Ein Hauch von Trost
Vanish veröffentlichen mit A Hint Of Solace ihr mittlerweile viertes Studioalbum. Ob es dem Quintett aus deutschen Landen damit gelingt, sich auf dem nicht gerade unumkämpften Power Metal-Markt Gehör zu verschaffen – oder ob wir vielleicht doch lieber ein wenig Trost spenden sollten – hier unsere Einschätzung.
Das Schöne am Metal ist ja, dass man aufgrund der schier unüberschaubaren Fülle an Bands immer wieder auf unentdeckte Schätze stösst, die zu erkunden es alleweil lohnt. So auch im Falle von Vanish (nein, nicht „Oxi Action“ – herrje, wie Werbung doch prägen kann …), deren neuester Streich A Hint Of Solace eher zufällig auf meinem (zugegebenermassen rein virtuellen) Plattenteller landete. Aber oftmals sind es ja gerade diese von Fortuna gelenkten Begegnungen mit neuen, unbekannten Formationen, die wahre musikalische Perlen zutage fördern. Doch schön der Reihe nach …
Die aus Stuttgart stammende Combo existiert bereits seit stolzen dreiundzwanzig Jahren, hat aber irgendwie immer noch diesen gewissen Underground-Status inne. Neben einem Demo, zwei EPs und vier Singles haben Vanish mit Separated From Today (2006), Come To Wither (2014) und The Insanity Abstract (2017) auch schon drei Alben veröffentlicht. Höchste Zeit also, Opus Nummer vier einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Oder besser gesagt, einer Hörprobe, wobei das wunderschön gestaltete Cover Artwork an dieser Stelle eine besondere Erwähnung verdient.
Von Schubladen …
„Modern, aber trotzdem oldschool, anspruchsvoller Power Metal mit etwas Prog, Thrash und Emotion, aber trotzdem mit Melodie und Groove.“ – so die Selbstreflexion der Musiker auf dem Promo-Flyer. Und ja, schon der Opener Crowdpiercer spiegelt diese (Nicht-)Schubladisierung des eigenen Stils recht treffend wider. Mächtige Riffs treffen auf harte, treibende Drums, kernige Rhythmusarbeit sowie die herausragende Stimmgewalt von Frontmann Bastian Rose. Die von ihm zusätzlich beigesteuerten Keyboardklänge dienen indes keineswegs dazu, (nicht vorhandene) Lücken im Soundgefüge zu kitten, sondern bereichern das Klangbild auf unaufdringliche, schwebende Weise.
Nicht minder spannend und druckvoll präsentiert sich Walk With Me Through Fire, derweil Act/Live/Resolve eher etwas in die intensiv-emotionale Kerbe schlägt. Auch Voyage In Suffering und das mit Thrash-Attitüde aufgepeppte Black Elation erfreuen den Hörer mit vielseitigen Klängen auf beeindruckend hohem Niveau. Und dass das titelgebende A Hint Of Solace mit seiner computerähnlichen Sprechstimme, die sich durch das ganze Album zieht, das Opus beschliesst, ist im Gesamtkontext der Scheibe irgendwie nur konsequent.
… und Balladen
Eine ganz besondere Hausnummer – wenn man so will – ist zudem das zwölfminütige As Though The Dead Are Here. Was zunächst als gefühlvolle Ballade beginnt, schraubt sich schon bald in weitaus härtere, progressivere Höhen und überrascht mit einem ungeheuren Abwechslungsreichtum. Mag sein, dass man sich gelegentlich etwas verzettelt oder den Spannungsbogen nicht über die gesamte Länge halten kann. Aber letztlich gehört schon eine gewisse Kaltschnäuzigkeit dazu, ein solches Stück Musik rauszuhauen. Chapeau!
Was die balladesken Qualitäten der Combo angeht, war ich mir zunächst ein wenig unsicher, denn Bastians kräftiges Stimmorgan schien im eher tieferen Drehzahlbereich nicht so recht in die Gänge kommen zu wollen. So zumindest mein Eindruck beim ersten, etwas oberflächlichen Quercheck. Inzwischen empfinde ich dieses „Singen mit angezogener Handbremse“ in der dezidierten Powerballade The Crossing als durchaus spannende Nuance, die dem Gesamtwerk ein weiteres Stück Varianz hinzufügt. Dennoch sehe ich die Stärken des Quintetts eher in den geradlinigen Power-Songs, denen gerne auch mal experimentell anmutende Elemente beigemischt werden dürfen.
Dass das Album in monatelanger Kleinarbeit von der Truppe selbst komponiert, arrangiert und produziert wurde, unterstreicht das Können der fünf Musiker nur noch mehr. Irgendwie einfach unglaublich, wie viel Qualität hier wieder einmal unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit unterwegs ist!
Das Fanzit Vanish – A Hint Of Solace
Vanish sind eine dieser Bands, die eigentlich sehr, sehr viele Dinge sehr, sehr richtig machen und mit ihrem aktuellen Streich nun hoffentlich die Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen zusteht. Denn summa summarum liefern die Baden-Württemberger mit A Hint Of Solace ein grundsolides, äusserst kurzweiliges und abwechslungsreiches Album ab, das meine Boxen mit Sicherheit noch so manches Mal zum Vibrieren bringen wird.
Wer mit verschiedenen Stilen angereichertem Power Metal nicht gänzlich abgeneigt ist, sollte dieser Langrille unbedingt eine Chance geben.
Anspieltipps: Walk With Me Through Fire, Voyage In Suffering, As Though The Dead Are Here
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Trackliste Vanish – A Hint Of Solace
- Crowdpiercer
- Walk With Me Through Fire
- Act/Live/Resolve
- The Crossing
- Voyage In Suffering
- Black Elation
- As Though The Dead Are Here
- A Hint Of Solace
Line Up – Vanish
- Bastian Rose (Vocals, Keys)
- Philipp Schönle (Guitar)
- Ben Galster (Guitar, Screams)
- Andreas Armbruster (Bass)
- Ralf Nopper (Drums)
- Video Vanish – Voyage In Suffering