Nikolai Okunew – Red Metal: Die Heavy-Metal-Subkultur der DDR
O-Stahl-gie
Die ehemalige DDR hatte eine grosse, wenig bekannte Metalszene, dessen Bands heute vom Label GDR-Records wiederentdeckt werden. Viele sind eher für Aficionados und Ostalgiker interessant, aber solche wie Formel 1 oder Plattform brauchen den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Nikolai Okunew hat den «Roten Stahl» als Thema für seine Doktorarbeit gewählt. Er hat mit Zeitzeugen die Vergangenheit ausgegraben, die Jahre als die Mauer noch stand und es scharf geschossen wurde.
Der gebürtige Berliner analysiert und beschreibt auf 352 Seiten gründlich die Entstehung, die Entwicklung und das Ende der grössten DDR-Jugendkultur. Spoiler: Die durchgeführten Interviews hat er im O-Ton niedergeschrieben. Wer also mit Berliner-Schnauze und Co. Mühe haben sollte, der sei gewarnt. Interessant ist auch das Resultat der Auswertung von verschiedenen Archiven und Unterlagen, das spannende und differenzierte Sichtweisen bietet. Was dachten die Metaller-innen über den Staat? Wie sah die Staatsmacht diese Jugendliche? Wie stufte sie sie ein?
Im Laufe der Lektüre schweift der innere Blick über die damaligen Grenzen hinweg, dorthin wo die Erzählenden hinreisen durften oder gerne hingereist wären. Die Seiten zeigen auch Bilder, die dokumentieren, wie das Leben der Metaller-innen in der DDR war, wer sie waren, wie sie waren und welche Träume sie hatten. In vielerlei Hinsicht glichen sie ihren Pendants im Westen, aber in gewissen Punkten waren sie doch völlig anders. Während im Westen Freiheit herrschte, war im Osten der Kampf gegen die Diktatur und ihren Kontrollapparat an der Tagesordnung.
Ach, ja, und was ist mit der Musik? Auch Musiker werden interviewt. Sie erzählen die Geschichten um ihre Bands und einige persönlichen Anekdoten, auch die weniger schönen.
Das Fanzit – Nikolai Okunew – Red Metal: Die Heavy-Metal-Subkultur der DDR
Wer «Red Metal» von Nikolai Okunew liest, saugt dabei eine gewaltige Menge an Wissen auf und lernt einige unbekannte Bands kennen. Im Mittelpunkt steht die DDR-Metal-Subkultur, die durch die sozialwissenschaftliche Linse mit historischem Blick betrachtet wird. Darum ist etwas geschichtliches Grundwissen von Vorteil, ansonsten können die manchmal sehr sachlichen Kapitel schwer zu folgen und verstehen sein.