Metalinside.ch - Kissin' Dynamite - Z7 Pratteln 2023 - Foto Kaufi
Sa, 11. März 2023

Kissin‘ Dynamite, Dynazty, Formosa

Z7 (Pratteln, CH)
19.03.2023

Stadion Rock im Z7

Es ist fast vier Jahre her, seit Kissin‘ Dynamite das letzte Mal hier waren. Zwar spielten die sympathischen Schwaben seither noch an zwei Festivals in unseren Gefilden. Doch die Rückkehr als Headliner war überfällig.

Und nun sind sie zusammen mit Dynazty also auf „Double Headliner Tour“, mit dem Opening Act Formosa als Dritten im Bunde. Meine Erwartungen an diesen Konzertabend sind enorm …

 

Formosa

Als ich pünktlich zur Türöffnung vor der Halle ankomme, scheint eines sofort klar: heute könnte das Z7 endlich mal anständig gefüllt werden! Die Schlange am Einlass ist eine Stunde vor Beginn schon sehr stattlich… Der Eindruck täuscht denn auch nicht, und so kann das Quartett von Formosa seinen Auftritt vor einer anständigen Kulisse durchziehen.

Formosa kommen aus Essen und präsentieren den Fans einen Mix aus Heavy Metal, Hardrock und einer Portion Sleaze. Das tun sie mit einer unglaublichen Intensität und Spielfreude, die sich auch schnell auf das Publikum überträgt. Drei Alben hat die Band bislang veröffentlicht, das letzte („Danger Zone“) gab es auch zu kaufen. Was neben mir hoffentlich noch viele andere gemacht haben… Silberling Nummer 4, „Bittersweet“ betitelt, erscheint übrigens dann im April.

Die nette Dame am Merchstand erklärt mir nach der Show, dass die Hälfte der heute gespielten Songs von eben diesem kommenden Werk sind, der Rest ist „altes“ Material. Das starke „Horns Up“ gehört jedenfalls zur ersten Kategorie und zeigt deutlich, was „Bittersweet“ dann zu bieten hat. Die Hymne an das Bier, „Fuck Up Your Liver“, ist hingegen ein herrlicher Party Song aus früheren Tagen.

Beim soften „Manic Lover“ erscheint Fronter Nik Bird im schwarzen Federnmantel, den er beim abschliessenden „Bad Boys“ gegen das „oben ohne“-Outfit tauscht. Nach 35 Minuten ist dann allerdings bereits Schluss – irgendwie schade, man hätte da gerne noch mehr mitgenommen. Aber nun warten wir in diesem Fall halt erstmal auf den neuen Output…

Dynazty

Wie angekündigt wird den Fans heute eine Double-Headliner Show geboten. Allerdings ist das wohl nicht ganz korrekt – denn die beiden Hauptattraktionen wechseln ihre Positionen im Billing nicht. Somit sind Dynazty also quasi der Co-Headliner…

Es schleckt keine Geiss weg: Dass das Z7 heute Abend endlich mal über 1‘000 Leute begrüssen darf, liegt zweifellos auch an den Schweden. Die Truppe um Nils Molin hat (nicht nur mich) im letzten Sommer in Vallamand am Rock the Lakes Festival gnadenlos umgehauen – für mich war es sogar eines der Top 5 Konzerte des Jahres. Somit sind die Erwartungen heute enorm hoch…

Die Nordmänner legen denn auch furios los. Das Triple „Power Of Will“, „Firesign“ und „Natural Born Killer“ sorgt von der ersten Sekunde an für mächtig Lärm und Stimmung in der Halle. Das überträgt sich dann auch grad wieder auf die Spielfreude der Band. Die Setliste besteht mit Ausnahme von „The Human Paradox“ ausschliesslich aus Songs der letzten drei Alben. Das ist schon mal ein äusserst positiver Punkt! Die Temperatur in der Halle steigt merklich an, das merkt offenbar auch die Saitenfraktion – da wird dann auch mal während „The Grey“ rasch eine Dose Gerstensaft weggetätscht. Prost!

Doch nun beginnt die ganze Geschichte etwas zu schwächeln. „Advent“ ist noch ok, dann folgen ausgiebige Solos, bei denen Deep Purple’s „Highway Star“ Götti ist. „Yours“ ist dann auch nicht gerade der Brecher. So nehmen sich die Schweden kurzzeitig gleich selbst etwas aus dem Spiel. Mit dem saugeilen „In The Arms Of The Devil“ kriegen sie aber die Kurve – nur damit gleich danach mit einem Drumsolo erneut die Luft rausgenommen wird. Schade!

Dass die Truppe an sich deutlich mehr kann, beweist das absolut geile Finish. Es beginnt mit „Waterfall“, dem vielleicht besten Song überhaupt. „Presence Of Mind“ ist kaum schwächer und die Halle kocht nun richtig. Ja, SO will man Dynazty sehen und hören! „The Human Paradox“ gehört zwar nicht zu meinen Favoriten, kommt aber auch grossartig beim Publikum an. Und spätestens bei „Heartless Madness“ ist die Welt wieder komplett in Ordnung. Kein Wunder werden Molin & Co anschliessend mit minutenlangem Applaus gefeiert. Dies trotz stellenweise durchzogenem Auftritt – aber es ist der letzte Eindruck, der zählt. Und der ist stark!

Kissin‘ Dynamite

Müssen sich jetzt die Schwaben warm anziehen? Hat der „wahre“ Headliner bereits gespielt? Vielleicht stellt sich manch einer tatsächlich diese Frage. Und Kissin‘ Dynamite geben die Antwort… Die Jungs um Blondschopf Hannes Braun zeigen von der ersten Sekunde an, wer hier der Chef ist im Ring! Und warum sie hier völlig zurecht als letzte Band des Abends auf die Bühne dürfen…

Kissin‘ Dynamite liefern heute Abend eine nahezu perfekte Rock Show! Angefangen beim Bühnenbild (inklusive leuchtender Telefonkabel – man beachte das Cover des aktuellen Albums „Not The End Of The Road“…), welches auf einer richtig grossen Bühne NOCH imposanter rüberkommen würde. Dann die ungebremste Spielfreude der Musiker, welche sichtlich geflasht sind von den enthusiastischen Publikumsreaktionen. Die Setliste – ein Traum für Hardcore Fans wie meine Wenigkeit…

Der Einstieg in den Abend ist mit „No One Dies A Virgin“ eher überraschend, aber nicht minder geil. Die Lyrics sind eh der Hammer… „I’ve Got The Fire“ als nächstes – hier braucht es einfach die GROSSE Bühne, denn das schreit nach einem Flammenmeer. Im Z7 leider kaum machbar… Das Publikum dreht schon ziemlich am Rad und Hannes geht echt auf die Knie und bedankt sich dafür. Dabei sind noch nicht mal 10 Minuten rum – der Abend wird grossartig…

Mit „Sex Is War“ sowie „Love Me, Hate Me“ sind nun zwei Klassiker an der Reihe, bei denen sich Jim und Steffen einmal mehr fast die Köpfe einschlagen. Aber eben nur fast – gelernt ist gelernt… „Only The Dead“ – nicht nur wegen dem Text einer meiner absoluten Faves des aktuellen Albums. Meine Stimme versagt das erste Mal – aber „only the dead don’t give a damn!“ Wenn Kollege Dutti mich sehen könnte (kann er nicht – zu viele Leute zwischen seinem Pfosten und meinem Platz. Ha!), würde er wohl von „Eskalation“ reden…

Und dann bauen die Schwaben heute wirklich einige Überraschungen in die Setliste ein. Bei einer Spielzeit von zweieinhalb Stunden oder so würde ich gewisse Songs ja erwarten. Aber heute, bei 75 Minuten? „Living In A Fastlane“? Echt jetzt? Meine Kauleiste hat Bodenkontakt und mein Nacken jammert auch schon rum. Es ist einfach nur geil!

Mit „What Goes Up“ und „Yoko Ono“ folgt wieder etwas neuer Stoff, bevor König Hannes I. seinen Thron betritt. „I Will Be King“ – darf bei keiner Show fehlen. Ein Favorit der Fans, der entsprechend abgefeiert wird. Und nun folgt die nächste Eskalationsstufe… „D.N.A.“ – knallhart gespielt ist das ein gnadenloser Angriff auf die Nackenmuskeln. Und die Stimmbänder. Die erhalten auch keine Pause mehr… Gepflegtes Kopfschütteln kann hingegen kurz Pause machen. Nein – es folgt KEINE Ballade! (Übrigens ein weiterer Pluspunkt, dass die Jungs das ohne Schmachtfetzen durchziehen… ) Es ist hingegen Zeit für einer der ungewöhnlichsten Tracks: „Six Feet Under“! Auch das etwas, was man nicht unbedingt erwarten durfte… „Six shots in the back – thanks for the attack!“

Langsam geht’s auf die Zielgerade. Etwas richtig geilen Stadium Rock gefällig? „You’re Not Alone“! Hannes schwört da bei der Ansage auf die Zusammengehörigkeit der Metalfans. Wahre Worte – und gigantische Musik! Doch das Ende ist noch nicht da. Der Weg ist noch nicht fertig… „Not The End Of The Road“. Die knapp 1‘200 Leute bringen den Laden nochmals richtig zum Kochen.

Einer geht noch! Und das ist natürlich „Flying Colours“, welcher wie gewohnt mit starker Lichtshow untermalt ist. Es wird gehüpft, gesprungen, gesungen, geschrien – eine unglaubliche Feier wird hier zelebriert. Selbst nachdem die fünf Musiker nach minutenlangem Applaus die Bühne verlassen haben, wird in allen Ecken des Z7 immer noch „Come on, come on, COME ON!“ gesungen…

Das Fanzit – Kissin‘ Dynamite, Dynazty, Formosa

Meine Erwartungen an diesen Abend waren wie eingangs erwähnt enorm hoch. Manche warnten mich, dass ich nur enttäuscht werden könnte damit…

Eines kann ich jedoch problemlos sagen: Das war keine Double Headliner Show, das war eine verdammte Machtdemonstration von Kissin‘ Dynamite! Sicher, Dynazty spielten stark auf, aber sie standen sich teilweise selber etwas im Weg. Im direkten Vergleich haben sie mich in Vallamand mehr überzeugt. Und wäre da nicht noch eine andere Band gewesen, würde ich es sicher nochmals etwas anders beurteilen. Aber…

… Kissin‘ Dynamite zeigten heute absolut keine Schwächen. Das war ein schlichtweg überragender Auftritt, wie gesagt eine Machtdemonstration. Eine Show an der es eigentlich nichts zu nörgeln gibt. Dass 75 Minuten viel zu wenig sind, ist hingegen eine Tatsache, die nichts direkt mit dem heutigen Abend zu tun hat – heute waren es halt diese entsprechenden Voraussetzungen.

Sehr erfreulich auch, dass heute wie gesagt knapp 1‘200 Leute da waren – wenn man an die traurige Kulisse im April 2019 zurückdenkt… Es wird Zeit, dass die Schwaben auch hier endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen! Rein von der Qualität her, welche die Jungs live abliefern, gehören sie einfach auf die richtig grossen Bühnen… #stadiumrock

Kissin‘ Dynamite haben meine Erwartungen mehr als erfüllt – diese Show wird ohne irgendwelchen Zweifel zu den Besten des Jahres 2023 gehören!

Fotos Kissin‘ Dynamite, Dynazty, Formosa – Z7 2023


Wie fandet ihr das Konzert?

19.03.2023
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