King King - Hall of Fame Wetzikon 2022
Sa, 8. Oktober 2022

King King, déjàvu

Hall of Fame (Wetzikon, CH)
25.12.2022
King King - Hall of Fame Wetzikon 2022

Schottenrock-Blues

Der Kilt tragende Charmebolzen Alan Nimmo gastierte mit seinen Kumpels am Samstagabend in Wetzikon. Auf ihrer Homepage werden King King als «beste Blues-Band der Welt» angepriesen. Ohne Zweifel grosse Worte, die unausweichlich hohe Erwartungen schüren. Ob die Schotten diesen tollen Vorschusslorbeeren am Ende gerecht wurden, könnt ihr gerne den nachfolgenden Zeilen entnehmen.

Aufgepasst: Kalender auf Kollisionskurs! Heute ist wieder einmal einer dieser Tage, an denen man sich problemlos x-fach aufteilen könnte. Verflixt noch eins! Unter anderem zelebrieren Mabon ihre zwei Dekaden umfassende Existenz, die im Muotathal angesiedelten Infinitas dürfen den Support-Act für die helvetischen Metal-Legenden Coroner mimen und im Komplex 457 kommen die Besucher in den Genuss einer Darbietung der Spielleute von Versengold. Meine Wenigkeit schlägt trotz dieser verlockenden Angebote einen anderen Weg ein. Mich zieht’s zu King King in den Hall Of Fame-Club. Die «doppelten Könige» erhielten 2018 die Ehre, als Einheizer für die Europe-Herrschaften (ihr wisst schon, die mit dem «The Final Countdown») durch die Welt zu touren. Genau an einer dieser Veranstaltungen habe ich die dem Blues verfallenen Briten kennengerlernt (siehe Review). Hammermässig, dass mein damaliger Wunsch nach einem Wiedersehen nun erhört wurde.

déjàvu

Apropos «Wiedersehen». Das hängt ja – äusserst salopp formuliert – immer auch irgendwie mit einem «Déjà-vu» zusammen. Und das ist passenderweise just der Name der ersten Band des heutigen Abends (wenngleich mit der leicht abgeänderten Schreibweise «déjàvu»). Das Schweizer Quintett präsentiert der spärlich anwesenden Zuhörerschaft diverse Facetten des Rock-Genres, welche sich über Pop, Alternative bis hin zu Indie erstrecken. Vieles wird durch die kraftvolle Stimme von Sängerin Betty Geissmann getragen. Mit ihrer sympathischen Art schafft sie es dann auch, die zurückhaltenden Gäste nach mehrfachen Aufforderung bis ans Bühnengitter zu locken.

Das Songmaterial der Truppe ist eingängig und erzählt persönliche Geschichten aus dem Leben der Frontdame, was automatisch eine gewisse Nähe und Verbundenheit schafft. Da wäre beispielsweise der Track «Daydreamer», welcher das Gleitschirmfliegen («Paragliding») und die damit verknüpften Gefühle der Freiheit thematisiert. Betty bietet an, dass man ihr nach der Show ungeniert Fragen zu den jeweiligen Liedinhalten stellen könne. Allerdings kann ich noch nicht abschätzen, ob tatsächlich jemand Gebrauch von dieser Sprechstunde bei «Frau Dr. med. Geissmann» machen wird.

Selbst nach ernsteren Themen verlieren die Künstler niemals den Humor aus den Augen. So wird unter anderem engagiert darüber debattiert, ob nun Bassist und Grimassen-Fanatiker Stefan Onitsch oder der langhaarige Philip Suter der grössere «Groupie-Magnet» sei. Zum Abschluss der 40-minütigen Performance erfüllt sich Betty einen langgehegten Traum und klatscht im Vorbeirennen mit der ersten Reihe ab.

King King

Gestern Arbon, morgen Rubigen und heute Wetzikon. King King kosten ihren helvetischen Aufenthalt ausgiebig aus. Begleitet vom aus den Boxen dröhnenden AC/DC-Hit «Highway To Hell» schreiten die Herrschaften zur Tat. Neben Alan Nimmo (Gesang/Gitarre) stehen folgende Akteure im Dienst dieser Mannschaft: Sein Bruder Stevie Nimmo (Gitarre/Hintergrundgesang), Jonny Dyke (Hammond-Orgel und Piano), Zander Greenshields (Bass) und Andrew Scott (Drums). Die ansteckende Spielfreude der Musiker sorgt umgehend ebenfalls für ausgezeichnete Laune. «Mister Kilt» Alan geniesst seine Klampfen-Soli in vollen Zügen. Hoffentlich regt sich da nicht plötzlich im dümmsten Moment irgendetwas unter dem luftigen Kleidungsstück… Bisher ist jedoch keine Gefahr auszumachen. Kennt zufälligerweise noch irgendjemand die TV-Serie «King Of Queens»? Ich hege langsam den Verdacht, dass Doug Heffernan seinen Job als Paketauslieferer an den Nagel gehängt hat und stattdessen vollends auf die Karte «Blues Rock» setzt. Optisch und auch seitens Verhalten sind zwischen der Serienfigur und Alan fraglos einige Parallelen vorhanden.

Das Publikum agiert bei den Mitsing-Abschnitten inzwischen in bisschen aktiver. Das muss dann wohl an der charismatischen Ausstrahlung des Headliners liegen. Der Fünfer hat aber auch schweinegeile Stücke im Gepäck! «Waking Up», «Rush Hour» oder «A Long History Of Love» seien an dieser Stelle einfach einmal stellvertretend erwähnt. Von gemächlicheren Blues-Nummern bis hin zu fetzigen Rock-Angelegenheiten decken die Briten die gesamte Palette ab. Das sind schlichtweg sympathische, bodenständige und humorvolle Kerle, die ihr Handwerk meisterlich beherrschen. Allfällige Sound-Anpassungswünsche werden professionell und mit für die Zuhörer häufig fast nicht erkennbaren Handzeichen oder einem Augenzwinkern in Richtung Mischpult angebracht. Die Rückkehr auf die Bühne sei für sie ein «Heimkommen». Und diese wiedergewonnene Heimat möchten King King zur Freude ihrer Anhänger kaum mehr verlassen. Erst nach rund 100 Minuten und nach der obligaten Zugabe läuten Alan und seine Mitstreiter den wohlverdienten Feierabend ein.

Das Fanzit – King King, déjàvu

Insbesondere der Headliner King King brillierte heute Abend mit feinster Kunst und einem bockstarken Auftritt. Das war packendes «Blues-Kino»! Man darf ebenfalls gespannt sein, wohin die Reise von déjàvu führen wird. Dieser gemütliche Abend im Hall Of Fame hätte jedoch eindeutig noch ein paar zusätzliche Zuschauer verdient gehabt. Vielleicht wird es ja beim nächsten Mal besser respektive voller.


Wie fandet ihr das Konzert?

25.12.2022
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