Nachgedoppelt
Da eine Show selten genug ist, muss ich natürlich nach Köln (siehe Review) auch noch die Schweden in München besuchen… Auf geht’s – Runde 2!
Montagnachmittag. Ich treffe mich mit ein paar weiteren Saboteurs in einer kleinen Kneipe in der Nähe der Olympiahalle – etwas vorglühen (und vor allem Essen…) kann nicht schaden. Es könnte ein durstiger Abend werden – wenn ich nur schon an Baby Metal denke… Pünktlich sind wir dann in der Halle und ebenso pünktlich geht um 19h das Licht aus für Lordi.
Lordi
Licht aus? Wie war das? Es ist eigentlich immer noch hell – von draussen strömt noch massenhaft Tageslicht in die Halle. Was Meister Lordi dann schnell zur Bemerkung verleitet „Scheisse hell hier! Sonst sage ich scheisse heiss – aber jetzt ist scheisse hell!“ Diese Aussage zeigt schon: Es wird spassig!
Der «Monsterman» ist in bester Laune, macht Sprüche (wie Stina schon in Köln erwähnt hat, kennt er also sehr wohl den Unterschied zwischen „Ja!“ und „Jaja!“…) und sorgt mit seiner Truppe dafür, dass das Publikum schon mal richtig warm wird. Etwas überraschend mag die Tatsache erscheinen, dass hier nicht einfach ein Best-Of Programm zum Besten gegeben wird. Immerhin drei Songs sind vom aktuellen Album „Screem Writers Guild“. Nun gut – man will ja anderseits auch dieses Werk etwas promoten…
Aber ich geb‘s zu: Ich gehöre hier eher zur „Old School“-Fraktion. „Would You Love A Monsterman?“, „Who’s Your Daddy?“ und natürlich „Hard Rock Hallelujah“ – das sind dann schon die Dinge, bei denen richtig Stimmung aufkommt. Da wirken die neueren Sachen einfach etwas lahm im Vergleich. Irgendwie schade.
Showmässig lassen sich Lordi ansonsten nicht lumpen. Eine üppig dekorierte Bühne, der Meister mal mit Fledermausflügeln oder mit Axt. Dazu lässt er bei „Who’s Your Daddy?“ auch noch mächtig Dampf ab. Und auch sonst ist der Sänger natürlich optischer Dreh- und Angelpunkt. Schlussendlich einfach ein gelungener Auftritt, der Spass macht
Babymetal
Nachdem ich das Gekreische in Köln schon erdulden musste, war klar: Das gibt keine Wiederholung. Da stehe ich lieber bei der Sabaton Merch an und investiere meine Kohle in noch ein T-Shirt und in noch mehr Bier. Problem: Gut saufen kann man sich Babymetal nicht. Und man will es eigentlich auch überhaupt nicht versuchen.
Sabaton
Endlich wieder Musik! Denken definitiv nicht wenige Fans, als es um 21.15h nun richtig dunkel wird in der Halle. Zeit für 105 Minuten Swedish Heavy Metal! Dass es insgesamt natürlich keine allzu grossen Unterschiede geben wird im Vergleich zu Köln, liegt auf der Hand. Zu gross ist die Produktion mit Video, Licht und Pyroshow, als dass da viel Spontanität drin liegen würde. So ist „Ghost Divison“ natürlich wieder der furiose Auftakt. Inklusive Panzerfaust, mit der Hannes auf seinem Panzer abgeschossen wird…
Während bei „Bismarck“ anschliessend die Flammen auf der ganzen Bühne züngeln, wird Joakim plötzlich von Tommy und Chris regelrecht mit Plektren beschossen, was ihn aus dem Takt bringt und mit ausgestrecktem Mittelfinger gegen die Saitenfraktion quittiert wird. Der Spass in der Band ist auch nach über 20 Jahren ungebrochen! Nach „The Last Stand“ reagiert der Sänger dann das erste Mal auf die Forderung nach Hopfentee. Und der wird gebracht von Andy – verkleidet als uralter Mann! Das haut Joakim dann fast aus den Socken vor Lachen…
Bis zu „Winged Hussars“ gibt es nichts Neues zu erzählen, was nicht in Köln schon passiert ist. Somit wäre es nun also an der Zeit, den Block über den ersten Weltkrieg etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es beginnt mit „Sarajevo“, welcher nun in voller Länge (resp. Kürze) gespielt wird, allerdings kommt hier wohl einiges vom Band. Das wird mehr als „Intro“ verarbeitet. Ein maskierter Attentäter kommt auf die Bühne und „two shots are fired“ – der Auslöser für den ersten Weltkrieg wird mit kleinem Schauspiel nachgestellt.
Es folgen die Sturmtruppen. Auch wenn ich bei „Stormtroopers“ tatsächlich immer an Star Wars denken muss… Damit hat es logischerweise nichts zu tun. Der schnelle Track sorgt für viel Bewegung, und jetzt kommen die Podeste das erste Mal auch richtig zum Einsatz. Zwei Soldaten mit Flammenwerfern feuern da herum, oftmals in Richtung des armen Drummers. Als ob der nicht genug warm hätte… Joakim marschiert derweil in langem Ledermantel rum und schiesst am Ende auch noch mit einer Flinte auf… den Videoscreen. Hannes hat genug!
Einer der Soldaten auf dem Podest wird nun ausgewechselt und macht Platz für einen Kollegen mit einer Trommel. Es wird emotional. „1916“ ist der vielleicht untypischste Song, den Motörhead jemals aufgenommen hat. Die Story, die Melancholie, Lemmys aussergewöhnlicher Gesang – das alles macht diesen Titel zu einem Meisterwerk. Sabaton haben sich in all den Jahren immer mal wieder auch an Coverversionen versucht – und zumindest ich bin der Meinung, dass sie besser bei den eigenen Sachen bleiben sollten. Und jetzt wagen sie sich an genau dieses „1916“! Natürlich: Rein inhaltlich macht das auch absolut Sinn. Der erste Weltkrieg ist ja das aktuelle Hauptmotiv bei den Schweden.
Sabaton verdienen auch dafür einfach Respekt. Die Umsetzung, mitsamt dem aufwendigen und unglaublich eindrücklichen Videoclip, ist mehr als nur gelungen. Trotz klarer „Sabaton-Färbung“ bleibt die Magie, die Traurigkeit erhalten. Selbst wenn es wie gesagt natürlich thematisch perfekt passt: Ich kann mich auf die Schnelle zumindest nicht erinnern, dass Sabaton jemals ein Cover live gespielt hätten. Und auch wenn ich im Normalfall bekanntlich eher zu den „Cover-Gegnern“ gehöre – in diesem Fall bin ich einfach nur zutiefst beeindruckt. Weltklasse, einfach nur pure Weltklasse. Manch einer im Publikum hat hier feuchte Augen.
Eher peinlich sind dann allerdings wirklich diese Spassten, die nach dem Songende statt einen Moment die Ruhe geniessen schon wieder mit ihren „Noch ein Bier!“ Rufen beginnen. Manche kapieren es nie. Zum Glück gibt‘s jetzt grad Disco-Metal und viel „Schnee“: „Soldier Of Heaven“ ist an der Reihe. Der kommt überraschenderweise deutlich weniger Disco-mässig rüber wie erwartet. Hab ich zumindest das Gefühl…
Von den Alpen aufs Meer. Es wird düster – „Dreadnought“. Garniert mit viel Feuer ist das nicht nur einer der besten Tracks vom aktuellen Album, auch live drückt der wie Sau. Pure Power – und es geht Schlag auf Schlag so weiter. Vom Wasser geht‘s in die Lüfte: Zu „The Red Baron“ wird wieder das kleine, rote Piano-Flugzeug auf die Bühne gebracht. Dies kennt man ja noch von der letzten Tour. Allerdings verzichtet Joakim dieses Mal auf irgendwelche Spielereien als „Intro“.
Mit „Father“ und „The Attack Of The Dead Man“ gibt’s ein Doppelpack zum Thema „Giftgas“. Bei „Father“ tummeln sich Wissenschaftler und hohe Militärs auf der Bühne, die teilweise einem chemischen Labor gleicht. (Hinweis an die Nerds: Schaut Euch die Formeln auf der Tafel des Chemikers genau an..!) Die Gitarristen flüchten da auf die Podeste, während Jocke und Pär auf dem Panzer Zuflucht suchen. Die Versuche scheinen erfolgreich zu verlaufen – im Fotograben werden nun fleissig Masken an die Fans in der vordersten Reihe verteilt. Die Saitenfraktion zieht sich Gasmasken an, der Sänger selber kommt mit schwerem Mantel und „Gaskübel“ daher – wie er allerdings den ganzen Track unter der Maske singen kann, ist mir ein Rätsel. Da müsste ich irgendwann mal nachfragen… Jedenfalls wird massig Rauch versprüht, auch die Fotografen bekommen ihren Anteil direkt ab.
Genug Krieg! Es ist wieder Zeit für die Ansprache von Bandleader Pär. Er erzählt auch hier von alten Tagen, als sie im Backstage zu Gast waren. Er fordert die Leute auf, mit ihren Handys Licht zu machen – und das sieht jetzt verdammt beeindruckend aus! Deutlich mehr Fans als in Köln leisten hier Folge, es ist taghell. Gigantisch! Und so beginnt „Christmas Truce“. Auf der Bühne ein Soldat am Piano, ein zweiter steht mit einem Glas Rotwein daneben. Rote Blitzlichter. Flammen vor Tommys Füssen, man hat Angst dass er wirklich Feuer fängt. Und zum Schluss Konfetti, Konfetti und noch mehr Konfetti.
Im altbekannten Abschluss-Block zeigt sich nochmals, welchen Spass die Jungs haben. Während Hannes bei „Swedish Pagans“ sein kurzes Drumsolo spielen darf, sammelt die Saitenfraktion eifrig Konfetti zusammen – mit welchen der Drummer kurz danach eingedeckt wird! Naja, das dürfte ihm wohl lieber sein als dauernd vom Joakim mit der Panzerfaust abgeschossen zu werden…
Mit „To Hell And Back“ endet auch diese Show standesgemäss und sowohl von der Bühne wie auch vom Mischpult aus werden die verschiedenen Flyer in die Halle geschossen. Sammelobjekte für die Hardcore Fans, genauso wie die verschiedenen Bierbecher. Wobei es bei den Flyern so ist, dass nicht jeden Abend die gleichen verschossen werden… Mit einem wiederum eindrücklichen Abspann verabschieden sich die Schweden von einem restlos begeisterten Publikum. Danke Sabaton – auf die nächsten 51 Shows!
Das Fanzit – Sabaton, Babymetal, Lordi
Es ist ganz einfach: Sabaton zementieren auf dieser Tour die Tatsache, dass sie mittlerweile zu den absolut grössten Bands zählen. Da stimmt von A bis Z einfach alles. Die Show, die Musik, die Songauswahl – und trotz des riesigen Erfolges bleiben die Jungs bodenständig und zeigen immer wieder, welchen Spass sie immer noch haben. Für den Moment dürften dies zudem die letzten Konzerte gewesen sein. Pär kündigte an, dass es ein neues Album gibt, bis zur Rückkehr auf die Bühnen…
Herzlichen Dank an dieser Stelle noch an Stina für die Unterstützung in Köln und an Nick für die sensationelle Betreuung der Fotografen vor Ort!
Setliste Lordi
- Dead Again Jayne
- Would You Love a Monsterman?
- Thing in the Cage
- Blood Red Sandman
- Lucyfer Prime Evil
- Devil Is a Loser
- Who’s Your Daddy?
- Hard Rock Hallelujah
Setliste Babymetal
- BABYMETAL DEATH
- Megitsune
- PA PA YA!!
- METAL KINGDOM
- Monochrome
- Gimme Chocolate!!
- Road of Resistance
Setliste Sabaton
- Sarajevo (Intro)
- Sun Tzu Says (Intro)
- Ghost Division
- Bismarck
- The Last Stand
- Into The Fire
- Carolus Rex
- Winged Hussars
- Sarajevo
- Stormtroopers
- 1916
- Soldier of Heaven
- Dreadnought
- The Red Baron
- Father
- Attack Of The Dead Men
- Christmas Truce
- Primo Victoria*
- Swedish Pagans*
- To Hell And Back*
*Zugaben