Steel Panther – On The Prowl (Cover Artwork)
Fr, 24. Februar 2023

Steel Panther – On The Prowl

Glam Metal
24.03.2023
Steel Panther – On The Prowl (Cover Artwork)

«Das ist doch Kommerz! Und ist das dein Ernst? Magical Vagina?»

«On The Prowl» – so der Name des neuen Albums von Steel Panther. Weiterhin bleiben sie ihrem bewährten Stil treu: Lieder über intime Zwischenmenschlichkeiten mit garantierter Ohrwurmgarantie.

Auch auf dem sechsten Studioalbum erwarten den Hörer wenig Überraschungen. Trotz des Wechsels von Lexxi Foxx zu Spyder am Bass, hat sich die Musik kaum verändert, wer wenig anfangen kann, mit Lyrics über Geschlechtsorgane, scheinbar geschrieben von Männern, die sich, seit dem 14. Lebensjahr nicht mehr weiterentwickelt haben, wird auch an den neusten Werken von Steel Panther wenig Freude haben.

Sofern man nur im Geringsten mal was von der Band gehört hat, weiss man auf was man sich einlässt, bevor man auf Play drückt. Alles hört sich an, als hätte man es schon mal (von Steel Panther) gehört. Was der Glam-Hair-Metal-Parodie aber definitiv nicht abgesprochen werden kann, ist, dass sie weiss, wie man Ohrwürmer kreiert. So erwischt man sich selbst dabei, wie sich mitten im Alltag niveaulose Refrains wie «Your vagina, your vagina – I’m in love with your vagina» (Magical Vagina) vom Unterbewusstsein ins Bewusstsein schleichen. Man versucht solche Ohrwürmer zu vertreiben, das macht es allerdings nur noch schlimmer.

Ein wenig fehlen auf diesem Album die «Lückenbüsser»: Lieder, bei denen man sich als Band etwas getraut hat, mal etwas anderes probiert hat, Stücke, die man erst nach mehrmaligem Hören entdeckt. Erste Strophe, eingängiger Refrain, zweite Strophe, Bridge, Refrain, Gitarrensolo, gegebenenfalls eine dritte Strophe und am Ende erneut der Refrain, in etwa so ist mehr oder weniger ein Steel Panther Song aufgebaut, beinahe als hätte man sich dem aktuellen Erfolgsrezept von Streamingdiensten angepasst, was nicht zwingend der Realität entsprechen muss: wurden doch die früheren Lieder ebenfalls nach diesem Schema-F aufgebaut. Noch früher wurden bereits Stücke der Beatles nach einem ähnlich ausgeklügelten Erfolgsrezept komponiert.

Einige kleine Überraschungen sind dennoch auf dem Album versteckt. Allen voran der Track «Is My Dick Enough», dem Dweezil Zappa, Sohn des sagenumwobenen Frank Zappas, ein eigenwilliges Gitarrenspiel beisteuerte, wie es nur von einem Zappa kommen kann. Der Text von «1987», hebt sich vom Rest des Albums ab, da er sich kaum an primären Geschlechtsorganen, -Verkehr und Libido bedient, stattdessen von einer romantisierter Retroperspektive auf den Metal und scheinbar wilden sowie freieren Lebensstil der 1980er-Jahre erzählt. Der Song war die erste Singleauskopplung, die vier Monate vor Albumrelease veröffentlicht wurde. Sie kann durchaus als Bogen zum Vorgängeralbum «Heavy Metal Rules» betrachtet werden, dessen wackeliges Grundgerüst ebenfalls eine Lobeshymne an den harten Rock war, insbesondere an jenen der 80er. Ebenfalls ähnlich: der Song «Death To All But Metal», vom Debütalbum «Feel The Steel», ein tatsächlich bisher unbehandeltes Thema hat es dementsprechend nicht auf das neuste Erzeugnis geschafft, trotzdem der Panther mal auf Fortpflanzung verzichtet hat. Unter den Perücken scheinen Michael Starr und Co. auch nicht mehr jünger zu werden. So blickt man wehmütig zurück auf «die gute alte Zeit», und beklagt sich in «Ain’t Dead Yet», in ironischer Balladeform, über das Älterwerden. Natürlich muss dabei Samenerguss und Ähnliches ins Spiel kommen. Würg.

Nicht wirklich ernst nehmen – das scheint das Bandkonzept zu sein. Doch nach 23 Jahren Bandgeschichte, je nach Quelle, scheint sich so langsam dieses Konzept bis auf den letzten Akkord ausgespielt zu haben, neue Fans gewinnen Steel Panther kaum, «Es ist nicht meine Musik, aber ich würde es mir vielleicht trotzdem noch ein zweites Mal anhören» oder: «ich könnte mir vorstellen, diese Musik im Solarium aufzudrehen», so das Fazit zweier Hörerinnen, die zum ersten Mal etwas vom stählernen Panther im Ohr hatten. Verschwendetes Potenzial. Wo wäre die Truppe wohl, wenn sie ihren thematischen Horizont über vulgäre pubertäre Inhalte hinweg erweitert hätte? Mittlerweile schneiden sie sich damit selbst in die Genitalien, um es thematisch passend auszudrücken.

Amerikanischer Ballermann

Eigentlich müsste spätestens 2023 die Zeit von Steel Panther hereingebrochen sein. Eine zunehmend liberalere Gesellschaft ist gleichzeitig auch dünnhäutiger geworden: was von der eigenen Meinung, Moral und den eigenen Werten abweicht, wird lauthals gecancelt, was im Umkehrschluss dazu führt, dass mehr darüber gesprochen wird, somit das «Skandal» in den Fokus rückt. Scheinbar misogyne Textzeilen aus Liedern wie Pornstar: «I locked you in the basement – and baby, thats where you will stay», müssten doch wie geschaffen dafür sein?

Ist man auch solchen lyrischen, krampfhaft provokativen Ausdünstungen gegenüber liberaler geworden? 2011 hat die deutsche Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien das Steel Panther Album «Balls Out» auf den Index gesetzt. Nun darf es nur noch an Erwachsene verkauft werden oder muss über Spotify gestreamt werden … Seither bekam die Band von keiner westlichen Regierung mehr eine solche tatkräftige Unterstützung in Sache Marketing. Vielleicht versucht die Band nun weniger die Jugend zu gefährden, ihr gehen so langsam die Ideen aus oder selbst Bundesprüfstellen langweilt sich an den sich stetig wiederholenden Themen. Auf jeden Fall fehlt es an einem Skandal, oder zumindest einem Shitstorm, jedenfalls etwas, was die Band für die Öffentlichkeit wieder interessanter macht.

Möglicherweise besteht das Problem darin, dass es der Band nie wirklich gelungen ist, aus der «Metal-Bubble» auszubrechen und dass, obwohl die Lieder, oft stark, poppig angehaucht waren und sind, man denke nur an «Party Like Tomorrow Is The End Of The World». Connaisseurs der harten Musik sind sich vom Glamrock der 80er deutlich Derberes gewohnt, hier ein Skandal zu provozieren könnte schwierig werden.

Was würde also passieren, könnten Steel Panther aus ihrem Kokon ausbrechen? Was sagen Leute, die ansonsten vor allem Reggaeton hören über Lieder, die Vulven lobpreisen? Um diesen Fragen auf die Spur zu gehen, wurden im Rahmen dieser Review einige Personen, die sich bislang von Musik mit verzerrten Gitarren, so gut es ging fernhielten, mit Ausschnitten aus dem aktuellen Album, «On The Prowl», beschallt. Recht schnell zeigte sich, dass man als Kenner von Steel Panther, in den Songs nur Steel Panther erkennt, weil man weiss, dass man Steel Panther hört.

«Es erinnert mich an die Boygroup One Direction»

«Ich könnte mir die Musik in einem Road-Trip-Movie oder einem 90s-High-School-Drama vorstellen.»

«Der Text erinnert mich an «Yummy» von Justin Bieber und die Musik an One Republic.»

Solche und ähnlich erschreckende Meinungen wurden von unbefangenen Leuten geäussert.

«Poetischer hätte man wohl kaum über eine Pussy schreiben können»,

«Das ist für mich amerikanischer Ballermann.»

Provokation in sexistischer Form scheint nicht (mehr) zu funktionieren. In vielen Subgenres des Hip-Hops sind ähnliche Themen längst allgegenwärtig und wenn im Bierzelt Lieder wie «Sie hatte nur noch Schuhe an» gegrölt werden, wen haut dann noch ein «Never Too Late (To Get Some Pussy Tonight» aus jenen Schuhen? Mitgrölen lässt sich dies ebenfalls und was ausser die Gitarre in Leopardenfelloptik unterscheidet dann ein Satchel von Mickie Krause?

Steel Panther sollten sich schleunigst neu erfinden, den spätestens wenn Vergleiche zu Boygroups gezogen werden, wird es peinlich.

Das Fanzit Steel Panther – On The Prowl

Es steht Steel Panther drauf, es steckt Steel Panther drin, aber auch nicht mehr. Technisch lässt sich an der Scheibe kaum was aussetzen: Die Gitarrensolos sind mal mehr, mal weniger innovativ, doch solid, die Produktion in Ordnung. Langweilig ist das Album nicht, dafür sind die Songs zu sehr dafür konstruiert worden, dass sie hängen bleiben, was nicht immer nur schön ist. Und doch fehlt mir etwas. Etwas, was das bisschen Mehr ist, etwas, was das Album ausmacht, etwas, was sich nicht ohne Zusammenhang in eine «Best Of Steel Panther» Playlist einreihen lässt. Im Grunde ist es egal, ob der Song «Teleporter» auf «On The Prowl» oder «Balls Out» befindet. Es scheint, als hätte die Band sich nie weiterentwickelt und hätte es auch nicht vor.

Würde ich ein Kauf dieses Albums dennoch empfehlen? Vielleicht. Jedoch, nur wenn man noch kein anderes von Steel Panther im Regal stehen hat.

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Tracklist Steel Panther – On The Prowl

  1. Never Too Late (To Get Some Pussy Tonight)
  2. Friends With Benefits
  3. On Your Instagram
  4. Put My Money Where Your Mouth Is
  5. 1987
  6. Teleporter
  7. Is My Dick Enough (feat. Dweezil Zappa)
  8. Magical Vagina
  9. All That And More
  10. One Pump Chump
  11. Pornstar
  12. Ain’t Dead Yet
  13. Sleeping On The Rollaway

Line Up – Steel Panther

  • Stix Zadinia – drums
  • Michael Starr – vocals
  • Satchel – guitar
  • Spyder – bass

Video Steel Panther – 1987


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 5.5/10



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Autor
24.03.2023
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