Heavy Metal Breakdown im Z7
Grave Digger und Mystic Prophecy liefern ein erstes Konzerthighlight im noch jungen Jahr 2023
Kaufi: Auch dieses Jahr wird es zweifellos einige grossartige Konzertabende in der Nordostschweiz geben. Am Tag vor meinem Abflug nach Florida zur 70’000 Tons of Metal Cruise bittet das Trio Grave Digger / Mystic Prophecy / Cellar Stone aber noch zum Tanz im Z7. Mystic Prophecy habe ich zudem vor zweieinhalb Wochen bereits in Höchstform am Ice Rock 2023 erlebt. Somit ist es klar, dass ein erster Besuch im Z7 Pflicht ist!
Cellar Stone
Kaufi: Der Opener des Abends ist mir völlig unbekannt. Kurze Beschreibungen im Internet lassen die Befürchtung aufkommen, dass die Griechen nicht unbedingt meine Baustelle sein könnten. Doch weit gefehlt: Das Quintett bietet melodiösen Metal, teilweise recht eingängig und mehrheitlich im Midtempo Bereich gehalten.
Ein Blickfang ist Gitarrist George Maroulees, der für mächtig Bewegung auf der Bühne sorgt. Leider bemerken das nicht viele Leute, die Südeuropäer treten vor einer sehr überschaubaren Zuschauermenge auf. Klar, es ist Montag und saukalt – doch dermassen wenig Volk überrascht dann doch.
Cellar Stone haben nach eigenen Angaben zwei Alben veröffentlicht und feiern heute zudem ihre Live-Premiere in der Schweiz. Zwar bin ich bekanntlich nicht so begeistert, wenn Bands Coverversionen spielen. Doch in diesem Fall kann ich das etwas nachvollziehen: Mit «Mob Rules» von Black Sabbath können Fronter Aris Pirris sicher nochmals etwas Aufmerksamkeit im Publikum generieren.
Die halbe Stunde, welche die Band zugute hat, nutzt sie jedenfalls prima für Werbung in eigener Sache. Ich würde die mir an anderer Stelle also durchaus wieder ansehen. Schade einfach, dass diese Werbung zumindest heute keinen sehr grossen Effekt hat…
Dutti: Wirklich doof, dass die Griechen den legendären Schweizer Metal-Tempel von seiner eher schlecht besuchten Seite kennenlernen müssen. Über diesen Laden haben sie sicherlich schon ganz andere Geschichten gehört. Sei’s drum… Ausblenden und trotzdem auftreten. Kaufi hat das bereits völlig zutreffend formuliert. Es ist wirklich eine gefällige Darbietung, welche die Athener da abliefern. Damit machen sie auch den ursprünglich für diese Tour eingeplanten Opening-Act FireForce, auf welchen ich mich im Vorfeld sehr gefreut habe, irgendwie locker vergessen.
Setliste Cellar Stone
- Lights Out
- Going Under
- Wash My Sins Away
- One Fine Day
- Mob Rules
- Breaking from Inside
- Borrowed Time
Mystic Prophecy
Kaufi: Die Truppe um Fronter R.D. Liapakis ist irgendwie ein Phänomen. Seit Jahren im Geschäft, kein einziges wirklich schwaches Album, und trotzdem fliegen sie immer etwas unter dem Radar vieler Fans. Ihr aktueller Output «Metal Division» (siehe Review) ist nun drei Jahre alt – und neues Material ist in Sichtweite! Denn genau in diesen Tagen gibt es die Ankündigung einer CD Release Show in Memmingen Mitte Mai…
Doch das ist Zukunft – jetzt ist erstmal eine volle Stunde im Z7 angesagt!
Wie auch kürzlich am Ice Rock (siehe Review ) startet die Show mit dem genialen Stampfer «Metal Divison», direkt gefolgt von der ultraschnellen Abrissbirne, besser bekannt als «Burning Out». Bei «Killhammer» ist ein erstes Mal «Mitsingen» angesagt. Das funktioniert sosolala, denn erstens sind es nach wie vor viel zu wenig Fans, die hier aufmarschiert sind. Und zweitens halten die den von Dutti oftmals erwähnten «Sicherheitsabstand» strikt ein.
Im Gegensatz zur Headliner-Show am Ice Rock, wird die Setliste heute natürlich etwas gekürzt. Und sie machen es sich diesbezüglich einfach: Das Triple «Kill The Beast» / «The Crucifx» / «We Kill, You Die» wird gestrichen, dafür bleibt der Rest des Programms (mit meinem persönlichen heutigen Highlight «Savage Souls» – der tätscht einfach ohne Ende!) genauso bestehen. Nun gut, über die ausgewählten Songs kann man immer diskutieren, speziell «The Crucifix» hätte ich schon gerne nochmals gehört…
Nichtsdestotrotz – Mystic Prophecy räumen hier richtig ab! Erneut staune ich vor allem über Markus Pohl und seine Art Gitarre zu spielen. Meine Knie schmerzen da nur schon vom zusehen… Lia zeigt sich zudem ebenfalls in Bestform und legt sogar sehr früh auch die an sich obligate Sonnenbrille zur Seite. Die ganze Band nutzt zudem den gegenüber dem Ice Rock deutlich grösseren Spielraum der Bühne aus, auch Evan und Joey sorgen für Action.
Wirklich erstaunlich, warum diese Band nicht mehr Aufmerksamkeit in der Szene bekommt! Das ist Heavy Metal im absolut besten Format! Die etwas angewachsene Zuschauermenge (ich schätze mal so um die 300 Leute dürften es mittlerweile sein) scheint das langsam auch zu begreifen, die Stimmung wird deutlich besser. Das ist spätestens bei «Metal Brigade» offensichtlich.
«Ravenlord» liefert den ultimativen Schlusspunkt, und das ist nochmals grosses Kino. Das Publikum ist endlich wach, vor der Bühne sind mittlerweile auch zahlreiche Fans und endlich wird die Band so abgefeiert, wie sie es verdient! Von der Performance her heizen Mystic Prophecy dem Headliner hier richtig ein – es bleibt definitiv spannend!
Dutti: Erneut kann ich meinem Kollegen sorglos zustimmen. Schon irgendwie krass, dass Mystic Prophecy trotz unfassbar stabiler Konstanz nach wie vor mehrheitlich als «Nischenprodukt» gelten. Bands wie Grave Digger können sich wahrlich glücklich schätzen, eine solch imponierende Kapelle als Support-Act mit an Bord haben zu dürfen. Ich bin jedenfalls stets gerne ein loyales Mitglied der «Metal Brigade»!
Setliste – Mystic Prophecy
- Metal Division
- Burning Out
- Killhammer
- Hail to the King
- Savage Souls
- War Panzer
- Shadow on the Wall
- Dracula
- Eye to Eye
- Metal Brigade
- Ravenlord
Grave Digger
Kaufi: Keine Frage: Grave Digger sind schon viel zu lange im Geschäft, als dass sie sich fürchten müssten vor starken Support Acts! Die Gladbecker haben zudem auch massenweise Hits im Gepäck – da müssen sie sich vor niemandem verstecken.
Eines darf ich vorwegnehmen: Chris Bolthendahl und sein Gefolge haben auf dieser Tour eine recht interessante Setliste zusammengebaut. Da sind einige Überraschungen mit dabei, die vor allem für absolute Hardcore Fans sicher sehr erfreulich sind. Umgekehrt sind auch zwei, drei Tracks dabei, die man für noch mehr Überraschungen hätte opfern können…
Aber gehen wir der Reihe nach. «Lawbreaker» als Opener: Damit hätte wohl kaum jemand gerechnet. Doch es ist eine gute Wahl, die sofort für Stimmung sorgt. Mit «Hell Is My Purgatory» folgt der erstaunlicherweise einzige Song des aktuellen Albums «Symbol Of Eternity».
Zwei Dinge fallen sofort auf. Einerseits gehen Grave Digger bewegungstechnisch gesehen deutlich gemächlicher zu Werk als vor ihnen Mystic Prophecy. Andererseits beeindruckt Saitenhexer Axel Ritt einmal mehr mit seinem Spiel. Unglaublich, welchen Druck der Kerl alleine erzeugen kann!
Musikalisch geht’s weiter mit dem geilen «Tattooed Rider» und dem ebenso geilen «Ballad Of A Hangman». Hier zeigt sich allerdings gleich mal wieder, dass das Publikum zumindest streckenweise recht lahm ist, Chris braucht einige Anläufe, um die Fans zum Mitsingen zu animieren. Aber es ist irgendwie heute auch nicht einfach, denn die Zuschauermenge ist wirklich überschaubar. Wirklich erstaunlich und auch sehr schade bei diesem Package.
Eine der angesprochenen Überraschungen ist zweifellos «Dia De Los Muertos» vom 2014er Album «Return Of The Reaper». Der Track feiert auf dieser Tour seine Live Premiere und als kleines Showelement kommt ein Untoter auf die Bühne und spielt den Takt auf der Kuhglocke. Sehr cool!
Während danach «Circle Of Witches» altbekannt ist, ist das langsame und düstere «The House» zweifellos die nächste grosse Überraschung. Selbst wenn der Titel nun nicht gerade zu meinen Favoriten zählt: Ich find’s immer gut, wenn altgediente Bands solche Dinge in ihr Programm einbauen! Das gibt Abwechslung und man geht gerne immer wieder an solche Konzerte.
Man dürfte das noch öfter machen – im Falle von Grave Digger dürften daher auch mal Dinge wie «The Dark Of The Sun» oder «Wedding Day» zugunsten von beispielsweise «The Last Supper», «Knights Of The Cross», «Baphomet» oder gar «Rheingold» geopfert werden. Doch jetzt sind wir wieder beim berühmten «Jammern auf hohem Niveau» angelangt…
(Fast) Unverzichtbar sind dafür die Klassiker «Excalibur» und natürlich «Rebellion (The Clans Are Marching)», letzterer mit dem obligaten Besuch vom Dudelsack spielenden Reaper. Sehr erfreulich zudem, dass auch «Morgane Le Fay» wieder im Programm ist, denn der gehört wohl zum Besten, was Grave Digger je gemacht haben.
Bei den Zugaben haut das deutsche Quartett dann nochmals einen raus: «Yesterday» vom Debütalbum «Heavy Metal Breakdown» ist etwas, womit wohl kaum einer gerechnet hat. Persönlich ist mir die anschliessende Heilung durch Metal («Healed By Metal») allerdings deutlich lieber, bevor «Heavy Metal Breakdown» in XXL-Version den gewohnten und hinlänglich bekannten Abschluss der fast zwei Stunden dauernden Show bietet.
Dutti: Die Grabschaufler sind eben mittlerweile einfach ein alteingesessener, aber ungeachtet dessen nach wie vor souverän agierender Teil unserer metallischen Szene. Auch ich begrüsse es sehr, dass für die heutige Setliste stellenweise richtig tief in der Mottenkiste herumgewühlt wurde. Munteres Kopfschütteln wird dabei zur absoluten Pflicht! Die flinken «Ironfinger» von Axel sind ohnehin ein echtes Spektakel und versetzen so manchen Beobachter immer wieder ins Staunen. ÖV-technisch muss ich zwar während «Excalibur» bereits die Heimreise antreten, aber der Zeitplan hat es mir trotzdem ermöglicht, drei Viertel des Auftritts live zu erleben (womit ich äusserst zufrieden bin).
Setliste – Grave Digger
- Lawbreaker
- Hell Is My Purgatory
- Tattooed Rider
- Ballad of a Hangman
- Dia de los Muertos
- Circle of Witches
- The House
- The Dark of the Sun
- Highland Farewell
- Wedding Day
- Morgane le Fay
- Excalibur
- Rebellion (The Clans are Marching)
- Yesterday*
- Healed By Metal*
- Heavy Metal Breakdown*
*Zugaben
Das Fanzit – Grave Digger, Mystic Prophecy, Cellar Stone
Kaufi: Drei top motivierte Bands haben ihre Aufwartung im Konzerttempel Z7 gemacht. Cellar Stone überraschen mich positiv, man hätte ihnen mehr Aufmerksamkeit gegönnt. Mystic Prophecy zeigen sich erneut als eine fantastische Live-Band, der Fünfer gehört einfach auf grössere Bühnen vor grösserem Publikum! Und Grave Digger – die sind einfach zu routiniert, um sich von irgendwem aus der Ruhe bringen zu lassen. Wie erwähnt ist es sehr schön zu sehen, wenn solche Bands auch mal im eigenen Archiv wühlen und teilweise fast vergessene Songs zurück ins Bewusstsein der Fans rücken! Dutti, was meinst du dazu?
Dutti: Also der Publikumsaufmarsch und der teilweise kaum spürbare Enthusiasmus waren wirklich erschreckend. Das werden wir im Verlauf dieses Jahres hoffentlich noch deutlich besser erleben. An den Leistungen der Musiker gab es hingegen nix zu bemängeln; insbesondere Mystic Prophecy und Grave Digger haben mir den Wochenstart massiv erleichtert.
Fotos Grave Digger, Mystic Prophecy, Cellar Stone (Kaufi)