Nile - Europa Tour 2022
Di, 29. November 2022

Nile, Krisiun, In Element

Konzerthaus Schüür (Luzern, CH)
22.01.2023
Nile - Europa Tour 2022

Deftige Todesblei-Ladung

Ägyptische Mythologie mit technischem und brutalem Hochgeschwindigkeits-Death Metal kombinieren? Darauf verstehen sich die Amis von Nile vortrefflich. Am Dienstagabend kam das Schweizer Publikum in der Schüür in den Genuss einer ausgiebigen Kostprobe dieser explosiven Mischung. Das Aufwärmprogramm wurde derweil von Krisiun und In Element übernommen.

Nachdem sie uns Anfang des Monats bereits mit der Hypocrisy-Tour verwöhnt haben (siehe Review) lotsen die unermüdlichen Arbeitstiere, welche unter dem Banner von Metal Storm Concerts agieren, das nächste Prügelpaket in die Zentralschweiz. Es handelt sich um ein kunterbuntes Potpourri aus der Todesblei-Abteilung. Wir dürfen uns auf einen wilden Ritt durch Frankreich, Argentinien, Brasilien bis hin zu dem in den USA gelegenen Bundesstaat South Carolina freuen. Mal schauen, welchen unterschiedlichen Spielarten des Death Metal wir auf dieser Reise begegnen werden. Das dürfte fraglos ein intensiver Konzertreigen werden! Hoffentlich haben alle ihre Nackenmuckis im Vorfeld brav aufgewärmt.

Im Verlauf des Nachmittags müssen wir jedoch leider mit einem kleinen Dämpfer vorliebnehmen: Die aus Frankreich stammenden Wrath Of The Nebula müssen ihren heutigen Auftritt krankheitsbedingt sausen lassen… Schade, aber wir wünschen ihnen an dieser Stelle natürlich gute Besserung und hoffen, dass es beim nächstmöglichen Gig auf helvetischem Grund besser klappen wird. Nichtsdestotrotz warten nach wie vor drei übriggebliebene Gruppen darauf, uns ihre Kunst um die Lauscher zu knallen. Lasset das akustische Gemetzel beginnen!

In Element

Die Kleiderwahl der ersten Protagonisten zaubert mir umgehend einige Fragezeichen auf die Stirn. Sämtliche Mitglieder sind maskiert. Bassist David Balboa (nicht verwandt mit Rocky Balboa) treibt’s mit seiner «Hunde-Gesichtsbedeckung» und dem dazu passenden, um seinen Körper geschlungenen Geschirr förmlich auf die Spitze. Habe ich an der Eingangstüre eventuell irgendein Schild übersehen? Sind wir hier an einer Fetischparty gelandet? Halt! Stopp! Dafür habe ich mich aber definitiv nicht angemeldet. Davon stand auch nix im Kleingedruckten der Akkreditierungsvereinbarung.

Musikalisch ist das Dargebotene ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei. Der Mix aus Melodic Death Metal und Metalcore, welcher eher mau aus den Boxen erklingt, will schlichtweg nicht zünden. Ausserdem neigt der mit Sturmhaube herumturnende Sänger Charlie B. zu exzessiven «Laber-Anfällen». Das sollte er bei einer Spielzeit von knapp bemessenen 30 Minuten besser unterlassen. Immerhin zeigen sich die Südamerikaner bei ihrem ersten Besuch in unserem Land als wohlerzogene Gäste und verteilen Geschenke in Form von CDs und Shirts an die noch spärlich vertretene Besuchertraube vor der Bühne.

Krisiun

Mit Brasilianern habe ich hingegen erst kürzlich ausgezeichnete Erfahrungen gemacht (siehe Machtdemonstration von Sepultura im Z7). Aufgrund dessen blicke ich der Show von Krisiun äussert gelassen entgegen. Die drei Brüder werden das Ding schon schaukeln, oder? Einen zusätzlichen Motivationsschub dürfte das Knüppel-Trio zweifelsohne durch das Ende Juli dieses Jahres veröffentlichte, neue Studioalbum «Mortem Solis» erhalten.

Sie mögen uns zwar gestern an der Fussball-WM knapp bezwungen haben, aber heute Abend muss ich den Samba-Jungs gezwungenermassen bereits wieder zujubeln. Diese Performance ist einfach bockstark! Es «chnüttlet»! Felle-Verdrescher Max spielt unfassbar präzise. Axtmann Moyses trumpft indessen mit technisch sauberen Handgriffen gross auf. Die Ansagen überlassen die beiden allerdings lieber dem Mann am Tieftöner. Alex wirkt wahrlich dankbar und ehrt diverse Wegbegleiter, welche die Band seit vielen Jahren unterstützen. Dazu gehört auch ein fleissiger Knipser, den ihr allenfalls als «Gorka Photography» kennen könntet (folgt ruhig einmal seinen Seiten in den Sozialen Medien).

Eine Stunde lang feuern Krisiun aus allen Rohren. Der engagierte Auftritt der drei Todes-Brüder lockt fortan mehr Zuhörer vor die Bühne. Schön zu beobachten, wie die Anzahl der Kopfnicker und Mähnenschwinger konstant wächst. Die Erfahrung der Musiker zahlt sich aus, schliesslich verwüsten sie auch schon seit über drei Dekaden die Spielstätten dieser Welt. Obrigado, Krisiun! Da fiebert man direkt dem nächsten Wiedersehen entgegen.

Nile

Abwarten und zusehen, wie die anderen spielen, dürfte auf Dauer ein bisschen unbefriedigend sein. Deswegen starten Nile mit hoher Wahrscheinlichkeit bis in die Haar- respektive Zehenspitzen motiviert um 21.20 Uhr ihr Headliner-Abrisskommando. Und wie sie das machen! Auf ein episches Intro folgt mit «Sacrifice Unto Sebek» schonungslos eine erste Knacknuss für die in der Schüür versammelten Nackenwirbel. Wer gleich mit einem Hit dieses Kalibers loslegt, hat fraglos mächtige «Cojones» in der Hose. So kann und darf es ungeniert weitergehen.

Nile agieren seit diesem Jahr mit zwei neuen Live-Musikern: Scott Eames, den man unter anderem ebenfalls wegen seiner Tätigkeiten bei Nevalra oder Vital Remains kennt, an der Klampfe und Julian David Guillen am Bass. Beide steuern zudem Mikrofongebrüll bei. Gegen die unheimlichen Dämonen-Growls des anderen Axtmannes (und notabene Gründungsmitglieds von Nile) Karl Sanders wirken die beiden jedoch fast schon zahm. Die blonde Monstrosität ist freilich das Mass aller Dinge! Eine schier unaufhaltsame Naturgewalt, die nebenbei noch das Gitarrenspiel beherrscht. Gewisse von Karls Werkzeugen sind in der Tat echte «Saiten-Biester». Technisch zocken alle vier Kerle (jep, auch der im Hintergrund ballernde Trommler George Kollias) auf höchstem Niveau. Bei Julian ist noch zu ergänzen, dass er ähnlich wie der legendäre Lemmy Kilmister an seinem Gerät herumhantiert – einfach mit deutlich mehr Speed.

Die mittlerweile exzellente Soundqualität dürfte den Amis sicherlich Flügel verleihen. Selbst die coolen Lichteffekte auf dem Backdrop passen bestens zur Lyrik des Quartetts. Das sieht phasenweise so aus, als würde gerade eine Horde Skarabäus-Käfer durch den Sand flitzen. Krisiun hatten wohl die meisten Zuschauer des heutigen Abends, aber das scheint den Headliner keinesfalls zu irritieren. Die Herrschaften sind ausgezeichnet gelaunt und ich persönlich erlebe während dieser Show null Komma null langweilige Augenblicke. Alle relevanten und imposanten Hymnen kommen zum Einsatz. Als Beispiele seien an dieser Stelle «Kafir!», «Lashed To The Slave Stick» oder «Vile Nilotic Rites» erwähnt. In dieser Verfassung könnten Karl und seine Kollegen meinetwegen ewig weiterspielen. Aber irgendwann muss selbst die unermüdlichste Mumie in ihr Grab zurückkehren. Deshalb treten wir kurz nach 22.30 Uhr langsam die Heimreise zu unseren Sarkophagen – äh… ich meine selbstverständlich Betten – an.

Das Fanzit – Nile, Krisiun, In Element

Das Resultat des heutigen Abends lautete folgendermassen: «Nile sind geil!» Allerdings vermochten auch Krisiun zu überzeugen. Mit dem verhältnismässig schwachen Publikumsaufmarsch hätte ich dagegen nicht gerechnet. Möglicherweise erwischen die Akteure bei ihrem nächsten Schweizer Gastspiel einen der stets beliebten Slots an einem Freitag- oder Samstagabend.

Setliste – Krisiun

  1. Kings Of Killing
  2. Swords Into Flesh
  3. Combustion Inferno
  4. Scourge Of The Enthroned
  5. Descending Abomination
  6. Vengeance’s Revelation
  7. Necronomical
  8. Apocalyptic Victory
  9. Serpent Messiah
  10. Hatred Inherit

Setliste – Nile

  1. Sacrifice Unto Sebek
  2. Defiling The Gates Of Ishtar
  3. Kafir!
  4. Call To Destruction
  5. Long Shadows Of Dread
  6. In The Name Of Amun
  7. Lashed To The Slave Stick
  8. The Howling Of The Jinn
  9. Vile Nilotic Rites
  10. Annihilation Of The Wicked
  11. Sarcophagus
  12. 4th Arra Of Dagon (nicht in voller Länge)
  13. Black Seeds Of Vengeance

Wie fandet ihr das Konzert?

22.01.2023
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