Eye See You 2022 - Chillout Boswil
Sa–So, 19.–20. November 2022

Eye See You Festival 2022 – Ophelia’s Eye, Lotrify, Expellow u.m.

Chillout (Boswil, CH)
10.01.2023
Eye See You 2022 - Chillout Boswil

Winter Is Coming!

Nein, mit Game Of Thrones hat dieser Bericht nichts am Hut. Trotzdem: Brace yourselves, denn das Eye See You Festival hebt ab! Ein neues Festival aus der Szene und für die Szene. Metalinside war bei der ersten Ausgabe vor Ort.

Wie so oft ist der Besuch eines Events nicht nur ein Entscheid für besagten Event, sondern auch ein bewusster Entscheid gegen andere Veranstaltungen. So hätte man nur schon an dem einen Samstag, dem 19. September, auch Powerwolf, Dragonforce und Warkings in The Hall besuchen können. Im Z7 mit Schandmaul feiern und tanzen. In der Hall Of Fame mit Excelsis und Dreams In Fragments zwei Vertreter der Schweizer Metalszene unterstützen. Mit ein bisschen mehr zeitlichem und finanziellem Budget hätte man sogar an die Ostsee ans Metal Hammer Paradise reisen können. Und dann waren da ja noch der Freitag und der Sonntag…

Oder aber man fuhr nach Boswil und besuchte das neue Eye See You Festival, an welchem dreizehn Schweizer Metalacts das Chillout zum Beben brachten. Wer hinter dem Festival steckt, wieso es als Winter-Edition promotet wurde, was es mit dem Warm-Up auf sich hat, wie die Zukunft des Events aussehen könnte, und vor allem wie sehr die Bands gerockt haben: All das entnehmt ihr den kommenden Zeilen.

Das Festival – Eye See You

Also, was steht an? Das Eye See You Festival fand am dritten November-Wochenende zum ersten Mal statt. Organisiert hat es Corinne Ryter, die Rhythmusgitarristin von Ophelia’s Eye. Insgesamt stehen im Chillout, der kleinen Location neben dem Gasthof Löwen in Boswil (von Metalheads auch liebevoll «Böööswil» genannt) dreizehn Acts an zwei Tagen an. Zudem gab es am Freitagabend noch einen Warm-Up Event in der Metbar im unweiten Lenzburg: mit musikalischer Unterhaltung durch den Guns n’ Roses-Tribute Civil War sowie die Glam Rocker von Smoke ‘n’ Flame und Powerhill.

Besagter Warm Up hat mir nicht allzu sehr zugesagt und auch zeittechnisch wäre das Ganze für mich knapp geworden. Deshalb der Entscheid: Auf Warm-Up verzichten und dafür am Samstag und Sonntag jeweils von A bis Z dabei sein!

Samstag, 19. September

Mitten im Freiamt, mitten im Bünztal liegt Boswil, wo meine Freundin und ich kurz vor Türöffnung ankommen. Am Bahnhof Boswil-Bünzen, um genau zu sein. Schon am Bahnhof kommen wir ganz kurz ins Gespräch mit Musikern von Whiteout. Ob wir auch auf dem Weg ans Trap-Konzert seien… Haha, natürlich! Nach einem nicht mal zehnminütigen Spaziergang erreichen wir den Gasthof Löwen und die daran angebaute Eventlocation Chillout. Erinnerungen werden wach an vergangene Konzerte (Shakra mit Crystal Ball Ende 2016 und Bloodred Hourglass mit Irony Of Fate vergangenen April) sowie an einen Fasnachtsanlass vergangenen Februar. Moll, das Chillout ist ein guter Ort! Noch ahne ich nicht, wie positiv mir auch dieses Wochenende in Erinnerung bleiben wird…

Da wir schon früh hier sind, bleibt uns erst mal etwas Wartezeit. Besucher sind noch nicht wirklich viele hier. Stattdessen sind es vor allem Helfer und Musiker, welche eifrig umherwuseln…

Omissis

Zeitsprung! Mit einem Bierchen verpflegt stehen wir nun vorne rechts vor der Bühne. Für uns wird dies der heutige Stammplatz werden, während die inzwischen zahlreicher anwesenden Besucher vorerst noch ein wenig Abstand wahren.

Eine bunt zusammengewürfelte Truppe betritt die Bühne und legt los. Der britische Sänger Harry zieht von Anfang an viel Aufmerksamkeit auf sich, was wohl nicht nur an seiner Grösse und den umherfliegenden Rastas, sondern auch an seiner Sympathie liegt. Umso bemerkenswerter, als dass doch einer der beiden Gitarristen im orangen Overall, barfuss und mit Metallkette statt Gitarrengurt auf der Bühne umhertanzt…

Weitere Augenfänge sind die rosa Mic-Kabel und das selbstgebastelte Podest aus Metall, in welches das Bandlogo gefräst wurde. Darauf wirkt Harry gleich noch grösser. Es würde mich nicht wundern, wenn die von der Decke hängenden Kronleuchter dieses Wochenende noch Schaden nehmen würden. Doch nicht bei Omissis, resp. dann würde es bestimmt von der Actionkamera eingefangen, die Drummer Cyrill sich vor die Brust geschnallt hat.

Der Job des Openers erweist sich ein weiteres Mal als ein wenig undankbar. Die Stimmung ist noch nicht so richtig beim Publikum angekommen. Doch es gibt eine Ausnahme: Mad respect an den Typen im HAK-Shirt, der non-stop eine Ego-Party feiert. Wie sich später herausstellen wird, steht (resp. sitzt) er morgen selber als Aushilfsdrummer bei Ophelia’s Eye auf der Bühne.

In der Umbaupause kommen wir beim Merch-Stand ins Gespräch mit dem Gitarristen Mulu. Dieser erzählt uns von der Bandgeschichte: Omissis sei noch relativ jung, er habe erst 2019 zusammen mit Cyrill zu musizieren begonnen, und gerade eben sei circa das zehnte Konzert gewesen. Zudem empfiehlt er mir die Band Get The Shot, von welcher er ein Shirt trägt. Danke, definitiv ein guter Tipp!

Setlist – Omissis

  1. Empty Bottles
  2. Parseltongue
  3. Fortitute
  4. The Price
  5. False Idol
  6. Vagabond

Stone Hail

Obwohl das Line Up eher kleinere Bands aufführt, denen die schweizweite Bekanntheit teilweise noch fehlt, kenne ich nur etwa einen Drittel der Gruppen nicht. Omissis war so eine. Mit Stone Hail hingegen durfte ich bereits im Frühling bei der Plattentaufe von Royal Desolation Bekanntschaft machen.

Die Band um den ehemaligen Mad Sox-Fronter A.D. mit seinem charakteristischen Cap sorgt auch heute für einen kurzweiligen Auftritt. Mit ihrem Stil, der irgendwo zwischen Clawfinger und Hatebreed liegen dürfte, bringt die Band schon mehr Bewegung ins Publikum. Vor allem gegen Ende mischen sich die Musiker von Omissis ins Publikum und veranstalten zusammen mit dem HAK-Typen (dieser heisst übrigens Reto) einen Circle Pit.

Einziger kleiner Negativpunkt, der jedoch nicht spezifisch etwas mit Stone Hail zu tun hat: Das Podest für die Drumsets scheint ein wenig schmal geraten zu sein. Schon jetzt, aber auch bei vielen der kommenden Bands, wird sich der eine oder andere China-Ständer mehrfach verabschieden. Jänu!

Setlist – Stone Hail

  1. Wrong Decision
  2. Faked Illusions
  3. Influencer
  4. PWDW
  5. Memories Hurt
  6. Thirsty
  7. What’s Inside
  8. Scott Song

With One Word

Mit With One Word folgt die zweite für mich neue Band. Das Trio nimmt von Beginn viel Platz ein. Zumindest im übertragenen Sinne. Will heissen: Sie wirken ultrapräsent und dominieren den Raum. Das liegt wohl auch ein bisschen daran, dass Vokalist Arran und Gitarrist Lex kaum am Bühnenrand stehen und stattdessen ständig zwischen den seitlichen, leicht erhöhten Boxen hin- und her wechseln. Letzterer, mit Bandana vor dem Gesicht, scheint es zu mögen, mir durch die Haare zu strubbeln, wenn er gerade nur eine Hand braucht. Warts nur ab, du Schlingel, das kann ich auch!

Doch die raumfüllende Atmosphäre ist vor allem auch auf den Sound zurückzufahren! Der Metalcore des Trios ist ganz schön tight! Mal schnell und wütend, mal schwer und langsam. Dazu die bösen Vocals vom fast ausschliesslich englische Ansagen machenden Arran und das abwechslungsreiche Drumming von Schiessbuden-Mann Travis. Lex und Arran scheuen sich auch nicht vor Abstechern ins Publikum, wo sie sich vor allem damit beschäftigen, die noch immer Distanz wahrenden Besucher näher zur Bühne zu drängen. Gut so, da ist noch zu viel Abstand!

Gegen Ende des Gigs bekommen With One Word Besuch auf der Bühne: Für den Song «The Crown» steigt Lukas Villiger von The Kate Effect mit in den Ring, um an den Vocals zu unterstützen. Sehr starke Nummer!

Setlist – With One Word

  1. Lies
  2. Hope To Hell
  3. Barely
  4. Faintheart
  5. Leeches
  6. Cold
  7. Y.T
  8. The Crown
  9. Deadweight

Artifiction

Die Gewinner des Greenfield Band Contests 2020 – Artifiction – sind als Nächstes an der Reihe. Live bin ich den Jungs zum ersten Mal am diesjährigen Greenfield Festival begegnet. Aus den Socken gehauen hat mich ihr Auftritt damals nicht und mein Magen vermeldete Hunger. Und heute?

Ich muss sagen: Zwischen dem Auftritten auf der Eiger Stage und dem heutigen hier im Chillout liegen Welten! Stempelte ich Artifiction damals wohl als ‘just another Core band’ ab, entdecke ich in den Songs heute eine ganz andere Vielschichtigkeit. Das sind wirklich coole Kompositionen, die da vom Stapel gelassen werden! Einzig die Vocals treffen nicht so ganz meinen Geschmack. Aber eben: Geschmacksache.

Setlist – Artifiction

  1. Burn In Colours
  2. Automaton
  3. Sleep
  4. One
  5. Elysian
  6. Opus
  7. Finis
  8. Opaque Eyes
  9. VIVA
  10. Avarice
  11. Sun

Whiteout

Der Name sagte mir lange nichts, und erst in der Wartezeit zwischen Türöffnung und dem ersten Act fällt es mir wie Schuppen vor den Augen: Ich kenne auch Whiteout! Denn erst vor knapp zwei Monaten eröffneten sie im Badener Werkk für Cypecore. In meiner Erinnerung hält sich vor allem Sänger Mike, den es in seiner Lederjacke kaum auf der Bühne hielt und der stattdessen viel lieber durchs Publikum wanderte.

So erstaunt es mich kein wenig, dass ich die anderen Musiker, die wir bereits am Bahnhof trafen, nicht erkannte. Allesamt stehen sie nun ebenfalls auf der Bühne und sorgen für die musikalische Grundlage für Mikes Eskapaden. In Sachen Geschwindigkeit und Musikstil generell kann der Trupp es durchaus mit Whiteout aufnehmen, wobei als nicht zu vernachlässigender Unterschied die vermehrten cleanen Vocals genannt werden dürfen. Die Band hat sogar ‘eigene’ Fans dabei, welche textsicher ins Mikro singen. Ansonsten gilt: Auch Whiteout verstehen es geradezu, den Raum auszufüllen, und auch heute fühlt sich Mike – das liegt vielleicht an seinen herzförmigen Nippelstickern und den Lederriemen, wer weiss – im Publikum schier wohler als auf der Bühne. Dann noch die Szene (ich weiss gar nicht, bei welchem Song das jeweils passiert), in der er im Publikum theatralisch zu Boden geht und seine letzten Lebenszeichen ins Mikro haucht. Sehr stark!

Setlist – Whiteout

  1. HVTE
  2. Love Affair
  3. Sold Down The River
  4. Secret Garden
  5. Broken
  6. Behind Closed Doors
  7. Inner Demons
  8. Malice
  9. God Is Dead

Expellow

Expellow, die Corer aus Zürich, sind jetzt an der Reihe! Vom heutigen Line Up sind sie die einzige Band, die ich nicht erst 2022 entdeckte, sondern bereits 2018 im Vorprogramm von Soulfly. Seither beschränkte sich mein Kontakt mit Expellow auf das gelegentliche Hören ihrer Musik und entsprechend freute ich mich auf das heutige Widertreffen.

Dieses muss jedoch leider noch einen Moment warten. Durch viele kleine Verzögerungen in den Umbaupausen hinken wir dem Zeitplan inzwischen fast eine halbe Stunde hinterher. Bereits jetzt ist klar: Mit dem letzten Zug wird es eng… Als es endlich los geht, beweisen Fronterin Mik und die Jungs, dass auch sie problemlos mit dem bisher auf der Bühne geleisteten Energieniveau mithalten können. Ihre Songs ballern sie ungebremst ins Publikum und die inhaltlichen Mittelfinger-Vibes sind ungefiltert spürbar.

Der kurze Unterbruch, weil dem Gitarristen Nici eine Seite reisst, wird ebenfalls gekonnt überspielt. Er wolle eine Sammelklage gegen den Hersteller aufsetzen; Betroffene sollen sich doch bei ihm melden. Innert Sekunden steht der Gitarrist von Whiteout bereit und bietet seine Gitarre an. Auch Expellow greifen (bei «Chemicals»?) auf Luki zurück, der zuvor ja schon mit With One Word auf der Bühne stand.

Expellow verstehen es, durch ihr kurzweiliges Set zu führen! Viel zu schnell ist dieses vorbei und es ist Zeit für den letzten Act des Tages…

Setlist – Expellow

  1. Your Voice In My Head
  2. Forever Pushing Forward
  3. Cathedrals
  4. Shatterlands
  5. Chemicals
  6. Heavy Rain
  7. We Held The Line
  8. Modern Age Credo
  9. Fuck Shit Up
  10. Purgatory Preacher
  11. Hometown
  12. Hatefueled
  13. Game Insane
  14. In Flames Tonight

Silent Circus

Headliner des Tages! Erst noch am Rock The Lakes (welches dieses Jahr wie auch das Eye See You Festival seine erste Ausgabe feiern durfte) war es ihre Aufgabe, die Bühne zu eröffnen. Okay, das ist auch nicht ganz dieselbe Grössenordnung… Wir erinnern uns: Die Abmischung war – ich zitiere mich selbst – «grottenbeschissen» und auch die Band war alles andere als erfreut darüber. Trotzdem machten sie das Beste daraus und präsentierten ihre erfrischende Interpretation von Modern Metal. Wie sich das unter besseren Bedingungen präsentiert?

Ohne die riesige, unüberwindbare Hürde einer schlechten Abmischung – die Verantwortlichen am Mischpult machen schon den ganzen Tag einen guten Job –, ist es, als würde eine andere Band vor uns stehen. Mit der nötigen Power, um den heutigen Tag abzuschliessen, steigen sie in die letzte Runde. Spannungsaufbau durch coole Gitarrenriffs, sauber gespielte Basslines, geradlinige Rhythmen mit viel China-Einsatz, der eine oder andere Breakdown… Die instrumentale Abteilung überzeugt von A bis Z! Am Mikro mischen sich Growls mit Klargesang, wobei es nach meinem Geschmack klar mehr von ersteren und weniger von letzteren geben dürfte.

Dann zeichnet sich ab, was kommen musste: Der Zeitplan war absichtlich so ausgerichtet, dass zwischen Konzertende und den letzten Verbindungen ab dem Bahnhof Boswil-Bünzen eine Halbstunde Zeit bleibt. Mit den Verzögerungen in den Umbaupausen schrumpfte diese Reserve jedoch Minute um Minute, und wir müssen uns vor dem letzten Song auf den Weg machen, um unseren Zug zu erwischen. Dabei sind wir weit nicht die einzigen: Nein, der Menge an schwarzgekleideten Metalheads auf dem Weg zum Bahnhof nach zu urteilen, spielen Silent Circus ihr Set vor einem Bruchteil der Besucher zu Ende. Naja, wir hoffen, dass es trotzdem noch einen guten Abschluss gab. Morgen kann dies zum Glück nicht passieren, denn das letzte Konzert soll bereits um 21 Uhr enden.

Setlist – Silent Circus

  1. Burning Down
  2. My Return
  3. Surrender
  4. Hear Me Out
  5. Never Go Down
  6. Into The Silence
  7. Save Myself
  8. Affection
  9. Breathing
  10. Today
  11. Once Again
  12. Inner Voice

Sonntag, 20. September

Neuer Tag, neues Glück. Ääh… neuer Tag, neue Bands! Heute stehen nochmals sechs Acts auf der Bühne im Chillout. Türöffnung und Beginn sind bereits zwei Stunden früher angesetzt als gestern, und so stehen wir circa um halb zwei wieder vor der Bühne – wir zügeln unseren Stammplatz auf die linke Seite – bereit, um die heutigen Bands zu feiern. Für mich gibt es heute mehr Neues zu entdecken als gestern: drei neue Bands, zwei Bands, die ich zwar kenne, aber noch nie live sah, und nur eine Band, die ich schon 2021 kennenlernte. Doch alles der Reihe nach…

Delusion Of Mankind

Noch während wir vor der Bühne auf den ersten Act warten, bemerken wir die Fans, die vor dem Bühnenrand bereitstehen und auf Delusion Of Mankind warten. Halt, Missverständnis! Das sind nicht gar nicht Fans, das ist die Band höchstpersönlich, die den Zeitpunkt abwartete, um die Bühne zu stürmen…

Die Band aus der Region Basel mit ihrer Sängerin aus Lörrach sind ready, um den Tag zu eröffnen. Ganz im Gegenteil zum Publikum, welches den Saal heute weit weniger gut ausfüllt als gestern. Doch Delusion Of Mankind lassen sich davon nicht beeindrucken und brettern ihren Melodic Power Thrash – wie sie ihre Musik selbst bezeichnen – in die Leute.

In nur sechs Songs schafft es der heutige Opener, uns eine diverse stilistische Bandbreite sondergleichen zu präsentieren. Ganz gut gefallen mir dabei die thrashigen Seiten (Saiten), die gegen Ende aufgezogen werden. Auf ihrer Homepage wird die Band später schreiben: «Zwei davon [es geht um neue Songs] konnten am 20.11.2022 beim Auftritt am Eye See You-Festival in Boswil präsentiert werden. Die Reaktionen waren durchwegs positiv und man beschloss für 2023 neue Aufnahmen & Veröffentlichungen einzuplanen». Ich bin gespannt!

Setlist – Delusion Of Mankind

  1. Notions Of Dreams
  2. Faces In The Crowd
  3. Dead End
  4. Far Away From…
  5. They Live!
  6. Stay In Silence

Wazzara

Wazzara kenne ich vom Namen her. Mehr nicht. Zum Glück ändert sich das heute! Man merkt gut, dass wir uns am zweiten Festivaltag stilistisch nicht mehr in der Ecke von Metalcore / Alternative Metal bewegen. Ging es vorher noch melodiös-thrashig zur Sache, wird es jetzt atmosphärisch. Die Wechsel zwischen den nachdenklich stimmenden, wunderbar tiefgängigen Stellen, in denen vor allem Fronterin Babs glänzt, und den wilderen, teilweise sehr gitarrenlastigen Parts sind gewöhnungsbedürftig, aber fallen mir positiv auf und bleiben in guter Erinnerung. Definitiv eine der Bands, die ich intensiver auschecken werde!

Setlist – Wazzara

  1. Solanum
  2. Ancestral Bonds
  3. Obsidian Skies
  4. Wolfmoon
  5. Maenic
  6. Inwards
  7. Zessa
  8. No Hope In Sight

Dreams In Fragments

Auch der dritte Act des Tages wird von einer Frau angeführt. Die Band um Seraina Schöpfer – Dreams In Fragments – habe ich schon ewig auf dem Schirm, doch für eine Live-Begegnung hat es irgendwie nie gereicht. Zum Glück ändert sich das jetzt!

Die Songs von Dreams In Fragments sind mir nicht wirklich unbekannt. Zu oft haben diese ihren Weg bereits in meine Gehörgänge gefunden. Das anfängliche «Hey You» zeigt stellvertretend, was uns nun ein Set lang erwartet: Bombastischer Symphonic Metal mit wenig, aber passend eingesetzter Double-Bass, sich zurückhaltenden, an den richtigen Stellen hingegen fast schon ausufernden Riffs, in Richtung Oper tendierendem Gesang sowie schönen Kontrasten durch die männlichen, angenehm tiefen Vocals.

Beim jetzigen Gig kommt es zu einem weiteren Gastauftritt: Für «To Avalon» betritt Babs von Wazzara erneut die Bühne und performt – wie schon bei der Studioaufnahme – zusammen mit der Band. Mit ins Set schaffen es zudem zwei Covers: Zum einen spielen Dreams In Fragments die Kollaboration «Paradise (What About Us?)» von Within Temptation und Tarja. Dass Seraina beide Stimmen gleich selbst übernimmt, beeindruckt – vor allem wenn man den Song und die beiden Original-Sängerinnen kennt. Später gibt es dann noch – und jetzt ist Eskalation angesagt – «Digital World» von Amaranthe. Wie auch schon gestern in der Hall Of Fame (Impressionen von Raphi, pam und Friedemann) überzeugen Dreams In Fragments auf ganzer Linie und machen Lust auf künftige Konzerte.

Setlist – Dreams In Fragments

  1. Hey You
  2. By The Sea Forever
  3. Nightchild
  4. To Avalon
  5. Paradise (What About Us?) (Cover: Within Temptation)
  6. Rage And Fire
  7. Digital World (Cover: Amaranthe)
  8. Own The Night
  9. Unireverse

Devils Rage

Devils Rage. Mir völlig unbekannt, doch meine Freundin schwärmt schon das ganze Wochenende. Während ich im Mai in The Hall war, um Meshuggah und Zeal & Ardor zu bestaunen (und darüber zu berichten), begab sie sich nämlich in der Metbar auf Entdeckungsreise mit Devils Rage.

Die Jungs auf Sursee sehen schon so aus, als würden sie mit ihrem schnellen Death Metal keine Gefangenen machen. Dieser Eindruck bestätigt sich ab Sekunde 0: Alle fünf Mähnenträger geben Gas, als gäbe es kein Morgen. Gibt es ja zumindest aus Festivalperspektive auch nicht! Dabei ist das von ihnen gezeigte Todesmetall nicht einfach plump brutal, wie man es dem Subgenre teilweise vorwerfen könnte, sondern baut geschickt Melodien ein. Songwriting? On point! Nach acht Songs bleibt mir nichts anderes, als meiner Freundin Recht zu geben.

Setlist – Devils Rage

  1. Be Yourself
  2. Mirror’s Game
  3. Lost In Prison
  4. Isolation
  5. Ignorant Know-It-All
  6. Stupid
  7. Exit
  8. Nothing Left

Ophelia’s Eye

Es ist so weit! Corinne, dein Einsatz für das Festival ist grösstenteils getan, und dies hervorragend, und jetzt musst du kurz deine Vertretung ranlassen. Denn deine Band braucht dich auf der Bühne…

Ophelia’s Eye ist heute die einzige Band, mit welcher ich bereits Bekanntschaft schloss. Dies sogar zweimal: einmal im August 2021 in der Metbar, und dann im Frühling an der Plattentaufe von Royal Desolation, welche ich schon im weiter oben bei Stone Hail verlinkt habe. Beide Male verblüffte mich die nach Hoffmanns «Der Sandmann» benannte Gruppe mit einer gnadenlosen Live-Energie. Auch heute schaffen sie es problemlos, zu den bereits gehörten Bands aufzuschliessen. Dass Aushilfsdrummer Reto, der die Publikumsbewegung betreffend übrigens auch heute ganze Arbeit geleistet hat, nun auf der Bühne sitzt statt davor zu stehen, wird dabei von den inzwischen etwas zahlreicher anwesenden Besuchern kompensiert.

Auch heute ist mein persönliches Highlight wieder – und dies hat nichts mit ihrer Rolle als Veranstalterin zu tun, denn das schrieb ich bereits im April – das von Corinne geschriebene «I’m Explosive». Kennt ihr nicht? Reinhören!

Setlist – Ophelia’s Eye

  1. Ophelia’s Eye
  2. Speak Words Of Destruction
  3. The Demon Behind My Mind
  4. Fuck My Trust
  5. Fight For Us
  6. I’m Explosive
  7. Hopeless World
  8. My Honor
  9. Human Abyss

«Wer blastet was?»

In der letzten Pause fallen uns zwei Typen mit Recorder auf. Werden da etwa heimlich Auftritte mitgeschnitten? Nein, natürlich nicht! Es handelt sich bei den beiden Jungs um Josh und Brian, die ihr vielleicht durch ihren Podcast «Josh & Brian – Wer blastet was?» kennt. Sie sind schon das ganze Wochenende hier und führen Gespräche mit Corinne, den Musikern und Gästen, um das Ganze dann zu einer Spezialausgabe zusammenzuschneiden. Auch wir werden dann kurz nach unserer Meinung gefragt…

Den Podcast kann ich übrigens durchaus empfehlen, wenn man sich für die Schweizer Metalszene interessiert – sofern ich das nach den wenigen Folgen, die ich bereits gehört habe, beurteilen kann. Darin erfährt man z. B., dass Josh früher bei With One Word die Basssaiten zupfte. Aber das konnte ich weiter oben ja noch nicht erwähnen, da wir die beiden Podcaster erst heute wahrgenommen haben…

Auf jeden Fall habe ich den Eye See You Special noch vor mir und bin gespannt darauf, ihn endlich zu hören!

Lotrify

So, auf zum Endspurt! Für die musikalische Unterhaltung wird niemand anderes als Lotrify verantwortlich sein! Die Badener Band, welche unser Land am Wacken Open Air 2018 am Metal Battle vertrat, ist wahrlich kein unbeschriebenes Blatt!

Mit richtig viel Spielfreude setzen die Jungs an, um das Chillout ein letztes Mal – zumindest für dieses Wochenende – zum Beben zu bringen. Neben den ‘normalen’ Gästen schleichen sich auch die Musiker einiger der heute anwesenden Bands in die Pit-Region und verhelfen Lotrify zur totalen Eskalation. Das heisst, Moment… Von totaler Eskalation kann noch nicht von Anfang an die Rede sein. Anfangs sticht der Auftritt noch nicht wirklich aus dem gesamten Line Up heraus. Nicht, weil Lotrify ihren Job nicht gut machen würden, sondern weil jede einzelne Band sehr stark abgeliefert hat. Doch als auf die Zugabe noch eine Zugabe folgt, und noch eine Zugabe, und dann noch «Maria (I Like It Loud)» von Scooter zum Abschlusssong gekürt wird… DANN ist die Einteilung in die Kategorie «totale Eskalation» absolut angebracht!

Aus, fertig, vorbei! Irgendwann – es ist inzwischen weit nach 21 Uhr – legt auch der letzte Musiker sein Instrument weg. Da wir alle noch Bock haben, dreht der DJ die Musik ab Konserve auf. Es wird gemosht, gelacht und bei einem gemütlichen Bierchen auf die vergangenen zwei Tage zurückgeblickt. Nach einem Weilchen machen wir uns auf den Weg nach Hause. Eigentlich angenehm, wenn man am Sonntagabend nicht erst um Mitternacht, ein Uhr oder gar zwei Uhr zuhause ist…

Setlist – Lotrify

  1. Close To Distant
  2. Bleed Alone
  3. Left Behind
  4. Dreams Of Mine
  5. Prophecy
  6. End Of The Line
  7. Sad But Nothing
  8. Floating Fall
  9. Clashing Bones
  10. Fragments
  11. Bring It Away Now
  12. Maria (I Like It Lout) (Cover: Scooter)

Das Fanzit – Eye See You Festival 2022

Juhui, ein weiteres Festival in der Schweiz! Die beiden Tage im Chillout Boswil am Eye See You kann ich aus Besucherperspektive als vollen Erfolg verbuchen. Dreizehn Bands haben während zwei Tagen richtig stark abgeliefert. Ausnahmslos! Dabei habe ich einige neue Perlen für mich entdeckt (Omissis, With One Word, Wazzara), bekannte Bands zum ersten Mal gesehen (Dreams In Fragments), oder – gerade im Vergleich zum Rest – altbekannte Stimmungsgaranten (Expellow, Ophelia’s Eye) abgefeiert. Der Fokus dieser ersten Ausgabe auf Schweizer Bands (man könnte das Wochenende als «von der Szene für die Szene» beschreiben) hat sich als goldrichtig erwiesen!

So richtig, dass sich das Eye See You in meinem Teil des Metalinside-Jahresrückblicks auf den Top 1 Platz in der Kategorie «Festival des Jahres» geschlichen hat. Die Konkurrenz war hart: Nach der Zwangspause endlich wieder auf dem Kreuzfahrtschiff (Full Metal Cruise) oder Flugplätzen (Greenfield und Rockharz) abzufeiern, war 2022 sehr willkommen. Die Woche auf dem Holy Ground in Wacken hätte in Sachen Line Up gewonnen, das Brutal Assault in Tschechien erwies sich als wunderbar durchorganisierte und für Schweizer Verhältnisse günstige Gelegenheit fürs Feiern von Extreme Metal, der Dorffest-Charakter des Skaldenwolf Festivals mit einer Wahnsinnsshow von Ingrimm hat eine Reise von hunderten Kilometern gerechtfertigt, und mit dem Rock The Lakes ist ein neuer Player in den Ring der Schweizer Festivals gestiegen.

Doch die familiäre Atmosphäre im Chillout, in welcher die Bands vor und nach dem eigenen Auftritt mit den anderen Bands mitfeierten sowie die gute Organisation haben das Zünglein an der Waage zugunsten des Eye See You Festivals entscheiden lassen.

Im Gespräch sowohl mit Corinne als auch mit ihrem Mann habe ich einige Hinweise auf die Zukunft von Eye See You erhalten. Die Worte «Winter Edition» schreien ja geradezu danach, dass es zukünftig auch ein Sommerfestival geben dürfte… Für 2023 ist jedoch vorerst eine weitere Winterausgabe vorgesehen. Die Ankündigung der Daten und vielleicht auch von ersten Bands wird in den ersten Wochen des Jahres folgen. Seid gespannt!


Wie fandet ihr das Festival?

10.01.2023
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