Wir wollten schon immer gute Anliegen in unseren Songs verpacken…
Infinitas veröffentlichen am 11. Januar „Kratos“, ihre erste Single mit Mary Crane als Sängerin. Da bietet es sich an, mal bei der Band nachzufragen, was denn so hinter dem Song steckt, welchen Stellenwert Singles in der heutigen Zeit überhaupt haben und ob denn auch ein Album damit verknüpft ist.
In einem Gespräch mit der ganzen Band per Videoanruf konnte ich nicht nur die Antworten auf meine Fragen ergründen, sondern mich auch einmal mehr davon überzeugen, dass sich Infinitas einfach aus sympathischen Menschen zusammensetzt. Nachfolgend lest ihr die niedergeschriebene Version des rund dreiviertelstündigen Gesprächs.
Metalinside.ch (Raphi): Der Release eurer neuen Single „Kratos“ steht an und ich nehme an, ihr freut euch darauf…
Alle durcheinander: Jaaaaa!
Mary: (grinsend) Es ist gerade so eine Mischung aus leichter Angst vor dem Releasetermin und dem Wunsch, dass dieser bereits heute wäre.
MI: Wie lange ist der Song denn bereits fertig?
Selv: Komponiert haben wir ihn an Neujahr 2020 im Anschluss nach Infernum (Anm. d. Red: dem letzten Album von Infinitas zu dem ihr hier das Review findet), was auch seinen Arbeitstitel „Nüüjahr“ erklärt. Infolge des Besetzungswechsels kam es zu einigen Verzögerungen, so dass wir vor ungefähr einem Jahr die Pre-Production fertigstellen konnten. Im letzten August waren wir schliesslich im Studio, um ihn aufzunehmen und vor ungefähr zwei bis drei Monaten war dann der Mix fertig. Wir waren also ziemlich lange schwanger mit diesem Baby (lacht).
Savannah: Für den Release haben wir dann natürlich geschaut, wann ein guter Zeitpunkt wäre.
MI: Da seid ihr ja nun auf den 11. Januar gekommen, doch wie viel Vorlauf habt ihr für die ganze Promoarbeit benötigt?
Piri: Weil der Entstehungsprozess so lange gedauert hatte, wollten wir den fertigen Song plus das Video in der Hand haben, bevor wir mit den Ankündigungen beginnen. Wir haben uns viel Zeit für den Song genommen, einfach weil er es auch verdient hat. Ausgehend von dieser Erfahrung wollten wir erst einen Releasetermin ankündigen, als wir sicher waren, dann auch bereit zu sein. Das ganze Drumherum kam dann erst, nachdem wir das Datum festgesetzt hatten. Dafür haben wir uns ungefähr einen Monat Zeit genommen.
MI: Nachdem du den Song gerade angesprochen hast: Handelt es sich dabei eigentlich um eine eigenständige Single oder eine Auskopplung aus einem zukünftigen Album?
Mary: Er wird schon Teil eines zukünftigen Albums sein.
MI: Und weshalb ist gerade „Kratos“ das erste Lebenszeichen davon geworden?
Mary: Der Song ist einfach die perfekte Mischung aus sanften und harten Aspekten. Auf dem Album werden wir härtere Songs haben aber auch solche, die mehr in Richtung Balladen tendieren. „Kratos“ ist ein guter Querschnitt, der sich als erstes Lebenszeichen einfach anbietet.
MI: Ist es also der archetypische Infinitas-Song?
Piri: Ich hab das Gefühl, dass einige andere noch typischer Infinitas sind. Aber die kommen dann später.
Savannah: Wir haben einfach beim Spielen von „Kratos“ gemerkt, dass der als erster raus muss. Weshalb kann man im Nachhinein gar nicht so genau sagen.
MI: Er passt auf jeden Fall musikalisch gut als Single und transportiert zudem eine vorwärts gerichtete Message, die euch wichtig ist. Könnt ihr als positiv eingestellte Menschen gar nicht anders als einen Song mit einer solchen Aussage auszuwählen?
Mary: Also der Song an sich ist ja schon tragisch und wütend. Man könnte den Song daher durchaus negativ auffassen, aber wir möchten ihn als Botschaft verwenden, um die Leute zum Nachdenken anzuregen. Alle unsere Songs sollen die Leute dazu bringen, weiterzukommen, sich in den Texten wiederzufinden, vielleicht mit unseren Songs etwas durchzumachen. „Kratos“ handelt davon, dass Wut, nachtragende Gefühle und Rache einfach niemandem etwas bringen. Es vergiftet einem vielmehr selber. Akzeptieren und keine Rache ausüben, das ist tatsächlich positiver.
Selv: Wir wollten schon immer gute Anliegen in unseren Songs verpacken anstelle über Tod und Verderben zu singen, wenn wir schon die Möglichkeit haben, so viele Menschen zu erreichen.
MI: Dann drück ich euch auf jeden Fall die Daumen, dass die Single von ganz vielen Personen gehört wird. Was bedeutet denn eine solche Single als dem Namen entsprechend singulär veröffentlichter Song in der heutigen Zeit?
Savannah: Heute ist der Musikmarkt viel stärker auf Singles ausgerichtet, auch wenn das im Metal vielleicht noch etwas anders ist. Es führt auf jeden Fall dazu, dass ein einzelner Song viel mehr Aufmerksamkeit erhält.
Piri: Wir haben das vor dem Release intern mal diskutiert und zwei von uns hören Musik eher im Albenkontext, während die anderen zwei Lieder eher single-mässig hören. Als Band wollten wir dann den aktuellen Gewohnheiten Rechnung tragen und auf überdurchschnittlich viele Singles setzen. Das Album kommt dann aber schon noch.
Mary: Das Problem mit Alben ist halt, dass es das nach der Veröffentlichung aller Songs auf einen Schlag auch bereits wieder gewesen ist und bereits die nächsten Veröffentlichungen anderer Künstler erscheinen. Mit den Singles können wir diese Songs einzeln an die Welt herantragen. Mir gefällt der Gedanken, dass wir noch weitere „Babies“ grösser machen können und die Möglichkeit nutzen, sie schön zu präsentieren.
Selv: Das widerspiegelt sich auch auf Streamingplattformen wie Spotify. Spotify ist eigentlich von der Funktionsweise her eine Social Media Plattform. Was du dort hochlädst, kommt oben rein und wandert dann nach unten wie auf Facebook. Wenn du dort ein Album einstellst, interessiert das nach zwei Wochen keinen mehr, weil einfach die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen heutzutage sehr kurz ist. Da überforderst du deine Hörer mit einem stündigen Musikwerk einfach ein wenig. Wir versuchen alle Hörgewohnheiten zufrieden zu stellen: mit den Singles die moderneren, mit dem Album die klassischen.
Piri: Aus diesem Grund haben wir bei unserer Marketingstrategie auch stark auf diese Reels gesetzt, in denen bereits der Refrain teilweise zu hören ist. Früher hätten wir uns stark dagegen gesträubt, auch nur schon ein kleines bisschen Refrain zu zeigen. Doch wir haben gelernt, dass du den Leuten besser etwas vom Refrain gibst in der Vorschau. Wenn der Song dann erscheint, haben sie diesen Teil schon zehnmal gehört und finden ihn hoffentlich toll. Ansonsten kann es durchaus passieren, dass sie den Song gar nicht bis zum Refrain hören und bereits vorher gelangweilt weiterklicken.
MI: Ich frag euch sonst gerne beim nächsten Interview, ob es funktioniert hat. Auf jeden Fall tönt es für mich danach, dass Singles tatsächlich einen sehr hohen Stellenwert haben. Kümmert man sich als Band denn heute auch anders darum? Ihr habt immerhin extra für einen digitalen Release ein Cover entworfen.
Piri: Auf jeden Fall. Wir behandeln die Singles beinahe wie ein einiges Album. Das schliesst natürlich die dazugehörigen Videos ein aber auch das Cover, an welchem die Spotifynutzer sicher ihre Freude haben werden.
MI: Bleiben wir doch gleich noch beim Cover-Artwork. Von wem stammt es und was stellen die beiden Figuren darauf dar?
Mary: Selv erklärs du. Er hats gemacht. (grinst)
Selv: Ja, ich habs gemacht. Es zeigt eigentlich den Inhalt des Videoclips. Die beiden Figuren sind auch Ausschnitte aus dem Clip selber. Der kriegerisch ausgerüstete Mann repräsentiert den „richtigen“ Kratos und derjenige vor ihm in der Höhle stellt Kratos Inneres dar. Es geht um den Kampf im Inneren wie auch im Äusseren, und dass die äusseren Konflikte aus dem Inneren kommen, was wir auch im Video erzählen.
Piri: Deshalb trägt derjenige innen auch keine Rüstung, sondern ist nackt. Eben so wie jeder in seinem Inneren ist.
Mary: Die Höhle ist ein Symbol für eine Art Zwischenwelt in der dein inneres Ich wohnt. Dort ist es bisweilen dunkel, gibt aber auch Licht und manchmal beides gleichzeitig.
MI: Jetzt habt ihr mehrmals das Video angesprochen. Das feiert seine Premiere in einem Kino. Genauer gesagt im Kino Muotathal. So etwas ist mir aus dem Metalbereich bisher nicht bekannt. Wie seid ihr denn auf diese coole Idee gekommen?
Mary: Ich glaube das war ich, denn wir wollten sowieso noch einen Event machen für all die Leute, welche am Video mitgearbeitet oder darin mitgespielt hatten. Da dachte ich, es wäre doch toll, wenn sie das Video an diesem Anlass auch sehen könnten und da unser Bandraum dafür viel zu klein wäre, kam dann das Kino Muotathal ins Spiel.
Piri: Wir hatten eine ähnliche Idee schon mal vor drei Jahren, aber damals war das alles noch zu etwas gross. Bei diesem Release ist es nun angebracht und passt. Diese Premiere unterstreicht auch die Wichtigkeit des Songs und hat schon einiges an Resonanz erzeugt. Bis jetzt haben sich etwas mehr als 75 Leute angemeldet – darunter sogar welche aus dem Ausland – und wir freuen uns sehr auf den Anlass. Wir wollen uns an diesem Anlass richtig Zeit nehmen für die Fans und das ganze etwas zelebrieren.
Selv: Was du angesprochen hast, Raphi, hat uns ebenfalls angespornt: dass das noch niemand gemacht hat. Viele Leute haben so reagiert und dieses Ausprobieren einer neuen Idee zeichnet Infinitas auch ein wenig aus.
MI: Das kann ich mir vorstellen. Nur schon aufgrund der Anmeldung. Ich war schon an manchem Konzert, an dem um einiges weniger als 75 Personen anwesend waren. Wir sind übrigens schon fast durch mit den Fragen. Könnt ihr uns noch einen Ausblick auf die Zukunft geben?
Mary: Nächste Single, nächstes Video! (grinst)
Piri: Wir möchten in einem gesunden Abstand ein zweites Lied mit Mary am Gesang veröffentlichen. Dann haben die Fans von Infinitas schon zwei Dinge, mit denen sie sich anfreunden können. Durch den Sommer hindurch sollen noch mehr Singles erscheinen und danach dann das Album. Zudem sind wir mit unserer neuen Booking Agency daran, wegen Konzerten zu schauen. Wir spielen auf jeden Fall mehrere Konzerte dieses Jahr, mehr dazu folgt bald.
MI: Das sind doch mal gute Aussichten. Damit wären wir bei der letzten Frage angelangt: wie können die Fans Infinitas am besten unterstützen?
Mary: Für den Release wäre es sicher toll, wenn ihr weitererzählt, dass wir „Kratos“ herausgebracht habt und die entsprechenden Informationen teilt. Wir haben zudem eine Supportercard, die ihr auf unserer Homepage erstehen könnt.
Piri: Zusätzlich zum digitalen Release gibt es auch einen physikalischen Release, das Kratos-Handout. Es handelt sich um eine Art Booklet mit Downloadcode, Photos und Text. Das könnt ihr bei uns im Shop bestellen, wenn ihr helfen möchtet. Was uns ebenfalls sehr hilft ist, wenn ihr den Song auf den digitalen Plattformen ganz anhört und nicht bereits in der Hälfte skippt. Sonst interpretiert die Plattform, dass das Lied nichts taugt und es kriegt weniger Reichweite. Wenn ihr also Zeit habt dafür, hört ihn euch bis zum Schluss an. Am besten gleich zweimal. (lacht)
Selv: Und ganz klassisch Shirts oder Alben kaufen hilft natürlich auch…
Savannah: …ebenso wie Konzerte von uns besuchen. Da haben wir fast am meisten Freude daran.
Piri: Wir möchten uns an dieser Stelle auch noch bedanken bei allen, die Infinitas bereits unterstützen! Das betrifft insbesondere unsere Supporter, die sich Zeit nehmen, um uns zu unterstützen aber auch einfach alle, die unsere Musik gerne hören und Freude daran haben. Es ist toll, dass es Leute gibt, denen gefällt, was wir hier machen.
MI: Das ist doch ein schönes Schlusswort. Ich bedanke mich bei euch für die Zeit und freue mich auf die Videopremiere von „Kratos“ im Kino Muotathal.