade ist. Das Zelt ist schon gut gefüllt, und auch die Stimmung bereits sehr gut. Kaum angekommen, sehe ich bereits die ersten Crowdsurfer.
Und der Sound drückt richtig gut aus den Boxen. Nicht nur die Abmischung stimmt, auch musikalisch macht die Band alles richtig. Ähnlich wie 1914 haben sich die Nordrhein-Westfalen vorwiegend dem Thema Krieg gewidmet. Fronter Thorsten betont dann aber, dass sie über Krieg singen, weil sie diese Ereignisse so schrecklich finden, nicht um irgendetwas zu verherrlichen. Und er betont, wie froh wir uns schätzen sollten, dass wir trotz Krieg in Europa hier zusammen friedlich eskalieren können.
Ein wirklich guter Auftritt, bei dem mich die Überschneidung der Spielzeiten mal so richtig nervt. Hätte ich gerne von Anfang an gesehen ohne auf den Schluss von Fleshcrawl verzichten zu müssen. Scalpture sind nun definitiv auf meinem Radar, ich hoffe es ergibt sich bald einmal die Möglichkeit für ein Live-Wiedersehen. Nun steht aber erst einmal eine Pause auf meinem Programm. Die Wikinger von Månegarm ermöglichen mir einen Abstecher zurück zum Camp. Wird bei Dutti wohl anders sein, oder?
Setliste Scalpture
- Hell Is A Field In France
- Ils N’Ont Pas Passé
- Flattened Horizons
- Grabengott
- Hinterlandsymphonie
- To End All Wars
- Through Hell And On
Månegarm
Dutti: Huhu Lieber Kollege! Ja dann legen wir doch wieder einmal einen Schichtwechsel hin, oder? Also, Pause beenden und ab zurück zur Mainstage. Dort erwarten mich Månegarm aus Schweden. Stilistisch ist die Kapelle mit ihre düsteren Mix aus Folk und Viking Metal – ähnlich wie gestern Heidevolk – Mitglied der «Billing-Exoten». Im Repertoire des Vierers existiert ohne Zweifel ausreichend starkes Liedgut. Allerdings zündet dieses bei mir heute lediglich phasenweise. Da haben mich die Niederländer deutlich besser abgeholt. Kumpel Benji meint, dass bei Månegarm ab und an noch ein Geiger mitwirkt. Allenfalls hätte dieser der Live-Show die notwendige Würze verliehen. Aber klar ist, dass man zu einem «Odin Owns Ye All» effektiv jedes Mal mitjohlen kann. Fronter Erik Grawsiö meint zudem, dass sie nach der Show literweise Bier vernichten und er sich auf dieses Unterfangen freut. Skandinavier durch und durch.
Path Of Destiny
Dutti: Im Anschluss gibt’s symphonischen und melodiösen Death beziehungsweise Black Metal auf die Lauscher. Dafür muss man seinen Allerwertesten bloss wieder zur nebenanliegenden Tentstage bewegen. Path Of Destiny heisst die Gruppe, welche für das nächste Einheizer-Programm verantwortlich ist. Dieser wilde Ritt erzeugt eine unglaubliche Energie und macht absolut Laune. Gegen ein weiteres Aufeinandertreffen in naher Zukunft hätte ich freilich nix einzuwenden.
Blood Incantation
Luke: Bei den technisch-progigen Death Metalern Blood Incantation aus Denver bin ich zwar nicht ganz auf den Anfang zurück vor der Bühne, aber ganz entgehen lassen will ich mir die Band auch nicht. Obwohl ich eigentlich auf technischen Death Metal stehe, bin ich mit dem Material der Gruppe auf Tonträger bisher nicht so richtig warm geworden. Und auch live packt mich das irgendwie nicht so richtig. Als ich vor der Bühne eintreffe, läuft gerade ein längeres Synthie-Intro. Der letzte Release der Amis war eine EP mit Ambient-Tracks, welche nicht nur mich ziemlich ratlos zurückgelassen hat. Mit Metal hatte das nicht wirklich etwas zu tun, und auch das Intro hier tönt eher nach Science-Fiction Film als nach Metal-Konzert. Trotzdem hat es erstaunlich viele Leute vor der Bühne – und tatsächlich sogar beim langweiligen Synthie-Quatsch einen Crowdsurfer im Publikum.
Der nach dem Intro beginnende Track schaukelt sich langsam hoch und entwickelt sich tatsächlich zu einem Death Metal Song. Technisch ist das absolut brillant umgesetzt, gar keine Frage. Gerade was Drummer Issac Faulk abliefert, ist nicht von dieser Welt. Aber irgendwie zündet es bei mir trotzdem nicht. Eventuell muss man selbst Musiker sein, um richtig erfassen zu können, wie genial das ist. So erscheint es mir zumindest im Gespräch mit meinem Steh-Nachbar zwischen zwei Songs. Der spielt selber Gitarre und Bass und ist absolut hin und weg davon, was die Herren da auf der Bühne veranstalten. Für mich als „normalen“ Musik-Konsumenten ist das aber irgendwie too much. Fanzit: gut gemacht, aber nicht so richtig mein Ding.
Da die nachfolgenden Impaled Nazarene für mich musikalisch uninteressant und ideologisch abstossend sind, kann ich mir endlich einmal etwas Zeit für die grosse Händlermeile nehmen. Dies ist in den letzten beiden konzertreichen Tagen etwas zu kurz gekommen…
Eïs
Dutti: Vor Impaled Nazarene wären allerdings noch Eïs im Zelt zu bestaunen. Und genau dorthin bin ich gerade unterwegs. Zum ersten Mal habe ich die Black Metal-Equipe an der 2019er-Ausgabe des Ragnarök Festivals erlebt. Damals war eigentlich von einer allerletzten Show die Rede. Den Göttern sei Dank hat dieser Abschied jedoch lediglich zwei Jahren gedauert. Anfang Oktober 2021 stiess man via Facebook auf die erlösende Nachricht: Eïs sind zurück! Der Winterschlaf wird beendet! Und jetzt bin ich gespannt, was uns die Akteure auf der kleinen Bühne des Party.San zeigen werden.
Wie angedeutet tut es gut zu wissen, dass diese eiskalten Kerle wieder in das musikalische Weltgeschehen eingreifen. Allerdings scheint sich aufgrund der selbst auferlegten Zwangspause etwas Rost bei den einzelnen Akteuren angesammelt zu haben. Die Maschinerie kommt erst nach und nach auf Betriebstemperatur. Dank dieser Steigerung gewinnt die Performance konstant an Qualität und Tracks des Kalibers «Mann aus Stein» rufen die Kopfnicker auf den Plan. Ausserdem punktet Sänger Alboîn gelegentlich mit frechen Sprüchen. Sie seien dankbar, dass sie bereits so früh in ihrer «jungen» Karriere auf einem solchen Festival spielen dürfen.
Impaled Nazarene
Dutti: Die letzten Sonnenstrahlen des heutigen Tages können die Fans vor der Hauptbühne gemeinsam mit den Finnen von Impaled Nazarene geniessen. Angeführt vom Gift und Galle spuckenden Kampfzwerg Slutti666 prügeln sich die Nordmänner durch ihr Set. Das geht mitten in die Kauleiste und gewinnt definitiv keinen Schönheitspreis, aber man wird trotzdem auf irgendeine Art und Weise hervorragend unterhalten. Seit eh und je ist dieser Truppe bekanntermassen so ziemlich alles «Piep-egal». Voller Wut und Hass wird aus der Bühne mal eben rasch Kleinholz gemacht. Der stumpfe Sound empfiehlt sich keinesfalls für eine Gourmetküche, aber bei Impaled Nazarene muss das so sein. Sie frönen lieber den dreckigen Punk-Allüren und stellen ihre Anhänger damit problemlos zufrieden.
Luke: Leider sind bei den Finnen politisch so gar keine Punk-Allüren in Sicht. Aber das nur so am Rande erwähnt. Es soll ja um Musik gehen…
Cytotoxin
Luke: Nach meiner Tour durch die Stände geht’s kurz zurück zum Camp, die Einkäufe müssen schliesslich verstaut werden. Deswegen komme ich etwas spät zum Zelt, welches kurz vor dem Auftritt von Cytotoxin schon sehr gut gefüllt ist. Mit den Brutal Death Metallern aus Chemnitz hatte ich ebenso wie mit Misery Index bereits im März am «Züri Gmätzlets» im Dynamo das Vergnügen. Da waren die Sachsen allerdings ganz am Anfang dran mit Spielen, als der Saal noch nicht so richtig voll war. Hier und heute sieht das ganz anders aus. Das volle Zelt wartet sehnsüchtig auf den Auftritt und geht dementsprechend auch ab der ersten Sekunde richtig mit. Man merkt, dass diese Energie des Publikums auch auf die Band überspringt.
Wie schon im Dynamo wird der erste Song mit Gasmasken gespielt, eine ziemlich Schweisstreibende Angelegenheit bei den Temperaturen hier im Zelt. Die Ansagen von Frontmann Grimo sind von Anfang an auf Englisch gehalten, was etwas seltsam ist. Klar hat es auch internationale Gäste hier, aber von einer deutschen Band auf einem Festival in Deutschland würde man trotzdem irgendwie die Muttersprache erwarten. Soll mich aber nicht weiter stören, auch so verstehe ich, dass die Jungs das tödlichste Element überhaupt mitgebracht haben: «Circlepitonium». Und die Circle Pits kreisen tatsächlich während der gesamten Show und in einer beeindruckenden Grösse.
Vor dem dritten Song kommt Grimo mit Maske auf die Bühne und bringt das grosse Fass mit Nuklear-Warnhinweis mit. Dieses benutzt er in der Folge oft, um darauf stehend erhöht zu performen. Allgemein ist der durchtrainierte Fronter heute sehr aktiv und bewegt sich sogar noch mehr als in Zürich. Mit dem von diesem Auftritt schon bekannten Kreisverkehr-Schild begibt er sich auch gerne einmal aufs Gitter vorne an der Bühne. Später wagt er sich mit kleinerem Fass sogar noch mitten in den Pit. Auch eine Wall Of Death darf selbstverständlich nicht fehlen.
Die emotionalste Ansage folgt kurz vor Schluss, als der Sänger verrät, dass er 2004 zum ersten Mal als Besucher auf dem Party.San war. Er hätte damals nie geglaubt selber einmal hier spielen zu dürfen. Dementsprechend appelliert er daran, immer an seine Träume zu glauben. Man merkt nicht nur ihm, sondern der ganzen Band an, wie sehr sie es geniessen hier zu spielen. Und von der Zuschauerreaktionen und auch der Performance her könnte das bei einem nächsten Auftritt durchaus auch auf der Hauptbühne sein. Sehr guter Auftritt, welcher jede Menge verschwitzte Shirts und grinsende Gesichter zurücklässt.
Dutti: Ui! Cytotoxin sind für mich zweifelsohne eine weitere, völlig lohnenswerte Neuentdeckung. Ein Abriss der ersten Güteklasse! Der präsentierte «radioactive Death Metal» kommt ausgezeichnet bei den Leuten an. Das bis unters Dach gefüllte Zelt spricht diesbezüglich ebenfalls Bände. Ich schliesse mich Luke an und rechne auch damit, dass die Truppe demnächst schon für die Hauptbühnen dieser Erde zugelassen wird. Und ja, die Ansagen von Grimo sind wirklich unterhaltsam. Sein akzentreiches Englisch erinnert mich – gepaart mit seiner muskulösen Figur – an einen gewissen Arnold Schwarzenegger und insbesondere seine ersten Gehversuche in Hollywood.
Dark Funeral
Dutti: Zur besten Sendezeit um 21 Uhr übernimmt mein persönlicher Headliner auf der Mainstage das Kommando. In diesem Sommer kann man Dark Funeral eigentlich kaum ausweichen, da sie doch gefühlt an der Steckdose jedes Festivals spielen. Grottenschlechte Auftritte sind für die Schweden sowieso ein Fremdwort (mal abgesehen von einer mir bekannten Ausnahme an der 2015er-Ausgabe des Meh Suff! Winter-Festivals im Winterthurer Gaswerk). Ich messe ihrer Darbietungen lieber an der überragenden Show im Wetziker Hall Of Fame-Club vom vergangenen Jahr. Wird das Quintett in Schlotheim ähnlich packend abliefern können?
Hoffentlich sind sämtliche Gottesdiener geflüchtet, denn nun schreiten die Diener Satans zur Tat. Dass dies direkt mit dem bekannten Hit «Unchain My Soul» geschieht, ist schon einmal eine richtige Kampfansage! Voller Selbstvertrauen tanken sich die Stockholmer durch ihr Set. Begleitet wird dieses von zahlreichen Pyroeffekten und dem fleissigen Einsatz der Nebelmaschine. Sowohl Kommandeur Heljarmadr als auch seine stets gut gerüstete Kleinarmee zeigen keine Schwächen. Welch ein Blastbeat-Gewitter! Da wird wirklich nichts dem Zufall überlassen. Ungeachtet dessen ist anzumerken, dass mir das oben angesprochene Konzert in Wetzikon ein bisschen besser gefallen hat.
Die Mitte März dieses Jahres veröffentlichte Scheibe «We Are The Apocalypse» ist mit drei Hörproben in der Setliste vertreten. «Leviathan», «When I’m Gone» und «Let The Devil In» reihen sich locker in das bestehende Gefüge ein, aber meines Erachtens sind primär die älteren Stücke der grosse Trumpf der Schweden. Das ist jedoch Gemecker auf verflucht hohem Niveau. Der einzig wirkliche Negativaspekt bleibt die Aktion eines Idioten, der die Band mit seinem Bier bewirft. Auf das du ewig in der Hölle schmoren mögest!
Sodele, meine Crew und ich werden nach Dark Funeral den Rückzug antreten und die letzten Party.San-Stunden in unserem Camp und mit unseren gleichermassen witzigen, wie freundlichen Nachbarn ausklingen lassen. Ich überlasse das Feld somit Luke, der sich die Abrissbirnen namens Benedecition und Dismember hundertprozentig nicht durch die Lappen lassen gehen wird, korrekt?
Setliste – Dark Funeral
- Unchain My Soul
- The Arrival Of Satan’s Empire
- My Funeral
- Leviathan
- Open The Gates
- When I’m Gone
- The Secrets Of The Black Arts
- Nail Them To the Cross
- Let The Devil In
- Where Shadows Forever Reign
Benediction
Luke: Um nochmals Kraft zu tanken für das abschliessende Death Metal-Doppel, verzichte ich auf Dark Funeral. Schliesslich werde ich die Schweden beim Meh Suff-Festival im September sehen können. Nach Cytotoxin sah es aber nach ordentlich Leuten vor der Bühne aus. Und auch für die nun folgenden Benediction sind nochmals sehr viele Festivalbesucher zur Mainstage gepilgert.
Die 1989 in Birmingham gegründete Band ist einer der grössten Death Metal Acts Englands. Und meiner Meinung nach auch definitiv einer der besten. Das 2020 veröffentlichte „Scriptures“-Album mit dem zurückgekehrten Sänger Dave Ingram lief bei mir nach Erscheinen länger auf Heavy Rotation. Aus bekannten Gründen konnte das Werk Live noch nicht vorgestellt werden, was nun nachgeholt wird. Gleich mehrere der Songs sind heute zu hören, selbstverständlich kommen aber auch die Klassiker nicht zu kurz. Die Show beginnt fast zehn Minuten zu spät, und mit dem ungewöhnlichen Intro „Echolalia“ von Dead Can Dance. Gleich von Anfang an sind sowohl Performance als auch die Stimmung sehr gut. Die Zuschauer gehen wirklich extrem mit, so viele Crowdsurfer und Pits hatte heute definitiv noch keine Band zu verzeichnen auf der Hauptbühne.
Fronter Ingram fällt mit jeder Menge sympathischer Ansagen auf. Nicht nur das Publikum wird gelobt, er bedankt sich auch ausführlich bei den ganzen Security im Bühnengraben, welche die Crowdsurfer immer sicher in Empfang nehmen. Und auch an den Rest des OK-Teams geht ein grosses Dankeschön. Ebenso lobt er seinen Nachfolger/Vorgänger Dave Hunt für die guten Songs die während seiner Zeit in der Band entstanden sind. Als er die Crowd auch noch wissen lässt, dass er Bier liebt, hat er endgültig alle im Sack. Lustig zu sehen, dass er selbst bei aller Liebe zum Gerstensaft auf der Bühne lieber Rotwein trinkt – und zwar direkt ab Flasche… Trotzdem sehr sympathisch, Ingram braucht keine grimmigen Ansagen im Stile vom Corpsegrinder und trotzdem hat er das Publikum voll in der Tasche.
Auch dem Rest der Truppe scheint der Auftritt hier viel Spass zu machen. Das Gitarren-Duo Darren Brookes und Peter Rew ist am Dauergrinsen und sprüht auch sonst vor Spielfreude. Und Basser Dan Bate – etwas jünger als seine Kollegen an den Sechssaitern – nutzt die ganze Breite der Bühne aus. Durch die Verspätung am Anfang ist die Zeit leider schon abgelaufen, als die Setliste scheinbar noch nicht erschöpft wäre. Dies führt bei den Musikern zuerst für etwas Verwirrung, schlussendlich einigt man sich dann aber auf einen letzten Song. Leider kann nicht lange überzogen werden, und so ist nur drei Minuten nach dem eigentlichen Ende gemäss Zeitplan auch wirklich Schluss. Schade, ich glaube sowohl die Band als auch die Zuschauer hätten gerne noch mehr gehabt. Ein sackstarker Auftritt! Eigentlich Headliner-würdig, aber da kommt ja noch wer…
Dismember
Luke: Die letzte Band des diesjährigen Festivals sind die Schweden von Dismember. Benediction haben die Messlatte zwar verdammt hochgelegt. Aber das sollte für diese Kult-Truppe eigentlich kein Problem sein. Schliesslich haben sich die Jungs in den letzten Jahren ziemlich rar gemacht, dementsprechend gespannt sind auch viele auf die Show. Vor dem abschliessenden Auftritt gibt es aber noch eine kurze Ansage von Seiten Veranstalter. Vor allem wird allen Besuchern gedankt, und versichert, dass man alles dafür tun wird, dass wir uns nächstes Jahr wieder sehen können. Nach den Wünschen für eine gute Heimreise und ein gutes Jahr wird noch der kommende „Schwedenhappen“ angekündigt. Zack, das war’s. Definitiv weniger ausufernd als am Wacken, Bang Your Head oder anderen Orten.
Und dann legt der Schwedenhappen Dismember auch schon los. Da das Original-Lineup der ersten vier Alben in der aktuellen Besetzung wieder komplett vereint ist, konzentriert man sich auf Material von eben diesen vier Scheiben. Was definitiv eine gute Entscheidung ist! Das Publikum lechzt richtiggehend nach den Klassikern, und wer eine Show mit einem Kaliber wie „Override Of The Overture“ vom genialen Debüt „Like An Everflowing Stream“ beginnen kann, hat eigentlich eh schon gewonnen. Der Platz vor der Bühne ist nochmals richtig gut gefüllt und die Stimmung von Anfang an Top. Wie ich später erfahre, war der Sound weiter hinten wohl alles andere als Ideal. Was mich aber sehr überrascht, an meinem Standort ziemlich nah an der Bühne klingt das richtig fett.
Mit Matti Kärki steht gleich ein weiterer sehr sympathischer Death Metal Fronter auf der Bühne. Wie Dave Ingram verzichtet er auf grosses Gepose oder künstliches böses Image, wobei er sich noch etwas kürzer hält bei den Ansagen als sein englischer Kollege. Aber auch er lässt ab und zu einen Spruch raus, wenn er zum Beispiel darauf hinweist das sie nur so viel altes Zeugs spielen, weil sie halt gar kein neues haben. Grundsätzlich könnte er aber schon noch etwas mehr sprechen, die Pausen zwischen den Songs sind doch teilweise etwas lang. Wieso genau weiss ich nicht. Abgesehen davon konzentrieren sich die Herren aus Stockholm aber auf ihre Musik. Macht auch Sinn, mit so vielen Klassikern in der Hinterhand.
Die Stimmung im Publikum ist wirklich gut, wenn ich auch das Gefühl habe, dass bei Benediction noch etwas mehr los war. Ist aber nach drei intensiven Festivaltagen bei hohen Temperaturen auch kein Wunder, irgendwann sind die besten Batterien leer. Vom Auftritt her sind Dismember aber definitiv auf Augenhöhe mit den Briten. Und irgendwie war der Schlusspunkt – genau weil die beiden Bands quasi im Doppelpack waren – so perfekt. Ein mehr als würdiger Abschluss für ein wirklich grandioses Festival. Müde, aber glücklich verkrieche ich mich in meinen Schlafsack. Für einen weiteren Ausflug ins Partyzelt fehlt mir definitiv die Energie. Zudem steht morgen der Zeltabbau und die lange Heimfahrt an, also besser noch etwas schlafen…
Setliste Dismember
- Override Of The Overture
- Reborn In Blasphemy
- Bleed For Me
- Pieces
- Skin Her Alive
- Of Fire
- Skinfather
- Misanthropic
- Casket Garden
- Soon To Be Dead
- On Frozen Fields
- Dismembered
- Fleshless
- Collection By Blood
- Dreaming In Red
Fanzit P:S:O:A – Samstag
Luke: Heute haben wir einen wirklich würdigen Abschluss für drei unglaubliche Festivaltage erlebt! Auch wenn der Freitag gestern für mich persönlich noch mehr Highlights zu bieten hatte, war auch der Samstag nicht ohne. Und mit 22’000 Schritten habe ich meinen Laufrekord von gestern sogar noch übertroffen. Überragend waren für mich die drei Oldschool Death Metal Shows von Benediction, Dismember und Fleshcrawl. Und im Zelt haben die jungen wilden von Cytotoxin abgeräumt.
Dutti: Meine Höhepunkte dieses letzten Festivaltages setzten sich aus Slaugherday, Nunslaughter, Bösedeath, Cytotoxin und Dark Funeral zusammen. Weitere Details werden im nachfolgenden Schluss-Résumé behandelt.
Das Fanzit – Party.San Metal Open Air 2022
Luke: Was für ein fantastisches Wochenende! Vom Line-Up her war die diesjährige Ausgabe wirklich unglaublich stark, und auch das Wetter hat für einmal mitgemacht. Keinen einzigen Regentropfen von Mittwochabend bis Sonntagmorgen, das habe ich in Schlotheim noch nie erlebt. Etwas weniger heiss wäre zwar noch besser gewesen, aber lieber so als mit Starkregen, Kälte und Stürmen wie in vergangenen Jahren.
Auch in punkto Organisation habe ich absolut nichts auszusetzen. Es hat alles reibungslos funktioniert, das Gelände ist immer noch Klasse. Und auch die WC-Situation wurde durch mehr wassergespülte Wagen und weniger Dixies noch einmal verbessert. Zumindest für die Männer gibt es da eigentlich gar nichts mehr zu meckern. Ein paar Toitois für die Frauen auf der linken Seite des Infields wären aber nicht verkehrt gewesen. Die Männer haben da Pinkelrinnen, aber für die weiblichen Besucher hat der Toilettengang auf dieser Seite immer eine Wanderung quer übers ganze Feld oder zurück zum Zelt zur Folge. Und mit dem Köstrizer Bier bin ich auch nach wie vor nicht richtig warm geworden. Das sind meine einzigen, winzig kleinen Kritikpunkte, ansonsten war alles wieder absolut top. Vielen Dank an die Organisatoren! Ich hoffe wir sehen uns 2023 wieder. Die ersten Bands (Kataklysm, Dying Fetus, Midnight, Tribulation, Decapitated, usw.) sind jedenfalls schon einmal sehr vielversprechend!
Dutti: Das Party.San Open Air hat nach meinem Gusto die ideale Grösse. Alles wirkte extrem familiär. Die Organisation funktionierte einwandfrei, die Besucher verhielten sich absolut friedlich, Soundqualität und Abmischung waren mehrheitlich souverän, feines Schwarzbier und Gulasch sorgten für das leibliche Wohl und die Bandauswahl wusste zu überzeugen. Bei diesem Festival liegt der Fokus allgemein ausschliesslich auf der Musik. Da braucht’s keinen unnötigen Firlefanz oder irgendwelche halbpatzigen «Riesenrad-Vergnügungsparks» rundherum. Es ist ebenfalls erfreulich, dass die Veranstalter viel Wert auf den Untergrund legen und diesem speziell auf der Tentstage ausreichend Platz einräumen. Der Wettergott zeigte sich für die diesjährige Ausgabe fast schon unheimlich gnädig. Ich werde dem Flugplatz Obermehler sicherlich eines Tages abermals einen Besuch abstatten. Aber für 2023 möchten meine Crew und ich zuerst einmal auf Abenteuerreise gehen und ein paar für uns neue Festivals entdecken und abklappern.