Lange erwartetes Tourpackage
Lange wurde sie erwartet, die Co-Headliner-Tour von Amaranthe und Beyond The Black. Sie war ein weiteres Opfer der andauernden Corona-Verschiebungen. Doch vergangenen Oktober durfte die Tour endlich stattfinden und führte die vier Bands ins Zürcher X-TRA.
Trotz auf der Hand liegenden musikalischen Unterschieden dürften die Zielgruppen von Beyond The Black und Amaranthe sich grosszügig überschneiden. Dieser Umstand wurde erkannt und führte zur gemeinsamen Tour. Mit den Butcher Babies und Ad Infinitum rundeten die beiden Hauptbands resp. deren Managements das Package hochkarätig ab. Ein Must-Go für den geneigten Fan der umstrittenen Genrebezeichnung «Female Fronted Metal»!
Der heutige Abend ist mein erstes Metalkonzert im X-TRA. Das eine Mal, als ich hier Bligg beehrte, darf man nämlich auf keinen Fall dazuzählen. Wirklich anders sieht die Location auch nach vielen Jahren nicht aus. Auf der Bühne stehen zwei grosse Drumsets bereit, seitlich ist ein ganzes Arsenal von Lichtinstallationen auszumachen. Gleich geht es los mit der ersten Band…
Ad Infinitum
Die auf der ganzen Tour als Opener fungierende Band hört auf den Namen «Ad Infinitum». Ein Name, der vielen Metalheads inzwischen geläufig sein dürfte. Der Truppe um Melissa Bonny stehen für ihren Gig 30 Minuten zur Verfügung.
Dass die Rolle als erster Act jeweils schwierig sein kann, ist weitläufig bekannt. Ad Infinitum scheinen jedoch keine Schwierigkeiten damit zu haben. Der Titel des ersten Songs, «Unstoppable», scheint diesbezüglich mehr als zutreffend. Nach diesem ersten Track begrüsst uns die Queen Of The Damned und betont, dass es sie freue, heute in ihrem Heimatland aufzutreten.
Ab «Afterlife» setzt die charmante Sängerin auf einen leuchtenden Mikrofonständer, der definitiv nicht der letzte Lichteffekt des Abends sein dürfte. Es folgt das neue «Upside Down». Ich persönlich hätte an dieser Stelle eher ein «See You In Hell» oder «Marching On Versailles» begrüsst, ist die Spielzeit doch sehr knapp bemessen. Auf der anderen Seite ist die Abmischung sowieso nicht optimal, was wohl auch ein bisschen an unserer seitlichen Position liegt. In der einigen Stufen tieferliegenden Mitte des Saals dürfte das Ganze sauberer rüberkommen.
Diese Stufen, die sich durch den ganzen Saal ziehen und ebenfalls von der Bühne nach unten führen, sind sowieso irgendwie speziell. Das Geländer vor der Bühne muss dann auch mit Querstreben daran befestigt werden. Kletterpartie also für die Fotografen, aber auch für Melissa, die die Hindernisse singend und trotz High Heel-Stiefeln in Angriff nimmt. Oha!
Die Umstände sprachen nicht wirklich für die Band. Sie ist keiner der beiden Headliner; von den Support Acts derjenige, der weniger «abgeht»; der Sound nicht optimal; zugeteilt bekam man den ersten Slot. Trotz allem liefern Ad Infinitum solide ab und dürften (hoffentlich) den einen oder anderen Fan dazugewonnen haben.
Setlist – Ad Infinitum
- Unstoppable
- Into The Night
- Afterlife
- Upside Down
- Somewhere Better
- I Am The Storm
- Animals
Butcher Babies
So, Zeit für Eskalation! Die symphonischen Einspieler tauschen wir gleich mal durch Elektrosamples aus und den Härtegrad drehen wir bitte ein bisschen hoch. Dass die beiden Fronterinnen Heidi und Carla zusammen mit ihren Instrumentalisten wissen, wie man eine Menge anheizt, haben sie mir im Sommer am Wacken Open Air und am Brutal Assault bewiesen. Da dürfte diese Indoor-Location ja keine Schwierigkeit sein, oder?
Wie erwartet, liefert die Band von A bis Z eine energiegeladene Show. Obwohl die Kalifornier stilistisch etwas am Zielpublikum des Abends vorbeischiessen, reissen sie die Besucher gekonnt mit. Klar, das Songwriting scheint auch genau dafür ausgelegt worden zu sein… Dass (im Nachhinein kann man das sehr gut beurteilen) beim zweiten Act auch der Sound am besten abgemischt ist, schadet dem Abriss natürlich auch nicht.
Sowohl die beiden Fronterinnen als auch die Herren an Gitarre, Bass und Schlagzeug trugen alle ihren Teil zu einem sehr gelungenen Gesamtpaket bei. Etwas früh (und leider ohne den Ohrwurm «Killing Time») geht der für mich persönlich überzeugendste Auftritt zu Ende. Auf dem Weg zur Toilette verkomme ich noch den beiden Mädels und dem Bassisten Ricky, welche auf dem Weg sind, am Merchstand ihre Fans zu treffen.
Setlist – Butcher Babies
- Korova
- Igniter
- Monsters Ball
- The Butcher
- Gravemaker
- Bottom Of A Bottle
- Yorktown
- Sleeping With The Enemy
- Best Friend
- Magnolia
Amaranthe
Zeit für den ersten der beiden Co-Headliner! Amaranthe treten heute in einer neuen Formation an, denn Henrik «GG6» hat seinen Posten am Mikrofon abgegeben. Als reines Touringmitglied ist heute Richard Sjunnesson für die harsh vocals zuständig.
Mit «Fearless» und «Viral» platzieren Elize und Co. zwei Tracks des aktuellen Albums «Manifest» am Beginn der Setlist. Richtig zünden wird das schwedische Feuerwerk dann aber erst ab «Digital World». Wie gewohnt begeistern Amaranthe mit knalligem, fast schon partyfähigem Metal und der treffenden Kombination der drei Stimmen.
Gerade in Sachen Gesang müssen wir heute jedoch Abstriche machen. Dass dieser live nicht immer makellos vorgetragen werden kann, ist wohl einer der grössten Kritikpunkte an dieser Band, wobei ich dies immer problemlos ausblenden konnte. Heute Abend scheint Elize jedoch etwas durch den Wind zu sein, trifft einige Töne wohl nicht so wirklich und ist auch rhythmisch nicht immer mit der Band zusammen. Da scheint der Choreo fast die grössere Wichtigkeit beigemessen worden zu sein… Auch mit dem neuen Shouter Richard muss ich mich erst noch anfreunden. Gerade im Vergleich mit seinem Vorgänger Henrik – ja, solche Vergleiche sind selten fair – sind mir da etwas zu viele core-artige Screams dabei, welche (noch) nicht so richtig ins Gesamtbild passen wollen.
Doch genug der negativen Worte! Denn ansonsten präsentieren sich Madame Ryd und ihre Mitstreiter wie so oft als Stimmungskanonen. Dies verdanken sie einerseits natürlich ihrer Live-Energie, andererseits jedoch auch der guten Songwriting-Arbeit, welche die Band über viele Jahre geleistet hat. Sogar das neue «Find Life» findet Anklang, und die vielen Hits sorgen praktisch selbstständig für Eskalation im Publikum. Eskalation ist dann sowieso das passende Stichwort beim abschliessenden «Drop Dead Cynical». Ab in die letzte Pause…
Setlist – Amaranthe
- Fearless
- Viral
- Digital World
- Hunger
- Find Life
- Make It Better
- Strong
- Helix
- Maximize
- Crystalline
- Dynamite
- The Nexus
- Amaranthine
- Call Out My Name
- Archangel*
- That Song*
- Drop Dead Cynical*
*Zugaben
Beyond The Black
Nach einer gefühlt sehr langen Umbaupause steigt der vierte und letzte Akt des Abends in den Ring. Als «Speerspitze des Symphonic Metal» wurden Beyond The Black des Öfteren angekündigt, wobei sich die Metalwelt einig sein dürfte, dass dies in Anbetracht anderer Schwergewichte des Genres ein etwas zu hoch gegriffener Titel sein dürfte. Doch die Band um Jennifer Haben blickt ja auch auf eine viel kürzere Bandgeschichte zurück als so manches dieser «Schwergewichte» und hat noch genügend Zeit, sich einen solchen Titel zu verdienen. Dass sie auf gutem Weg dazu sind, haben sie mir zum letzten Mal 2019 im Komplex 457 und der Schweiz erst noch im August am Riverside Open Air bewiesen.
Gestartet wird mit einer der neuen Singles, «Is There Anybody Out There», über welches sich Jenni und Chris an ebendiesem Festival mit Sandro unterhielten. Der Song dürfte, um seine Worte zu bestätigen, nach einem Abstecher in leicht sanftere Gefilde als Kampfansage gewertet werden. Mit den Titelsongs der beiden ersten Alben und dem ebenfalls neuen «Reincarnation» verschiessen die Mannheimer weiter viel Pulver. Gerade «Songs Of Love And Death» wird bombastisch präsentiert, und die Leuchtstäbe, mit welchen die Fronterin hantiert, setzen einen visuellen Schwerpunkt. Vor allem in Bezug auf den heutigen Auftritt dürfte Elize sich bei Amaranthe eine Scheibe abschneiden, denn so kombiniert man Gesang mit Choreo!
Mit einer ausgewogenen Mischung von Songs der inzwischen fünf Alben – für mich feiern die letzten beiden Live-Premiere – führen Beyond The Black weiter durch ihr Set. «Human» gefällt mir einiges besser als ab Konserve; das neue «Dancing In The Dark» wird mit dem Einsatz einer riesigen Trommel untermalt, und schon ist auch der Titeltrack von «Heart Of The Hurricane» an der Reihe. Es folgt – zumindest für mich persönlich – ein etwas langwierig wirkender Abschnitt. Doch zum Glück sind einige ganz starke Songs des Debütalbums (namentlich «When Angels Fall», «In The Shadows» und das finale «Hallelujah») trotz dem grossen Line Up-Wechsel in der frühen Bandgeschichte weiterhin im Programm.
Nach Line Up-Wechseln gibt es oft eine Zwischenphase, in der die neuen Mitglieder erst in der neuen Umgebung ankommen und die Fans von sich überzeugen müssen. Dann gibt es aber zumeist den einen Moment – bei mir war dies das bereits erwähnte Konzert im Komplex 457 –, ab welchem sich die Band stark zurückmeldet. Ganz in diesem Sinne dürften Beyond The Black mit dem heutigen Auftritt und dem gespielten Set einen guten Weg gefunden haben, um kritisch-nostalgische Anhänger der frühen Stunde genauso wie Fans des neuen Materials zu begeistern!
Setlist – Beyond The Black
- Is There Anybody Out There?
- Lost In Forever
- Songs Of Love And Death
- Reincarnation
- Human
- Dancing In The Dark
- Heart Of The Hurricane
- Winter Is Coming
- Heaven In Hell
- Scream For Me
- When Angels Fall
- Shine And Shade
- In The Shadows
- Wounded Healer*
- Hallelujah*
*Zugaben
Das Fanzit – Beyond The Black, Amaranthe, Butcher Babies, Ad Infinitum
Die Ankündigung dieses Tourpakets liess wohl das eine oder andere Fanherz höherschlagen. Im X-TRA überzeugten alle vier Bands auf ihre eigene Art: Ad Infinitum erfüllten ihren Job als Opener mit Bravour. Danach lieferten die Butcher Babies eine kurze, aber umso energiegeladenere Show ab, die die Lust auf eigene Headliner-Gigs erhöhte. Der erste Co-Headliner Amaranthe sorgte trotz gesanglichen Mankos für einen erinnernswerten Auftritt. Zum Abschluss haben Beyond The Black beim Zusammenstellen der Setlist ein goldenes Händchen bewiesen und manifestiert, dass sie sich weiterhin auf dem aufsteigenden Ast sehen.