Nebelschwaden über Wetzikon
Viele sind zuletzt daran gescheitert, doch der Meh Suff!-Crew ist es endlich gelungen, die polnischen Schwarzmetaller Mgła zu einem Auftritt in die Schweiz zu locken. Als Unterstützung haben die Kapuzenträger gleich noch ihre Landsleute von Mord’A’Stigmata und die aus Neuseeland stammende Todeswalze namens Ulcerate mit ins Boot geholt. Als Austragungsort figurierte der Hall Of Fame-Club in Wetzikon.
Dass das heutige Konzert im Zürcher Oberland überhaupt stattfinden darf, ist freilich keine Selbstverständlich. Vorwürfe des Rechtsextremismus und Boykottaufrufe sind – bedauerlicherweise – häufige Begleiterscheinungen bei der Truppe Mgła. Zuletzt poppte die ganze Thematik 2019 abermals gehörig auf. Die Musiker selbst haben sich bereits diverse Male von diesen Geschichten distanziert. Es ist generell ein schwieriges Terrain, zu welchem jeder von uns eigene Ansichten und Meinungen vertritt. Dass das Internet als Quelle sowieso stets mit einer gewissen Vorsicht konsultiert werden sollte, dürfte allen fraglos bekannt sein, oder? Ich möchte den Bericht jetzt auch nicht ungewollt zu irgendeiner Politplattform machen… Fakt ist, dass ich als Fan den jeweiligen Veranstaltern ein gewisses Vertrauen entgegenbringe und darauf baue, dass sie ihre Hausaufgaben bezüglich Booking machen. Ansonsten hätten Mgła wohl kaum bei renommierten Kalibern wie einem Dark Troll Festival oder einem Summer Breeze Open Air auftreten können.
Nach diesem wahrscheinlich zu ausschweifenden Intro gehört der Fokus in den kommenden Zeilen ausschliesslich der Musik – versprochen! In der schwarzmetallischen Gemeinde erfreuen sich die Nebel liebenden Nazgûl aus Krakau einer immensen Popularität. Diverse ihrer Stücke – wie beispielsweise «Exercises In Futility V» – geniessen einen hohen Stellenwert und haben viele Anhänger geprägt. Aufgrund dessen rechne ich, trotz «Montags-Blues», mit einem anständigen Besucheraufmarsch in der «Ruhmeshalle» von Capo Pasquale. Meine Equipe und ich genehmigen uns zuerst einen Umtrunk am Tresen und beschliessen im Anschluss, dass das verfrühte Erledigen des Merchandise-Shoppings keine allzu doofe Idee wäre. Schliesslich haben wir sogar ein paar Bestellungsaufträge von Daheimgebliebenen erhalten. Diese wollen natürlich allesamt wunschgemäss erfüllt werden. Wozu hat man den sonst bitteschön tolle Freunde?
Mord’A’Stigmata
Zum Auftakt dürfen wir uns mit einer Mischung aus Post-Black und Avant-garde Metal auseinandersetzen. Die in der im Süden Polens gelegenen Stadt Bochnia domizilierten Akteure legen eine solide Darbietung hin und erzeugen dabei eine einlullende Atmosphäre. Vor drei Jahren bin ich der Truppe zum ersten Mal begegnet – und zwar am Dark Troll Festival auf der Burgruine Bornstedt. Klampfer Static, der gelegentlich auch das Keyboard bedient, gleicht optisch zweifelsohne dem typischen, osteuropäischen Filmbösewicht. Sollte es mit der Musik eines Tages nicht mehr harmonieren, hätte er somit eine Alternative in der Hinterhand. Derweil stellt Drummer Ygg wegen seines weissen Shirts definitiv das erhellende Element der ansonsten düster ausgerichteten Formation dar.
Ulcerate
Die nächsten Protagonisten halten der Avant-garde-Schiene zwar die Treue, schicken aber zusätzlich noch eine kräftige Ladung Technical Death Metal ins Rennen. Klingt auf dem Papier diskussionslos vielversprechend, aber in der Realität bleibt der Mix leider hinter den Erwartungen zurück. Vereinzelt sind gute Ansätze erkennbar, aber mir persönlich fehlt der oft zitierte «Wow»-Effekt. Möglicherweise würde eine zweite Gitarre da bereits Abhilfe schaffen. Immerhin sitzen die Doublebass-Salven und der Gesang ist ebenfalls bitterböse. Eventuell können mich die Neuseeländer ja in ferner Zukunft im Rahmen einer zweiten Chance vollends von sich überzeugen.
Mgła
Die volle Hütte wartet gespannt auf den Headliner. Dieser schreitet schliesslich um 21.30 Uhr zur Tat und versetzt die Massen von Beginn weg ins Staunen. Der druckvolle Sound lässt niemanden kalt und erfüllt die anwesenden, düsteren Seelen mit Stolz. Die für Mgła ungewohnt gnädigen Lichtverhältnisse gewähren uns eine exzellente Sicht auf das Treiben auf der Bühne. Dieser Umstand dürfte auch die Fotografen jubeln lassen. Ansonsten verstecken sich die ebenfalls im Süden Polens (Achtung: Nicht zu verwechseln mit dem Südpol!) lebenden Künstler nämlich bevorzugt hinter dichten Nebelschwaden und wahren dabei ihre mystische Ausstrahlung.
Die beiden Kracher-Scheiben «Exercises In Futility» und «Age Of Excuse» dominieren mit je vier Liedern eindeutig die Setliste. Andächtig lauschen die Besucher den sphärischen Melodien und tauchen immer tiefer in diese packenden Klangwelten ein. Was das Quartett hier gerade vom Stapel lässt, ist schlichtweg überragend! Diese rund 65 Minuten zählen effektiv zu den prägenden Konzerthighlights dieses Jahres!
Das Fanzit – Mgła, Ulcerate, Mord’A’Stigmata
Eine rappelvolle «Ruhmeshalle» kam in den Genuss einer astreinen Mgła-Show! Besser hätte der Start in die neue Woche kaum laufen können. Nun sind wir bereit für die letzten 2022er-Gigs und den konstant näherkommenden Jahreswechsel.
Setliste – Mgła
- Age Of Excuse II
- Exercises In Futility I
- Exercises In Futility IV
- Mdłości II
- Age Of Excuse V
- With Hearts Toward None I
- Age Of Excuse IV
- Exercises In Futility II
- Exercises In Futility V
- Age Of Excuse VI