Unerwartet durchgestartet
Sacred Outcry sind mir auf Bandcamp ja bereits mit ihrem Debutalbum über den Weg gelaufen, doch aus unerfindlichen Gründen habe ich es bisher verpasst, mich näher mit der Band zu beschäftigen. Das kürzlich bei No Remorse erschienene Zweitwerk Towers of Gold bietet mir nun die Gelegenheit, dieses Versäumnis nachzuholen.
Und ein Versäumnis ist es definitiv, wie bereits der erste Durchlauf lautstark verkündet und die vielen weiteren nachhaltig bestätigen. Auf Towers of Gold verweben Sacred Outcry Merkmale des traditionellen Heavy Metal mit Symphonic Power Metal aus der Zeit um die Jahrtausendwende herum und umwickeln das Ergebnis mit einer Fantasygeschichte aus der Feder von Bandgründer und Bassist George Apalodimas, die sich gleich fliessend über die ganze Spieldauer hinweg entfaltet. Ein Konzeptalbum also und zwar im klassischen Sinne mit einer nachvollziehbaren, fortlaufenden Handlung. Vorgetragen wird diese vom frisch zur Band gestossenen Daniel Heiman mit einer gesanglich äusserst bemerkenswerten Leistung, dass es einfach eine wahre Freude ist. Da ist Sacred Outcry ein richtiger Glücksgriff gelungen.
Ebenfalls neu an Bord sind Defkalion Dimos am Schlagzeug und Gitarrist Steve Lado, der sich auch gleich noch um das Mastering und den Mix gekümmert hat. Letztgenannter Produktionsposten muss sich denn auch etwas an Kritik gefallen lassen, sind die Rhythmusgitarren doch leider einen Tick zu stark in den Hintergrund geraten. Auf der anderen Seite hätten die Gesangsspuren trotz Heimans formidabler Performance nicht unbedingt derart nach vorne gemischt werden müssen für ein ausgewogenes Hörerlebnis. Aber damit wir uns in dieser Hinsicht richtig verstehen: das sind eher Detailausprägung, um die es hier geht. Insgesamt funktioniert die Scheibe klanglich nämlich durchaus.
Die Basis ist also da, damit Sacred Outcry sich auf ihre wahre Stärke konzentrieren können: die Komposition von ausgereiften, spannenden und abwechslungsreichen Stücken, die zwar für sich selber stehen können, aber – ganz im Sinne der erzählten Geschichte – als Album noch viel besser funktionieren. Dabei begeht die in Griechenland verwurzelte Band nicht den Fehler, stumpf der Vergangenheit nachzurennen, sondern schafft es auf Towers of Gold vielmehr, frühere Jahre der Metalgeschichte als Inspiration aufzugreifen, mit einem eigenem Dreh sowie viel Herz zu versehen und in die heutige Zeit zu transportieren. Einzelne Tracks herauszuheben, gestaltet sich demzufolge gar nicht so einfach. Aber weil Sacred Outcry über die (weit weniger als gewünscht verbreitete) Fähigkeit verfügen, lange Songs zu schreiben, die mit ihrer Spielzeit auch etwas anzufangen wissen, bietet sich „Towers of Gold (Tempus Edax Rerum)“ als Kandidat für eine Hörempfehlung an. Der Song zeigt neben gelungener Gitarrenarbeit, tollen Soli und mitreissenden Gesangslinien auch beispielhaft, wie gut die Orchesterteile arrangiert sind. Als integraler Bestandteil der Kompositionen vermeiden sie bloss schmückende Beiwerkschicht zu sein, wie dies leider oftmals bei solcher Musik der Fall ist.
Das Ergebnis all dieser Zutaten sind Lieder, die mit Abwechslungsreichtum und Komplexität punkten können, bei all der Detailverliebtheit zur Abwechslung vielleicht aber hin und wieder auch mal noch eine leichte Reduktion mehr gebrauchen könnten, als auf Towers of Gold vorzufinden ist. Der grosse Wehrmutstropfen des Albums bleibt schliesslich das unspektakuläre Artwork, das der Musik schlicht nicht gerecht wird. Da sind einfach zu viel Landschaft und Rahmen drauf, als dass es den Blick zuverlässig auf sich ziehen würde. Musikalisch spielen die vier Herren aber auf jeden Fall ganz vorne mit.
Das Fanzit zu Towers of Gold von Sacred Outcry
Welch‘ freudige Überraschung. Sacred Outcry kommen aus der Dunkelheit des Undergrounds angeritten und schütteln mit Towers of Gold drei Jahre nach ihrem Debut einfach mal so ein grossartiges Symphonic Power Metal Album aus dem Ärmel, das es faustdick hinter den Ohren hat. Abgesehen von leichten Abstrichen bei Abmischung und Cover stösst das Quartett damit bis in die Spitzenregion dieses Genres vor und räumt mit seiner spielerischen Frische äusserst starke (und äusserst verdiente) 8.5 Punkte ab.