Metalinside.ch - Excelsis - Hall of Fame Wetzikon 2022 - Foto Friedemann
Sa, 19. November 2022

Excelsis, Dreams in Fragments

Hall of Fame (Wetzikon, CH)
/ 10.12.2022

Von Sagen, Sinfonien und einer leeren Halle

Ein Samstagabend im November und das Hall of Fame in Wetzikon ruft mit einer Doppel-Headlinershow. Die Emmentaler Drachentöter Excelsis sind ausgezogen, um die Menschen mit ihren Sagen an vergangene Zeiten zu erinnern. An ihrer Seite marschieren Dreams in Fragments, das Gepäck gefüllt mit grossen sinfonischen Melodiebögen. Sie sind ausgezogen, um das Zürcher Oberland zu erobern und sie haben leichtes Spiel. Denn niemand stellt sich ihnen in den Weg.

Sagas and Symphonies lautet tatsächlich das Motto des heutigen Konzertabends und vor uns liegen zweimal 75 Minuten an feinstem Metal. Mit uns meine ich die 23 Personen, welche dafür sorgen, dass das Hall of Fame immerhin so gut gefüllt ist, dass an jeder Ecke der Bar und des Mischpults wenigstens eine Person steht. Heute zählt also jeder Gast und neben mir sind auch unser Obermetalinsider pam sowie Friedemann der fantastische Fotograf hier. Schön seid ihr gekommen!

Dreams in Fragments

So lasset die Show beginnen. Dreams in Fragments dürfen als erste ran und ich drücke ihnen fest die Daumen, dass sie soundtechnisch mehr Glück haben, als bei unserem letzten Zusammentreffen letztes Jahr im Böröm Pöm Pöm an ihrer Plattentaufe (den entsprechenden Bericht findet ihr hier). Doch schon bei den ersten Klängen kann ich aufatmen: heute Abend funktioniert alles wunderbar und ich kann an dieser Stelle bereits ein Kompliment an Mischer Fred losschicken, der uns mit klarem, differenziertem Sound verwöhnt (pam: Ja, das kann ich nur unterstreichen, die Abmischung ist top, vor allem auch der Bass kommt ganz stark rüber – definitiv ist der hüpfende Jan ein Aktivposten der Band). Für Dreams in Fragments stehen die Weichen also auf Erfolg. Die treue Rotte Metalheads, die sich aus dem typisch schweizerischen „Publikumskreis“ herauswagt und direkt in der Mitte vor der Bühne steht sorgt zudem dafür, dass die Symphonic Metaller aus dem Oberaargau nicht ganz so in die leere hinaus spielen müssen. Die danken es ihnen umgekehrt mit konzentriertem Spiel und einer sympathischen Show. Wie vor einem Jahr macht „Hey You“ den Einstieg. So mit allen Stimmen hörbar, funktioniert der Song natürlich um einiges besser.

Gleich im Anschluss reisen Dreams in Fragments mit „In Flames“ zurück zu ihrem Debutalbum Reflections of a Nightmare, bevor sich Sängerin Seraina das erste Mal an uns wendet und sich von der leeren Halle rein gar nicht beeindruckt zeigt. Die Anwesenden danken es ihr mit bestmöglichem Mitsingeinsatz bei „We shout again“. Mit einer schön zwischen Reflections of a Nightmare sowie dem aktuellen Silberling When Echoes fade ausgeglichenen Setlist reist die Band mit uns weiter durch ihre Welt voller Melodien. Sehr eindrücklich bleiben „By the Sea Forever“ und „To Avalon“ in Erinnerung. Serainas Kopfstimme weiss wirklich zu überzeugen. Besonders anschaulich wird das im Within Temptation Cover „Paradise“, bei dem sie die Parts mit Bruststimme singt, welche Sharon del Adel im Original übernimmt, während bei den Teilen von Tarja ebenjene Kopfstimme zum Einsatz kommt und da glänzt sie sehr mit ihren Fähigkeiten (pam: Wow, das ist wirklich sackstark. Also grosser Fan sowohl von diesem Song als insbesondere auch von Tarja bin ich deftig heftig beeindruckt. Ich schliess die Augen und höre Tarja. Ein grösseres Kompliment kann ich nicht geben, denn für mich ist und bleibt Tarja die schönste Stimme des Metals). Der Hauptkritikpunkt am heutigen Auftritt bleibt damit, dass die ganzen sinfonischen und elektronischen Elemente, was nicht wenige sind, ab Band kommen. Ein Keyboard auf der Bühne würde Dreams in Fragments in dieser Hinsicht gut zu Gesicht stehen. Doch auch so zeigt sich das Publikum nach dem Abschluss mit „Unireverse“ zufrieden.

Excelsis

Nach einer halbstündigen Umbaupause übernehmen Excelsis und sie greifen das bei Dreams in Fragments entstandene Momentum mit ihrem Folk Metal auf. Der Klang ist immer noch prima, so dass „In Taverna“ nach dem Intro schon richtig schön reinhaut. Die zum Teil durch die halbe Schweiz angereisten Fans wärmen ihre Kehlen ein erstes Mal beim Refrain ein und sind danach bereit für all die kommenden Hymnen. Bereits im Sommer am Mannried Open Air hat sich gezeigt, dass „Münnebärg“ mit seinem sehnenden Kehrreim das Zeug dazu hat, ein richtiger Liveklassiker zu werden. Wenn die Band nicht bereits „Chrieger“ im Repertoire hätte, wäre das ein Wahnsinns Abschlusssong. Doch auch mit seiner frühen Position im Set weiss er seine Stärken auszuspielen, mobilisiert er das Publikum doch nebst Mitsingen zuverlässig zu Hey-Rufen und Kopfschütteln. „drei Brüeder“ und „Bruder Tod“ haben es da nicht einfach, doch auch diese beiden funktionieren problemlos im Livegewand. Bei letztgenanntem kommt Münggus Maultrommel zum Zug und ja, sie ist hörbar. Danke Fred! Natürlich darf heute auch „Maimond“, der Hit vom vorherigen Album nicht fehlen.

Ebenfalls ausgestattet mit einem absolut mitsingtauglichen Refrain zündet er wie jedes Mal. Und wie steht es um die Alten? Also die alten Songs mein ich natürlich. „Uechtland“, „The Chapel“ und „Wissi Bärge“ haben nun auch bald zehn Jahre auf dem Buckel aber fügen sich immer noch nahtlos ins Set ein und bilden einen guten Gegenpart zu den eher im Mid-Tempo angesiedelten Stücken der aktuellen Scheibe. Musikalisch durchaus erkennbar noch in einer früheren Ära verortet, aber deswegen kein bisschen ein weniger guter Song ist „Gwaihir – The Name of a Bird“. Ich finds immer noch super, dass Excelsis den wieder in die Setliste aufgenommen hat und feiere ihn jedes mal total ab. Und natürlich „The Dragonslayer“, der allerdings erst im Rahmen der Zugabe vorbeischaut und auf der Bühne nochmals eine Schippe drauflegt gegenüber der Version auf dem Album. Doch vorher beenden die Emmentaler Drachetöter ihr reguläres Set natürlich mit „Chrieger“. In seiner aktuellen Inkarnation als Konzertabschluss kann er seine Stärken so richtig ausspielen und der nacheinander erfolgende Abgang der einzelnen Bandmitglieder von der Bühne, den wir bereits in Mannried erleben durften, ist eine ganz, ganz gelungene Art und Weise, den heutigen musikalisch äusserst gelungenen Abend zu einem Ende zu bringen.

Das Fanzit – Excelsis, Dreams in Fragments

Wie geht man mit einer spärlich gefüllten, aufgrund ihrer Grösse total leer wirkenden Location um? Dieser Frage müssen sich unzählige Bands stellen (legendär bleibt die diesbezüglich Keith Fay’s „Do we wait for the others or should we begin?“ am Ragnarök Spektakel 2018). Dreams in Fragments und Excelsis haben sich heute Abend dafür entschieden, nicht einfach nur routiniert ihr Ding durchzuziehen, sondern gemeinsam mit dem Publikum alles zu geben und ein richtig gutes Konzert zu spielen. Die 23 Leute im Publikum wussten das offensichtlich sehr zu schätzen, denn die Freude war auf allen Gesichtern ablesbar. Ein grosser Dank gebührt auch dem Hall of Fame als Organisator, der sich nicht beirren lässt, kleineren Shows ebenfalls eine Chance gibt und sich nicht mit Absagen aufgrund logistischer Probleme aufhält. Nächstes Mal dann hoffentlich wieder vor grösseren Reihen, es wäre allen Beteiligten gegönnt.


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 10.12.2022
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