Die Rückkehr auf den heiligen Acker!
Nach zwei Jahren der Durststrecke war es 2022 endlich wieder soweit – das Wacken Open Air konnte stattfinden. Da frohlockten die Herzen eines jeden Headbangers. Es galt die Kutte aus dem Schrank hervorzukramen und von Spinnweben zu befreien.
Die Campingausrüstung freute sich ebenfalls auf den langersehnten Belastbarkeitstest. Das Zeugs soll ja schliesslich nicht bloss ständig im Keller herumgammeln. Metalinside.ch ist für euch gleich mit drei Schreiberlingen in den hohen Norden Deutschlands gepilgert. Wie sie die heissen, staubigen, intensiven und von Band-Marathons geprägten Tage erlebt haben, könnt ihr in den nachfolgenden Zeilen ausgiebig nachlesen.
Sonntag, 31. Juli 2022
Domi the Stick (DtS): Erster! Wie schon 2017, 2018 und 2019 reist ein Teil meiner Truppe bereits am Sonntag ins Örtchen Wacken. Böse Zungen würden behaupten, wir täten das, um früh da zu sein. Und das ist nicht nur unerwünscht, sondern auch gar nicht erlaubt. Doch tatsächlich wollen wir nur etwas Zeit mit unseren da ansässigen Freunden verbringen, welche wir während der Wacken-Woche dem vollgestopften Programm sei Dank sowieso kaum sehen werden. Und ja, natürlich haben wir dann auch eine sehr kurze Anreise, wenn es am Montag darum geht, auf den heiligen Acker zurückzukehren.
Wie auch schon 2018 (Rock The King) und 2019 (MPS Karlsruhe) machen meine Freundin und ich uns sogar schon am Samstag auf den Weg und feiern unseren Warm Up auf dem Weg. Dieses Jahr verschlägt es uns nach Nordbayern, genauer nach Leonberg, ans Skaldenwolf Festival. Dass wir bis kurz vorher dachten, es handle sich um das Leonberg in der Nähe von Stuttgart, und die aus dieser Verwechslung resultierenden Konsequenzen spare ich mir für einen anderen Bericht auf.
Um an dieser Stelle etwas abzukürzen: Dieses Jahr wählen wir nicht den Zug, sondern das Auto – schliesslich geht es nach dem Wacken Open Air noch weiter nach Tschechien – und so kommen wir am Sonntagabend nach stundenlangem Fahren und im Stau stehen auf den deutschen Strassen pünktlich zum Abendessen im Metal-Mekka Wacken an. Das Banner über der Strasse spricht uns aus der Seele: «Freu dich – Du bist in Wacken!»
Montag, 1. August 2022
Dutti: Montagmorgen kurz vor 08.00 Uhr. Schlaftrunken versuche ich meine Augen zu öffnen und schaue danach aus dem Fenster unseres Reisecars hinaus. Dank Chris und seinem Team von Festivaltravel.ch zählen wir für diese Post-Pandemie-Ausgabe des W:O:A wirklich zu den frühen Vögeln. Auf Würmer sind wir zwar nicht aus, aber es ist schon ein verflucht geiles Gefühl, als beinahe erster Mensch das Gelände betreten zu dürfen. Ungefähr so muss sich ein gewisser Neil Armstrong auf dem Mond gefühlt haben. Luxus pur! Seelenruhig können wir uns unseren Lagerplatz aussuchen.
Das Gros der Mitreisenden wird im sogenannten “World Metal Camp” nächtigen und dort garantiert Kontakte zu Metalheads aus aller Welt knüpfen. Mein kleines Grüppchen zieht jedoch auf eigene Faust los. Da zwei von uns ab morgen in ein Asgard-Zelt im Wacken Camper-Park-Areal ziehen werden, möchten wir unser Hauptquartier irgendwo dort in der Nähe errichten. Aufgrund dessen wird’s am Ende ein Fleck am Ende von Campground “L”. Hier hinten hat man seinen Frieden und sowohl das Bühnengelände als auch die zuvor angesprochene Camper-Park Zone sind nicht allzu weit entfernt. Also, aufbauen und anschliessend erstmal gemütlich herumsitzen. Bändchen samt Chip können bedauerlicherweise erst zur Mittagsstunde abgeholt werden. Ob meine beiden Mitschreiberlinge auch schon so früh angereist sind?
DtS: Hmm, nach Wacken ja, hier bin ich seit gestern! Ob ich nach dem gestrigen Abend und den vielen sehr guten Gesprächen heute vor dir auf dem Acker stehe, kann ich jedoch nicht so genau sagen… Ebenfalls um circa 8 Uhr wecken uns unsere Handywecker. Erst mal etwas frühstücken (es gibt feinen Tee und Kaffee, frische Brötli, Fleischsalat und weitere Köstlichkeiten), und dann können wir den Umzug planen. Wir verschieben aus dem Wohnquartier mitsamt Gepäck in Richtung des zentralen Eingangs zum Campingplatz, zeigen brav unsere Tickets und suchen unseren Stammplatz auf. Hierhin wurde jedoch die Dixi-Insel verschoben, und um uns nicht eine Woche lang ab deren Gestank nerven zu müssen, bauen wir unser Camp einige Dutzend Meter vom Stammplatz entfernt auf. Nach (respektive schon während) dem Aufbau lernen wir bei einem ersten Bierchen unsere neuen Nachbarn kennen und treffen dabei auch auf alte Gesichter.
Am frühen Nachmittag entscheiden wir uns für den Gang Richtung Gelände, und wen sehen wir da? Hallo, Dutti und Co.! Dass wir uns so früh treffen würden, hätte ich echt nicht gedacht. Bei Domi und mir dauert es dann noch einige Tage, bis wir uns mithilfe von Telekommunikationsmitteln bei der Louder Stage treffen. Doch dazu später! Duttis Trupp und meine Leute begeben sich alle Richtung Bändchenausgabe…
Dutti: Ein freundliches “Hallo” zurück! Das muntere Zeittotschlagen hat bestens funktioniert. Die Bändchenausgabe verlief ebenfalls schnell und problemlos. Nun sind wir ausgezeichnet ausgestattet und können die Stände plündern. Viele sind jedoch immer noch in der Aufbauphase. Für ein erstes Hopfengetränk und die eigenes für Wacken angefertigten Haribo-Bärchen reicht’s zum Glück trotzdem. Danach ist der stets begehrte und meist unfassbar schnell vergriffene Merchandise fällig. Das “early bird”-Dasein hat wahrlich unzählige Vorteile. Nach Erledigung des Textileinkaufs liefern wir die Ware in unserem Lager ab und pilgern im Anschluss ins Dorf. Im örtlichen Landgasthof können nämlich bereits heute erste Konzerte bestaunt werden.
DtS: Auch wir machen nicht wirklich negative Erfahrungen mit der Bändchenausgabe. Vor allem wenn man unsere Erlebnisse am ersten Tag mit Erzählungen vom Rest der Woche vergleicht… Und auch wir begeben uns zum Merchandise und kaufen brav unsere Wacken-Haribos, ohne noch einmal auf Dutti zu treffen. Die Welt ist zwar klein, doch das Gelände ist auch dieses Jahr wieder unglaublich gross. Unsere Schrittziele werden wir diese Tage problemlos erreichen. Bestimmt auch Dutti, der ist bereits im Dorf unterwegs…
Dutti: Ich feiere in diesem Jahr ein spezielles Jubiläum. Es handelt sich um mein insgesamt zehntes Wacken Open Air! Deswegen versuche ich den Fokus zumindest teilweise auf ein paar Dinge zu legen, die bei vergangenen Ausgaben zu kurz gekommen sind. Dazu zählt eben unter anderem ein Besuch des Landgasthofs (LGH). Auf dessen Vorplatz wurden ein Bierzelt und diverse Sitzbänke platziert. Ein Grillmeister ist ebenfalls im Einsatz und hantiert gekonnt mit seinen Wurstspezialitäten. Wir entscheiden uns jedoch für einen Tisch im Innern und prüfen die in der Speisekarte aufgelisteten Angebote. Die haben übrigens alle witzige und zum Event passende Bezeichnungen. Meine Currywurst hört beispielsweise auf den Namen “War Pigs” (Black Sabbath lassen grüssen). Das Essen ist fein, aber beim späteren Bezahlprozedere kommt die Kellnerin arg ins Schleudern. Nichtsdestotrotz schaffen wir es noch rechtzeitig in den gegenüberliegenden Konzertsaal.
DtS: Ha, der gute alte Landgasthof! In vergangenen Jahren waren wir hier jeweils am Montag- und Dienstagabend zu Besuch für Abendessen und die noch hier stattfindende Maschine’s Late Night Show. Doch es gibt einige Neuerungen: die neue LGH Clubstage, die hier schon ab Montag stattfindenden Konzerte und die dafür auf dem Gelände stattfindende Late Night Show. Wir müssen umplanen und wegen der kurzen Dauer zwischen Gwendydd und der MLNS sowie der weiten Distanz zum Landgasthof (wir waren doch heute schon auf dem Gelände und zum Einkauf im grossen Edeka…) passen wir bereits ein erstes Mal für ein Konzert. Ich könnte hier jetzt natürlich auch vorlügen, dass das mit Dutti abgesprochen war, um mehr verschiedene Auftritte abzudecken. Aber wie gesagt, das wäre gelogen, und selbst ohne Absprache ist unsere Verteilung auf dem Festival alles andere als schlecht. Für Gwendydd gilt also: Schande über mich, wie ich nicht viel später erfahren muss…
Gwendydd
Dutti: Der bulgarischen Melodic Death respektive Metalcore-Hoffnung Gwendydd wird die Ehre der diesjährigen Festival-Eröffnung zuteil (obschon sie wahrscheinlich lieber auf dem eigentlichen Gelände und an einem der offiziellen Tage gespielt hätten). Die Zuschauer wirken mit dem Dargebotenen äusserst zufrieden. Schliesslich werden bei dieser Kapelle sowohl die Gehörgänge als auch die Augen verwöhnt. Die vier jungen Mädels am Gesang respektive an den Saiteninstrumenten sind wahrlich echte Hingucker! An Talent mangelt es ihnen ebenfalls nicht. Derweil figuriert der am Schlagzeug sitzende Bambi Nikiforov als Wachhund, der artig seine Schäfchen hütet.
Im Saal tobt bereits nach kurzer Zeit ein wilder Moshpit. Da rennt sogar ein Pikachu durch die Gegend. Aus welchem Pokéball das wohl wieder entwischt ist? Als Monster des Typs Elektro passt es aber selbstverständlich hervorragend zur hier herrschenden, elektrisierten Stimmung. Auslöser dafür ist jedoch keinesfalls die gelbe Maus, sondern die fleissig ins Mikro brüllende Vicky Stoichkova und ihre Mitmusiker. Dieser Abriss sorgt für beste Eigenwerbung und ich könnte wetten, dass wir Gwendydd eines Tages abermals an einem W:O:A antreffen werden.
Alien Rockin’ Explosion
DtS: Im Verlauf des Tages ist unser Camp weitergewachsen. Neben dem harten Kern haben wir auch dieses Jahr wieder neue Gesichter vorbei, welche im Verlauf weniger Tage zu guten Bekannten werden. Fast alle davon begeben sich gegen 21 Uhr zur Welcome To The Jungle Stage, wo Maschines Show-Band Alien Rockin‘ Explosion aus Madrid einheizen. Auch hier grosses Wiedersehen, haben wir mit der Band doch schon viele schöne Stunden, gute Gespräche und unangebrachte Flachwitz-Runden verbracht. Die Spanier machen alles richtig, geniessen sichtlich den «Aufstieg» vom Landgasthof – welcher früher keine offizielle Bühne im heutigen Sinne war – aufs Gelände, und locken das Publikum mit eigenen Kompositionen und vor allem rockigen Covers aus der Reserve. In der Umbaupause schalten wir doch zurück zur LGH Clubstage, oder?
Setlist – Alien Rockin’ Explosion
- We Will Rock You (Cover: Queen)
- Dr. Stein (Cover: Helloween)
- Rock The Night
- We A.R.E. Rock
- Living After Midnight (Cover: Judas Priest)
- Fight For You Rise Hell
- Venus
- You Shook Me All Night Long (Cover: AC/DC)
Burgerkill
Dutti: Thomas Jensen – seines Zeichens die eine Hälfte des Wacken-Gründer-Duos – stiefelt ebenfalls im Landgasthof umher und mischt sich unters Volk. So viel kann ich an dieser Stelle vorwegnehmen: Ihm werde ich in den kommenden Tagen noch des Öfteren begegnen. Doch nun wollen wir gemeinsam die Performance von Burgerkill unter die Lupe nehmen (welche aufgrund eines vorangegangenen Interviews entgegen der ursprünglichen Planung erst um 21.50 Uhr startet).
Das Quartett stammt von der indonesischen Insel Java und setzet auf einen Mix aus Death Metal und Metalcore. Exakt für solche “Exoten” liebe ich dieses Open Air! Man entdeckt einfach immer neue Equipen und kann den eigenen Horizont ständig erweitern. Leider müssen Burgerkill im Vergleich zu Gwendydd mit einer schlechteren Soundabmischung klarkommen. Ausserdem hat der Publikumsaufmarsch deutlich abgenommen. Vielleicht haben die Jungs am Freitag auf der Wasteland Stage ein bisschen mehr Erfolg.
Für mich und meine Crew war’s das jedenfalls in Sachen erste Live-Beschallungen des diesjährigen Festivals. Insgesamt ist der Landgasthof eine durchaus empfehlenswerte Location. Ich freue mich jedenfalls auf die morgigen Shows in diesem Gebäude. Doch nun folgt der lange Fussmarsch zurück in die Camping-Zone. Inzwischen ist es ziemlich kühl und neblig geworden. Bleibt zu hoffen, dass mein Schlafsack sämtliche Frostattacken erfolgreich abwehren kann. Kollege Domi the Stick, wo treibst du dich noch herum?
Maschine’s Late Night Show
DtS: Zurück aufs Gelände… Die Umbaupause auf der Welcome To The Jungle Stage erweist sich dann als länger als geplant. Es scheint, als hätte man hier einige gewohnte Muster – den direkten Wechsel von ARE zur MLNS – aufgeben und diese benötigte Zeit einplanen müssen. Auch die Beschaffung von Bier ist gar nicht so einfach, und der neue Farmer’s Market hat noch nicht geöffnet. Organisatorisch müsste man hier wohl etwas über die Bücher. Ein Eindruck, der sich die kommenden Tage vermehrt verstärken wird…
Die Late Night Show von Nicht-ganz-Alleinunterhalter Maschine und seinem Team nimmt heute zum ersten Mal seinen Lauf. Es gibt Dinge zu gewinnen, kostenlose Schnapsrunden, generell sehr viel zu lachen, die eine oder andere musikalische Einlage sowie witzige Video-Einspieler, und natürlich Gäste für die Talkshow! Dieser Teil der MLNS hat sich in der Vergangenheit, je nach Gast, schon als Tiefpunkt, aber auch als absolutes Highlight des Abends erwiesen. Heute nehmen die Mädels von Gwendydd auf dem roten Sofa Platz. Müssen sie zuvor im Landgasthof noch mächtig gerockt haben, zeigen sie sich hier in der Talkshow, in dieser zugegeben wohl etwas ungewohnten Umgebung, etwas gar scheu. Aufs Mitsingen beim Karaoke verzichten die Bulgarinnen, und stattdessen bläst uns die MLNS-Redaktion deren Musikvideos um die Ohren. Oha, da muss ich auf der LGH Clubstage echt was verpasst haben! Wäre ich doch nur nicht so faul gewesen und noch einmal ins Dorf gepilgert…
Schon gegen Ende der Show und vor allem im Nachgang ziehe ich ein ernüchterndes Fazit: Die Talkshows hatten mich auch schon mehr unterhalten. Alles wurde heute etwas gar in die Länge gezogen. Nicht falsch verstehen, lieber Maschine: Es freut mich, dass du deine Late Night Show während der Pandemie online ausgebaut und eine grosse Anhängerschaft um dich geschart hast. Aber im Gegensatz zu anderen Jahren und den vielen Besuchen auf der Full Metal Cruise werde ich der Show morgen möglicherweise nicht mehr beiwohnen…
Das Fanzit – Wacken Open Air – Montag
DtS: Für den Sonntag habe ich auf ein Fanzit verzichtet; schliesslich war der auch noch gar nicht wirklich Teil der Wacken-Woche. Auch heute können wir uns (noch) kurzhalten: Zwei von drei Metalinside-Schreiberlingen sind bereits vor Ort und haben ihre Bändchen ohne grössere Probleme und Wartezeiten besorgt. Merch ist erledigt, Haribo-Bärchen auch, und auch die ersten Live-Darbietungen haben wir uns bereits zu Gemüte geführt.
Dienstag, 2. August 2022
Dutti: Auf eine verflucht kalte Nacht folgt ein – gottlob – angenehmer Morgen. Nur vereinzelte Wolken sind am Firmament zu sehen. Die Lautsprecherdurchsagen, welche wir an unserem Standort – im Gegensatz zu den vergangenen Jahren – vortrefflich hören und verstehen, versprechen auch weiterhin behagliche Witterungen. Irgendwo aus der Ferne erklingt das stets für Ohrwurmansammlungen sorgende “Guten Morgen Sonnenschein”-Lied der griechischen Schlagersängerin Nana Mouskouri. Mist, diesen elenden “Bastard” werde ich zweifellos nicht mehr so schnell los…!
Heute steht für meinen Kumpel Ruedi und mich in erster Linie der Umzug in den Camper-Park auf dem Plan. Anlässlich meines Jubiläums habe ich mir nämlich ein bisschen Luxus in Form eines sogenannten “Asgard-Zeltes” gegönnt. Das Teil ist bereits aufgebaut und verfügt über echte Betten und einen mit erfrischenden Getränken gefüllten Kühlschrank. Des Weiteren kommen wir auf diesem Gelände in den Genuss von eigenen Sanitäranlagen und einem Frühstückzelt samt schönen Sitzgelegenheiten im inneren und äusseren Bereich. Jep, hier lässt es sich freilich leben! Über eine kleine Holzbrücke, die wir kurzerhand in “Bifröst” umtaufen, gelangen wir wieder zurück zum “normalen Pöbel” (ach ja, der musste jetzt einfach sein. Nehmt’s mir nicht übel. Ich bleibe ansonsten wie üblich sehr bescheiden.)
DtS: Ich habe die vergangene Nacht im Nachhinein nicht als aussergewöhnlich kalt in Erinnerung. Zum Glück werden die nächsten Nächte für dich wärmer, lieber Dutti! Wir hingegen begnügen uns mit einem kleineren Upgrade auf zusammenklappbare Feldbetten (echt empfehlenswert!). Aber ich habe ja auch kein Jubiläum zu vermelden; für mich wäre es nur das zehnte Wacken Open Air, wenn ich 2016 nicht militärbedingt gefehlt hätte und auch die beiden pandemiebedingten Ausfälle dazuzählen könnte. So ist es halt «erst» Wacken Nummer 7…
Dutti: Den restlichen Tag verbringen wir gemütlich mit weiteren Erkundungsmissionen des Areals und am Abend folgt ein abermaliger Abstecher ins Dorf und zur LGH-Bühne, auf welcher dieses Mal sogar drei Gruppen für Furore sorgen möchten. Glücklicherweise ist der Laden nicht rappelvoll und so finden wir noch problemlos ein akzeptables Stehplätzchen. Ich hatte schon Albträume, dass halb Wacken in den Landgasthof stürmt und wir deshalb auf die Shows hätten verzichten müssen. Nix da. Wir sind bereit, nippen brav an unseren Gerstensäften und warten gespannt auf die anstehende “Krach-Dosis”.
DtS: Für uns wird der heutige Tag noch einmal eher gemütlich. Den Vormittag verbringen wir noch auf dem Gelände, wo weiterhin Campmitglieder eintrudeln. Nach dem Mittag begeben wir uns dann auf einen Spaziergang durch das Dorf (ich mit einem Abstecher zum Check-In für die Presse, wo ich mein «normales» Besucherbändchen durch ein Pressebändchen ersetze und auch den daran befindlichen Cashless-Chip im Online-Konto wechseln muss) und zum Wackener Freibad. Ups, ich sollte die Sätze wohl etwas kürzer halten, sonst bemängelt dann unser CMS wieder, dass der Text schwer lesbar sei… Nach dem Freibad folgen dann mein Abstecher in den Landgasthof und eine abenteuerliche Nacht auf dem Campground.
Das Freibad
DtS: Dutti, du musst mit deinem Teil zu den Auftritten im Landgasthof noch kurz warten… Aus dem Freibad gibt es eigentlich nicht viel Neues zu berichten, doch für Leser, welche sich unsere Wacken-Berichte in den vergangenen Jahren nicht zu Gemüte führten, will ich es zumindest kurz erwähnen:
Es ist fast schon Tradition, dass wir den Dienstag für den Besuch im Freibad nutzen, welches es ohne das Festival wohl schon lange nicht mehr geben würde. Da der Presse Check-In dieses Jahr schon am Dienstag geöffnet hat (und nicht erst mittwochs) und meine Gruppe und ich daher getrennte Wege gehen, fällt jedoch der Besuch in der Wacken-Brauerei und der Konsum von Met Slush flach. Anmerkung an dieser Stelle: Ganz optimal wäre ja, wenn der Check-In schon montags öffnen würde, damit sich der Kauf eines Tickets nur für den Montag (!) erübrigen würde. Danke im Voraus, liebe Wacken-Orga!
Doch kommen wir endlich zum Freibad: Dieses wird wie üblich von einer Horde Metalheads gestürmt, geradezu übernommen. Bandlogos auf den Badehosen, lange Haare, Kutten (wovon einige wohl jährlich im Poolwasser gewaschen werden), Badetücher mit metallischen Motiven oder Blümchen. Ein bunt gemischter Haufen hat Spass und geniesst die Sonne (zumindest dann, wenn sie sich kurz zeigt). Nach dem Besuch im grossen Becken, dem Mitfiebern beim Turmspringen (wo einige Metalheads den «Ausziehn!»-Rufen vor dem Springen Folge leisten) und einigen Abgängen auf der noch neuen Wasserrutsche geht’s dann zurück ins «Camp» auf der Liegewiese.
Ein Wacken Nacken und Bierchen zu Gemüte führen. Bekannte von der Full Metal Cruise (Ausgabe IX fand im Juni statt) treffen. Den Bericht zu Evil Invaders und Crypta in der Musigburg fertigstellen und ins CMS laden. Viel zu schnell vergeht die Zeit und Wolken ziehen auf… Wir packen unsere sieben Sachen – das Duschen verschiebe ich auf den Campground, wo es im Gegensatz zum Freibad ausreichend warmes Wasser gibt – und begeben uns wieder Richtung Dorf. Den Laptop (den brauchte ich ja für den Crypta-Bericht) kurz zu unseren Bekannten in Sicherheit bringen, und ab zum Landgasthof! Hier essen wir etwas Kleines und begeben uns zur Clubstage, wo wir vor Beginn von Walkways erneut auf Dutti treffen. Doch dieser war schon vorher hier und hat für uns The Drift begutachtet…
The Drift
Dutti: Die aus Südafrika angereiste Death/Groove/Sludge-Kombo The Drift steigt als Erste in den Ring. Da Frontmann Louis du Pisani ein wahrer Hüne ist, stösst er sich beinahe jedes Mal den Schädel an der Raumdecke. Um allfälligen Unfällen vorzubeugen, folgen deswegen diverse Abstecher zu uns in die Publikumsreihen hinunter. Das Klopfen von frechen Sprüchen scheint ebenfalls zum Kernrepertoire von Louis zu gehören.
Musikalisch ist das Gezeigte hingegen nicht sonderlich berauschend. Die schwermütigen Riffs und der doch eher schmeichelhafte Klargesang lassen kaum jemandem aus den Latschen kippen. Ein bisschen mehr Action würde keinesfalls schaden. Aber es stehen ja noch zwei weitere Formationen in den Startlöchern. Möglicherweise kann euch Mit-Metalisider Domi the Stick zu den im Anschluss aufspielenden Walkways ein paar Fakten auftischen.
Walkways
DtS: Pünktlich vor dem Auftritt der israelischen Alternative Metaller von Walkways betreten auch wir den Raum, der früher als Teil des Restaurants mit Tischen gedeckt war. Die Atmosphäre ist dank der neuen Einrichtung zum «Metal-Keller» völlig neu, vielleicht sogar erfrischend. Anders als die Luft, die uns entgegenschlägt. Igitt, igitt…
Avenged Sevenfold, Disturbed, In Flames, Devin Townsend und Jinjer. Gemeinsamkeiten zwischen diesen Bands gibt es wohl die eine oder andere, doch keine springt mich auf den ersten Moment an. Wieso ich die Bands also erwähne? Weil Walkways schon alle diese Grössen auf der Tour supportet haben. Das muss wohl was heissen! Und ja, Dutti, ich liefere noch einen weiteren Fakt: Die Israelis waren schon zweimal an Wacken-Events beteiligt: 2015 staubten sie den zweiten Platz im Metal Battle ab, und vor zwei Jahren, als das erste Wacken World Wide als Ersatz fürs Festival über die Bühne ging, waren sie ebenfalls mit von der Partie.
Der dort gezeigte Open Air-Auftritt wird heute Abend in Sachen Energie masslos getoppt. Klar, eine Live-Aufnahme und solch ein Indoor-Auftritt sind schon nicht dasselbe, doch die Jungs geben wirklich Gas. Der Platz auf der Bühne wird anständig genutzt, das Publikum miteingebunden und die Mischung von böseren Djent-Stellen und den hohen Alternative-Gesangsteilen sorgt dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Die Darbietung macht wirklich Spass und viel zu schnell ist die eingeplante Dreiviertelstunde vorbei. Zeit für eine weitere Umbaupause also, und damit zurück zu dir, Dutti.
Criminal
Dutti: Die Gestaltung des Tagesabschlusses liegt in der Verantwortung der chilenischen Thrasher Criminal. Die Mucke der Herrschaften scheppert und rummst ordentlich im Gebälk. Die Songstrukturen werden ergänzend mit Groove- und Death-Elementen angereichert. Dieser Cocktail führt am Ende zu schweisstreibenden Arbeitseinsätzen für die Nackenabteilung. Die Soundqualität dürfte phasenweise allerdings durchaus eine Spur besser sein.
Die gestrige und heutige Event-Reihe läuft übrigens unter dem Namen “United Metal Nations” und zeigt die Stärke von Wacken in Zusammenhang mit der kulturellen Zusammenführung auf. Metal-Jünger aus der ganzen Welt kommen in diesem beschaulichen Dorf zusammen um gemeinsam ihrer Passion zu huldigen und dabei friedlich miteinander zu feiern (ungeachtet des ethnischen Hintergrunds, der Berufstätigkeit oder irgendwelchen Ansichten der einzelnen Personen). Undinge wie die zurzeit bedauerlicherweise viel zu populäre Diskussion über die Thematik der “kulturellen Aneignung” sind hier kein Thema. Und das ist auch richtig so!
Bevor ich jedoch zu weit abdrifte, lege ich meinen Fokus und meine Energie lieber auf den Rückweg ins Camp. Der morgige Mittwoch wird ohne Zweifel kein Zuckerschlecken. Für die einen beginnt der mit Talenten vollgespickte Wacken Metal-Battle, während andere wegen des im Vorfeld erworbenen Zusatztickets bereits erste Shows auf der Louder Stage geniessen können. Aber alles zu seiner Zeit! Ich freue mich jedenfalls auf die erste Nacht im Asgard-Zelt. Das wird sicherlich ein rundum entspannendes Schlafgefühl. Doch ans Land der Träume will Metalinside-Mitstreiter Domi the Stick sicher noch nicht denken, oder?
Campground: Duschen, Abenteuer, Party!
DtS: Nach dem Gig von Criminal führt uns der Weg zurück auf den Campground. Mein besagter Besuch bei der Dusche findet statt. Wieso ich das erwähne? Weil ich auch dieses Jahr wieder loben möchte, dass die Duschen für Festivalverhältnisse (man denke an die zehntausenden Besucher…) sehr komfortabel sind und das Wasser nie kalt (eher jeweils zu heiss…) ist.
Es ist inzwischen spät, schon seit ein, zwei Stündchen dunkel, und wie gestern «angedroht» ist meine Lust auf Maschine’s Late Night Show heute nicht allzu gross. Stattdessen begebe ich mich mit zwei Weggefährten auf die Suche nach unseren mexikanischen Nachbarn von 2019, welche dieses Jahr im «World Metal Camp» nächtigen, welches Dutti bereits erwähnt hat. Wir treffen auf viele Metalheads (sogar auf einen Bekannten aus meinem Nachbardorf), führen zahlreiche gute Gespräche mit Leuten aus aller Welt und geniessen die Atmosphäre. Unsere mexikanischen Freunde (resp. nur eine einzelne Freundin, der Rest schläft schon) treffen wir dann nach mehreren Stunden Campground-Tour beim Duschcamp. Kurzerhand nehmen wir sie zu uns ins Camp, wo es noch das eine oder andere Bierchen gibt, bevor sich alle schlafen legen…
Das Fanzit – Wacken Open Air – Dienstag
DtS: Ich halte mich erneut kurz. Das hätte ich wohl auch bisher vermehrt tun können; hoffentlich ist dir, lieber Leser, noch nicht langweilig geworden ob der vielen Details. Keine Angst, ab morgen geht es dann vermehrt wirklich um die Musik! Und auch mein Namensvetter Domi wird anreisen und ebenfalls das Wort ergreifen.
Mittwoch, 3. August 2022
Dutti: “Wackööööööööön!” – hach, wie haben wir diese Rufe vermisst. Zu keiner Zeit besteht die Gefahr, dass man nicht mehr weiss, wo man ist. Diese inbrünstig herausgebrüllten Buchstaben verhindern jegliche Anflüge von Demenz. Somit ist es halb so wild, wenn man seinen grauen Zellen am Vorabend mit dem einen oder anderen alkoholischen Getränk arg in Bedrängnis gebracht hat. Dieser Mittwoch beginnt allerdings völlig anständig mit Frühstück und Kaffee. Das Fassungsvermögen der legendären Bier-Pipeline können wir dann später wieder testen.
Meine heutige Hauptaufgabe wird ein Spagat zwischen der W:E:T und der Headbangers Stage sein. In diesen beiden Arenen werden während den nächsten zwei Tagen diverse metallische Gladiatorenkämpfe stattfinden. Der Mehrheit dürfte die Sache jedoch unter dem Begriff “Wacken Metal Battle” bekannt sein. Dabei treten junge Bands aus allen Ecken der Welt gegeneinander an. Den Siegern winken neben Ruhm und Ehre auch Kontakte zu Plattenlabels und Promotern, ein Zustupf fürs “Band-Kässeli” und allgemeine Unterstützung der Wacken Foundation. Vielleicht erlebe ich ja in den kommenden Stunden Auftritte der Legenden von Morgen – wer weiss? Zuerst müsste man für dieses Unterfangen aber überhaupt einmal in die Bullhead City-Zone kommen. Blöderweise stehen gefühlt alle Festivalbesucher vor den Eingangspforten, was – wie so häufig – gigantische Warteschlangen zur Folge hat. Gottlob klappt der Einlass verhältnismässig rasch. Ungeachtet dessen könnte man dieses Prozedere meines Erachtens noch besser regeln.
Plant My Bones – die Space Rocker aus Finnland – verpassen wir leider trotzdem… Ab der nächsten Kapelle sind wir dafür hundertprozentig mit von der Partie. Bis diese loslegt, bleibt Gelegenheit, um das neue Gebiet ausgiebig in Augenschein zu nehmen. Das monströse Zirkuszelt sucht man 2022 nämlich vergebens. Die Veranstalter haben sich dieses Mal für die Open Air-Variante entschieden. Solange das Wetter zahm bleibt, sehe ich in diesem Zusammenhang kein Problem. Zudem haben dank der offenen Fläche noch mehr Leute die Möglichkeit, sich die Performances auf den Battle-Bühnen reinzuziehen. (Anm. DtS: Die Überlegung hinter der Openairisierung der des City Circus ist offiziell ja vor allem die Ansteckungsgefahr im Zelt. Doch vernahm ich mehrfaches Munkeln, dass es diese Überlegungen nicht zuletzt wegen der von dir angesprochenen Kapazität schon vor der Pandemie gab. So oder so bin ich – obwohl zuerst skeptisch – sehr angetan von dieser neuen Lösung).
Domi: Mittwoch, wie immer der Anreisetag meinerseits. Seit 2009 – natürlich mit zwingendem Pandemieunterbruch – reise ich nach Wacken. Dieses Mal war die Freude natürlich grösser als sonst, denn einem treuen Fan des Festivals fehlt der Holy Ground natürlich nach mehr als 2 Jahren Abstinenz. Obwohl, auch die beiden Jahre, in welchen Wacken nicht stattfand, reiste ich trotzdem an, natürlich mit einem Kontrastprogramm und ich erlebte das Dörfchen Wacken mal leer und den Acker grün, auch das wars mal Wert (gezwungenermassen). (Anm. DtS: Dito, wir waren im September 2021 hier, weil die geplante Full Metal Cruise ab Kiel nicht stattfand und wir unsere Reise nach Hamburg schon gebucht hatten),
Am Morgen Landung in Hamburg, dann Transfer ins Hauptquartier und am Nachmittag wie immer Festivalbändel holen. Holy Moses, solche Menschenschlangen habe ich also seit 2009 noch nie gesehen. Meine mitgereisten Freunde standen rund drei Stunden für den Festivalbändel an, aus meiner Sicht nicht verständlich wie es dazu kommt. Meines Erachtens sieht man hier in der Organisation Bedarf ein paar Schrauben nachzuziehen. Dazu im Fanzit noch ein wenig mehr. Mit dem Mittwochabend hatte ich zuerst geliebäugelt, da Avantasia schon allein das Geld wert gewesen wäre, aber ich liess es dann trotzdem sein. Ab dem nächsten Jahr ist jedoch der Mittwoch ein weiterer Festival-Tag und somit fix eingeplant. Nach erfolgtem Bändel-Abenteuer zieht sich der Oldie unter den drei Journalisten wieder zurück ins Hauptquartier, um bei einem gediegenen Abendessen alte Geschichten auszutauschen und weiterhin in Vorfreude auf die kommenden Festivaltage zu schwelgen.
DtS: «Guten Morgen, Sonnenschein!» Sorry, Dutti, das musste sein. (Anm. Dutti: Aaarrrrggghhh!) So wie es aussieht, bin ich der Einzige, der heute beim neuen (und ab 2023 nicht mehr separat käuflichen) «Wacken Wednesday» mit von der Partie ist. Gekauft hatte ich das Ticket dafür ursprünglich für 2020, als noch Lindemann als Headliner angekündigt war. Zwei Jahre, zwei Verschiebungen und einen Headliner-Wechsel später bin ich also endlich hier und kann es kaum erwarten, den (zugegeben ziemlich umgebauten) inneren Teil des Holy Grounds zu betreten.
Auch ich stosse dabei jedoch an die Grenzen der Einlasskapazitäten, welche sich geradezu pervers in die Pläne der Besucher fressen. Ich erfahre von Metalheads, welche den halben Tag in der Bändchenschlange stehen und so sogar den Wacken Wednesday – wofür sie zusätzliche 66 Euro zahlten – verpassen; bei mir selber trifft es «nur» den eröffnenden Auftritt der Wacken Firefighters. All dies – die Verschlechterung gegenüber Vorjahren ist wirklich markant – müsste echt nicht sein, doch allzu viel will ich darauf auch gar nicht herumhacken…
Bandtechnisch stehen für mich einige Bands des Wacken Wednesday-Programms auf der Louder Stage, aber auch Ingrimm, Nothgard, Onslaught und Knasterbart auf dem Tagesplan. Ahoi, Wacköööööööönnn!!!
Wacken Firefighters, oder: Längere Wege und noch längere Wartezeiten
DtS: Okay, ein bisschen rumnörgeln muss trotzdem sein. Eine der Änderungen für dieses Jahr ist die Verlegung des kleineren Haupteingangs. Waren wir in vergangenen Jahren in wenigen Minuten vom Campingplatz A (jener ohne Autos und Generatoren) aus im Biergarten, Metal Market und auch Infield, dauert der Weg vom neu L genannten Campingplatz mindestens doppelt so lang. Was soll’s, das wussten wir ja bereits im Vorfeld und haben uns trotzdem für unseren Stammplatz entschieden…
… doch viel logischer erschiene es mir, einfach alle drei Stellen als Eingang zu nutzen. Damit würden sich die Besucherströme vom Campingplatz aufs Festivalgelände wohl deutlich besser verteilen und mit ein bisschen mehr Personal könnten auch die wirklich inakzeptablen Wartezeiten vermieden werden. Dabei spreche ich nicht von einigen wenigen Minuten, sondern Schlangen-steh-Sessions von einer halben Stunde und mehr. Schnelle Verschiebungen zum Beispiel von der Wasteland Stage zu den Hauptbühnen werden so zum Ding der Unmöglichkeit, kurze Abstecher ins Camp auch für «nahe wohnende» Wackengänger alles andere als attraktiv. Wenigstens muss man neuerdings nicht mehr durch eine zusätzliche Sicherheitskontrolle für die W:E:T und Headbanger Stages.
Was das Ganze nun mit den Firefighters zu tun hat? Nun, eigentlich sind wir ja mehr oder weniger pünktlich los im Camp. Doch beim Anblick der Schlange, welche sich zu einem Kreis mit riesigem Radius ausdehnt, vergeht uns echt die Lust. Hunderte, nein Tausende Menschen stehen Schlange für die Sicherheitskontrolle. Bis wir hier drin sind, ist der Auftritt vorbei… Enttäuscht schlendern wir zurück zum Camp, um uns auf den nächsten Gang zu den Bühnen vorzubereiten. Genug Zeit muss wohl die ganze Woche durch eingeplant werden… So, jetzt hab ich das Thema behandelt und halte diesbezüglich auch den Schnabel. Versprochen!
Dutti scheint derweil mit den Besuchen beim Metal Battle-Bühnen mehr Erfolg gehabt zu haben, nicht wahr?
The Overthrone
Dutti: Für die nächsten Stunden werde ich mich wahrscheinlich wie ein Tennisball fühlen, der in einem epischen Duell zwischen Roger Federer und Rafael Nadal immer wieder übers Netz hin und her gedonnert wird. Etwa so könnte man meinen Metal Battle-Marathon bildlich darstellen. Der erste Aufschlag gebührt den Schweden von The Overthrone. Ob es direkt für ein Ass reichen wird?
Das Quintett aus Stockholm erwischt einen tollen Start. Melodic Death Metal aus dem hohen Norden ist einfach stets ein sicherer Wert. Die Spielfreude steht den Akteuren in die Gesichter geschrieben. Und auch wir teilen diese Glücksgefühle. Endlich wieder Festivalstimmung! Wohltuend von A bis Z. Fronter Ernst Eklund ist ein Aktivposten und flitzt eigentlich auf der gesamten “Spielwiese” umher. Zu viele Turnübungen darf er sich allerdings nicht erlauben, denn alle Battle-Teilnehmer haben lediglich einen Slot von 20 Minuten zur Verfügung.
Setliste – The Overthrone
- Lifeless Awoken
- Unholy Born
- Bloodmoon
Orca
Dutti: Manila ist die Hauptstadt der Philippinen und gleichzeitig Heimatort der jetzt auf der W:E:T Stage auftretenden Equipe Orca. Exakt solche exotischen Abenteuer machen den Wacken Metal Battle für mich zu einem solch besonderen Event. Da sind diverse Musiker und Bands im Programm, die man sonst praktisch nirgends zu sehen kriegt. Für die Künstler selbst ist ein Gig auf dem in Schleswig-Holstein gelegenen Metal-Olymp eine unfassbar emotionale Angelegenheit (insbesondere für Protagonisten aus ärmeren Ländern und Gebieten). Stellvertretend dafür steht der Orca-Frontmann, der während seinen Ansagen ab und an den Tränen nahe ist. Musikalisch vermögen mich die progressiven Klangwelten seiner Gruppe dagegen nicht wirklich zu fesseln.
Kryn
Dutti: Anschliessend dürfen die knackigen Kroaten von Kryn ran an die Buletten (oder eher an die Cevapcici). Ihr progressiv angehauchter Modern Metal weist bedauerlicherweise Ladehemmungen auf und kommt erst nach einer Weile in die Gänge. Im Rahmen dieser konstanten Steigerung werden die Herrschaften immer besser. Ob diese positive Wende zu spät eingetreten ist, muss am Ende die zuständige Jury beurteilen. Die ultrakurzen Slots dieses Turniers bieten wahrhaftig kaum Spielraum für Fehler oder Unzulänglichkeiten.
V.I.D.A.
Dutti: Die nächste Formation startet mit ordentlich Dampf in ihr Set und scheint sich für ihr W:O:A-Gastspiel einiges vorgenommen zu haben. Es handelt sich hierbei um das Trio V.I.D.A. Der Bandname bedeutet ausgeschrieben “Víctimas Inocentes de Argentina”. Anlaufschwierigkeiten? Fehlanzeige! Da kannst du nur munter mitnicken und den wuchtigen Thrash-Attacken huldigen! Hat irgendjemand zufälligerweise einen staubigen Circle Pit bestellt? Jorge und Co. können auf jede Menge Unterstützung der zahlreich vertretenen und stets heissblütigen Fans aus Südamerika zählen (inklusive “Olé, olé, olé”-Rufen). (Anm. DtS: Das Phänomen der wilden Metalheads aus Lateinamerika ist einfach nur eindrücklich. Spätestens bei Crypta werde auch ich dies einmal mehr feststellen müssen…). Bisher ohne Wenn und Aber die stärkste Band des diesjährigen Wettbewerbs. Also das sind definitiv Anwärter auf einen Podestplatz – merkt euch meine Worte!
Nach dem Gig zeigen sich die drei Künstler alles andere als Publikumsscheu und mischen sich unters Volk, um die nach ihnen antretenden Truppen zu beobachten. Wir packen die Gelegenheit beim Schopf und wechseln ein paar Worte mit den Argentiniern. Glückwünsche für den sackstarken Abriss sind Pflicht! Ausserdem liegt sogar noch ein gemeinsames Erinnerungsfoto drin. Jep, momentan gehören wir fraglos zum Team V.I.D.A.
Impartial
Dutti: Vom südamerikanischen Kontinent wechseln wir zurück nach Europa. Aber Festland kann jeder – deshalb führt uns unsere Reise zu den Färöer-Inseln. Das musikalische Schaffen der nun loslegenden Mannschaft soll ideal zu den beeindruckenden Landschaften ihres Heimatortes passen. In meinem Notizblock werden nach der Darbietung “solider Core” hineingekritzelt stehen. Dem ist grundsätzlich nix hinzuzufügen. Da waren V.I.D.A zuvor glasklar überzeugender unterwegs.
Lycanthrope
Dutti: Hilfe, die Werwölfe sind los! Stolze 70 Stunden Anreiseweg mussten die in Down Under lebenden Lycanthrope zurücklegen, um hier auf dem Holy Ground aufspielen zu können. Allerdings überrascht es mich kein bisschen, dass Australien nun auch noch Heimat für hauptsächlich aus Horrorstreifen bekannte Wolfswesen ist. Was will man überhaupt anderes von einer Landmasse erwarten, welche über die so ziemlich tödlichste Fauna unseres Planeten verfügt?! Dort unten bedeutet ja schon das gefühlt kleinste Insekt den sicheren Tod!
In Wacken sollten die Überlebenschancen aber grösser sein, oder? Naja, sofern man keine Stauballergie hat, müsste alles glattgehen. Halstücher oder Schutzmasken sind effektiv auch bei der Show von Lycanthrope obligatorisch (andernfalls wird euch eure Lungen noch Wochen später verfluchen). Mit der Zeit sorgen die aufgewirbelten Partikel obendrein für eingeschränkte Blickfelder. Nichtsdestotrotz punkten die “Aussies” mit einer souveränen Leistung.
Speedemon
Dutti: Wieder so ein Bandname, bei dem man sich fast jedes Mal vertippt. Irgendwie will mein Verstand schlichtweg nicht kapieren respektive akzeptieren, dass da nur ein “d” steht. Der Speed / Thrash-Mix der Portugiesen ist durchaus anständig, aber die speziellen Augenblicke oder fesselnden Sequenzen bleiben trotzdem auf der Strecke. Allenfalls ist meine Aufmerksamkeitsspanne langsam ein bisschen erschöpft. Den ganzen Tag als fleischgewordener Tennisball zwischen den beiden Bühnen hin und her zu hüpfen geht keinesfalls spurlos an einem vorbei. Und da der heutige Tag sowieso nach einem Fünf-Sätzer mit anschliessendem Tiebreak aussieht, gönnen wir uns vor den weiteren Einsätzen lieber eine kurze Verschnaufsequenz in der nahegelegenen, gemütlichen EMP Backstage Area (immer empfehlenswert).
Wacken Wednesday – Los geht’s!
DtS: Dutti, geniess du ruhig deine wohlverdiente Pause! Du hast ja echt viele Newcomer ausgecheckt, während ich im Camp rumlungerte, um dann später frühzeitig ins Infield zu verschieben, dieses zu entdecken und mir einen guten Platz vor der Louder Stage zu sichern. Dort spielen nämlich gleich die ersten Vertreter des neuen Wacken Wednesdays. Diese hast du ja vor drei Jahren bereits im Rahmen deines geliebten Metal Battles auf der damaligen History Stage entdeckt. In Erinnerung sind sie dir bestimmt geblieben, schliesslich kehrten die Folk Metaller ja als Sieger zurück nach Lettland…
Doch zuerst kurz zu diesem Wacken Wednesday. Erwähnt habe ihn bereits mehrfach, doch was ist das nun genau? Nun, erstmals wurde dieser kostenpflichtige Zusatzevent für 2020 angekündigt und dann – zusammen mit dem gesamten Wacken Open Air – zwei Mal verschoben. Die Idee dahinter ist einfach: Die dritte Hauptbühne, die Louder Stage resp. frühere Party Stage, wurde aus dem Infield hinaus an den ehemaligen Platz der Beergarden Stage verfrachtet. Da, wo die Louder Stage früher stand, entstand ein grösserer Biergarten mit einer riesigen Leinwand, auf welcher die Konzerte der nahegelegenen Doppelhauptbühne – den Faster und Harder Stages – übertragen werden.
Somit finden dieses Jahr zum ersten Mal schon am Mittwoch Konzerte auf einer der drei grossen Hauptbühnen statt. Für den Zutritt zum Bereich der Louder Stage braucht es ein zusätzliches Bändchen am Armband, dessen Ticket man im Vorfeld für 66 Euro erwerben konnte. Die Organisatoren wollten wohl mit der Verschiebung der Bühne das bestehende Problem von sich überlagernden Soundteppichen der beiden gleichzeitig bespielten Hauptbühnen verringern, dabei den gewillten Metalheads ein Zusatzprogramm anbieten und dabei ein bisschen extra verdienen. Das Konzept war umstritten und wird mich auch heute nicht restlos überzeugen. Mit der Ankündigung der Daten für 2023 ist jedoch schon während dem Festival klar: Nächstes Jahr wird es den Wacken Wednesday in dieser Form nicht mehr geben. Stattdessen dauert neu das ganze Festival vier Tage (tat es ja vorher schon, einfach inoffiziell und ohne die Hauptbühnen), und ein Zusatzticket wird dann nicht mehr benötigt.
Varang Nord (Wacken Wednesday)
DtS: Doch genug der langen Rede; kommen wir doch endlich zum ersten Auftritt auf den Hauptbühnen. Dafür verantwortlich sind, wie bereits erwähnt, die lettischen Metal Battle-Gewinner von 2019. Die auf den malerischen Namen Varang Nord hörende Truppe habe ich damals leider verpasst, mir dann aber im Nachgang zum Festival zu Gemüte geführt. Moll, nicht schlecht, die Mucke!
Gespannt stehe ich also in den vorderen Reihen vor der Louder Stage, als der Gig beginnt. Hinter der Bühne hängt ein imposantes Backdrop mit dem Logo der Band, und ebendiese betritt die Louder Stage. In etwas gekleidet, das ich etwas salopp lettische Volkskleidung nenne, beginnen sie ihr zehn Songs starkes Set. Mannomann, die Abmischung leidet zwar in den ersten Minuten ein bisschen, doch die Letten haben echt was auf dem Kasten. Die Mischung von zum Tanz anregenden Folk-Einflüssen und bösem Metal funktioniert gut. Klar, das wissen wir ja auch schon von anderen Bands wie Korpiklaani… Die Wikingerschilde und der Schädel mit Geweih am Mikro von Fronter Jeļena Kaļniša runden den visuellen Teil des Auftritts perfekt ab.
Mich reizt der vertraute Umgang zwischen den Musikern, das Auftreten des Drummers und des Bassisten, ganz bestimmt aber auch des Fronters und der reizenden Alyona Kalnish am Akkordeon. Leider stehen dem heutigen Opener nur 45 Minuten zur Verfügung, welche viel zu schnell vergehen. Ich weiss schon jetzt: Wenn die Letten sich mal in die Schweiz verirren, werde ich am Start sein! Doch erstmal steht für sie, wie auch für uns, ein Abstecher nach Tschechien an, wo wir sie am Brutal Assault im Publikum entdecken. Oh, hätte ich das hier nicht ausplaudern dürfen? Für mich geht es als Nächstes hier auf der Louder Stage weiter; doch in der Zwischenzeit hat Dutti bestimmt noch mehr vom Metal Battle zu berichten.
Setlist – Varang Nord
- Stuojīs
- Cīņis Gors
- Pārķiuņa Uomurs
- Svietņeica
- Warchant of Forests
- Ale Warrio
- Beer and Vodka
- Beard
- Troļļs
- Karaveiri
Divide
Dutti: Um 15.10 Uhr melde ich mich vor der W:E:T Stage zurück zum Dienst! Das aus Kiel stammende Todesblei-Duo Divide bittet zum Tanz. Wie so häufig stellt sich bei einer solchen Konstellation die Frage, ob sie dieselbe Wucht wie eine vollbesetzte Gruppe erzeugen kann. Daniel Stelling (Gesang/Gitarre) und Moritz Paulsen (Drums) lösen das recht solide. Der Trommler nutzt dann auch die Gunst der Stunde, um seinen Unmut über das aktuelle Weltgeschehen zu äussern und erntet für diese Aktion tosenden Applaus.
Mythraeum
Dutti: Danach breitet sich trotz vom Firmament brennender Nachmittagssonne eine düstere Stimmung aus. “Schuld” daran sind die Amis von Mythraeum. Die mit Corpsepaint bemalten Antlitze verraten es bereits – die kommenden 20 Minuten stehen völlig im Zeichen der schwarzmetallischen Melodien. Ein packender Vortrag des San Diego-Quintetts! Beinahe ähnlich überzeugend wie die Performance von V.I.D.A. Hoffentlich liegt eines Tages ein Besuch auf helvetischem Grund im Bereich des Möglichen.
Almøst Human
Dutti: Die soeben auf den neben den Bühnen stehenden Videoleinwänden erschienene Schweizer Flagge erfüllt uns logischerweise mit Stolz. Der Vertreter unseres Landes darf endlich ins Geschehen eingreifen. Almøst Human setzten sich in der Vorausscheidung gegen Hellvetica, Irony Of Fate und Tyrmfar durch. Interessanterweise hätte ich jedoch lieber eine der anderen drei Kapellen auf dem Holy Ground gehabt… Nichtsdestotrotz verdienen die Romands ebenfalls ein paar Minuten unserer Aufmerksamkeit – das ist nur fair.
Der gespielte Extreme Metal ist dummerweise nach wie vor überhaupt nicht mein Fall. Das Ganze kommt ziemlich lasch daher. Deswegen liebäugeln wir bald mit einem Abstecher zu den Imbissständen. Feste Nahrung ist zwischendurch effektiv keine doofe Idee. Zudem klärt mich Saitenhexer Olivier Perdrizat später darüber auf, dass der Gig ohnehin von Beginn weg verflucht war. Kurz nach Basel sei ihnen ihr Bus abgelegen, dann bekamen sie lediglich sehr spärliche Informationen seitens der Organisatoren und während der Show gab’s obendrein einige Unstimmigkeiten mit den anwesenden Technikern. Hoffentlich heisst es am Ende nicht plötzlich: “Switzerland, zero points…!” (diese Schmach bleibt in der Regel unseren Eurovision Song Contest-Abenteuern vorbehalten).
Brothers Of Metal (Wacken Wednesday)
DtS: Oh no, schade, dass unsere helvetischen Vertreter am Metal Battle nicht überzeugen konnten. Wenigstens weiss ich nun, dass die Entscheidung, das Wednesday-Ticket zu nutzen und Brothers Of Metal zu besuchen, nicht verkehrt war. Power Metal aus Falun scheint irgendwie auch nie verkehrt zu sein…
Die Wege der schwedischen Metalbrüder haben sich mit den meinigen bisher erst einmal gekreuzt: am Rockharz Festival 2019. Diesen Auftritt habe ich in guter Erinnerung, und auch heute wird sich dieser positive Eindruck von der Band bestätigen. Die mit drei Gitarristen, zwei Sängern und einer Sängerin (plus Bass und Schlagzeug) sehr stark besetzten True Metaller nutzen die Möglichkeiten, die eine solche Besetzung ergeben. Mit ihrer vielschichtigen und doch zugänglichen Musik und vielen eingängigen Gesangsstellen haben sie das Publikum problemlos auf ihrer Seite. Dabei überzeugen auch die Schweden wie zuvor Varang Nord mit einer sympathischen Art und nutzen den einstündigen Auftritt auf der Louder Stage, um wohl den einen oder anderen neuen Fan für sich zu gewinnen. Kaum zu glauben, dass die Band ursprünglich nur als Parodie an klischeehaften True Metal gegründet wurde! Nach dem Auftritt begebe ich mich zu Ingrimm auf der Wackinger Stage, doch Dutti erlebt in der Zwischenzeit weitere Metal Battle-Granaten!
Setlist – Brothers Of Metal
- The Death Of The God Of Light
- Njord
- Prophecy Of Ragnarök
- Tyr
- Powersnake
- Brothers Unite
- Concerning Norns
- Yggdrasil
- The Other Son Of Odin
- One
- The Mead Song
- Defenders Of Valhalla
Badcast
Dutti: Nach einer weiteren Verschnaufpause ziehen wir uns das gelungene Herumgehampel von Badcast rein. Für meine Wenigkeit entpuppen sie sich als die bulgarischen Sickret. Da trifft viel Rap auf knallharten Metal (Grössen wie Body Count lassen grüssen). Im heutigen Billing fraglos eine willkommene Abwechslung. Der Mikrofonhüter trägt seine Shorts in altbekannter “Gangsta”-Manier auf Halbmast und ermöglicht dadurch sogar seiner Unterhose den einen oder anderen Abstecher an die frische Luft.
Eye Tea
Dutti: Meinen Einsatz als Tennisball lasse ich vorerst mit dem Auftritt der ukrainischen Rocker (Hard Rock / Grunge / Stoner) Eye Tea ausklingen. Schöne Geste, dass sie ihr zurzeit traurigerweise vom Krieg gepeinigtes Land an dieser Veranstaltung vertreten dürfen. Ein wichtiges Zeichen! Das von gitarrenlastiger Musik ausgelöste, friedliche Zusammenleben von Menschen aus jedem Winkel dieser Erde kann wahrlich nur als vorbildlich eingestuft werden. Davon könnte sich so manch mühseliger Zeitgenosse eine Scheibe abschneiden.
Die Herrschaften erreichen ein anständiges Leistungsniveau. Für die vorderen Ränge dürfte es aber wahrscheinlich trotzdem nicht reichen. Und ich habe beschlossen, mich endlich aus den Fängen der W:E:T und Headbangers Stage zu lösen. Schliesslich gibt’s hier noch jede Menge andere Spielwiesen zu entdecken. Wie wäre es beispielsweise mit einem Abstecher zu den ehrwürdigen Wackingern? Ich glaube nämlich, dass Domi the Stick bereits dort auf mich (und Ingrimm) wartet.
Ingrimm
DtS: Yepp, Wackinger meldet sich zur Stelle! Zuerst wollte ich eigentlich noch bei Gloryhammer, dem dritten Programmpunkt des Wednesday, vorbeischauen. Doch die Briten, die mit neuer Besetzung von Angus McFive unterwegs sind und die ich dieses Jahr bereits am Greenfield Festival begutachten durfte, scheinen verspätet unterwegs zu sein. Schade, dass hier nicht alles zu klappen scheint. Schlussendlich dürfen die Power Metaller – zumindest vernehme ich dies so – noch vier Songs zum Besten geben. Ich hingegen stehe schon lange vor der Wackinger Stage. Hätte ich bereits früher gewusst, dass es für Gloryhammer sowieso nicht reicht, hätte ich hier noch das Ende von Mr. Irish Bastard schauen können.
Doch Frust bei Seite! Nach dem letzten Freitag, als die bayerischen Folk Metaller das Skaldenwolf Festival in Leonberg geheadlined haben, bin ich absolut gespannt auf deren Auftritt. Ich bin schon lange ein grosser Fan von Ingrimm, wurde von ihrem Auftritt 2018 genau hier (damals mit René am Gesang) leicht enttäuscht, doch in Leonberg eines Besseren belehrt! Was die Regensburger unweit von ihrer Heimat abgeliefert haben und wie gut der neue Sänger Uli sich in die Truppe eingefügt hat, das ist zumindest teilweise Thema für einen separaten Bericht, der möglicherweise noch folgen könnte. Ob die Jungs es schaffen, auch hier und heute zu überzeugen?
F*ck, ja! Der äusserst solide Folk Metal mit viel Einsatz von Drehleier, Dudelsack und Flöten, aber auch bösen Schlagzeug-Attacken und potenten Growls ist genau das, was ich hier und jetzt hören will! Ich verstehe nicht, wieso diese Band nicht bekannter ist, abseits von kleinen Bühnen nicht mehr gefeiert wird. Das ist wirklich ganz grosses Kino!
Auch die Setlist – im Gegensatz zum Headliner-Gig am Skaldenwolf um einige Songs gekürzt – ist eine wunderbare Mischung aus den Äras aller drei Sänger. Die ‘neuen’ Songs von «Auf Gedeih Und Verderb» vergnügen genauso wie ältere Hits aus der Zeit von «Böses Blut» (ich sag nur «Die Pest»…) sowie meiner Lieblings-Ingrimm-Epoche um «Ihr Sollt Brennen» und «Todgeweiht». So ein «Teufelsweib», ein zum wilden Eskalieren anregendes «Skudrinka» oder das grandiose «Sag Mir Nicht». Leute, da kann man echt nicht nörgeln. Und trotzdem bleibt mir nach dem Auftritt dann eher der eingängige Refrain des neuen «König Der Idioten» hängen.
Ingrimm, ihr habt nun wirklich zweimal wahnsinnig geil geliefert! Es hat sich gelohnt, nach dem verpatzten Treffen mit Gloryhammer auch auf die Girls von The Iron Maidens, die Thrasher Suicidal Angels und die Glammer Bai Bang zu verzichten. Viel Zeit für dieses Lob bleibt mir allerdings nicht, denn auf der Louder Stage geht es gleich weiter mit Epica…
Setlist – Ingrimm
- Die Pest
- Albtraum
- Sturm Und Drang
- Skudrinka
- Himmel Und Hölle
- Teufelsweib
- König Der Idioten
- Klang Von Leder
- Tempus Fugit
- Mammon
- Sag Mir Nicht
- Hängt Ihn
- Vogelfrei
Epica (Wacken Wednesday)
DtS: Zugegeben: Wenn man die Bands des separaten Wednesday-Billings nicht zwingend sehen will, braucht man sich das zusätzliche Ticket echt nicht zu besorgen. Langweilig würde mir auch so kaum werden, könnte ich mich doch z. B. gerade jetzt auch mit Loudness (von wo uns Dutti gleich berichtet) oder Cadaver verweilen. Doch hab ich das Bändchen ja am Arm und so will ich dann auch kurz bei der Louder Stage vorbeischauen.
Epica waren in der Vergangenheit meist ein Garant für gute Live-Auftritte und haben mehrfach bewiesen, in den oberen Rängen des Symphonic Metals mitzuspielen. Negative Erinnerungen habe ich soweit nur von mangelhaften Abmischungen, welche ja oft eher nicht auf die Band zu schieben sind. Wegen einem kurzen Schwatz mit den Spielmännern von Ingrimm und dem weiten, heute dank Wednesday-Kontrollen noch etwas umständlichen und langen Weg zur Louder Stage verpasse ich den Anfang des Epica-Gigs. Doch schon von Weitem vernehme ich die glasklare Stimme von Simone Simons bei «The Essence Of Silence» und die musikalische Bombastik der Niederländer.
Highlights dieses Auftritts sind für mich der eben genannte Song, «Skeleton Key» und das finale «Consign To Oblivion». Es ist erst 21 Uhr, doch bei noch strahlender Helligkeit manifestieren Epica ihre Position als Subheadliner des Wednesday-Billings und machen Lust auf ihre Co-Headliner-Tour mit Apocalyptica (welche ich aufgrund von Terminkonflikten wohl leider verpassen werde).
Während ich mich zurück zur Wackinger Stage und den bereits spielenden Nothgard begebe, wollen wir kurz von Dutti lesen, was die parallel zu Epica spielenden Loudness geliefert haben…
Setlist – Epica
- Abyss Of Time – Countdown To Singularity
- The Essence Of Silence
- Victims Of Contingency
- Unchain Utopia
- The Skeleton Key
- Cry For The Moon
- Sancta Terra
- The Obsessive Devotion
- Code Of Life
- Beyond The Matrix
- Consign To Oblivion
Loudness
Dutti: Heieiei! Und schon stehe ich erneut vor der Headbangers Stage. Sonderlich lange hat unsere “Trennung” ja nicht Bestand gehabt. Der Grund für meine rasche Rückkehr sind die japanischen Schwermetall-Veteranen Loudness (für die ich sogar meine geliebte Simone aussen vor lasse). Seit über 40 (!) Jahren stehen die Herrschaften im Einsatz und zeigen weder Rostflecken noch sonstige Beschwerden. Ein packendes Set im Antlitz der untergehenden Sonne! Abermals gibt’s ein paar Circle Pits und unzählige Mähnenschüttler zu bestaunen. Soundtechnisch erinnert das Gezeigte an eine mächtige Allianz zwischen Accept und den Scorpions. Der Cap tragende Akira Takasaki ist ein waschechter “Guitar-Hero”. Unglaublich, was er mit seinen flotten Fingern alles aus seinem Spielgerät herauskitzelt. Loudness dürfen mich fortan sehr gerne zu ihren Fans zählen.
Um den Tag ausklingen zu lassen, wage ich mich nochmals zur Wackinger Stage. Ich möchte unter anderem der unter den Nägeln brennenden Frage nachgehen, ob es sich bei meinem Stammbaum wirklich um einen Kreis handelt.
Setliste – Loudness
- Intro – Rising Sun
- OEOEO
- Nihon No Kokoro
- Crazy Nights
- Like Hell
- Stand Or Fall
- Hunger For More
- Yamato Damashii
- In The Mirror
- CrazyDoctor
- D.I.
Nothgard
DtS: Halt! Die Geschichte mit dem Stammbaum und dem Kreis muss noch ein wenig warten! Nicht nur, weil sie erst gegen Ende des Knasterbart-Sets an die Reihe kommt, sondern auch, weil sich zuerst Nothgard auf der Wackinger und Onslaught auf der Wasteland eine Erwähnung im Bericht verdient haben.
Direkt nach dem Epica-Set habe ich mich auf den Weg zur Wackinger Stage begeben, wo Nothgard noch die zweite Hälfte des Sets offen haben. In dieser Richtung gestaltet sich der Weg einfacher und ab Donnerstag wird meine jetzige «Abkürzung» offiziell in beide Richtungen genutzt werden können. Von der näher am Infield gelegenen Seite nähere ich mich der Wackinger Stage und gopfertammi ist das laut hier. Wären da nicht die musikalischen Unterschiede, ich würde meinen, Motörhead stünden auf der Bühne und wollten ihrem Motto «Everything Louder Than Everyone Else» gerecht werden.
Auf der Bühne steht jedoch niemand anderes als Nothgard, die bayrische Band um Equilibrium-Gitarrist Dom. Die Melodeather, denen der ganz grosse Erfolg bisher vergönnt blieb, haben eine Stunde auf dieser Nebenbühne zu Gute und zeigen, dass Wackinger nicht nur Folk und Mittelalter können. Dom und Co. jagen ihren Melodeath lautstark (das ist nicht übertrieben, der Wumms ist wirklich ohrenbetäubend) via Lautsprecheranlage auf die headbangende Meute. Der Bereich vor der Bühne ist sehr gut gefüllt. Hoffentlich tragen all diese Leute einen guten Gehörschutz; das ist ja wirklich nicht normal…
Setlist – Nothgard
- Malady X
- Epitaph
- Dominion Of Cain
- Age Of Pandora
- Guardians Of Sanity
- Lightcrawler
- The Sinner’s Sake
- Fall Of An Empire
- In Blood Remained
- Blackened Seed
- Black Horizon
Onslaught
DtS: Ich bin wohl verrückt, mich jetzt im einstündigen Umbauslot der Wackinger Stage nach draussen zur Wasteland Stage und dann wieder zurück zur Wackinger zu drängen. Doch auch Onslaught sind mir Wacken-Playlist sei Dank im Vorfeld positiv aufgefallen. Dies traf auch auf Gwendydd zu und ich bereue noch immer, sie vorgestern verpasst zu haben. Verrücktheit hin oder her also, mindestens ein kurzer Abstecher bei den britischen Thrashern muss drinliegen.
Britischer Thrash? Anscheinend gilt die Band sogar als Pionierin davon und wurde als Teil der Big Four des britischen Thrashs bezeichnet. Hä? Dass da nicht allzu grosse Namen dabeistehen (Sabbat, Xentrix und Acid Reign?) und die Band «nur» einen Slot auf der Wasteland Stage bekommt, spricht wohl Bände diesbezüglich. Die Briten dominieren halt andere Subgenres und dürfen den grossen, bekannten Thrash den US-Amerikanern oder den Deutschen überlassen. Doch trotz allem! Was die Band aus Bristol hier liefert, ist schon cool! Und auch hier ist der Bereich vor der Bühne alles andere als schlecht besucht. Klar, es ist Mittwoch, für die Louder Stage musste man zusätzlich bezahlen, hier auf dem Campground kann man das eigene, günstige Dosenbier trinken und Live-Musik ist allemal spannender als im Camp zu versauern. Onslaught belohnen die Anwesenden – ob sie als grosse Fans oder wie ich aus Neugier hierstehen – mit sauberem Thrash Metal.
Knasterbart
DtS: Noch vor dem Ende des Onslaught-Sets kämpfe ich mich zurück ins Wackinger Village. Die Wartezeiten an den Eingängen sind unberechenbar (oder berechenbar lang?) und Knasterbart inzwischen kein unbekannter Name mehr. Zudem haben die Gossenjungs angekündigt, nach der jetzigen Festivaltour und einer Abschiedstour im Winter – der Name sagt’s – den Job an den Nagel zu hängen. Es rufen wohl Verpflichtungen bei den anderen Bands der einzelnen Musiker. Auch Versengold und Mr. Hurley werden immer bekannter…
Trotz allem habe ich diesen Auflauf vor der Wackinger Stage nicht erwartet… Ist denn gar niemand bei Avantasia, wohlbemerkt dem Headliner des Wacken Wednesday, oder bei The Night Flight Orchestra?! Ich suche mir auf der rechten Seite einen wirklich massiv seitlichen Platz und als die Gossenjungs die Bühne betreten, beginnt eine regelrechte Folk-Party! Die vielen «Gossenhauer» (hehe) à la «Mein Körper Ist Ein Tempel», «Kneipenschlägerei» und «Laich Mich Ein» sind ein Beweis für den kreativen Output, den Knasterbart verteilt über die Bandgeschichte lieferten. Wenn ich denke, dass ich die Jungs vor Jahren durch Zufall auf ebendieser Wackinger Stage (damals noch am alten Standort) entdeckte… Drei Dutzend Leute standen da und lachten ob dem vielen Mist, den die Gossenjungs besangen…
Highlights des Auftritts sind für mich jedoch ganz klar das viel zu früh gespielte «Sauf Mich Schön!», die zum wilden Tanz anregenden Covers in der Mitte des Sets sowie das von Dutti angetönte «Mein Stammbaum Ist Ein Kreis». Hä, könnt ihr das mit der Verwandtschaft noch einmal erläutern? Mit dem «Gossenabitur» und dem angehängten «Gossenabitanz» geht ein würdiger Auftritt und der ganze erste Konzerttag (kann man das schon so zählen?) zu Ende. Adieu, Knasterbart!
Setlist – Knasterbart
- Gossenhauer
- Sauf Mich Schön!
- Mein Körper Ist Ein Tempel
- Kneipenschlägerei
- Backpfeifensonate In D-Moll
- Cotton-Eyed Joe
- Ghostbusters
- Laich Mich Ein
- Mein Stammbaum Ist Ein Kreis
- Gossenabitur
- Gossenabitanz
Das Fanzit – Wacken Open Air – Mittwoch
Dutti: Ja, kann man! Der erste “richtige” Festival-Tag hatte es bereits massiv in sich. Im Rahmen des Wacken Metal Battle habe ich wieder viele interessante Kapellen kennengelernt und hoffe bei einige nach wie vor auf ein baldiges Wiedersehen. Insbesondere die Gaucho-Thrasher V.I.D.A. hinterliessen freilich bleibende Eindrücke.
DtS: Nach Knasterbart könnte man eigentlich noch kurz auf der Wasteland Stage bei Criminal (ihr erinnert euch, die Thrasher aus Chile, von denen Dutti sich gestern im Landgasthof überzeugt hat) vorbeischauen, oder dann bei der Feuershow «Devilsfire». Oder aber man macht es wie ich, quatscht mit Bekannten noch eine Weile im Wackinger Village und verzieht sich dann ins Camp zum Feierabendbier. Mit dem Tageshighlight Ingrimm, aber auch vielen guten Auftritten z. B. von Varang Nord, Epica und Knasterbart geht ein erster ereignisreicher Tag zu Ende. Dabei beginnt das Festival offiziell ja erst morgen…
Donnerstag, 4. August 2022
Dutti: Die Sonne versteckt sich zwar noch hinter einer Wolkendecke, aber die Temperaturen sind bereits wieder verdammt angenehm. Das könnte wahrlich ein von A bis Z optimales Wacken werden. Ja, ich geb’s zu – Sonnenschein und Staub sind mir lieber als Regen und Schlamm. Da hat bekanntermassen jeder seine eigenen Präferenzen. Einigkeit herrscht derweil beim Thema Frühstücksbier. Das liegt problemlos drin. Viel Zeit zum Herumsitzen bleibt aber nicht. Mein Kollege Benji möchte unbedingt Sable Hills sehen – und die gehen ganz unchristlich schon Punkt 11 Uhr an den Start. Na dann, nix wie hin zur Bullhead-Area, um der zweiten Wacken Metal Battle-Runde beizuwohnen.
Domi: Nun geht’s auch für mich los, der erste Festivaltag steht an. Ich schliesse mich Kollege Dutti an, es sieht danach aus, dass es ein schöner und sonniger Tag wird. Auch ich bin aus den letzten Jahren gebrannt von Schlammschlachten und kann gut mit den heutigen Wetteraussichten leben. Am Morgen noch lange im Bett gelegen, pünktlich zu Skyline auf dem heiligen Acker. Endlich geht’s wieder los und die Durststrecke hat ein Ende. Waaaaackennnnn, you’re my Love.
DtS: Auch ich melde mich nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht zurück. So erholsam wie Nächte im Zelt halt sein können, aber das Feldbett und die alljährliche Wahl des ruhigen Campingsektors helfen da schon mit. Auch für mich geht es bereits um 11 Uhr los, allerdings mit Torfrock. Sable Hills sagen mir (noch) nichts und Haggefugg muss hier zurückstecken. Zudem stehen heute für mich mehrheitlich Konzerte auf den Hauptbühnen an (dort soll uns übrigens eine kleine Überraschung erwarten), doch auch Mister Misery, Grailknights, Butcher Babies und viele andere Acts auf den kleineren Bühnen reizen… Wie immer versuchen wir, die Erlebnisse chronologisch zu ordnen, doch Sable Hills und Torfrock beginnen wirklich zeitgleich. Dutti, willst du loslegen?
Sable Hills
Dutti: Yes Sir, ich übernehme gerne! Leck mich fett! Die Japaner rütteln umgehend alles und jeden wach! Ein würziger “Breakdown-Zmorge”, der seinesgleichen sucht. Der Opening-Slot ist stets eine undankbare Angelegenheit. Doch das Quintett bekundet damit überhaupt keine Mühe. Die haben Energie für eine ganze Horde! Das Publikum lässt sich von der Performance sofort mitreissen und setzt zum Dauer-Jubel an. Die Prognose mag verfrüht erscheinen, aber ich würde den Jungs aus Tokyo die Favoritenrolle auf den Titelgewinn durchaus zutrauen. Sie könnten tatsächlich zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für die von mir so hochgelobten V.I.D.A. werden. Es bleibt spannend! Auch fliessen am Ende der Show fast wieder Tränen bei den Künstlern. Die Emotionen leben!
DtS: Ich kann es mir nicht verkneifen, hier auch noch kurz einzuhaken. Vom Auftritt der Japaner höre auch ich nur Gutes. Zum Glück bekommen diese am kommenden Dienstag einen Slot am Brutal Assault. Dort werden sie die erste Band sein, welche ich nach Anreise, Zeltaufbau und Bändchenumtausch beehre. Wenn sie in Wacken nur halb so viel Gas gaben wie in Jaroměř, dann haben die Jungs wirklich eine gute Chance auf den Titel verdient!
Katara
Dutti: Rumänien schickt Katara ins Rennen. Sie zocken Melodic Death Metal und fallen primär durch Sänger Arnold Biro auf, der sowohl Mikrofondienst hat als auch die Geige bedienen muss. Sicherlich keine alltägliche und eine teilweise gewöhnungsbedürftige Kombination. Die Darbietung ist okay, lässt aber trotzdem die ganz grossen Sprünge vermissen.
Torfrock
DtS: So, schalten wir kurz zu den Hauptbühnen. Obwohl, darf man die Louder Stage noch als solche bezeichnen, wenn sie ja gar nicht mehr im Infield steht und die Slots nicht mehr synchron zur Faster Stage, sondern verschoben zu den beiden «richtigen» Hauptbühnen verlaufen? Egal, auf jeden Fall sind jetzt hier Torfrock an der Reihe. Wir haben zwar genügend Zeit für den Gang ins Infield eingeplant, doch die Menschenmenge, die bereits um diese Zeit nach vorne will, gepaart mit der wirklich dürftigen Besetzung an den Sicherheitsschleusen, macht uns einen Strich durch die Rechnung. So verpassen wir dann die ersten paar Songs…
… was für mich aber auch nicht wahnsinnig schlimm ist. Man mag mir an die Kehle springen dafür, und bei anderen Bands nervt mich diese Einstellung, aber: Wenn ich ehrlich bin, bin ich vor allem für «Beinhart» hier. Klar, die Rocker um Klaus Büchner und Raymond Voss sind legendär und sorgen schon (für Festival-Verhältnisse) frühmorgens für Party vor der Louder Stage. Auch ich geniesse den unterhaltsamen Deutschrock, tue dies jedoch weit hinten, gemütlich mit einem ersten Bierchen in der Hand. Hätte ich etwas verpasst, wenn ich nicht gekommen wäre? Kaum. Hat sich der Besuch bei Torfrock trotzdem gelohnt? Absolut!
Zurück zum Metal-Dutti, wo Katara gemäss Dutti eben noch «die ganz grossen Sprünge vermissen liessen».
Setlist – Torfrock
- Feste
- Freie Bahn Mit Marzipan
- Die Butterfahrt
- Der Boxer
- Rollo, Der Wikinger
- Wildsau
- Hey Joe
- Die Bagaluten-Band
- Sommertid Blues
- Presslufthammer B-B-Bernhard
- Beinhart
- Volle Granate Renate
- Karola Petersen
Ludicia
Dutti: Komplett anders verhält sich das beim Konzert der von der indonesischen Insel Bali angereisten Ludicia. Hammermässige Nummer! In traditionelle Klamotten gekleidet, hauen sie uns ihren wuchtigen Deathcore respektive Death Metal um die Lauscher. Ein voller Erfolg! Meines Erachtens sind sie die nächsten Anwärter auf einen Podestplatz im Rahmen dieses Wettkampfs. Mit “Avontur” haben die Herren Anfang dieses Jahres ihr Debüteisen unters Volk gebracht. Hoffentlich werden noch viele weitere Platten folgen. An Talent mangelt es dem Quartett auf gar keinen Fall. Die Klampfen-Abteilung ist sackstark unterwegs. Die zwischendurch abgehaltenen Zeremonien sagen mir hingegen kaum etwas. Das nennt man dann wohl Horizonterweiterung.
DtS: Ha, beim Lesen deines Berichts fällt mir ein: Ich war ja auch da! Von der Louder Stage zieht es mich zum neuen Farmer’s Market, den ich begutachten möchte. Dabei passiere ich den Bereich der Metal Battle-Bühnen und bekomme einen Teil der indonesischen Action mit. Diese packt mich zu wenig, um länger hier zu bleiben, aber da ist durchaus eine enorme Energie zu spüren.
Komodo
Dutti: Der nächste Halt unserer metallischen Weltreise ist der Mittelamerikanische Staat Panama. Komodowarane sind zwar eher auf kleinen Inseln in Indonesien beheimatet, aber diese Truppe scheint ungeachtet dessen ein Faible für die Viecher entwickelt zu haben. Fronter Hugo Andrade sieht aufgrund seiner bemalten rechten Gesichtshälfte und der farbigen Kontaktlinse sowieso so aus, als würde er langsam selbst zur Drachenechse mutieren. Das könnte eigentlich ausgezeichneter Stoff für einen neuen Horror- oder Marvel-Film werden. Die metallische Super-Echse (aber da schweife ich wohl zu fest ab). Der präsentierte Thrash Metal ist jedenfalls nicht von schlechten Eltern.
Farmer’s Market
DtS: Die schnellen Wechsel beim Metal Battle machen es mir nicht einfach, gute Stellen für meine Wortmeldungen zu finden. Chronologisch gesehen bin ich aber schon wieder an der Reihe und möchte einige Worte zum Farmer’s Market verlieren.
Dieser scheint so etwas wie der Nachfolger der grossen Kaufland-Halle von 2019 zu sein. Ganz im Stil eines Wochenmarktes mit einzelnen Ständen gibt es hier vieles, was das hungrige oder durstige Metalherz begehrt: Die Dosenhelden sind anwesend und versorgen durstige Kehlen mit Getränken: Einzelne Dosen gibt es genau so wie 24er-Stiegen, gekühlt ist das Ganze ebenfalls und man kann sogar vorbestellen. Des Weiteren gibt es einen Bäcker, einen Stand mit Grillgut, einige Essensstände, einen Stand mit veganen Milchprodukten… Beim Stand von Saint Ginger (einem Ingwer-Zitronenlikör aus Hamburgs St. Pauli) gönne ich mir das Zeug im Aggregatszustand Slush Ice. Da meine Kollegin sowieso gleich zurück ins Camp läuft, genehmige ich mir auch gleich einen halben Liter des Likörs in der Glasflasche, um ihn nach Hause zu nehmen.
Dann geht es via Bullhead City (wo Komodo spielen und ich die Metal Battle-Moderationen von Maschine und ARE-Gitarrist Iván mitbekomme) und Wackinger Village (hier sind Reliquiae an der Reihe) zurück zu Corvus Corax auf der Louder Stage.
Corvus Corax: Era Metallum
DtS: Für die bewusste Entscheidung, etwas länger auf dem Farmer’s Market zu verweilen, werde ich hier abgestraft: Mannomann, welch coole Show liefern Corvus Corax mit ihrem «Era Metallum»-Projekt?! Die nach einem in der DDR zurückgelassenen Kolkraben benannte Mittelalter-Band hat 2022 nämlich ein Album geliefert, das zugegeben komplett an mir vorbeiging. Statt der üblichen sehr Mittelalter- und folklastigen Musik gibt es darauf «richtigen» Metal zu hören, bei welchem die Folk-Elemente natürlich weiterhin nicht zu kurz kommen.
Auch live wird genau dies geliefert: Das ist nicht einfach mit Folk angereicherter Deutschrock (wie man es z. B. Saltatio Mortis oder In Extremo vorwerfen könnte), sondern eine ausgewachsene, durchwegs durchdachte Folk Metal-Show, mit denen Corvus Corax ausserhalb ihres angestammten Reviers Territorium markieren. Das muss ich weiterhin verfolgen! Während ich für eine kurze Verschnaufpause zum Camp zurückkehre, stehen Dutti bei der W:E:T Stage und mein Namensvetter beim ersten Infield-Gig bereit…
Setlist – Corvus Corax: Era Metallum
- Gjallarhorni
- Sverker
- Béowulf Is Mín Nama
- La I mBealtaine
- Ragnarök
- Hugin & Munin
- Havfrue
- Víkingar
- Yggdrasill
Lamentari
Dutti: Wir harren gleich vor der W:E:T Stage aus und warten ungeduldig auf den Auftritt von Lamentari. Gegen 13.30 Uhr übernehmen die in schwarzen Roben und Kapuzen gekleideten Gestalten aus Dänemark das Zepter. Ihr Symphonic / Blackened Death Metal sogt bei meinem Kiefer für Bodenkontakt. Falls Behemeoth und Dimmu Borgir jemals gemeinsam einen unheiligen Satansbraten zeugen würde, müsste sich dieser mit grösster Wahrscheinlichkeit genau so anhören.
Der Kult sammelt mit seinem gelungenen Ritual massenhaft Punkte. Ein weiterer Beleg dafür, dass man an solch einem riesigen Festival ruhig auch einmal den kleineren Spielorten ein bisschen Aufmerksamkeit schenken sollte. Andernfalls könnte einem solch geniale Gruppen wie Lamentari vollumfänglich durch die Lappen gehen. Dem Sextett ist in Tat und Wahrheit ein Plätzchen in meinem Favoritenkreis sicher. Das dürte ein enges Kopf-an-Kopf Rennen mit den anderen Kontrahenten V.I.D.A., Sable Hills und Ludicia werden.
Skyline
Domi: Es ist Tradition, dass Skyline das Festival eröffnen – jedenfalls die Haupttage. Das ist auch heute so. Es herrscht bereits gute Stimmung auf dem Acker und die ersten Töne verhallen in lautem Jubel des Publikums. Ich persönlich spüre die Freude aller, dass endlich wieder ein Festival in dieser Grösse möglich ist. Die Stimmung ist ausgezeichnet und euphorisch. Ich stelle fest, dass die Organisation in den letzten beiden Jahren nicht untätig war und kleinere Feinheiten an der Organisation des Infields verändert hat. Letztendlich ist es aber wie immer, es gibt genügend Verpflegungsmöglichkeiten und die Wege sind immer noch gleich weit. Skyline ziehen ihr Set ohne Probleme durch und das Lächeln der Musiker ist Balsam für die Seele. Ein wunderbarer Start ins Wacken 2022.
Mister Misery
DtS: Nur eine Viertelstunde nach Skyline beginnen auf der W:E:T Stage Mister Misery, weshalb ich dieses Jahr auf Skyline, den Headliner der allerersten Wacken-Ausgabe, verzichte. Auf dem Weg vom Camp zur Bullhead City vernehme ich von weitem noch einige der Thundermother-Hymnen. Auch dafür liegt jedoch keine Zeit drin…
Vor der linken der beiden Bullhead-Bühnen hat sich schon eine beachtliche Menschenmenge versammelt. Die Gruppe von Untoten ist längst nicht mehr so unbekannt wie noch im Herbst 2019, als ich sie im Vorprogramm von Beyond The Black kennenlernte. Und wenn sie live inzwischen immer so abliefern wie noch im Juni auf der Full Metal Cruise (der Auftritt im Theater war wirklich eindrücklich!), verwundert mich die gewachsene Bekanntheit der Schweden kein bisschen.
Mit 45 Minuten steht Harley Vendetta, Rizzy und den beiden Alex kein ewig langer Slot zur Verfügung. Doch beklagen darf man sich hier wohl kaum, schliesslich ist sich die Bullhead-Doppelbühne vom Metal Battle einen viel schnelleren Schlagabtausch gewohnt. Die Horror Metaller – die Bezeichnung kommt von der Band selber – nutzen diese Zeit und liefern von Anfang an sehr stark ab. Sowohl Musik als auch die überzeugende Inszenierung dürften eine breite Masse ansprechen. Ich bin auch heute wieder beeindruckt vom Gezeigten (und von Rizzys Fähigkeit, stehend Schlagzeug zu spielen). Der Abschluss mit «Tell Me How», «My Ghost» und «Ballad Of The Headless Horsemen» krönt einen hervorragenden Auftritt. Gerne wieder!
Mir bleibt eine halbe Stunde bis zum Beginn von Hämatom, doch Dutti erzählt uns vorher über die gleich hier in der Bullhead City spielenden Mork.
Setlist – Mister Misery
- Mister Hyde
- Strangeland
- Buried
- Legion
- Clown Prince Of Hell
- Under The Moonlight
- Tell Me How
- My Ghost
- Ballad Of The Headless Horseman
Mork
Dutti: Nach meinem historischen Abstecher zu einer der Hauptbühnen folgt nun wieder die Rückkehr zur Headbangers Stage. Der Metal Battle ist vorbei. Von nun an steigen bloss noch die Vollprofis und erfahrenen Haudegen. Der nächste Akteuer vermöchte uns bereits am diesjährigen Dark Easter Metal Meeting in München zu beeindrucken. Ob sich das hier im hohen Norden Deutschlands wiederholen wird?
Absolut, ja. Mork rufen eine starke Leistung ab und stellen mit ihren grimmigen Zeilen die Herzen der anwesenden Black Metaller hundertprozentig zufrieden. Einzig der überraschende Gastauftritt von Kampfar-Sänger Dolk wird zum Reinfall, da sein Mikro durchgehend den Dienst verweigert. Ultra-schlechtes Timing für eine technische Panne… Allerdings gab’s bisher – den Göttern sei Dank – kaum etwas an der Soundqualität zu beanstanden. Das muss fairerweise ebenfalls erwähnt werden.
Hämatom (Berlin Set)
DtS: Nach einem kurzen Abstecher an einen der vielen Foodtrucks stehe ich nun seitlich vor der Louder Stage. Die Überraschung und meine Vorfreude waren gross, als die Veranstalter ankündeten, dass Hämatom nebst einem normalen Set (dazu mehr am Samstag) ein Akustik-Set mit Fokus auf dem Album «Berlin» spielen werden.
Man mag von Hämatom halten, was man will. Auch ich bin nicht mit jeder Entwicklung der Band und ihrer Musik völlig zufrieden und viele der Kritikpunkte sind wohl nicht völlig aus der Luft gegriffen. «Berlin» hingegen ist für mich einer der grossen Höhepunkte der jüngeren Hämatom-Geschichte. Die Scheibe mit dem vollen Titel «Berlin (Ein Akustischer Tanz Auf Dem Vulkan)» versetzt den Hörer während etwa einer halben Stunde zurück in die roaring twenties. Brassinstrumente treffen Neue Deutsche Härte! Oder so.
Mit «Die Welt Ist High» und einer gehörigen Portion Kritik am Weltgeschehen geht es los. Man darf sich fragen, ob so etwas am Wacken Open Air wirklich etwas verloren hat. Doch dies trifft auch auf Heino (bei Rammstein 2013), Otto und die Friesenjungs (2018) oder den morgen aufspielenden Allligatoah zu. Der Publikumzulauf vor der Louder Stage verrät: Irgendwie schon. Viele Metalheads schauen vorbei, vielleicht aus Neugier, vielleicht aber auch um das jazzige Brass-Set abzufeiern. So auch ich! Ost mit Akustikgitarre ist kein ungewohntes Bild, aber West am Kontrabass sieht schon spannend aus. Dazu «Berlin»-Hymnen wie «Tanz Auf Dem Vulkan», aber auch die drei eigens für dieses Set umgeschriebenen Hämatom-Songs «Ich Hasse Dich Zu Lieben», «Mörder» und «Kids» (welches wiederum ja eigentlich ein Marteria-Cover ist) versetzen das Publikum (und auch die Musiker) in Ekstase!
Pünktlich zum Ende dieses ersten Hämatom-Gigs ertönen auf der Harder Stage die ersten Dudelsacktöne von Grave Digger. Doch noch während der schnellen Verschiebung ins Infield tanzt es in meinem Kopf: Werft die Gläser an die Wand; die Welt ist ausser Rand und Band! Domi, beginn du schon mal, bitte.
Setlist – Hämatom (Berlin Set)
- Die Welt Ist High
- Beweg Dein’ Arsch
- Berlin
- Ich Hasse Dich Zu Lieben
- Au Revoir
- Mörder
- Kids (2 Finger An Den Kopf)
- Werft Die Gläser An Die Wand
- Tanz Auf Dem Vulkan
Grave Digger
Domi: Ich mag mich noch gut erinnern, als die Herren von Grave Digger auf Wacken bekanntgaben, dass sie nicht mehr weitermachen. Nun, sie sind immer noch da und bieten auch heute wieder eine sehr gute Show mit vielen Songs aus ihrer ganzen Karriere. Heute habe ich es wieder mal geschafft mir ein paar Songs zu Gemüte zu führen. Leider muss ich immer noch feststellen, dass es nicht ganz meine Wellenlänge trifft. Trotzdem; die Musik und der Gesang ist mehr als ordentlich und die Band sprüht heute sichtlich vor Spielfreude. Chris Boltendahl ist sowieso ein Dinosaurier, welcher nicht mehr aus der dieser Band wegzudenken ist. Aus Gründungsmitglied im Jahr 1980 hat er die Band über 40 (!!!!!) Jahre geprägt, absoluter Wahnsinn.
Übrigens ist Grave Digger auch wieder mit einem neuen Album am Start: Symbol of Eternity wird am 26. August veröffentlicht. Natürlich lässt es sich die Band nicht nehmen auch das neue Album zu promoten und entsprechend den einen oder anderen Track davon zum Besten zu geben. Die Totengräber sind als noch nicht fertig mit ihren Grabungsarbeiten und buddeln wacker weiter.
DtS: So, auch ich bin jetzt hier! Die aktuelle Show habe ich mir – in einer massiv kürzeren Version – vor einigen Wochen schon am Rockharz Festival gegönnt. Auch heute stehen die Totengräber aus Nordrhein-Westfalen nicht alleine auf der Bühne, sondern werden von «Baul Muluy Pipes & Drums» unterstützt. Die rund 60 Mitglieder starke Formation nimmt – natürlich nicht in dieser ganzen Stärke – auf der Bühne Platz. Doch wie auch schon beim Rockharz frage ich mich, ob man die vielen Dudelsackspieler respektive vor allem die Trommler nicht etwas dezenter im Hintergrund oder auf der Seite hätte platzieren können. Drummer Marcus Kniep geht ja förmlich unter… Doch will ich nicht jammern! Das Konzert macht trotzdem Spass, und Songs wie «The Heart Of Scotland» gewinnen durch die zusätzlichen Instrumente deutlich an Tiefe. Mit «Rebellion» und dem schnellen «Heavy Metal Breakdown» ist nach gut einer Stunde Schluss, und es geht auf der Faster Stage gleich mit der nächsten deutschen Heavy Metal-Legende weiter. Doch auf der Headbangers Stage spielen noch Vomitory, oder?
Vomitory
Dutti: Nach einer weiteren Stunde der Erholung geht’s auf der “Kopfschüttel-Bühne” mit einer nackenbrechenden Ladung Todesblei aus Schweden weiter. Dass Vomitory vor vier Jahren aus ihren Särgen hervorgekrochen und zurück ins Rampenlicht getreten sind, war eindeutig die beste Entscheidung der Band. Diese Death Metal-Dampfwalze will man freilich nie missen (und anders als es der Truppenname vermuten lässt, benötigt im Pit niemand eine Kotztüte). Dummerweise bekleckert sich die Soundqualität phasenweise wiederholt nicht mit Ruhm. Ansonsten passt aber alles. Die Ansagen werden hauptsächlich von Axtmann Peter Östlund übernommen, damit sich sein Kumpel Erik Rundqvist ausschliesslich aufs Röcheln fokussieren kann.
Liebe Kollegen, wie ergeht es euch so vor den Hauptbühnen?
Dirkschneider
Domi: Senior Dirkschneider beehrt Wacken einmal mehr mit seiner Anwesenheit, dieses Mal mit seiner Formation Dirkschneider. Einfach immer wieder unglaublich, was der German Tank bietet. Ein wunderbares Set mit aktuelleren und älteren Titeln hat er für den heutigen Tag zusammengestellt. Mich fasziniert die Persönlichkeit Dirkschneider einfach. Unzerstörbar, bodenständig, publikumsnah und auch heute wieder mit dem Gefühl, dass er auf der Bühne steht, um sein Bestes zu geben. Kritischerweise muss man bemerken, dass die Zeiten, in welchen seine Stimme die ganz höhen Töne genau traf logischerweise vorbei sind, aber ansonsten gibt’s nicht zu meckern. Die Meute geht mit, teilweise werden die Songs von Anfang bis Ende mitgesungen. Danke lieber Udo, dass du immer weiter machst, ganz grosses Kino.
DtS: Amen! In Sachen Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen trennt unseren Udo nicht mehr viel von Lemmy. Ich weiss, das sind grosse Worte, aber meiner Meinung nach völlig verdient! Mit derselben Formation wie bei U.D.O. (und ebenfalls seinem Sohn Sven hinter dem Schlagzeug) liefert der Schreiwürfel – wie immer, wenn «Dirkschneider» und nicht «U.D.O.» auf dem Line Up stehen – Accept-Song um Accept-Song. Zeile für Zeile, Riff für Riff. Von «Midnight Mover» über «London Leatherboys» zu «Fast As A Shark»… Udo Dirkschneider beweist: er ist eine Legende!
Setlist – Dirkschneider
- Starlight
- Living For Tonite
- Midnight Mover
- Breaker
- London Leatherboys
- Princess Of The Dawn
- Restless And Wild
- Son Of A Bitch
- Screaming For A Love-Bite
- Up To The Limit
- Metal Heart
- Fast As A Shark
- Balls To The Wall
Guardians Of Asgaard, oder: Amon Amarth
DtS: À propos Legenden: Eine 45-minütige Pause bei den Hauptbühnen ist verdächtig. Umso mehr, als Amon Amarth (oder war es das Wacken Open Air?) komische Teaser posteten. Was hat es mit den «Guardians Of Asgaard» auf sich? Kommt noch eine Amon Amarth-Tributeband vorbei? Und wo spielt diese, wenn es danach auf der Harder Stage mit Mercyful Fate weitergehen soll?
Die allerwildesten Vermutungen bestätigen sich schon während Dirkschneider, als mit Klettergurten gesicherte Techniker unter dem Wacken-Schädel rumklettern und letzte Vorbereitungen treffen. Dort oben, in luftiger Höhe, wurde dieses Jahr eine kleine Bühne aufgebaut, und tatsächlich ist da oben ein Überraschungsact vorgesehen!
Dieser Act ist niemand anders als Johan Hegg und seine Wikinger höchstpersönlich! Der Song «Guardians Of Asgaard» hält nicht nur als Deckname, sondern auch als Opener des Mini-Sets hin. Mit «Shield Wall» folgt ein weiterer Kracher. Habe ich schon erwähnt, dass über die ganze Breite der Doppelbühne Wikinger mit Schildern die Stellung halten? Auch der Titelsong des im August kommenden Albums, «The Great Heathen Army», wird gespielt. Es sei eine Live-Premiere, und Premiere überhaupt feiert auch das ebenfalls neue «Get In The Ring». Noch kurz «Pursuit Of Vikings» und die Überhymne «Twilight Of The Thunder God» und der Spuk ist wieder vorbei.
Zugegeben, gleich unter dem Schädel Platz zu beziehen, war wohl nicht so schlau von uns. Nackenverspannungen werden im Verlaufe des Tages erwartet… Aber das Mini-Set hat wirklich Spass gemacht! Die Promotion des neuen Albums ist geglückt und Bock auf die Co-Headliner-Tour mit Machine Head haben die Schweden auch gleich gemacht (siehe Review und Fotos vom Hallenstadion).
Jetzt aber schnell zur Wasteland Stage, wo für Dutti und mich die Grailknights und später die Butcher Babies auf dem Plan stehen. Domi bleibt derweil hier und berichtet von Mercyful Fate.
Setlist – Amon Amarth
- Guardians Of Asgaard
- Shield Wall
- The Great Heathen Army
- Get In The Ring
- The Pursuit Of Vikings
- Twilight Of The Thunder God
Grailknights
DtS: Dutti, ich bekome nur noch die letzten Songs mit, was habe ich verpasst?
Dutti: Macht ihr euch langsam Sorgen um eure Fitness? Den ganzen Tag herumstehen und Hopfentee in sich hineinschütten kann ja nur böse enden. Wobei – beim Beschreiten der Wege zu den jeweiligen Bühnen kommen am Ende des Tages dann schon einige zurückgelegte Kilometer auf dem Schrittzählerkonto zusammen. Wem das nicht genügt, kann nun auf der Wasteland Stage – welche ich in diesem Jahr zum ersten Mal besuche – nochmals jede Menge Schweiss verlieren. Und zwar mit einer intensiven “Grail-robic”-Einheit!
Richtig gelesen, wir unterstützen die Grailknights (auch bekannt als die metallischen Superhelden) in einer ihrer inzwischen unzähligen Schlachten gegen den fiesen Bösewicht Dr. Skull. Der alte Knochenmann hat es natürlich abermals auf den Heiligen Gral abgesehen. Zur Abwechslung ist dieser der Hauptpreis einer Art Olympiade, welche die beiden ewigen Rivalen absolvieren müssen. Selbstverständlich schaffen es die Ritter, so ziemlich alle Disziplinen siegreich zu gestalten. Und selbst wenn Dr. Skull einem Triumph nahesteht, wird er von uns gnadenlos ausgebuht. Wir sind notabene der “gutaussehende, muskulöse, geile Battlechoir”. Hach, diese schmeichelnden Worte des Anführers Sir Optimus Prime gehen runter wie Öl!
Im Finale kann ein Zweikampf zwischen den Rittern und Dr. Skull bestaunt werden. Dabei setzen beide Parteien auf gigantische Boxhandschuhe. Der Fiesling kriegt verdientermassen ordentlich auf die Mütze und zieht danach niedergeschlagen von dannen. Wir zelebrieren den glorreichen Erfolg derweil mit dem unterhaltsamen “Superhero Medley”. Eine rundum gelungene Darbietung der Grailknights. Einzig das übertrieben Zischen der Wasteland Stage-Flammenwerfer müsste nicht sein. Aber darauf habe ich meines Wissens schon in der letzten W:O:A-Review verwiesen.
Setliste – Grailknights
- Powaa!!!
- Muscle Bound For Glory
- Turbo Boost
- Laser Raptor 3D
- Cthulhu
- Grailrobic
- Pumping Iron Power
- Superhero Medley
Mercyful Fate
Domi: Endlich kommen Mercyful Fate auf den heiligen Acker. Als vor ein paar Jahren King Diamond alleine da war musste ich feststellen, dass mir die Falsett-Stimme von Kim Bendix Petersen gar nicht in die Ohren steigen will. Selbstreflektierend muss ich aber zugeben, dass ich vielleicht einfach zu wenig offen dazu war. Denn was Mercyful Fate heute abliefern ist episch. Die musikalische Fraktion spielt äusserst genau und ohne wesentliche Fehler oder Ungereimtheiten. Und King Diamond erlebe ich heute mit anderen Augen. Unglaublich was dieser Mensch für ein Flair hat mit seiner Mimik und Gestik die Musik und den Transport derer zum Publikum zu unterstützen. Zudem sind seine gesanglichen sowie auch theatralischen Fähigkeiten einfach ausgezeichnet. Ich konnte heute wirklich einen neuen Zugang finden und dieser „ehrenhaften“ Gruppe, welche seit den Achtzigerjahren wirklich die Szene geprägt haben, meinen Respekt zollen.
Butcher Babies
Dutti: Sommer raus, es ist Titten! So, da ich jetzt mit diesem anstössigen, inhaltlich nicht hundertprozentig korrekten Satz eure volle Aufmerksamkeit auf sicher habe, können wir getrost über die Performance der Butcher Babies sprechen. Tatort ist erneut die Wasteland-Bühne. Die Amis starten etwas verspätet in ihr Set, aber danach gibt’s dafür kein Halten mehr.
Die Formation bloss immer auf die (teilweise nicht ganz echten) Rundungen der Hauptprotagonistinnen Heidi und Carla zu reduzieren, ist irgendwie zu simpel. Keine Ahnung, weshalb sich viele Kritiker regelmässig auf diese Aspekte beschränken. Denn im Live-Gewand ist das Paket oftmals ein fulminanter Abriss. Das gilt auch für die heutige Show. Die Stimmung ist fantastisch, der Pit tobt und die Security-Mitarbeiter müssen eine regelrechte Armada von Crowdsurfern abarbeiten. Ob es bei den Konzerten der Hauptbühnen ähnlich intensiv zur Sache geht? Darauf würde ich nicht jedes Mal wetten.
Heidi, welche dank ihres Namens bei uns Eidgenossen sowieso auf ewig einen Stein im Brett hat, setzt wieder auf die rote Haarpracht. Und diese feurige Mähne scheint ihr gut zu tun. Sie wirkt befreit und gibt Vollgas. Heidi und Carla scheuen selbst den Kontakt zum Publikum nicht und wagen sich ab und an in Pit-Nähe. Ich freue mich jetzt schon auf ihre gemeinsame Tour mit Amaranthe und Beyond The Black!
DtS: Auch ich verweile bei der Wasteland Stage, um den Butcher Babies beizuwohnen. Meine Begleitung hingegen tritt, als die Babez nicht pünktlich beginnen, den mühsamen Weg Richtung Louder Stage an, um den Beginn von Gwar nicht zu verpassen. Wenn man so planen muss, läuft doch etwas schief, oder, liebe Orga?
Wer hingegen rein gar nichts anbrennen lässt, sind Heidi, Carla und ihre drei männlichen Instrumentalisten. Es ist mein erstes Zusammentreffen mit der Band (ausserhalb von Konservenmusik und Corona-Livestream) und ich bin fasziniert ob der gewaltigen Livemacht! Die kleine Bühne ist der ideale Ort für die US-Amerikaner, der Platz davor viel zu eng, die Stimmung kocht. Songs wie «It’s Killin’ Time, Baby!» (mit der furchtbar schlecht gespielten Ansage), «Yorktown» oder «Best Friend» lassen die Menge toben. Die Flammenwerfer, welche Dutti zuvor bei den Grailknights noch bemängelt hat, untermalen die wilde Stimmung. Immerhin scheinen sie jetzt wenigstens auf die Musik abgestimmt zu sein… Die Wiedersehen nächste Woche am Brutal Assault und im Herbst auf Tour sind Pflicht!
Rotting Christ
Domi: Mein heutiger „Gewinner“ des Tages. Ich schäme mich fast zu schreiben, dass ich die Griechen bis zum heutigen Tag zwar stundenlang durch meine Gehörgänge kriechen liess, aber leider nie Live gesehen habe. Heute war es also soweit und ich bin wirklich geflasht von Sakis Tolis und seiner Truppe. Unglaublich, was Rotting Christ am heutigen dunklen Abend auf der W:E:T-Stage für eine meditative und dunkle Stimmung hinzaubern. Man kann der Band natürlich vorwerfen, dass ihre Songs alle sehr ähnlich tönen und die Riffs immer wieder in der gleichen Endlosschlaufe gespielt werden. Aber genau, das macht für mich die Band aus. Durch die inbrünstige Stimme von Sakis wird die Musik, die Gitarren noch verstärkt.
Was mich zusätzlich heute noch freut ist, dass die Band nicht auf einer der grossen Stages spielt (obwohl die Menschenmenge, welche den orientalisch angehauchten Tönen lauscht locker auch einen grossen Teil des Infields gefüllt hätte). Aber durch die etwas kleiner Bühne und die grössere Nähe zur Band entsteht aus meiner Sicht eine ganz spezielle Atmosphäre, welche sich auf das Publikum übertragt. Die pechschwarze Nacht tut ihres noch dazu. Es kommt mir vor, als wäre ich an einer Messe und ich erreiche ohne Witz manchmal wirklich fast einen meditativen Zustand, wenn ich die Augen schliesse und mich der Musik hingebe. Dies schreit nach mehr und ich hoffe, wer diesen Bericht liest und den Gig auch miterlebt hat, wird mir beipflichten. Oder etwa nicht?
Gwar
DtS: Drüben auf der Harder Stage spielt bereits der Headliner des Tages – Judas Priest bekommen ganze zwei Stunden –, doch zuerst will ich bei Gwar vorbeischauen! Obwohl ich die Schockrocker schon seit Jahren kenne, blieben mir deren Auftritte leider vergönnt, und wenn ich sie jetzt sehe, kann ich sie entweder für immer abhaken, oder mutiere vielleicht sogar zum Superfan.
Mit «Let Us Slay» legen die Amerikaner los. Der Titel darf ruhig als Ansage dazu interpretiert werden, was uns nun während einer Fünfviertelstunde erwartet. Gewalt, jede Menge Kunstblut, übertriebene Effekte, sowohl politischer als auch sexueller Humor… All das wird auf der Louder Stage geradezu übertrieben zelebriert! Dem US-Präsidenten wird der Kopf abgeschlagen. Das Blut spritzt ins Publikum. Einer grotesken Stripperin werden die Brüste abgeschlagen. Das Blut spritzt ins Publikum. Weitere Körperteile fliegen. Körperflüssigkeiten spritzen ins Publikum. Ganz nebenbei ist auch die musikalische Unterhaltung dabei, und die ist nicht einmal schlecht! Gwar liefern in etwa das, was ich von ihnen erwartet habe. Als langjähriger Lordi-Fan bleibe ich trotzdem bei Team Lordi, und die Priest-Setlist bringt mich dazu, noch vor dem Ende von Gwar trotzdem zur Hauptbühne zu wandern… Ob ich Gwar nun abhaken kann? Definitiv! Festivalauftritte könnten weiterhin drinliegen, aber dafür an ein Konzert gehen? Vermutlich eher nicht…
Setlist – Gwar
- Let Us Slay
- Sick Of You
- The Salaminizer
- Hate Love Songs
- Mother Fucking Liar
- Womb With A View
- Meat Sandwich
- Saddam A Go-Go
- Berserker Mode
- Immortal Corrupter
- El Presidente
- Bring Back The Bomb
- Crush, Kill, Destroy
- Fuck This Place
- Ratcatcher
- If You Want Blood (You’ve Got It) (Cover: AC/DC)
Belphegor
Dutti: Meinen persönlichen Tagesabschluss bildet das Totenritual von Helmuth und seinen diabolischen Gesellen. Das Petruskreuz steht in Flammen und auch sonst geizen die Herren keinesfalls mit Feuereffekten. In der Nacht kommt all das zum Glück ausgezeichnet zur Geltung und hat definitiv die richtige Wirkung. An der zweiten Klampfe scheint ein neuer Mistreiter zu agieren, aber dessen Identität kann ich leider nicht eruieren.
Ansonsten wird einem das geboten, was man von einem Belphegor-Auftritt erwarten darf. Enttäuschungen sind Mangelware. Ausserdem werden uns ebenfalls neue Nummern der Marke “Virtus Asinaria – Prayer“ oder “The Devils” vor den Latz geknallt. Ein Zeichen dafür, dass der Ösi-Trupp noch längst nicht am Ende seines Lateins angekommen ist. Weitere Rituale und Zeremonien dieser Art sind wahrlich willkommen.
Domi: Auch ich war kurz bei Belphegor zu Gast. Übrigens das erste Mal in meiner Wacken-Geschichte. Schon oft habe ich den Klängen von Belphegor im Netz oder auf CD gelauscht. Die Band inmitten des üppigen Aufbaus auf der Bühne ist aber definitiv eine neue Erfahrung. Aus meiner Sicht ein würdiger Auftritt der Österreicher, welcher sehr authentisch und furchteinflössend daherkommt. Für die einen nur „Lärm“, meinerseits wirklich geiler Black-Metal vom Feinsten.
Setliste – Belphegor
- Baphomet
- The Devil’s Son
- Sanctus Diaboli Confidimus
- Belphegor – Hell’s Ambassador
- Stigma Diabolicum
- Conjuring The Dead
- Lucifer Incestus
- Virtus Asinaria – Prayer
- The Devils
- Totentanz – Dance Macabre
Judas Priest
DtS: Wer keinen Bock auf Judas Priest hat, dem werden zeitgleich genügend Alternativen geboten. Rotting Christ, Gwar, Eric Fish & Friends, Doyle, Maschine’s Late Night Show: Acts,so weit das Auge reicht. So erstaunt es auch nicht, dass keiner von uns Metalinsidern den ganzen Auftritt von Judas Priest mitbekommt. Zudem waren die Briten ja bereits 2018 als Headliner zu Gast, und schon damals hat nur Domi den ganzen Auftritt verfolgt.
Wenn wir schon von jenem Auftritt sprechen: Abgesehen davon, dass Glenn Tipton vier Jahre später nicht mehr auftritt, und von etwas Variation in der Setlist, erinnert der heutige Auftritt sehr stark an den vergangenen. Selbe Bühne, selbe Band, selber Legendenstatus. War ich vor vier Jahren von Anfang an dabei und verliess das Konzert für Feuerschwanz frühzeitig in Richtung Wackinger, verpasse ich heute den Priest-Beginn für Gwar und bekomme dafür den letzten Drittel mit. Ein Blick in die Setlist schon vor dem Konzert – den wage ich sonst nie – hat mir diese Planung erlaubt. Die Briten um Rob Halford, der seit einiger Zeit stolz seinen weissen Bart trägt, haben, wie es sich für eine Jubiläumtour gehört, eine abwechslungsreichere Setlist zusammengestellt, welche auch weniger oft gespielte Songs berücksichtigt. Für den geneigten Fan bestimmt ein willkommenes Zückerli, welches er möglicherweise schon an einem „eigenen“ Auftritt der aktuellen Tour konsumieren durfte (siehe Review und Fotos vom Hallenstadion).
Auch heute verlässt die Band die Bühne und Drummer Scott Travis zieht sein Spielchen durch. Das legendäre Drum-Intro zu «Painkiller» und in meinen Augen DER Priest-Hit schlechthin werden gespielt. Während den sechs Minuten Spielzeit beweisen Judas Priest auch nach mehr als fünfzig Jahren Bandgeschichte, was sie für die Metalwelt geleistet haben. Dafür darf man ihnen schon Respekt zollen. Auch der vier Songs starke Zugabenblock hat es in sich, und ich verlasse das Infield zu «We Are The Champions» zufriedener als 2018. Wobei, ich schrieb ja schon damals: Vielleicht wäre es mir damals genau so gegangen wie heute, wenn ich nur bis zum Schluss ausgeharrt hätte. Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, mit der Gwar-Priest-Kombi die richtige Wahl getroffen zu haben.
Setlist – Judas Priest
- One Shot At Glory
- Lightning Strike
- You’ve Got Another Thing Comin’
- Freewheel Burning
- Turbo Lover
- Hell Patrol
- The Sentinel
- A Touch Of Evil
- Victim Of Changes
- Blood Red Skies
- The Green Manalishi (With The Two Prong Crown) (Cover: Fleetwood Mac)
- Diamonds & Rust (Cover: Joan Baez)
- Painkiller
- Electric Eye
- Hell Bent For Leather
- Breaking The Law
- Living After Midnight
Das Fanzit – Wacken Open Air – Donnerstag
Dutti: Viel Sonnenschein, staubige Pits und zahlreiche, schöne Erlebnisse auf dem Holy Ground. Auch der Donnerstag vermochte zu überzeugen. Aus musikalischer Sicht stachen ohne Zweifel Sable Hills, Lamentari, die Grailknights und die Butcher Babies aus der Masse hervor.
Domi: Ja, Kollege Dutti, die Sonne habe ich heute auch in vollen Zügen genossen. Für mich ein sehr gelungener Einstieg in das Wacken-Festival. Für mich wie bereits beschrieben Rotting Christ mit dem Tages- bzw. Nachtpreis. Coole Eindrücke von Mercyful Fate gesammelt, Dirkschneider einmal mehr mit einem soliden Set.
DtS: Tageshighlights für mich waren die aufsteigenden Mister Misery, das spezielle Hämatom-Set, der Überraschungsgig von Amon Amarth sowie der Blast bei den Butcher Babies. Doch auch ‘ältere’ Bands wie Grave Digger, Dirkschneider und Tagesheadliner Judas Priest haben solide geliefert. Das darf die nächsten beiden Tage ruhig so weitergehen.
Freitag, 5. August 2022
Dutti: Echt? Sind wir tatsächlich schon am zweitletzten Tag des Open Airs angekommen? Die Zeit kennt diesbezüglich schlichtweg keine Gnade. Und der Himmel wirkt ebenfalls alles andere als erfreut. Drohen möglicherweise sogar die ersten Regentropen der diesjährigen Ausgabe? Da mein persönliches Bandprogramm erst um 12.30 Uhr startet, schlage ich die Stunden bis dahin mit Erkundungstrips tot.
Das Merchandise-Angebot der vertretenen Künstler will schliesslich auch einmal überprüft werden. Eventuell sind ja ein paar neue, brauchbare Sammlerstücke mit von der Partie? Leider gibt’s in diesem Zusammenhang nach wie vor den einen grossen Stand in der Nähe der Hauptbühnen. Keine Ahnung, weshalb die Organisatoren hier offenbar nie aufrüsten möchten. Klar würden da wahrscheinlich weitere, logistische Herausforderungen auf sie zukommen. Aber sicherlich nix, was eine solch routinierte Crew nicht irgendwie stemmen könnte.
Eine andere Frage, die mir seit einer Weile im Kopf herumschwirrt, ist diejenige nach dem Sinn (oder Unsinn) des Festivalmottos. In diesem Jahr steht dieses gänzlich im Zeichen des Horrors. Viel bekomme ich davon allerdings nicht mit. Gerüchten zufolge sollen irgendwo ab und an ein paar Zombiehorden herumschlurfen, aber mein Körperfleisch scheint bisher kein verlockender Magnet für die blutrünstigen Untoten zu sein. Meines Erachtens funktioniert auch alles problemlos ohne diese “Themen-Geschichte”. Oder sehen das meine Mit-Metalinsider allenfalls anders?
Domi: Für Dutti schon das Ende in Sichtweite, für mich erst der zweite Tag am Wacken (exklusiv Mittwoch) und deshalb noch lange keinen Blick vorwärts auf das Ende. Bezogen auf das Motto stelle ich wirklich – lieber Dutti – auch ein paar Fragen. Ich mag mich noch erinnern, als das Motto dazumals über die Screens flimmerte und da habe ich persönlich ehrlich auch mehr erwartet. Ehrlich gesagt, sehe ich nirgendwo auch nur einen Ansatz zur Verwirklichung des Mottos.
Allgemein muss ich nach dem musikalisch gelungenen Donnerstag trotzdem feststellen, dass organisatorisch dieses Jahr doch ein paar Mankos da sind. Schon allein das Anstehen für den Festivalbändel ist ein No-Go in dieser Zeitmenge. Zudem finde ich, dass aus meiner Sicht die Pandemie wohl ihre Spuren hinterlassen hat. Die Liebe zum kleinen Detail fehlt mir stellenweise. Dies habe ich den letzten Jahren anders erlebt. Auch glaube ich, dass das Verköstigungsangebot tendenziell abgenommen hat. Was ich auch nicht so toll finde, ist, dass der Metal-Markt ganz nach hinten verlegt wurde. Somit ist ein „drüberschlendern“ wie in den letzten Jahren nur noch bedingt möglich. Diese Zeilen hier sollen als konstruktive Kritik verstanden werden, insgesamt ist das Festival das Geld noch lange wert. Trotzdem finde ich, dass Kritik auch zur Verbesserung beitragen kann.
So nun aber ab in den Freitag. Es warten wiederum einige Schmankerl auf uns, lassen wir es krachen.
DtS: Hehe, die Zeit vergeht wirklich wie im Fluge. Der zweitletzte Tag dieser Metalwoche ist für Dutti und mich tatsächlich bereits der fünfte auf dem Holy Ground… Doch steht uns noch viel bevor: Mit Crypta startet mein Tag wieder früh und bis nach dem Feuerschwanz-Slot auf der Hauptbühne sind es vierzehneinhalb (!) Stunden. Da macht es mir gar nichts aus, wenn der Fokus auf die Konzerte und nicht noch auf ein Motto gelegt wird. Bei der von Domi angesprochenen Ankündigung war ich sowieso ein wenig skeptisch…
Bezüglich Mankos – dazu dann vielleicht im finalen Fanzit noch mehr – will ich Folgendes sagen: Ja, es gibt viele Dinge, die gegenüber Vorjahren nicht ganz so rund laufen. Doch allem Ärger zu Trotz: Jetzt, im Nachhinein, bleiben vor allem die unzähligen schönen Momente in Erinnerung, und die negativen Aspekte müssen halt als Anekdoten hinhalten. Trotzdem erhoffe ich mir, dass die Veranstalter sich die konstruktive Kritik zu Herzen nehmen und für 2023 etwas über die Bücher gehen… Doch lasst uns erst mal noch die letzten beiden Tage geniessen!
Crypta
DtS: Traditionell sind jeweils der Freitag und der Samstag lange Tage, da es weit über Mitternacht hinaus Konzerte gibt. Ich nehme es dem Planer der Running Order also nicht übel, dass ich heute nicht schon um 11, sondern erst um 12 Uhr bereitstehen muss. Auf dem Weg zur meinem Termin bei der Headbangers Stage vernehme ich aus dem Infield die Klänge von Blind Channel. Dort hätte ich auch gerne vorbeigeschaut, doch gegen Crypta haben die finnischen ESC-Teilnehmer bei mir keine Chance. Erst recht nicht nach dem, was die brasilianischen Mädels vor genau einer Woche in der Aarburger Musigburg abgeliefert haben!
Im Gegensatz zu vergangener Woche bin ich nicht nur ein bisschen pünktlicher ready, nein, auch die Band beginnt nicht schon eine Viertelstunde vor geplantem Beginn. So bekomme ich nicht erst «Kali» mit, sondern auch die beiden Nummern «Death Arcana» und «Possessed». Mit Genugtuung stelle ich fest, dass die beiden Ex-Nervosa-Mädels Fernanda Lira und Luana Dametto sowie ihre beiden Mitstreiterinnen Tainá Bergamaschi und Jéssica di Falchi eher sogar noch spielfreudiger unterwegs sind. Ein grosser Unterschied zu letzter Woche? Die Grösse der Bühne, der Abstand zu ebendieser – der Graben ist alles andere als schmal –, die regelmässig übers Publikum schwenkende Kamera. Letztere hat mich bei den Konzerten auf W:E:T und Headbangers Stage bereits mehrfach genervt, aber deren Aufnahmen sind bestimmt nicht von schlechten Eltern. Ach ja, fast vergessen: Die Menge der Besucher!
Wir dürfen nicht vergessen, dass erst Mittag ist. Und doch ist die Fläche vor der Headbangers Stage sehr gut gefüllt. Auffällig dabei ist die markante Präsenz von Latinos, welche mit brasilianischen, mexikanischen, chilenischen und weiteren Flaggen ihre Herkunft markieren. Inmitten dieser Menschenmenge bildet sich ein wahnsinnig spassiger Pit, zu welchem ich mich ebenfalls dazugeselle. Hier in der Mitte stört auch die Kamera weniger, und der Blick hoch zu Fernanda und Co. ist grandios. Diese fühlt sich wohl auf der Bühne und gibt – wie auch ihre Kolleginnen – alles! Dabei ist ihr anzumerken, dass auch sie wohl der Menschenmenge gerne ein bisschen näher stünde.
Viel zu schnell zieht die Zeit vorbei. Auf «Blood Stained Heritage» folgt die Ansage, Crypta würden wie ein Phoenix auferstehen. Und zwar «From The Ashes». Was für ein Brett! Die Menge tobt, nach den letzten Tönen vermischen sich Zurufe auf Deutsch und Englisch mit solchen auf Portugiesisch und Spanisch. Crypta haben es geschafft, mit ihrem Death Metal eine sehr internationale Menschentraube zu begeistern. Nicht für wenige dürfte dieser Auftritt das Highlight des Tages, des Festivals oder gar des Jahres darstellen…
Setlist – Crypta
- Death Arcana
- Possessed
- Kali
- Under The Black Wings
- Starvation
- Shadow Within
- Dark Night Of The Soul
- Blood Stained Heritage
- From The Ashes
Scardust
Dutti: Ich widme mich ebenfalls lieber wieder der Live-Musik. Die nächste Dosis davon kann man sich bei der Wackinger Stage abholen. Die Israeli von Scardust versuchen die Mittagspause der Metalheads mit progressiven und symphonischen Klängen aufzuwerten. Angeführt wird die Kapelle von der an eine aus dem Märchen “Tausendundeine Nacht” erinnernde Prinzessin Noa Gruman. Ihr Glitzer-Make Up trotz sogar wacker dem Regen. Die Growls und opernhaften Stimmlagen beherrscht sie wunderbar, wohingegen der Klargesang eher durchschnittlich ist. Der grösste Aktivposten auf dem Spieldfeld ist jedoch eindeutig Basser und Dauer-Grinsekatze Orr Didi. Diese Freude ist regelrecht ansteckend.
Lost Society & Therapy
DtS: Aus Neugier, und weil ich wirklich keinen Drang verspüre, Kissin’ Dynamite zu sehen, bleibe ich vorerst in der Bullhead City und gebe Lost Society eine Chance. Die finnischen… was ist das nun, Metalcore, Nu Metal? Die Finnen, um auf eine Genrebezeichnung zu verzichten, haben Bock und nutzen das von Crypta generierte Momentum, um die Anwesenden zu entzücken. Vor allem Fronter Samy ist kaum zu halten, doch mich überzeugt der Auftritt nicht so ganz. Wahrscheinlich bin ich einfach noch zu geflasht von Crypta.
Da ich sowieso nichts Besseres zu tun habe, schaue ich gleich noch bei Therapy? auf der Louder Stage vorbei. Auch die Rockband aus Nordirland kannte ich zumindest live noch nicht. Was hier gespielt wird, klingt jedoch spannend, und ich werde da in der Nachbearbeitung definitiv nochmals reinhören müssen! Zeitgleich befindet sich Dutti draussen bei der Wasteland Stage bei Black Inhale, richtig?
Black Inhale
Dutti: Korrekt, für die nächste Performance geht’s zurück in die post-apokalpytische Welt der Wasteland Bühne. Meines Wissens habe ich noch gar nie so richtig über deren Lage gesprochen. In diesem Jahr liegt sie und das dazugehörige Areal nämlich in der Nähe der Camping-Zone und ist somit für alle Besucher locker und geschmeidig zugänglich. Langes Anstehen und Security-Checks fallen hier weg. Und in Sachen Bands können durchaus immer wieder spannende Perlen entdeckt werden.
Der österreichische Groove-Express Black Inhale ist zwar nicht neu im Geschäft, aber trotzdem stets ein sicherer Wert. Zu Anfang zickt die Soundanlage leider ein bisschen herum, aber danach werden die anwesenden Nackenmuckis mit Schmackes attackiert. Der neuerdings kurzhaarige Fronter Raffael Trimmal punktet mit James Hetfield-Gitarre und schneeweissem Zahnpasta-Lächeln. Wie so viele andere Truppen freut sich auch das Quartett sichtlich darüber, uns endlich die in der Pandemiephase entstandenen Tracks vorspielen zu können. Die aktuelle Scheibe “Resilience” wurde Ende Mai 2020 unters Volk gebracht. Seither ist “Widerstandsfähigkeit” freilich zu einer verflucht nützlichen Eigenschaft geworden.
Lacuna Coil
DtS: Weil ich eh schon quasi im Infield stehe und dort noch Lacuna Coil den Abschluss ihres Gigs feiern, schaue ich da noch kurz vorbei. Die Mailänder haben die Ehre, auf der Harder Stage zu spielen und tun dies sehr souverän. Allzu viel kann ich darüber allerdings auch nicht erzählen, denn Sängerin Cristina Scabbia, ihren Vocals-Mitstreiter Andrea Ferro, den wie üblich geschminkten Diego Cavallotti sowie Marco und Richard bekomme ich wirklich nur noch während wenigen Minuten mit. Alles klar, auf zu Me And That Man, welche ebenfalls schon begonnen haben!
Me And That Man
Dutti: Den guten Nergal kennt man hauptsächlich als Behemoth-Anführer und Polens Lieblingsrebellen “numero uno”. Teuflische Schminke und wütende Schreie muss er sich allerdings für später aufheben. Zuerst darf der Herr seine bluesige, Country liebende Persönlichkeit ausleben – in Form seines Nebenprojekts Me And That Man. Auf kritische Aussagen oder kirchenverachtende Botschaften müssen die Fans jedoch auch hier nicht verzichten. Es kommt lediglich in einer etwas anderen Verpackung daher. Man möge an dieser Stelle die beiden Nummern “My Church Is Black” oder “Burning Churches” erwähnen.
In dieser Formation ist Nergal an Coolness kaum zu überbieten. Doch selbst ihm entlockt die zahlreich vertretene Zuhörerschaft ab und an ein Grinsen. Neben der Hauptattraktion überzeugt mich ebenfalls der kahlköpfige Tieftöner-Typ Matteo Bassoli. Starke Stimme! Beim Lauschen dieser Klänge entsteht in meinem Schädel so langsam ein vielversprechendes Band-Paket für einen fantastischen Abend. Oder was würdet ihr zu einer gemeinsamen Show von Me And That Man und Zeal & Ardor sagen?
DtS: Ja, ja, ja! Schwarzmetall mal anders! Mir bleibt zwar nicht ewig viel vom heutigen Auftritt von Me And That Man. Doch was ich sehe (und natürlich höre), gefällt mir! Dieser Eindruck bestätigt sich auch eine Woche später in Tschechien (ja, es sind nicht wenige Bands bei beiden Festivals vertreten). Me And That Man zusammen mit Zeal & Ardor? Auf jeden Fall!
Setlist – Me And That Man
- My Church Is Black
- Nightride
- Got Your Tongue
- On The Road
- Under The Spell
- Surrender
- Coming Home
- Love & Death
- Burning Churches
- Losing My Blues (mit Frank The Baptist)
- Run With The Devil
- Blues & Cocaine
Stratovarius
Domi: Ich gebe es zu: Ich habe nicht alles mitbekommen vom Stratovarius-Konzert, aber was ich mitbekommen habe, war wie immer Klasse. Schuld daran war ein anderer Metalinsider. Schön durfte ich meinen Namensvetter Domi treffen, hat Spass gemacht.
Aber noch kurz zurück zum Gig von Stratovarius; Eine Band die mich mit meinen mittlerweile 44 Lenzen schon eine Weile begleitet auf meinem musikalischen Weg. Es gab musikalisch gesehen mal Hochs und Tiefs aber gesamthaft betrachtet war die Karriere der Band eine Erfolgsgeschichte. Und was ich auch nach heute einmal mehr unterschreiben würde, ist, dass die Band live einfach eine Wucht ist. Teilweise schade finde ich, dass die ganz alten, epischen Songs praktisch nie mehr live dargeboten werden. Das ist schade. Aber ich hoffe weiter und freue mich auf das nächste Konzert, an welchem ich dann tendenziell wieder mehr mitbekomme 😉
DtS: Zurück zur Louder Stage, wo ich mit Domi auf ein Bierchen vereinbart bin. Auf dem Weg höre ich noch ganz kurz bei Clutch rein und stelle fest: Auch hierfür muss ich mir kommende Woche Zeit nehmen. Domi ist noch nicht hier, also noch fix einen Met mit Schuss geholt – ohne wäre er wohl köstlicher gewesen, aber man muss alles mal probiert haben –, und zurück zum Treffpunkt. Ja, die Aufmerksamkeit, die ich der Band schenke, leidet unter dem Gespräch mit meinem Namensvetter. War ja 2019 bei Airbourne eigentlich nicht wirklich anders.
Was ich bezüglich Stratovarius an dieser Stelle jedoch anmerken will: Die finnische Band habe ich erst einmal gesehen. Das müsste 2015 gewesen sein. Damals konnten mich die Power Metaller nicht wirklich abholen und seither war ich ihnen gegenüber eher skeptisch eingestellt. Wäre nicht Domi gewesen, wäre ich wohl – wie auch Dutti – bei Cattle Decapitation gelandet. Doch erstens kommt es anders und zweitens… ihr wisst schon. Stratovarius machen zumindest als Hintergrundmusik zu unseren interessanten Gesprächen Laune. Dutti, wie sieht es bei Cattle Decapitation aus?
Cattle Decapitation
Dutti: Nach der ruhigeren Sequenz bei Me And That Man muss nun wieder richtiges Geballer her. Gut zu wissen, dass gleich nebenan Cattle Decapitation loslegen werden. Da hören wir doch glatt einmal rein. Progressives Todes-Gegrunze wird einem mitten in die Kauleiste gedonnert. Ein bisschen mehr Abwechslung würde ich schon begrüssen, aber ansonsten ist das Dargebotene definitiv hörbar. Ununterbrochen werden Crowdsurfer nach vorne gereicht. Ungefähr in derselben Kadenz wie die maschinengewehrartigen Schläge, mit welchen David McGraw seine Felle quält.
Was mir nun endgültig ekelhaft auf den Sack geht sind die Kameraschwenkarme bei diesen beiden Bühnen. Ich verstehe ja, dass die Organisatoren tolle Aufnahmen hinbekommen möchten und auch den daheimgebliebenen Metalheads etwas bieten wollen. Aber wenn einem während des Gigs dieses Ding regelmässig die Sicht versperrt, kommt das unglaublich störend rüber. Könnte man das allenfalls nicht mit Drohnenaufnahmen oder ähnlichem Technikkrimskrams lösen?
Setlist – Cattle Decapitation
- The Geocide
- Vulturous
- Bring Back The Plague
- Forced Gender Reassignment
- Plagueborne
- Finish Them
- Time’s Cruel Curtain
- Death Atlas
Lucifer
Dutti: Heimspiel für Johanna Sadonis! Die blonde Sängerin hat deutsche Wurzeln. Ihr Ehegatte Nicke Andersson und die anderen Mitstreiter sind derweil allesamt in Schweden beheimatet. Gemeinsam reist das Quintett unter dem Namen Lucifer durch die Welt und bringt seit 2014 okkulten Rock unters Volk. Johannas hypnotisierendes Geträller zieht problemlos jeden in den Bann. Diese Tonfolgen laden effektiv zum Eintauchen und Davonschweben ein. Ich könnte ihren ins Mikrofon gehauchten Worten ohne Schwierigkeiten stundenlang lauschen. Ideales Vorabendprogramm.
Setlist – Lucifer
- Ghosts
- Midnight Phantom
- Wild Hearses
- Crucifix (I Burn For You)
- Leather Demon
- Archangel Of Death
- Bring Me His Head
- Deramer
- California Son
Hypocrisy
Domi: Peter Tätgren ist ja sowieso der Inbegriff von Umtriebigkeit und Rastlosigkeit im Metal-Sektor. Seine unzähligen Projekte, seine Tätigkeit als Musiker, aber auch als Produzent sind unfassbar. 2021 mit einem neuen Album auf der Bildfläche zurück (Worship) kommt Tätgren auf der Faster Stage heute Abend wieder zurück nach Deutschland. Die Band zeigt sich wie immer sehr spielfreudig und Peter ist wie immer in seinem Element. Leider schafft es die Band aber heute für einmal nicht mich ganz mitzureissen. Trotzdem werte ich den Auftritt als solide. Sowohl musikalisch wie auch gesanglich gibt’s aus meiner Sicht nichts zu meckern. Peter Tätgren wirkt aus meinem Empfinden heute einfach ein wenig müde. Vielleicht ist es dieser Umstand, welcher mir fehlt, um meinen Körper ufomässig abheben zu lassen. Oder habe ich zu viel erwartet? Die Setlist finde ich persönlich top ausgewogen und es gibt doch die einen oder anderen „Klassiker“ zum Mitgrölen, passt.
Alligatoah
DtS: Ich hab’s bereits gestern angetönt: Die Ankündigung von Alligatoah hat Wellen geschlagen und nicht jeder ist damit einverstanden, solche Acts auf einem Metalfestival zu beherbergen. Nach einer kurzen Verschnaufpause – zwischen Stratovarius und dem deutschen Rapper, welche dieselbe Bühne bespielen, besuche ich keine anderen Bands. So beobachte ich, wie die Menschenmenge vor der Louder Stage wächst und wächst und wächst. Plötzlich finde ich mich inmitten eines riesigen Getümmels wieder. So viel zum Thema, der Act würde nicht hierhin passen. Wie schon bei Otto und den Friesenjungs wäre wohl sogar die Wahl einer grösseren Bühne nicht unbedingt verkehrt gewesen.
„Und dann in die Tasten prügeln, als würd’ ich für Wacken üben“. Wacken-Erfahrung hat Lukas Strobel, wie der Musiker bürgerlich heisst, eigentlich ja schon. Immerhin stand er 2019 als Teil von Trailerpark zusammen mit Hämatom auf der Harder Stage. Nichtsdestotrotz macht er ernst und baut seinen Wacken-Auftritt mit obiger Zeile im Song «Nachbeben» ein. Doch erst mal geht es los mit «Monet» und «Ein Problem Mit Alkohol». Was ist das denn, hat Alligatoah wirklich eine Minibühne auf die Louder Stage bauen lassen? Und diese wird schleichend abgebaut, während er selber in edler Kleidung darauf spielt? In Sachen Lyrik und Live-Inszenierung kann man dem Typen wohl echt nichts vormachen. «Fuck Rock N Roll» ist dann vielleicht nicht das Lied, das am besten auf Wacken passt. Oder doch? Auf jeden Fall provokant und insgeheim habe ich sogar darauf gehofft.
Hab ich schon erwähnt, dass die Menge tobt? Schon kurz nach Beginn tun sich grosse Pits auf. Ich lehne mich weit aus dem Fenster, es ist ja „erst“ Freitag, aber: In Sachen Publikumsstimmung könnte das eines der grossen Highlights des Festivals werden. Wohlbemerkt, Crypta haben gut vorgelegt, Insanity Alert wird crazy und auf den Hauptbühnen werden noch Slipknot und Arch Enemy an die Reihe kommen… «Fick Ihn Doch», das etwas härtere «Hass», der böse Ohrwurm «Alli-Alligatoah»… Viel zu schnell geht es durch das Set. Auch das erwähnte «Nachbeben» kommt an die Reihe. Mit «Willst Du» – mit mir Drogen nehmen… das kennt ihr wohl, ob ihr wollt oder nicht – und «Wie Zuhause» beendet Alligatoah sein Set. Viel muss ich nicht sagen: Der feine Herr hat es seinen Kritikern, sollten sie sich zur Louder Stage getraut haben, allemal gezeigt!
Setlist – Alligatoah
- Monet
- Ein Problem Mit Alkohol
- Fuck Rock N Roll
- Lass Liegen
- Feinstaub
- Fick Ihn Doch
- Verloren
- Stay In Touch
- Du Bist Schön
- Hass
- Alli-Alligatoah
- Nachbeben
- Trauerfeier Lied
- Willst Du
- Wie Zuhause
Wind Rose
Dutti: Ein Kulissenwechsel wäre doch wieder einmal eine Idee. Also nix wie hin zur Wackinger Stage! Dort werden demnächst ein paar bärtige, nach Edelsteinen und anderen Reichtümern schürfende, bevorzugt mit Äxten kämpfende Fantasy-Figuren an den Start gehen. Diese fünf Herren stammen jedoch nicht aus dem “Herr der Ringe”-Universum, sondern aus der italienischen Toskana. Mir ist ehrlich gesagt nicht bekannt, dass man dort häufig Zwerge antrifft, aber ich lasse mich bekanntermassen gerne eines Besseren belehren. Diese Geschöpfe gelten ebenfalls als geschickte Baumeister und ich bin mir fast sicher, dass der Pisaturm bei ihnen keinesfalls in Schräglage geraten wäre.
Musikalisch gibt’s endlich eine Ladung Power und Folk Metal auf die Ohrmuscheln. Diese Stilrichtungen kamen in meinem bisherigen Band-Marathon leider eher zu kurz. Wind Rose können in diesem Zusammenhang aber rasch Abhilfe schaffen. Von Beginn weg ist die Party in vollem Gang. Einzig die Schiessbude von Federico Gatti dürfte man in Sachen Lautstärke ungeniert ein bisschen zähmen.
Mitgrölen und emsig Humpen vernichten ist bei diesen Stücken absolute Pflicht! Nummern wie “To Erebor” oder “Mine Mine Mine!” tragen ihren Teil dazu bei. Huch, sehe ich da etwa aufblasbare Spitzhacken im Publikum? Die Fans denken offenbar mit. Das Beste kommt wie üblich oftmals zum Schluss – so auch hier. Dieses “Diggy Diggy Hole” wird mich wohl oder übel fortan begleiten. Nana Mouskouri und ihr “Guten Morgen Sonnenschein” können schnurstracks verduften. Ich beherberge einen neuen Ohrwurm als Untermieter. Würdet ihr mir just in diesem Augenblick eine Schaufel reichen, würde ich mich mit grosser Wahrscheinlichkeit hochmotiviert bis zum Erdkern durchgraben. In diesem Sinne: “I am a dwarf and I’m digging a hole. Diggy diggy hole, diggy diggy hole!” (ihr könnt gerne mitsingen!)
Setlist – Wind Rose
- Of War And Sorrow
- Army Of Stone
- Drunken Dwarves
- Gates Of Ekrund
- To Erebor
- Together We Rise
- Mine Mine Mine!
- The King Under The Mountain
- Wintersaga
- Fellows Of The Hammer
- Diggy Diggy Hole (The Yogscast-Cover)
- Outro – Diggy Diggy Hole (Dance Remix)
Behemoth
Domi: Nergal und seine Mannen sind auf dem Wacken-Festival eigentlich auch schon Stammgäste. Was ich aber einmal mehr einfach nicht verstehen kann oder will ist, dass sie aus meiner Erinnerung immer Slots erhalten, welche bei Tageslicht oder bei Einbruch der Dunkelheit platziert sind. Dies trübt für mich das Erlebnis stark. Ich würde beliebt machen die Herren mal in der tiefsten Nacht spielen zu lassen. Ich glaube das würde wie die Faust aufs Auge passen. Schade, dass ich das hier am Wacken-Festival bis jetzt nicht erleben konnte.
Trotzdem treten die Polen routiniert und überzeugend wie immer auf und feiern ihre dunkle Messe auf dem Infield des Festivals. Ich finde es immer wieder eindrücklich wie viel Publikum diese Band vor die Bühne zieht, obwohl sie ja nicht den Geschmack aller Anwesenden trifft. Die Show als solches trägt nebst Gesang / Gegrowl und der tighten Gitarrenfraktion ihres zu einer Wucht von Hass und Wut bei. Die schwarze Messe wird in allen Feinheiten und episch wie immer gefeiert.
Seien wir auch glücklich, dass es die Band überhaupt immer noch gibt. Es könnte – nach der Krankheit von Nergal – auch anders sein. Die Band hat auch in diesem Jahr noch ein Geschenk an ihre Fans. Am 16. September wird ein weiterer Hassbatzen der Band erscheinen.
DtS: Hehe, Black Metal bei Tageslicht bleibt auch ein Dauerthema. Heute stört mich dieser Umstand weniger als auch schon. Entweder habe ich mich damit abgefunden, oder ich bin noch geflasht von Alligatoah (was für ein Stilbruch!), oder Behemoth machen ihren Job einfach saugut! Wahrscheinlich von allem ein bisschen. Dass ich dann fast eine halbe Stunde auf ein Getränk warten muss, finde ich viel ärgerlicher als zu viel Tageslicht bei Black Metal. Dabei stehen gar nicht so viele Leute am Getränkestand. Stellt sich heraus, dass das Personal gar nicht richtig eingearbeitet wurde. Hä, es ist Freitag? Leute, so nützen euch auch Bier-Pipelinie und Abfüllmaschinen nicht viel… Zum Glück bleibt dieser Vorfall eine Ausnahme und diesbezüglich tue ich es einmal mehr: Nörgeln auf hohem Niveau!
Soen
Domi: Ich muss lachen, schon wieder ein Gewinner des Tages, welchen ich heute zum ersten Mal (aber sicher nicht zum letzten Mal) live sehe. Ich find’s immer wieder spannend, dass man eine Band zum Beispiel über Spotify ab und zu hört und eigentlich nichts dabei empfindet und dann sieht man die Band live und es haut einen fast aus den Schuhen.
Das ist heute bei mir bei Soen passiert. Metal-Supergroup hin oder her, was Soen musikalisch bietet, ist einfach ganz grosse Klasse. Die eher melancholische angefärbte Musik kombiniert mit progressiven Elementen und dem feinfühligen Gesang von Joel Ekelöf hat mich heute ins Paradies katapultiert. Ich habe doch einige Stimmen gehört, welche bemängeln, dass die Songs zu eingängig und ohne Kanten und Ecken wären. Das trifft den Nagel ehrlicherweise auch auf den Kopf. Aber genau diese Mischung machts für mich aus. Wieso muss es Ecken und Kanten haben? Wieso darf es nicht eingängig sein?
Ich werde mir das neue Album Atlantis, welches am 18. November auf den Markt kommt auf alle Fälle kaufen. Trotzdem denke ich, dass Soen weiterhin eine kleinere Nische bedienen. Die Musik ist trotz grosser Eingängigkeit dann doch nicht massenkompatibel oder sogar für Charts bestimmt. Heute haben die Dänen aber wirklich gerissen. Es war auch nahezu kitschig beim Auftritt. Die Sonne am Untergehen, die Bühne in das orange des Sonnenuntergangs getaucht. Himmlisch…. (Anm. Dutti: Die ideale Stimmung für diesen genialen Soen-Auftritt!)
In Extremo
DtS: Im Infield geht es nach Behemoth mit In Extremo weiter. Die Mittelalter-Rocker aus Berlin haben sich in der Vergangenheit als Garant für eindrückliche und stets unterhaltsame Shows mit anschliessender Heiserkeit erwiesen. Doch irgendwie holen sie mich heute nicht wirklich ab. Am Rockharz Festival habe ich diesen Umstand noch auf meine Müdigkeit geschoben, doch da muss fast mehr dahinter stecken… Könnte aber gut auch an mir liegen, schliesslich hat die Menge vor der Faster Stage sichtlich Spass. Doch vor allem gegen Ende des Sets bildet sich nebenan vor der Harder Stage eine grosse Menschenmenge, welche auf den heutigen Headliner zu warten scheint. Auch ich verschiebe schon kurz vor der Umbaupause, um mir einen guten Platz für Slipknot zu schnappen.
Setlist – In Extremo
- Intro: Wintermärchen
- Troja
- Feuertaufe
- Vollmond
- Kompass Zur Sonne
- Unsichtbar
- Liam
- Quid Pro Quo
- Lieb Vaterland, Magst Ruhig Sein
- Rasend Herz
- Sängerkrieg
- Sternhagelvoll
- Frei Zu Sein
- Störtebeker
- Spielmannsfluch
- Pikse Palve
The Rise Of Mictlan
Dutti: Ich stiefle erneut in exotischen Gefilden umher. Dieses Mal gibt’s mexikanischen Schwarzmetall zu bestaunen, der als eine Art schamanistisches Ritual in Szene gesetzt werden soll. Definitiv keine alltägliche Angelegenheit. Der riesige Kopfschmuck des Frontmannes ist freilich ein Blickfang. Hui, die Azteken erobern gerade die Wasteland Stage. Allerdings vermag ihre Show nicht von A bis Z zu überzeugen. Hochs und Tiefs wechseln sich ab. Dafür ist der abendliche respektive nächtliche Slot optimal für diesen Sound.
Slipknot
DtS: Zeitsprung: Halloween 2019. Knapp zwei Monate nach der XXX-Edition (das Jubiläum, was denkt ihr denn?) des W:O:A. Slipknot wird als Headliner für 2020 angekündigt. Endlich – viele Metalheads wünschen sich das schon lange – schaffen es die maskierten Nu Metaller aus Iowa an unser geliebtes Metalfestival im hohen Norden! Dabei stehen sie auf vielen Plakaten über den ebenfalls angekündigten Headlinern Judas Priest und (ursprünglich noch) Amon Amarth und (für den Wacken Wednesday) Lindemann. Wie viele andere Bands können Slipknot über zwei Jahre hinweg ins 2022er Line Up gerettet werden und stehen auch hier – je nach Version des Plakats – über den weiteren Headlinern oder zumindest leicht davon vorgehoben. Positionen, die in den letzten Jahren Grössen wie Iron Maiden und Rammstein vorbehalten waren. Ob Corey Taylor und Co. sich diesen Platz verdient haben?
Um es nochmals kurz zu erwähnen: Das Infield ist rappelvoll! Ich stehe zwar so weit vorne, dass ich das nur bedingt beurteilen kann, doch Einspieler auf den Screens, Erzählungen nach dem Konzert und Videoaufnahmen supporten diesen Eindruck. Mit einem Kracher, der (auf verschiedenen Festivals aufgenommen) noch Wochen später Social Media flutet, geht es los: Der Vorhang mit dem Bandlogo (üblicherweise hängt da während dem Umbau ja das Wacken-Logo) verdeckt noch die Sicht auf die Bühne. Die DJ-Einspieler von «Disasterpiece» – in meinen Augen der coolste Song dieser Band – ertönen. Gitarrenriffs, Drums, Percussion. Mit Coreys “Nobody stop me!” wird der Vorhang von oben mittig eingesaugt; die Sicht auf die Bühne wird frei; das Infield tobt. Nach diesem astreinen Start lässt das Neunergespann nichts anbrennen und haut Hit für Hit raus. «Wait And Bleed», das noch junge «All Out Life», «Sulfur»…
Dann erklingt die Coreys tiefe Redestimme und breitet sich über den Köpfen der zahlreich anwesenden Metalheads aus: I’ve been waiting my hole f*cking life to say these words: Good eveniiing, Wackeeeen! Auch der erst vor kurzem veröffentlichte «The Dying Song» schafft es ins Programm. Die Band liefert das, wofür sie bekannt sind: Wilde, energiegeladene Shows. Ich selber bekomme vor allem das mit, was auf der linken Bühnenseite passiert. Der linke Percussion-Turm thront hoch über mir, unten sausen abwechslungsweise die “mobileren” Bandmitglieder durch. Als Schlagzeuger liegt mein Fokus zudem auf dem, was Drummer Jay Weinberg und die beiden Perkussionisten – der Clown Shawn Crahan und Michael Pfaff – bewerkstelligen. Dabei ist nicht nur verdammt eindrücklich, was sie spielen, sondern auch, was sie eben nicht spielen. Bei neun Musikern können eben nicht alle konstant reinbrettern. Nein, man muss sich gegenseitig Platz lassen und wie gut Slipknot dies tun, fällt mir heute erneut auf.
Es geht hochkarätig weiter. Ich werde jetzt nicht jeden Song aufzählen (dafür gibt es untenstehende Setlist), doch: Könnte ich ein Slipknot-Set zusammenbauen, gäbe es nur sehr wenige Differenzen. «The Heretic Anthem», «Custer», «People = Shit». Ich bin begeistert. Ah, doch, eine Änderung hätte ich: Wenn man als Headliner 105 Minuten Spielzeit bekommt, dann nutzt man die auch! Stattdessen dauert der Auftritt bedauerlicherweise nicht einmal eineinhalb Stunden. Über 20 Minuten vor geplantem Ende ist Schluss. Die Leute zufrieden, aber verdutzt.
Im Nachhinein wird spekuliert, ob der Gig aus Sicherheitsgründen abgebrochen wurde. Von vielen Seiten hört man, wie agressiv die Stimmung gewesen sei. Wie eng es gewesen sei; das Infield sei geschlossen worden. Abgesehen von etwas Gedrücke und dem einen oder anderen mühsamen Crowdsurfer bekomme ich davon nicht viel mit. Wenn die Situation wirklich kritisch war, war ein vorzeitiger Abbruch vielleicht die beste Lösung. Doch es bleiben Gerüchte; vielleicht war auch gar kein längerer Auftritt geplant.
Wie dem auch sei: Slipknot haben in Sachen Stimmung und ausgelöster Publikumsaktivität – die ganzen Pits sehe ich erst später in Videos – bewiesen, wie wohl sie sich mit dem Job des Überheadliners fühlen. Mit knapp vierzig Minuten Zeit entschliesse ich mich, vor The Halo Effect noch kurz nach draussen zu Mantar zu gehen. Doch halt, meine Mitschreiberlinge waren doch noch bei Phil Campbell?
Setlist – Slipknot
- Disasterpiece
- Wait And Bleed
- All Out Life
- Sulfur
- Before I Forget
- The Dying Song (Time To Sing)
- Dead Memories
- Unsainted
- The Heretic Anthem
- Psychosocial
- Duality
- Custer
- Spit It Out
- People = Shit
- Surfacing
Phil Campbell And The Bastard Sons
Dutti: Lemmy und Wacken – eine ganz besondere Liaison. Mittlerweile weilt der legendäre Mister Kilmister traurigerweise schon länger nicht mehr uns. Nichtsdestotrotz bleiben sein Geist und seine Kunst ziemlich sicher auf ewig mit dem Holy Ground verknüpft. Zudem wird er in den bevorstehenden 75 Minuten auf der Louder Stage garantiert würdevoll geehrt. Klampfer Phil Campbell und seine Söhne haben nämlich ein exklusives Motörhead-Set nach Wacken gebracht und möchten damit die gigantischen Lautsprecher zum Glühen bringen. Das Mikro hütet neuerdings Joel Peters. Mal schauen, was der Nachfolger von Neil Starr zu bieten hat.
Mein innerer Motorenkopf grinst über beide Backen. Was für eine fesselnde Show! All diese prägenden Hymnen nochmals im Live-Gewand erleben zu dürfen, ist wirklich stets eine unfassbare Ehre. Joel trifft die Töne in souveräner Manier. Die Saiten- und Rhythmus-Fraktion zeigt ebenfalls keine Schwäche. Ein purer Genuss von “Bomber” bis “Overkill”! Auch in den Publikumsreihen erreicht die Stimmung ihren Siedepunkt. Der kolumbianische Fan neben mir singt JEDE Zeile lautstark mit. Für diesen Einsatz kann ich ihm lediglich beeindruckt zuprosten. Diese heissblütigen Südamerikaner sind und bleiben an sämtlichen Festivals eine Bereicherung.
Abschliessend seien noch kurz ein paar Worte zur angepassten Lage der drei Hauptbühnen erwähnt. Dieser Schachzug der Crew hat in der Tat gefruchtet. Unweit von uns entfernt zerlegen Corey Taylor und seine maskierten Brüder von Slipknot gerade die Harder Stage in ihre Einzelteile und bei uns kommen trotzdem keine Störgeräusche an, so dass wir sorgenfrei der Motörhead-Nostalgie frönen können. An vergangenen W:O:A-Events gab’s in diesem Zusammenhang nämlich schon wüste Ton-Überschneidungen bei parallel spielenden Gruppen.
Domi: Nur kurz – ich kann mich Kollege Dutti anschliessen; die Verlegung der Bühne in den Aussenbereich (ehemals Metal-Markt – Movie-Field) war in der Tat ein geschickter Schachzug. Früher war die sogenannte Party-Stage wirklich nicht abgeschottet. Das finde ich sehr positiv. Trotzdem könnte man vielleicht nicht doch eine Lösung finden und die Stände des Metal Markts wieder nach vorne holen, vielleicht würde sich das ja noch gut ergänzen. Ah ja, und by the way Phil Campell konnte ich beim Vorbeilaufen auch noch ein Ohr schenken. Lemmy in Ehren, du wirst in unseren Wacken- und Motörhead-Herzen ewig weiterleben.
Mantar
DtS: Üblicherweise haben Rock- und Metalbands ja mindestens drei, oft vier oder fünf Mitglieder. Von den besonders stark besetzten Slipknot geht es für mich zu Mantar auf der W:E:T Stage. Das Duo aus Bremen durfte ich vor Jahren ebenfalls auf einer der beiden Bullhead-Bühnen kennenlernen, weil ich bereits für die nächste Band im Zelt bereit war. Ihr Auftritt zog mich in den Bann, doch zum regelmässigen Auflegen ihrer Musik reichte es dann nie. Ein weiteres Zusammentreffen blieb aus – ich glaube bei einem geplanten Gig war einer der beiden krank. Umso erfreulicher, dass ich aus dem abgekürzten Slipknot-Set Vorteile herausschlagen und etwas über zwanzig Minuten dem Mantar-Gig beiwohnen kann.
Auf der rechten Seite der Bühne dominieren zwar die Besucherströme vom Infield gen Campingplatz, doch auch hier ist der Platz einigermassen gut gefüllt. Zwischen den fast schon psychedelischen Sludge-Stücken unterhält Sänger und Gitarrist Hanno mit witzigen Ansagen. “Umso mehr ihr auf die Kacke haut, umso mehr hauen wir auf die Kacke!” Ein Versprechen, das ernst genommen wird. Dabei ergänzen sich Hanno und das zweite Bandmitglied – Drummer Erinç – optimal. Gerne würde ich bis zum Schluss bleiben, doch im Infield spielen bereits The Halo Effect. Kompromisse muss man auf Festivals – gerade in Wacken – halt eingehen.
The Halo Effect
Domi: Eigentlich war The Halo Effect ein MUSS, trotzdem war ich schon zu angeschlagen, um die Band noch mitzunehmen, wie siehts aus Kollege Domi the Stick? Wie hat sich die Band verkauft?
DtS: Keine Sorge, Domi, ich bin ja hier! Zwar habe ich den Anfang nicht mitbekommen. Später lese ich, dass das der bereits veröffentlichte Titelsong zum Debütalbum «Days Of The Lost» gewesen ist. The Halo Effect ist ein Name, den man bisher nicht oft – genauer: nie – auf Festivalplakatan gelesen hat. Die schwedische Band hat sich erst 2021 gegründet und ist eine Supergroup von ehemaligen und aktuellen In Flames-Musikern (Anm. Dutti: Und auch von Dark Tranquillity. Anm. DtS: Klar, aber der Prägnanz halber habe ich nur den gemeinsamen Nenner genannt :D). Mikael Stanne, Niclas Engelin, Peter Iwers, Daniel Svensson, Jesper Strömblad… Letzterer muss zwar aus gesundheitlichen Gründen von Patrik Jensen vertreten werden, doch die Namen lesen sich wie ein who is who der schwedischen Metalszene.
Die Göteborger hauen Song um Song raus: Melodeath alter Schule. Nicht nur ich, auch Fronter Mikael Stanne ist beeindruckt davon, dass so viele Metalheads ausgeharrt haben. Es ist mittlerweile halb eins in der Nacht, Slipknot haben aus einer Viertelstunde mehr als eine halbe Stunde Pause gemacht, doch die Neugier auf die junge Band war für viele wohl zu gross. Eindrücklich ist dies vor allem deshalb, da bis heute ja erst vier Songs veröffentlicht wurden. Die weiteren sechs Songs, welche das in wenigen Wochen erscheinende Debütalbum komplettieren, hört die Welt heute zum ersten Mal…
Nach dem intensiven Konzert mit Slipknot ist mein Bedürfnis nach Menschenmassen vorerst gestillt. In der Nähe des Schädels beobachte ich aus der Ferne, was auf der Bühne abgeht. Ich weiss nicht, ob es die Anzahl Besucher ist, die schon beim ersten Auftritt mitfeiern, die Intensität dieses Feierns, die Begeisterung zusammen zu spielen oder vielleicht auch abfallende Nervosität. Auf jeden Fall ist die Band richtig gut gelaunt und spielt sich selbst in Ekstase. Ganz grosses Kino! Domi, um deine Frage zu beantworten: Die Band hat sich sehr gut verkauft! Und heute Abend wohl auch den einen oder anderen neuen Fan gewonnen…
Setlist – The Halo Effect
- Days Of The Lost
- The Needless End
- A Truth Worth Lying For
- Conditional
- Gateways
- Feel What I Believe
- In Broken Trust
- Last Of Our Kind
- The Most Alone
- Shadowminds
Feuerschwanz
DtS: Endspurt für heute! Es ist halb zwei; vor gut vierzehn Stunden habe ich das Camp verlassen, um Crypta zu sehen, und bin seither nur für kurze Tenuewechsel zurückgekehrt. Was für ein Tag! Wollen wir den gemütlich mit Feuerschwanz ausklingen lassen!
Noch immer ist meine Lust auf Menschenmassen begrenzt. Zudem ist unsere Gruppe während dem Ende von The Halo Effect und in der Pause massiv gewachsen. Einige Leute aus dem Camp sind hier, aber auch Bekannte von verschiedenen Ausgaben der Full Metal Cruise, welche ich teilweise schon bei Alligatoah im Pit traf. Ein Gruppenfoto muss her!
Derweil betreten der Hauptmann Feuerschwanz und Prinz R. Hodenherz III – oder kurz Hodi – den Ring, äh, die Bühne. Alles ready für eine Party mit «Metnotstand Im Märchenland», «Sex Is Muss» und «Ketzerei»? Daraus wird leider nicht viel, denn im Fokus stehen ausschliesslich neuere Werke. Zwar liefern auch diese gutes Material, doch sind da auch Songs dabei, mit denen ich bisher eher weniger warm wurde. Naja, was solls. Die Party ist sowieso gesichert, vor der Bühne wird getanzt und auch seitlich abseitsstehend halten wir uns mit Bewegung warm.
Highlights für mich sind dann neben «Schubsetanz» – den fände ich übrigens in der Black Metal-Version mal geil – die beiden gespielten Covers: Zuerst erklingen völlig überraschend die mai-ia-hii, mai-ia-huu, mai-ia-ho, mai-ia-ha-ha-Rufe von «Dragostea Din Tei». „Alo? Salut! Sunt eu, un… haiduc!“ ertappe ich mich selber beim Mitgrölen. Mit der Wahl dieses Songs hat die Mittelalter-Band ein glückliches Händchen erwiesen. Etwas später erscheint dann Melissa Bonny auf der Bühne und unterstützt die Band beim zweiten Cover. Nein, nicht «Ding» – die Party wäre wohl eskaliert –, sondern «Warriors Of The World United» steht auf dem Programm. In der Feuerschwanz-Version, bei welcher im Original ja auch noch Jörg Roth (Alea der Bescheidene von Saltatio Mortis) und Thomas Winkler (Angus McFife von ex-Gloryhammer beziehungsweise neu Angus McSix beim Soloprojekt) mit von der Partie sind, erhält der Manowar-Song einen frischen, ja gar deutlich erfrischenden Anstrich. Funktioniert auch live, hurra!
Noch kurz «Die Hörner Hoch» (was wir ja eh schon seit Tagen machen), und ab ins Bett. Der Tag war lang, morgen steht erneut ein dichtes Programm an… Gute Nacht!
Setlist – Feuerschwanz:
- Memento Mori
- Untot Im Drachenboot
- Metfest
- Ultima Nocte
- Schubsetanz
- Methämmer
- Dragostea Din Tei (Cover: O-Zone)
- Rohirrim
- Das Elfte Gebot
- Warriors Of The World United (Cover: Manowar)
- Die Hörner Hoch
Das Fanzit Wacken Open Air 2022 – Freitag
Dutti: Meine Freitagshöhepunkte? Da fällt die Wahl nach reiflicher Überlegung auf Wind Rose, Soen, Phil Campbell And The Bastard Sons und The Halo Effect. Der harmlose Regenschauer um die Mittagszeit herum war absolut verkraftbar. Schade nur, dass das diesjährige Wacken Open Air bald sein Ende finden wird. Allerdings wartet ja noch der Samstag auf uns. Dieser Schlussspurt wird es ohne Zweifel in sich haben!
Domi: Soen haben mich heute umgehauen, zudem waren Stratovarius und Hypocrisy wie immer eine Wucht. Zudem hat das Wetter auch heute mitgemacht. Ab ins Bett um sich auf den letzten Festivaltag vorzubereiten.
DtS: Wie erwähnt, der Tag war lang. Vom absoluten Tageshighlight bei Crypta über erste Bekanntschaften mit mehreren Bands zur Eskalation bei Alligatoah, danach non-stop Programm bis tief in die Nacht… Das hat Spass gemacht! Der Samstag dürfte wohl nicht viel anders aussehen, oder?
Samstag, 6. August 2022
Dutti: Wacken 2022 – das grosse Finale! Sind alle munter und am Start? Dann kann’s ja losgehen. Für meine Truppe steht allerdings zuerst der Camp-Abbruch auf dem Plan. Wir dürfen unsere Gepäckstücke nämlich schon am Vormittag in unserem Reisebus verstauen. Glücklicherweise darf das Gefährt für diese Aktion extra auf dem Parkplatz in der Nähe des Campinggeländes anrollen. Für die Abreise müssen wir dann hingegen bis zum örtlichen Edeka pilgern. Das wird sicherlich eine schöne Nachtwanderung gegen 1 Uhr morgens (aber das ist eh alles Zukunftsmusik).
Zuerst wollen noch einige Bands in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet werden. Doch davor noch ein kurzer Blick aus Smartphone. Ah! Die Gewinner des diesjährigen Wacken Metal Battle stehen fest. Diesen Beitrag muss ich natürlich umgehend lesen. YES!!! Sable Hills aus Japan sind die glorreichen Sieger! Mit ihrem Frühstücksabriss haben sie sich das absolut verdient. Silber geht an die von mir ebenfalls häufig gelobten “Gaucho-Thrasher“ V.I.D.A. und die Bronzemedaille wandert zu den düsteren Dänen von Lamentari. Da gibt’s nix hinzuzufügen. Deckungsgleiche Meinung zwischen der Jury und meiner Wenigkeit. Super, dass ich allen drei Shows beiwohnen könnte. Aber nun geht’s schnörkellos weiter. Ab zur W:E:T Stage!
Domi: Es geht schnell und bereits steht der letzte Tag des diesjährigen Wacken-Festivals an. Für mich nebst Arch Enemy ein Tag, welcher musikbezogen nicht zu meinen Gunsten bestückt ist. Trotzdem werde ich natürlich hie und dort ein Ohr hinhalten, übergebe aber für den letzten Tag vor allem meinen Metalinside-Mitmetallern das Zepter der Berichterstattung.
DtS: Unglaublich… Am 30. Juli sind wir zuhause los, und zack… haben wir den 6. August. Die Zeit rennt (oder in den Worten von Ingrimm: Tempus Fugit!), doch haben wir alle in dieser intensiven Woche sehr viel erlebt. Zeit für den letzten Konzerttag am diesjährigen Wacken Open Air. Mit einem Marathon in der Bullhead City – dafür ist sonst eigentlich Dutti zuständig – geht es los, dann folgt ein zweiter Marathon vor allem bei den Hauptbühnen mit einem Abstecher zu Infected Rain. Doch erst mal der Reihe nach, heute beginnt Dutti.
Vended
Dutti: Während gestern noch die erwachsene Slipknot-Version auf der Hauptbühne eskalieren durfte, kann heute die Junior-Variante ein ähnliches Vorhaben im Bullenkopf-Areal anstreben. Weshalb “Junior”? Tja, die junge Truppe Vended umfasst unter anderem die Söhne von Corey Taylor und Shawn Crahan als Mitglieder. Wächst da somit die nächste Generation von Nu Metal-Ikonen aus Iowa heran?
Unholy guacamole! Aber so was von! Der Fünfer klingt tatsächlich wie Slipknot in ihren Anfängen. Rau, frech und mitten rein in die Kauleiste. Griffin, der mit bläulich bemalter Visage herumhüpft, scheint die stimmliche DNA seines Erzeugers ziemlich vollständig geerbt zu haben. Diese Ähnlichkeit ist verblüffend. Ich bin gespannt, wohin die Reise für die Musiker noch gehen wird. Wahrscheinlich möchten sie kaum auf ewig als Kopien ihrer Väter abgestempelt werden. Deswegen rechne ich künftig mit etwas mehr eigenständiger Kunst. Die bereits geschriebenen Lieder bieten trotzdem beste Unterhaltung und verleiten das Publikum zur Durchführung eines wilden “Dust Pits”.
Setlist – Vended
- Ded To Me
- Burn My Misery
- Bloodline
- Overall
- My Wrongs
- Asylum
- Fear Forgotten
- Antibody
DtS: Oh, Vended klingt im Nachhinein noch spannend! Da habe ich wohl etwas verpasst… Wie auch schon gestern beginnt mein Programm um 12 Uhr, doch während Vended Dutti beeindrucken und im Infield Bleed From Within eröffnen, stöbere ich durch den Metal Markt. Ja, Domi, der neue Standort ist tatsächlich etwas gar ab vom Schuss… Nach dem Kauf einer neuen Kutte komme ich mehr oder weniger pünktlich bei der Headbangers Stage an, wo Endseeker auf den Putz hauen.
Endseeker
DtS: Was für ein Einstieg in den Tag! Die Death Metaller aus dem nahen Hamburg. Wer auf Entombed und Co. steht, ist hier an der richtigen Adresse. Nur schade, dass – vor allem mit gestern – relativ wenig Leute den Weg zur Bühne gefunden haben. Machen schon alle schlapp? Sind sie im Infield? Oder ist Endseeker einfach (noch) zu unbekannt? Auf jeden Fall lässt sich die Band davon kaum beirren (und leer ist das Gelände jetzt auch wieder nicht) und eröffnet den Tag (für mich) wie ein wütender Bulldozer. Wow!
Setlist – Endseeker
- Into The Fire
- Flesh Hammer Prophecy
- Merciless Tide
- Bloodline
- Unholy Rites
- Cure
- The Harvest
- Count The Dead
- Mount Carcass
- Possessed By The Flame
Deine Cousine
DtS: Deine Cousine, ein weiter Name, der mir entfernt etwas sagt. Ich erinnere mich, dass er 2019 in unserem Camp mehrfach fiel, weil Madame Ina Bredehorn bereits damals auftrat. Auch am Wacken World Wide 2020 gab es einen Auftritt, den ich jedoch nicht verfolgte. Die Wacken-Playlist verleitete mich dann trotzdem dazu, hier in der Bullhead City zu bleiben und das auszuchecken.
Bekannt aus Nachwuchs-Contests und durch ihre Zusammenarbeit mit Udo Lindenberg macht die Punk Rockerin genau das, was ich jetzt gerade hören will: Klar, Death Metal à la Endseeker war cool, auch etwas Folkiges à la Wackinger Stage würde passen, aber das Wetter und die sich langsam breit machende Erschöpfung schreien geradezu nach einer frechen Rotzgöre. Nicht nur musikalisch, sondern auch politisch respektive gesellschaftskritisch hält nichts Deine Cousine zurück. Bamm, da hast du’s! Dabei steht «Attacke» nur stellvertretend für das ganze gelieferte Set…
Voice Of Baceprot
DtS: So, Nummer drei im Bullhead City. Es könnte auch Nummer vier sein, hätte ich mich für Vended entschieden. Doch mindestens jetzt fällt die Entscheidung einmal mehr gegen einen meiner Favoriten und für eine für mich neue Band. Entdeckt auf der Hinfahrt, ebenfalls der Wacken-Playlist sei Dank.
Voice Of Baceprot dürften dem einen oder anderen Leser ein Begriff sein: Von 2015 an veröffentlichte das indonesische Trio auf YouTube Covers von Rage Against The Machine, Metallica, Red Hot Chilli Peppers und Slipknot. Später begannen die drei Frauen mit dem Schreiben eigener Songs, und heute stehen sie hier vor uns und rocken den frühen Samstagnachmittag. Mit Hijab bekleidet präsentieren Firda, Euis und Widi in einem ersten Teil des Sets ihre eigenen Kompositionen. Meine Kinnlade hängt nur knapp über dem Boden: Da steht massig Talent auf der Bühne! In einem zweiten Teil gibt es mit einem eigenen Touch versehene Covers à la «Enter Sandman» auf die Ohren.
Hat sich das Risiko etwas Neues zu entdecken gelohnt? Auf jeden Fall. Hat mich die Schwenkkamera immer und immer wieder genervt, weil sie mir die Sicht versperrt? Ja, auch. Bin ich trotzdem an meinem Platz vorne am Geländer stehen geblieben und habe das indonesische Trio gefeiert? Absolut! Habe ich bei Orden Ogan etwas verpasst? Dem späteren Auftritt beim Rock The Lakes nach zu urteilen schon, doch was meint Dutti dazu?
Orden Ogan
Dutti: An diesem letzten Wacken-Tag möchte ich selbstverständlich ebenfalls nochmals einer meiner raren Besuche der Hauptbühnen in die Tat umsetzen. Tatort ist die Harder Stage, welche in der kommenden Stunde von Orden Ogan in Beschlag genommen wird. Die Sauerland-Power Metaller setzen auf eine kompakte Setlist, welche mit einigen Hits gespickt ist. Speziell “Inferno” mausert sich zu einem meiner neuen Favoriten (nicht bloss wegen des immensen Pyro-Einsatzes). Dieser Track verdient Daheim dann nochmals einige Sonderdurchläufe in den eigenen Playlists.
Fronter Seeb Levermann zeigt sich hervorragend gelaunt und haut am Laufmeter ulkige Sprüche raus. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern kostet er den Auftritt bis zur letzten Minute aus. Bezüglich Show-Effekten haben die Herrschaften jedoch nicht ausschliesslich auf der feurigen Seite aufgerüstet. Bei “Gunman” betritt tatsächlich die auf dem Albumcover abgebildete Figur das Rampenlicht. Vom Design her ist sie allerdings eher an die futuristische Version von “Final Days” angelehnt. Iron Maiden haben Eddie, Megadeth haben Vic Rattlehead, Alice Cooper hat sein riesiges Frankensteinmonster und Orden Ogan reihen sich nun offenbar mit ihrem Androiden-Schiesseisen-Kerl in diesen illustren Kreis der Maskottchen-Besitzer ein.
Woran man eine gelungene Darbietung erkennt? Ganz einfach, wenn die Fans selbst noch beim Outro (dem orchestralen “Fields Of Sorrow”) weiterhin inbrünstig mitsingen. Den originalen Song könnten die Sauerländer eigentlich ruhig auch wieder einmal berücksichtigen. Als Rausschmeisser ab Tonband ist das Ding eigentlich beinahe verschwendet (wobei diese kinowürdige Form dieser Komposition trotzdem problemlos Hühnerhaut auslöst).
Setlist – Orden Ogan
- Intro – Orden Ogan
- F.E.V.E.R.
- In The Dawn Of The AI
- Sorrow Is Your Tale
- Come With Me To The Other Side
- Forlorn And Forsaken
- Inferno
- Heart Of The Android
- Gunman
- Let The Fire Rain
- The Things We Believe In
- Outro – Fields Of Sorrow (Orchestral Version)
Insanity Alert
DtS: Vierter und vorübergehend letzter Akt in der Bullhead City. Zumindest, was meinen persönlichen Plan betrifft. Die Thrash-Truppe Insanity Alert kenne ich erst seit zwei Monaten, als ich auf der Full Metal Cruise durch Zufall die letzten paar Songs des ersten Auftritts mitbekam. Die eine oder andere Aufzugparty, in welcher wir «run to the pit, mosh for your life» singend einen Circle Pit um einen Abfalleimer veranstalteten, waren nur eine Folge der verdammt unterhaltsamen und absolut empfehlenswerten Österreicher.
Ein weiterer Effekt? Dass ich jetzt hier bei der Headbangers Stage vorne am Geländer stehe, ready für harte Eskalation, bereit um in den Pit zu rennen, mit Angst vor Lachkrämpfen zwischen und während den Songs. Lachkrämpfe? Ja, denn der aus den Niederlanden stammende Heavy Kevy ist nicht nur der Vokalist der Truppe, sondern auch Aushängeschild und einer der besseren Komiker der jüngeren Comedy-Geschichte. Klar, man muss auf den Humor stehen… Ansonsten bleiben einem nur die kurzen, aber schnellen und intensiven Thrash-Attacken, welche wohl irgendwo zwischen Crisix und Anthrax einzugliedern sind.
Viel zu schnell – und das meine ich wirklich, auch wenn die Formulierung in diesem Bericht mehrfach vorkommt – vergehen die zur Verfügung stehenden 45 Minuten. Doch welche Band sonst drückt in diese Zeit 16 Songs UND hat eine dermassen dichte Pointen-Konzentration in ihren Stand Up Comedy-artigen Ansagen? Höhepunkte? «Why Is David Guetta Still Alive?», «All Mosh / No Brain» und das veni vidi vici-Ding «I Come / I Fuck Shit Up / I Leave». Die Schilder, welche Heavy Kevy dauernd hochhält, damit das Publikum mitsingen kann. Aufblasbare Krabben, die wilden Pits mit Gummisusi, welche mich noch Stunden Später Staub aus der Nase rotzen lassen. Die IKEA-Geschichte und «Desinfektor»! Die Sidedrops mit den Aufschriften “Why the fuck is this thing here?” und “Alles kaputt in einer Minut”.
Letzteres wird vom Publikum problemlos erledigt. Kein Wunder, bei dieser Energie, welche Heavy Kevy, aber auch seine Mitstreiter – vor allem Gitarrist Dave Dave Dave und Bassist Green-T resp. „Das Gesicht“ sind alles andere als untätig – an den Tag legen! Das, was hier gerade eben geschah, muss man dieser Band erstmal nachmachen…
Setlist – Insanity Alert
- Glorious Thrash
- Twist-Off Betrayal
- Chronic State Of Hate
- Crucified By Zombies
- Shredator
- Why Is David Guetta Still Alive?
- Pact With Satan
- Wake & Bake
- Metal Punx Never Die!
- A Skullcrushin’ Good Time
- Confessions Of A Crabman
- All Mosh / No Brain
- Kill Yourself (Cover: Stormtroopers Of Death)
- I Come / I Fuck Shit Up / I Leave
- Desinfektor
- Run To The Pit
Watch Out Stampede
Dutti: Bei mir geht’s anschliessend weiter mit Post-Hardcore auf der Wasteland Stage. Die in Bremen angesiedelten Watch Out Stampede werden versuchen, die Blechkonstruktion mit viel Schwung zum Wackeln zu bringen. Sie liefern eine solide Performance ab. Die groben Vocals von Ando hauen definitiv rein, wohingegen die klargesungenen Abschnitte von Gitarrist Dennis gerne mit etwas mehr Durchschlagskraft aufwarten dürften. Die Zuhörerschaft zeigt sich so oder so motiviert und hebt sogar einen Rollstuhlfahrer in die Höhe. Ein wunderbares Sujet für die anwesenden Knipser und gleichzeitig ein weiterer Beweis für den fantastischen Zusammenhalt innerhalb unserer Szene.
Life Of Agony / Meet & Greet Insanity Alert
DtS: Mit Bruchstücken der verbrochenen Schilder vom Insanity Alert-Wahnsinn und einem gefangenen Drumstick in der Hand machen wir uns auf den Weg zum Meet & Greet-Stand. Dort, am neuen Standort auf der rechten Infield-Seite, stehen die Österreicher nämlich gleich für einen Schwatz und Autogramme zur Verfügung.
Etwas Zeit steht uns vorher aber noch zur Verfügung. Der Magen meldet sich und so begeben wir uns auf die Jagd nach Food. Auf der Hauptbühne sorgen Mina Caputo und ihre Mitstreiter von Life Of Agony für musikalische Unterhaltung. Gar nicht mal so schlecht!
Nach dem Besuch bei Insanity Alert – welch witzige Kerle, ich schwörs! – ziehen wir uns einen Moment ins Camp zurück, um unsere Errungenschaften in Sicherheit zu bringen. Der Plan würde eigentlich vorsehen, bis zum Auftritt von Tarja wieder im Infield zu stehen. Doch die Campingstühle sind echt gemütlich, Tarja haben wir gerade erst am Rockharz gesehen, und der Sound kommt einigermassen gut bei uns im Camp an. So kommt es, wie es kommen muss, und in Anbetracht des bevorstehenden Abschlussmarathons gönnen wir uns diese Verschnaufpause. Sorry, Tarja! Sorry, pam! (pam: Grrrrrr. Weihnachts-, Ostern-, Namenstag- und Geburri-Geschenk gestrichen).
Tarja
Dutti: Bei meiner allerletzten Visite der Harder Stage lasse ich mich nicht lumpen und gönne mir die einzig wahre “Grande Dame” des opernhaften Symphonic Metal (pam: Genau, so muss man DtS). Die Rede ist logischerweise von der ehrenwerten Tarja Turunen und ihrem überragenden Stimmorgan. Die Finnin scheint irgendwo auf einen ewigen Jungbrunnen gestossen zu sein. Sie wirkt im Vergleich zu unserem letzten Aufeinandertreffen um keinen Tag gealtert. Auch ihre Röhre und ihre fröhliche Ausstrahlung haben überhaupt nix von ihrem Glanz eingebüsst. Da lasse ich mich völlig freiwillig wiederholt verzaubern.
Blöderweise muss ich jetzt ein paar Zeilen hinzufügen, die unser Ober-Metalinsider pam gar nicht gerne lesen wird. Bleibt zu hoffen, dass ich wegen dieses Berichts nicht gleich meine Sachen packen und ins hinterste Timbuktu auswandern muss… Die Songauswahl wirkt für mich unglücklich und ziemlich lasch. Auf dieser Bühne hätten die rasanteren Nummern eindeutig besser gefruchtet. Diese Art von Set würde viel besser in einen Theatersaal passen respektive zur Geltung kommen. Für Wacken ist mir das zu viel Oper und zu wenig Metal. Dass Tarja nach wie vor wie eine Göttin singt, muss ich fairerweise trotzdem neidlos anerkennen. Bei einem Gig im kleineren Rahmen würde ich ihr sicherlich eine weitere Chance geben.
Domi: Zu ehren unseres Metalinside Papstes pam, musste ich hier natürlich einen kurzen Halt einlegen. Und auf den Umstand, dass ich vielleicht mit Dutti zusammen nach Timbuktu reisen muss, es scheint auch mir heute so, dass die Musik beim Publikum trotz perfekter Stimme nicht zünden will. Ich führe das wie auch Dutti auf die eher „lasche“ Songauswahl zurück. Ich glaube, mit ein wenig temporeicheren Songs hätte das ein ganz toller Gig werden können. Dutti, nächstes Jahr hast du die Gelegenheit dazu, Tarja in kleinerem Rahmen die 2. Chance zu geben, sie wird im KUFA Lyss auftreten.
DtS: Oops, da werden wir wohl alle in Ungnade verfallen. Schlagen wir in Timbuktu zusammen ein Lager auf? (pam: Ja, macht das. Kannst ja deine Feldbetten für Domi und Dutti mitbringen. 😉 … aber da ich ja grad dreifach angesprochen wurde, also so schlecht find ich die Setliste nicht. Tarja hat eine Hammer-Opernstimme, drum passt das für mich, wenn sie diese auch einsetzt – dafür bucht man sie und liebt man sie ja auch).
Setlist – Tarja
- Dead Promises
- Demons In You
- Falling Awake
- Goodbye Stranger
- Diva
- Victim Of Ritual
- Innocence
- I Walk Alone
- Over The Hills And Far Away (Gary Moore-Cover)
- Until My Last Breath
Hate
Dutti: Ich habe mich erneut in den Bullhead-Bereich zurückgezogen, um Stellung vor den sich dort befindenden Bühnen zu beziehen. Zuerst ruht der Blick auf der Headbangers Stage. In wenigen Augenblicken wird das geschwärzte Todesblei von Hate aus den Boxen dröhnen. Die Spielwiese ist jedenfalls passend dekoriert. An Skelettschädeln wird keinesfalls gespart. Und dann geht’s los! Ein kompromissloses, destruktives Blastbeat-Gewitter entlädt sich in unseren Gehörgängen. Die Polen machen keine Gefangenen und lassen den Fuss durchgehend auf dem Gaspedal. So gefällt mir das!
Auðn
Dutti: Auf der benachbarten Spielstätte wird die düstere Reise direkt fortgesetzt. Allerdings wird jetzt ebenfalls eine grosszügige Portion Atmosphäre hinzugefügt. Verantwortlich für diese Mischung sind die Isländer von Auðn. Seit ich sie 2017 im Vorprogramm von Gaahls Wyrd erstmals in Aktion erleben durfte, verfolge ich die Karriere der Equipe mit viel Aufmerksamkeit. Die Nordmänner sind längst kein Geheimtipp mehr. Ihr Sound passt ideal zur untergehenden Sonne und der langsam aufkommenden Abendstimmung. Da hat jemand bei der Slot-Platzierung freilich ein goldenes Händchen bewiesen. Das Problem mit der zu Beginn katastrophalen Abmischung des Gesangs kann gottlob schnell behoben werden.
Setlist – Auðn
- Einn um alla tíð
- Eldborg
- Prísund
- Verður von að bráð
- Drepsótt
- Lífvana jörð
- Í hálmstráið held
- Þjáning Heillar Þjóðar
As I Lay Dying
DtS: Nach meiner Pause im Camp bekomme ich – wir stellen uns für Hämatom auf der Harder Stage auf – den Schluss von As I Lay Dying mit. In einer früheren Zeit feierte ich deren Musik intensiv und trotzdem ist das heute mein erstes Live-Erlebnis. Naja, vom Hocker haut’s mich nicht wirklich, aber ich stehe ja auch alles andere als gerade vor der Faster Stage. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja in Zukunft mal?
Hämatom (Reloaded)
DtS: So, Hämatom, Teil zwei! Vorgestern haben die vier Himmelsrichtungen auf der Louder Stage noch für ein ganz spezielles Set gesorgt. Ihr erinnert euch, das von Brass dominierte «Berlin»-Album und einige stilistisch angepasste Songs bildeten die Setlist. Dann können wir diese Songs jetzt ja weglassen und nach dem Fallen des riesigen Hämatom-Vorhangs in Regenborgenfarben ein paar weiteren Songs die Chance auf einen Platz in der Setlist geben, oder? Oder?!
Okay, diese Überlegung wurde bei der Planung des zweiten Auftritts wohl nicht gemacht. Zugegeben, das Marteria-Cover «Kids» und «Mörder» mit der Elektrostuhl-Einlage funktionieren halt live auch echt gut! Genau so wie der Opener «Dagegen», der die Herzen des Publikums schneller schlagen lässt. Oder «Es Regnet Bier», die aus einer Wette gegen Saltatio Mortis hervorgehangene Ode an den Bierkonsum. Diese wurde übrigens – ich weiss nicht einmal, wann das genau war, weil ich bei einer anderen Bühne am Feiern war – auf der Bühne unter dem Schädel, wo Amon Amarth zu Gast waren, zum ersten Mal präsentiert. Zusammen mit Saltatio Mortis, welche ebenfalls ihren Song präsentiert haben.
Ein weiteres Highlight des Hämatom-Auftritts ist «Ficken Unsren Kopf», die Kollaboration mit den 257ers (ihr kennt bestimmt «Ich Und Mein Holz»…), zu denen das Essener Rap-Duo auf die Bühne geladen wird. Okay, das ist schon grosses Kino, aber die Präsentation von «Bleib In Der Schule», bei welchem vor drei Jahren mitten in der Nacht Trailerpark auf die Bühne kam, kann heute leider nicht getoppt werden. Ebendieses Cover kommt natürlich ebenfalls an die Reihe und markiert, dass das heutige Set ganz im Zeichen von Party steht. Noch kurz die Zusammengehörigkeits-Hymne «Wir Sind Keine Band» und die Zeit ist vorbei. Drüben spielen gleich Arch Enemy, doch schalten wir zuerst zu Dutti und Skyforger…
Ah, Moment… nach dem Festival geben Hämatom bekannt, dass Sänger Nord an einer Verletzung am Gehör leidet. Musikalisches Schaffen und ganz speziell Touren müssen daher auf Eis gelegt werden. Dies betrifft auch die Tour mit Equilibrium, die für den Herbst geplant gewesen wäre. Einige wenige Auftritte, z. B. am Full Metal Holiday, gönnen sich die Franken trotzdem, doch ansonsten gilt: schonen, schonen, schonen. Nord, wir wünschen dir gute Besserung! So, Dutti, jetzt…
Setlist – Hämatom (Reloaded)
- Dagegen
- Lange Nicht Perfekt
- Ich Hasse Dich Zu Lieben
- Alte Liebe Rostet Nicht
- Kids (2 Finger An Den Kopf) (Cover: Marteria)
- Es Regnet Bier
- Ficken Unsren Kopf (mit 257ers)
- Mörder
- Lichterloh
- Wir Sind Gott
- Eva
- Bleib In Der Schule (Cover: Trailerpark)
- Wir Sind Keine Band
Skyforger
Dutti: Schlussspurt auf der Wackinger Stage! Die lettische Hauptstadt Riga ist Heimatort der sympathischen Kapelle Skyforger. In Sachen Lautstärke zeigt sich die Technik-Abteilung dieses Mal verdammt grosszüzig. Das bläst einen ja beinahe von der Bühne weg! Abgesehen davon ist der Auftritt der Herrschaften aus Osteuropa bockstark und überzeugend. Verstärkung erhalten sie in Form eines Gastmusikers, der den Dudelsack bedient.
Kumpel Benji und ich wollten uns eigentlich im Anschluss ebenfalls noch Haggard auf derselben Bühne gönnen, aber der Mix bei den ersten beiden Songs ist – bedauerlicherweise – so katastrophal, dass wir uns für eine Flucht in den EMP Backstage-Zone entscheiden. Tut mir leid für Asis und Co. Irgendwie will es zwischen ihnen und Wacken einfach nicht harmonieren… (pam: Ah, schade, aber bei Haggard an Festivals/Open-Air muss man immer zwei, drei Songs abwarten, bis es dann mit den zig Musikern und noch mehr Instrumenten gut kommt).
Somit gönnen wir uns noch ein paar Hopfenblondinen in Vorbereitung auf die später anstehende Nachtwanderung zum Edeka und unserem Reisebus. Vom Infield her sind die altbekannten Powerwolf-Melodien deutlich zu hören. Aber darüber können euch meine beiden Schreiberling-Kollegen garantiert mehr erzählen, oder?
DtS: Klar, können wir! Resp. kann Domi, ich bekomme nur die letzten Songs mit. Mannomann, die Reihenfolge unserer einzelnen Erlebnisse zu ordnen, ist wirklich nicht einfach. Ich springe kurz zurück zu Arch Enemy, später spielen dann zeitgleich Infected Rain und Powerwolf, und den Abschluss mache wohl ich mit den finnischen Monstern um Mr. Lordi.
Arch Enemy
DtS: Hämatom, Arch Enemy, Infected Rain, der Schluss von Powerwolf, und dann Lordi. Es ist, als ob ich mir den Abschluss des Festivals selber hätte wünschen können. Für den zweiten Teil dieses Fünf-Akters zeichnen Arch Enemy verantwortlich. Für viele Wackenbesucher wohl ein Highlight des Tages.
Neben etablierten Songs sowohl aus der Zeit von Angela Gossow als auch von Alissa White-Gluz am Mikro spielen die schwedischen Melodeather (wobei die schwedischen Musiker nur noch knapp die Bandmehrheit bilden) auch einige neue Songs des kommenden Albums «Deceiver»! Dessen Fast-Titeltrack «Deceiver, Deceiver», «In The Eye Of The Storm», «House Of Mirrors» und «Handshake With Well» wurden in regelmässigen Abständen schon vor dem Festival veröffentlicht. Entsprechend präsent habe ich die verschiedenen Riffs und Melodien auch schon, und nicht nur mir geht dies so. An dieser Stelle möchte ich gerne noch einmal auf die enthusiastischen Vertreter aus Lateinamerika verweisen!
Vor der zehnten Nummer macht Alissa, welche sich heute bühnensicher wie so oft präsentiert, eine Ansage: Arch Enemy werden gleich einen neuen, bisher unveröffentlichten Song – «The Watcher» – spielen. Als Filmmaterial für das Musikvideo sollen Aufnahmen von ebendiesem Moment genutzt werden. Eine Ansage, die fruchtet: Die Menge tobt, die Pits brennen, die Haare fliegen! Ich habe ein Déja-Vu: Schon 2018 hatten die Erzfeinde den Auftrag, am letzten Festivaltag für einen gewaltigen Abschluss-Abriss zu sorgen. Damals noch ein paar Stündchen früher, bei untergehender Sonne – heute ist es bereits am Eindunkeln – und vor allem an einer der ganz staubigen Wacken-Ausgaben. Ähnlich wild beweisen sich Band und Publikum auch heute. Wobei ich den damaligen Auftritt schon als einige Stufen intensiver in Erinnerung habe. Doch das ist nicht einmal zwingend schlecht! Heute kann ich mich zweifelsohne viel besser darauf konzentrieren, was auf der Bühne läuft.
Nach dem grandiosen «No Gods, No Masters», der obligaten Zusammengehörigkeits-Hymne (hab ich das bei Hämatom vorhin nicht genau gleich geschrieben?) «Nemesis» sowie der starken Gitarrenleistung «Fields Of Desolation» aus ganz frühen Bandzeiten ist Schluss. Was ich von diesem Auftritt mitnehme? Ganz gute Erinnerungen, vielleicht einen Auftritt im Musikvideo von «The Watcher» und extrem viel Bock auf die Co-Headliner-Tour mit Behemoth!
Setlist – Arch Enemy
- The World Is Yours
- Deceiver, Deceiver
- Ravenous
- War Eternal
- In The Eye Of The Storm
- House Of Mirrors
- My Apocalypse
- The Eagle Flies Alone
- Handshake With Hell
- The Watcher
- Under Black Flags We March
- As The Pages Burn
- No Gods, No Masters
- Nemesis
- Fields Of Desolation
Infected Rain
DtS: Flink begebe ich mich nach draussen zur Headbangers Stage. Nachdem ich Powerwolf bereits am Greenfield und am Rockharz bestaunen konnte und mich seit Jahren auf ein Wiedersehen mit Infected Rain freue, ist der Fall bei der individuellen Zeitplanung völlig klar: Ich muss zu den Moldauern um Frontröhre Lena Scissorhands!
Hier gibt es – und dies in markantem Masse erst zum zweiten Mal in einer Woche, das muss man der Organisation lassen – etwas Zeitverzögerung. Zudem – ich hätte es inzwischen wissen und einen anderen Platz suchen müssen – nervt die Schwenkkamera wieder gewaltig. Naja, ist ja nur noch ein Gig… Spätestens bei «Mold» ist mein Ärger sowieso vergessen. Was für eine Nummer! An meine erste Begegnung mit Infected Rain, das war im Mini Z7, wird wohl nie mehr ein Auftritt ankommen. Ausser, er würde wieder im ähnlichen Rahmen und nicht als Support oder Festival Act hinter einem riesigen Graben stattfinden.
Nichtsdestotrotz packt mich die Band auch heute. Und dies nicht nur beim (hoffentlich nicht nur in meinen Augen) absolut grandiosen «The Earth Mantra»! Frau Scissorhands muss sich hinter der blauhaarigen Kollegin, welche eben noch für die Animation im Infield verantwortlich war, kein bisschen verstecken. Weder in Sachen Gesang noch was die Bewegung auf der Bühne betrifft. Zweiter Augenfang: Gitarrist Vidick, der mit seinem Auftreten und seinen Rastas stark an Lamb Of God-Fronter Randy Blythe erinnert. Einfach ein bisschen extremer noch. Dass dem Typen bei all den Drehungen nicht schlecht wird…
Auch die Babici-Brüder und Drummer Eugen lassen nichts anbrennen und sorgen für einen wahnsinnigen Auftritt. Schade, dass die Abmischung nicht das Niveau von heute Nachmittag erreicht. Doch wie gesagt, sich zu ärgern liegt jetzt nicht drin. Nach einem fulminanten «Sweet, Sweet Lies» verabschieden sich Lena und Co. wieder. Nächster und letzter Termin: Lordi im Infield. Halt! Das Ende von Powerwolf oder mit etwas Umweg auch Death Angel auf der Louder Stage müssten noch drinliegen…
Setlist – Infected Rain
- Pendulum
- Mold
- Black Gold
- Longing
- The Earth Mantra
- The Realm Of Chaos
- Postmortem Pt. 1
- Passerby
- Fighter
- Orphan Soul
- Fool The Gravity
- Sweet, Sweet Lies
Powerwolf
DtS: Ich entscheide mich für Powerwolf. Doch Domi war von Anfang an da. Willst du Dutti, mir und den Lesern erzählen, was wir verpasst haben?
Domi: Klar! Ich muss gleich mal zusammenfassen: Powerwolf ist wirklich im Zenith des Metal-Imperiums angekommen. Dies ist meine persönliche Wahrnehmung. Die Mischung zwischen epischen Melodien, Chorusgesang, Witz und Ernst, Tönen der Orgel, die Stimme von Atilla ist einfach etwas, dass in den letzten Jahren aus der Band das gemacht hat, was sie heute ist. Kein bisschen abgehoben, sehr publikumsnah, aber immerzu authentisch und nicht wiederholend. Das macht das Phänomen aus meiner Sicht aus. Ein grossartiges Set, welches die Herren da am späten Abend auf die Harder Stage zaubern. (Anm. DtS: Das “nicht wiederholend” kann ich leider nicht ganz unterschreiben, wobei es auf der aktuellen Tour durchaus einige Änderungen gibt…). Mittlerweilen können sich Powerwolf auch schon einer grossen Palette von Songs bedienen, welche über die Jahre zusammengekommen ist.
Wer Powerwolf „Chart-Metal” vorwirft, hat vielleicht zum Teil recht, denn die Musik bzw. der Gesang kann nach mehrmaligem Hören ohne Probleme mitgesummt, bzw. mitgesungen werden. Aber suchen wir nicht alle auch diese Bands, welche einfach – egal wo auf der Welt – die ernsten Themen so witzig darbringen und zynisch darüber lachen oder Faxen machen, damit wir wieder mal ein Lächeln auf den Lippen haben?
Ich bin nicht der grösste Fan dieser Combo (Anm. DtS: nein, das ist wohl Kaufi :D), aber zolle ihnen auch nach heute einfach Respekt. Coole Musik und ein Publikum, das von Anfang bis Ende mitgeht. Die Messe schlechthin am heutigen Abend.
DtS: Danke dir für die Eindrücke! Während ich im hinteren Teil des Infields das letzte Mal nach etwas Essbarem suche, bekomme ich noch «Sanctified With Dynamite» und «We Drink Your Blood» mit. Zwei Nummern, mit denen – da bin ich mit dir einig – die deutschen Wölfe Metalgeschichte geschrieben haben. Trotz allem bin ich froh, mich für Infected Rain entschieden zu haben.
Lordi
DtS: Endspurt! Den Slot, der in der Vergangenheit des Öfteren von Subway To Sally, Schandmaul oder In Extremo, zuletzt 2019 von Rage besetzt wurde, diesen Slot bekommen dieses Jahr Lordi. Die ESC-Gewinner von 2006 – das dürften noch immer viele Metalheads mit den finnischen Monstern assoziieren – haben eine spezielle Jubiläumsshow für ihr Debütalbum «Get Heavy» vorbereitet. Bring it on!
Der Titeltrack ebendieses Debüts ist dann auch gleich die Eröffnungsnummer. Wow! In der Vergangenheit war ich stets der Auffassung – und darin bestätigte mich Dutti mal in einem anderen Festivalbericht, ohne von meiner Meinung zu wissen –, dass Festivalauftritte von Lordi den eigenen Headliner-Shows völlig unterliegen. Nun, was die Monsterrocker heute Nacht liefern, könnte diese Meinung widerlegen. Mit richtig guter Laune schreiten Mr. Lordi und seine Band, die in den letzten Jahren schrittweise ausgewechselt wurde, voran. Mit «Borderline» schafft es auch einer der Songs der zum Jahreswechsel sieben (!) neu veröffentlichten «Lordiversity»-Alben in die Setlist. Des Weiteren werden mit «Hug You Hardcore» und «Hulking Dynamo» zwei weitere Raritäten hervorgekramt, welche neben den insgesamt sieben Songs von «Get Heavy» kein wenig an Glanz einbüssen. Das wäre eine Setlist, der man eigentlich eine eigene Tour widmen könnte. Doch im Herbst soll es ja mit der Lordiversitour losgehen, auf welcher besagte «Lordiversity»-Alben ins Rampenlicht rücken werden.
«The Riff» und «Naked In My Cellar» sind zwei der neueren Songs, welche zum Besten gegeben werden, und auch die ganz bekannten Klassiker von «The Arockalypse» dürfen zusammen mit «Blood Red Sandman» nicht fehlen. Okay, das war jetzt vielleicht ein wenig trocken, sorry! Aber hier könnte ich Domis Aussage zur Abwechslung viel eher unterschreiben. Genau das meine ich, wenn ich jeweils für Umstellungen in den Setlists plädiere. Zugegeben, dem gelegentlichen Lordi-Hörer dürften einige der Songs unbekannt gewesen sein. Ein Umstand, der auch erklären könnte, warum ich – zumindest in meinem Camp – auch kritische Stimmen vernehme. Für mich als langjährigen Fan hat Mr. Lordi jedoch einen unvergesslichen Wacken-Abschluss geliefert: Ohne allzu viele Theatereinlagen, welche an Festivals auch in der Vergangenheit rar gesät waren, dafür mit einem Gang durch die Bandgeschichte und vor allem durch «Get Heavy». Danke dafür!
Setlist – Lordi
- Get Heavy
- Borderline
- The Riff
- Naked In My Cellar
- Hug You Hardcore
- Hulking Dynamo
- Dynamite Tonite
- Not The Nicest Guy
- It Snows In Hell
- Hellbender Turbulence
- Blood Red Sandman
- Biomechanic Man
- Devil Is A Loser
- Who’s Your Daddy?
- Hard Rock Hallelujah
- Would You Love A Monsterman?
Das Fanzit – Wacken Open Air (– Samstag )
DtS: Jungs, Vorschlag: Wollen wir auf ein Tagesfazit verzichten und gleich zum Gesamtfazit kommen, resp. das Ganze kombinieren? (Anm. Dutti: Ja klar!)
Dutti: Damit ging mein insgesamt zehnter Besuch auf dem Holy Ground zu Ende. Orden Ogan, Auðn und Skyforger erhielten heute von mir zurecht die besten Noten. Alles in allem war es ein wirklich gelungener Festivalabschluss. Die Rückkehr in die reale Welt wird fraglos keine leichte Angelegenheit. Ergänzend möchte ich gerne noch ein paar allgemeine Bemerkungen nachreichen.
Wacken ist und bleibt ein Phänomen. Die Fans waren zutiefst dankbar, dass ihr geliebtes Open Air endlich wieder durchgeführt werden konnte. Auch für mich waren viele emotionale Momente mit von der Partie. Man fühlt sich eben einfach heimisch auf dem Holy Ground (selbst nach einer pandemiebedingten Zwangsabsenz…). Dringende Verbesserungen sehe ich bei der Anzahl der Toiletten und den Trinkwasserstellen. Obschon wahrscheinlich nur die wenigsten mit solch sommerlichen (und staubigen) Witterungen gerechnet haben. Das im Vorfeld kritisch betrachtete Cashless Payment-System hat stets funktioniert und sich wirklich für künftige W:O: A-Ausgaben empfohlen. Und wer auf die etwas luxuriöse Variante des Campierens steht, sollte effektiv einmal über die Miete eines Asgard-Zeltes (oder ähnlichen Behausungen) nachdenken. Kann ich nur wärmstens empfehlen!
Das Bandprogramm hatte erneut einiges zu bieten. Selbst jemand wie ich, der tendenziell eher auf den kleineren Nebenbühnen verkehrt, kam vollends auf seine Kosten und durfte diverse, lohnenswerte Horizonterweiterungen über sich ergehen lassen. Man muss diesen zumeist noch unbekannten Perlen eben einfach eine Chance geben.
Nichtsdestotrotz war dies vorerst mein letzter Besuch in Wacken. Das liegt aber einzig und allein daran, dass ich nach zehn Aufenthalten auf dem metallischsten Acker unseres Planeten auch einmal ein paar andere Festivals (vielleicht vermehrt im kleineren Rahmen) für mich entdecken und auskundschaften möchte. Doch eines Tages werde ich zweifelsohne ins Land des brennenden Kuhschädels zurückkehren – das verspreche ich euch!
Domi: Ein wunderbares Wacken 2022. Endlich konnten die Metalheads wieder verstreut auf dem ganzen Erdball wieder ins Reich der Kühe und Wiesen ziehen und ihrer Musik huldigen. Was für ein Szenario. Das W:O:A hat mir auch dieses Jahr ganz gut gefallen. Trotzdem – wie bereits erwähnt – hatte ich das Gefühl, dass die Organisation nicht ganz bis ins letzte Detail überzeugend war. In den letzten Jahren vor Corona war das anders. Vielleicht liegt es genau auch an diesem Umstand. Ich hätte mir vielleicht als Veranstalter in dieser unsicheren Lage auch nicht alles auf den letzten Punkt zu Ende organisiert, im Wissen, dass ich das Festival vielleicht wieder absagen muss. Darum hoffe ich auch, dass im nächsten Jahr wieder einige Verbesserungen realisiert werden.
Eigentlich wollte ich wie Dutti im nächsten Jahr mal Pause machen, denn ich bin seit 2009 dabei und es ist doch mal Zeit sich zu erholen. ABER: Nachdem am letzten Abend über die Screens flimmerte, dass Iron Maiden der Headliner des Wacken 2023 sein werden, war es dahin mit meiner Bescheidenheit. Noch am Rollband in Zürich habe ich bereits die Tickets fürs 2023 ergattert. Ich glaube, ich bin einfach von einem Wacken-Dämon eingenommen, welcher mich Jahr für Jahr wieder an dieses Festival treibt. Weiter Bands, welche im 2023 schon auf dem Lineup stehen sind: Megadeth, Dropkick Murphys, Wardruna, Amorphis, Abbath, Anthrax, Bloodbath, Burning Witches, Caliban, Decide, Ensiferum, J.B.O, Jinjer, Killswitch Engage, Legion oft he Damned, Nervosa, Pentagram, Schandmaul, Trivium, Uriah Heep, u.v.a
DtS: Der letzte Tag hat sämtliche Erwartungen, welche die Vortage geschürt haben, erfüllt. Vor allem mein Abschlussmarathon – Ausdauer war hier wirklich gefragt – hatte es in sich! Auch ich habe vereinzelt angemerkt, welche organisatorischen Mankos es bei der diesjährigen Ausgabe gab. Diese lassen sich wohl teilweise mit dem pandemiebedingten Ausfall, teilweise aber auch mit schlicht zu wenig Helfern begründen.
Das Cashless-System hat mich hingegen von A bis Z überzeugt. Dazu habe ich nur zwei ganz kleine Verbesserungsvorschläge: Erstens wäre ein Getränkestand (und vielleicht ein Pizza- oder Pommes Frites-Stand), der auch Bargeld akzeptiert, in der Nähe des Bändchenumtauschs nicht verkehrt. Zu viele Leute waren während den zu langen Wartezeiten – aber das ist ein anderes Thema – darauf angewiesen, dass ihnen jemand, der schon einen Chip am Arm hat, Flüssignahrung verschafft. Zweitens: Es müsste technisch nicht allzu schwierig sein, dass man den Jahr für Jahr hart arbeitenden Helfern z. B. an der Bar auch ein Trinkgeld zusteckt. Da dies noch nicht implementiert war, war dann doch wieder an jeder Bar und jedem Foodstand das Handling von Bargeld nötig.
Vor allem bandtechnisch zeige ich mich nach dieser Woche sehr zufrieden! Von den Bands des Wacken Wednesday – der fürs kommende Jahr glücklicherweise fester ins Programm integriert wird –, über die Sause mit Ingrimm, den Abschied von Knasterbart, dem Manifest von Mister Misery, dem Überraschungsauftritt von Amon Amarth, der energiegeladenen Live-Gewalt von den Butcher Babies bis zur Metal-Integration von Alligatoah, dem überraschenden «Hallo» von The Halo Effect (dieser Wortwitz war nicht beabsichtigt) und dem phänomenalen Abschlussmarathon mit der «Get Heavy»-Show von Lordi gibt es absolut nichts zu meckern. Sowohl Headliner als auch kleinere Bands, Altbekannte als auch Neuentdeckungen haben unglaublich abgeliefert. DIE beiden Highlights in Sachen Stimmung? Crypta und Insanity Alert!
Für uns geht es morgen früh (okay, bis zur Abfahrt wird es fast Mittag werden) weiter über Dresden und Prag ans Brutal Assault in Tschechien. Aber das wisst ihr ja schon. Zwei Tage ‘Erholung’ und x Stunden Autofahrt trennen uns vor einer weiteren Woche Live-Metal. Mal schauen, ob wir uns zurückhalten können… Auf jeden Fall kaufen auch wir, kaum im Hotel in Dresden angekommen und noch vor dem Duschen, Tickets für die zweiundreissigste Ausgabe des W:O:A. Danke, lieber Leser, falls du es bis hierhin geschafft hast – egal, ob du die mehr als 60 A4-Seiten resp. mehr als 26’000 Worte über sieben Tage Metal und 88 Acts gelesen hast, oder ob du einen Teil übersprungen hast! Und damit:
Alle, im Chor: See you in Wacken 2023 – Rain or Shine.
pam: Danke Jungs. Ich ziehe meinen fiktiven Hut. You showed Metal!