Metalinside.ch - Butcher Babies mit Monster Magnet - Z7 Pratteln 2023 - Foto Friedemann 20
Sa, 24. Juni 2023

Monster Magnet, Butcher Babies, The Raven Age, Saint Agnes, Seraina Telli

Z7 (Pratteln, CH)
/ 27.07.2023

Sonne vs. Heavy Metal

Ganze vier Supportacts – das bot das Z7 als Beilage zum Auftritt der legendären Band Monster Magnet. Hat die Technik an einigen Stellen auch die Hitze gespürt, haben diejenigen, denen die Technik dienen sollte, die Musiker, umso mehr mit Können und Bühnenpräsenz überzeugt. Ein, eigentlich müsste man es Mini-Festival nennen, um sich mal wieder so richtig die Seele aus den Synapsen raus zu headbangen.

Die Tage tendieren zu den Jahreshöchstwerten, was die Zeit anbelangt, während der die Sonne am Himmel steht und Höhe der Umgebungstemperatur. Eigentlich ist es zu heiss, um den Abend in einer geschlossenen Konzert-Halle zu verbringen. Das heutige Line-up scheint aber zu gut zu sein, um auf solche Gepflogenheiten Rücksicht zu nehmen. So zumindest denkt eine, der Witterung nach gemessen, beachtliche Anzahl an Leuten, die es in das Z7 zieht, das heute nicht wie in den kalten Monaten unsäglich überheizt ist, stattdessen die Pforten wortwörtlich, sperrangelweit geöffnet hat, was sich für die Lichtshow der Acts, die zu einer Zeit auftreten, in der draussen noch das Tageslicht dominiert, als leichtes Ärgernis herausstellt. Herausstellen würde, denn glücklicherweise können sich Scheinwerfer nicht ärgern und Besucher und Musiker können über diese Tatsache hinwegsehen, denn die Entscheidung würde nicht schwerfallen, müssten sie zwischen gestörter Lichtshow und Hitzetod entscheiden.

Seraina Telli

Gestraft damit bereits, um viertel nach fünf auftreten zu müssen und gleichzeitig mit der Aufgabe betraut, das durch die heisse Sonneneinstrahlung schlappe und schwitzende Publikum einzuheizen, spielt Seraina Telli mit ihrem selbst ernannten „In-Your-Face-Rock“ den Auftakt. Hat der Mischpultmann bei den ersten paar Liedern auch nicht alle Regler auf den richtigen Positionen, sodass der Sound zeitweise unangenehm blechern klingt, so hört man trotzdem klar und deutlich, dass Seraina nicht das erste Mal die Bühne mit ihren beiden Mitmusikern Carmen und Mike teilt und alle die Lieder nicht zum ersten Mal spielen. Dennoch wirkt das Dargebotene nicht routiniert vorgetragen als würde man ein Theaterstück aufführen, das man schon hunderte Male vorgetragen hat, nein, ganz und gar nicht. Die Tracks weichen immer mal wieder auf originelle Art und Weise von der Studioversion ab, schaffen Platz für kürzere Instrumentalsoli oder fordern zur Publikumsbeteiligung, im Sinne von „Ohhhoooohhoo“ Chören, auf – nichts, was man bisher nie an einem Konzert gesehen oder gehört hätte, aber abends, eigentlich fast nachmittags, um fünf, wenn der geneigte Konzertbesucher noch auf Sparflamme läuft, ein gewagtes Unterfangen, dass erstaunlicherweise nicht an einer passiven Zuschauerschaft scheitert, stattdessen von dieser mehr oder weniger bereitwillig umgesetzt wird. Als kleine Überraschung kriegt das bereits anwesende Publikum die Live-Premiere des Songs „Song For The Girls“ präsentiert, der erst am Freitag zuvor, erschienen ist. Dabei handelt es sich um eine Singleauskopplung des im August dieses Jahres erscheinenden Albums „Addictet To Color“.

Setlist Seraina Telli

  1. Dreamer
  2. Remedy
  3. Take Care
  4. Not One Of Your Kind
  5. Song For The Girls
  6. Modern Warrior

Saint Agnes

Mit „in your face“ fährt der nächste Programmpunkt „Saint Agnes“ fort. Auch ihr Anfang gestaltet sich als schwer, dauert es doch ungefähr eineinhalb Lieder, bis alle Interessierten, die sich während der Umbaupause für eine Verschnaufpause nach draussen verzogen haben, wieder vor der Bühne stehen. Steht man aber erst da, soll man es nicht bereuen. Die Show, die hier präsentiert wird, wirkt wie für deutlich mehr Zuschauer konzipiert als das Z7 zu dieser eher noch frühen Stunde, besuchen. Das klingt nach Weltklasse und nicht nach Newcomer-Gruppe! Die Musik von Saint Agnes lässt sich wohl am ehesten als „Nu-Punk“ bezeichnen. Dezent werden dem Instrumental hie und da Prisen von Synthesizer ab Sample beigemischt, im Vordergrund steht aber das live Gespielte, das sich aus der „klassischen“ Punk-Besetzung zusammensetzt, entsprechend eins bis zwei Gitarren, Schlagzeug und Bass. Das Ganze eher simpel gehalten, was nicht bedeutet, dass es keinen Platz für kleinere Instrumentalsolos, vordergründig Gitarrensoli, in den Songs hätte. Der Gesang gepaart mit dem Auftreten von Vokalistin „Kittey“ gibt ihr eine Attitüde, als wolle sie „in your face“ in die Tat umsetzen. Ja, Saint Agnes Musik klingt aggressiv. Besonders der Lead-Gesang, diese krächzen geradezu böse, auf jeden Fall von A bis Z erfüllt von Power in das Mikrofon. Man darf sich freuen, denn mit „Bloodsucker“ bringt auch Saint Agnes noch dieses Jahr im Juli ein neues Album raus. Vorbestellen soll es sich jeder, der wieder mal eine per Definition wütende Punk-Rock-Scheibe hören möchte.

Setlist Saint Agnes

  1. At War
  2. Nothing
  3. Bloodsucker
  4. Outsider
  5. Daughter Of Lucifer
  6. Middle Finger

The Raven Age

Mit einer Mischung aus Nu- und klassischem Heavy Metal führt The Raven Age mit weniger wütenden Klängen weiter durch das Programm, schraubt aber dennoch nicht das Energielevel runter. Für Nu-Metal eher untypisch kommen ihre Lieder fast ausschliesslich mit Clean Vocals aus, im Instrumental verzichten sie auf den Einsatz von Synthesizern, kriegen aber durch Können an den Sechssaitern und den richtigen Effektgeräten trotzdem einen ziemlich „hymnischen“ Klang zustande, sodass man an manchen Stellen beinahe an „Symphonic Metal“ erinnert wird. Und weil es so schön zum inoffiziellen Motto des Abends passt, klappt auch ihr Konzerteinstieg nicht ohne technische Schwierigkeiten. Dieses Mal ist es eine unangenehme Rückkupplung im Klangbild von The Raven Age, die das audiophile Erlebnis stört. Ohne sich dadurch aus der Fassung bringen zu lassen, kommentiert Sänger Matt dies augenzwinkernd mit „This is the sound of heavy metal!“. Nach wenigen Songs sind nicht nur die Vocals clean, der Mix klingt ebenfalls klarer und hörbarer, frei von Störtönen oder sonstige Beimengungen. Das hat die Band definitiv verdient, denn ihre Songs sind nicht nur aufgrund einer guten Soundqualität hörbar.

Setlist The Raven Age

  1. Intro
  2. Parasite
  3. Nostradamus
  4. Forgive & Forget
  5. Tears Of Stone
  6. Seventh Heaven
  7. Angel In Disgrace
  8. Grave Of The Fireflies
  9. Serpents Tongue
  10. Fleur De Lis

Butcher Babies

Mag sein, dass der Headliner Monster Magnet eine reine Männergruppe ist, inoffiziell steht der Abend jedoch eher unter dem Zeichen des schöneren Geschlechts, denn drei von fünf Acts gehören zu der sogenannten Kategorie: „Female Fronted“. So auch Butcher Babies. Daran lassen diese keine Zweifel haften. Butcher Babies sind so stark „Female Fronted“, dass neben den Sängerinnen Heidi und Carla (wäre ihr Name Klara, wäre die Assoziation, die man, zumindest bei einem Auftritt in der Schweiz ziehen könnte, deutlich witziger …), die restliche Band wie die  Begleitmusiker der Frontfrauen wirkt. Spass macht ihr Auftritt trotzdem, auch wenn das Publikum der Gruppe, insbesondere aber den beiden Sängerinnen nicht gewachsen zu sein scheint. So wirkt dieses immer leicht überfordert, geradezu überrumpelt, wenn es aufgefordert wird, in einem „Breakdown“-Teil in die Luft zu springen oder irgendwas in die Welt, respektive das Z7 hinauszubrüllen.

Fälschlicherweise scheint die Band anzunehmen, die fehlende Publikumsbeteiligung fände seinen Ursprung darin, dass das Publikum kaum Interesse an ihrem Auftritt hätte und nur auf den Headliner warte. So versuchen Heidi und Carla Leben in die Zuschauerschaft zu bringen, indem sie sie auffordern, für Monster Magnet Lärm zu machen. Auch dieses Gebrüll erklingt nur verhalten. Immerhin dürfte jetzt der Band klar sein, dass es nicht an ihr liegt, wenn die Leute vor der Bühne sich eher zurückhaltend geben. Umso mehr drehen die Leute auf der Bühne auf. Die Mikrofonfraktion ist eigentlich immer in Bewegung, die Saitenhexer sind ihnen in dieser Hinsicht dicht auf den Fersen, einzig der Drummer verschwindet ein wenig hinter seinen Becken und Trommeln. Die übermässig eingesetzte Nebelmaschine tut dann noch ihren Rest. Genremässig sind die Butcher Babies sicherlich am ehesten dem Nu Metal zuzuordnen, gerade aufgrund ihrer klar hörbaren Einflüsse aus dem Hip-Hop und vielen elektronischen Klängen ab Band, an manchen Stellen fragt man sich gar, ob wirklich nur diese Klänge und die Intros zu den Songs ab Band kommen. Betrachtet man diesen Auftritt mehr im Sinne einer Show als einem Konzert, dann rückt die Frage: „Teilplayback oder nicht?“, schnell in den Hintergrund. Butcher Babies haben einen fulminanten, energiegeladenen Auftritt abgeliefert, der seinen Zweck erfüllt hat, nämlich ordentlich für den Mainact Stimmung zu machen.

Setlist Butcher Babies

  1. Red Thunder
  2. Best Friend
  3. Monster Ball
  4. Gravemaker
  5. Beaver Cage
  6. Killin Time
  7. Korova
  8. Bottle
  9. Yorktown
  10. Sleeping With The Enemy
  11. Magnolia

Monster Magnet

Und dann endlich: die Hauptattraktion des Abends, Monster Magnet! Dass diese Band zuoberst auf dem Ticket steht, zeigt sich ebenfalls an der Auslastung des Z7, das von Band zu Band voller wurde und nun, am Höhepunkt des Abends, wahrlich als „gut gefüllt“ bezeichnet werden kann. Wobei, die Bezeichnung „Höhepunkt des Abends“ liegt natürlich im Ohr des Betrachters. Im Vergleich vieler Bands, die vorher gespielt haben, zählt Monster Magnet zu den eher „klassischen“ Hardrock Acts mit interessanten Blues und gar Funk Einflüssen. Bei ihrem Auftritt lassen sie sich viel Zeit für Gitarrensolos, lassen sich dafür nicht lange von Ansagen aufhalten. Im Zentrum steht klar erkennbar die Musik, was nach dem Auftritt der Butcher Babies beinahe wie ein Kulturschock wirkt. Einziger Showeffekt ist der weisse Backdrop, auf den unterschiedliche Videos und Texteinblendungen projiziert werden, die allerdings in der ganzen restlichen Bühnenbeleuchtung ziemlich untergehen, aber vielleicht ist das ja auch gewollt?

Besondere Erwähnung finden soll an dieser Stelle Sänger und Gitarrist Daves Gitarren-Effekt-Gerät-Pedal-Board, das nicht wie gewöhnlich vor ihm am Bühnenboden seinen Platz findet, stattdessen auf einem „Tischchen“, im hinteren Bereich der Bühne platziert ist. Zwischen einzelnen Solos geht er zu diesem Effektpult und schraubt ein wenig an den Drehknöpfen rum, sodass sein Gitarrenklang auf exotische, fast schon progressive Art verzerrt wird. Im Grunde baut Dave mit dieser Spieltechnik eine Brücke zwischen Gitarrist und DJ. Nach zehn Songs und zwei Zugaben verabschiedet sich die Band von der Bühne. Ist sie auch der Mainact gewesen, bleibt trotzdem die Frage im Z7 stehen, ob es eine gute Entscheidung war, Monster Magnet zuletzt auftreten zu lassen, denn was die Power ihrer, teilweise doch recht blueslastigen Musik anbelangt, können sie nur schwer mit Saint Agnes oder Bucher Babies mithalten. Dennoch: Eine Enttäuschung war der Auftritt allemal nicht. Der letzte Act hat genauso wie die vorherigen gezeigt, was er kann und damit überzeugt.

Setlist Monster Magnet

  1. Born To Go (Hawkwind Cover)
  2. Superjudge
  3. Crop Circle
  4. Dopes To Infinity
  5. Tractor
  6. Look To Your Orb For The Warning
  7. Bummer
  8. Powertrip
  9. Negasonic Teenage Warhead
  10. Space Lord
  11. Mastermind*
  12. The Right Stuff (Robert Calvert cover)*

*Zugaben

Das Fanzit – Monster Magnet, Butcher Babies, The Raven Age, Saint Agnes, Seraina Telli

Keine der vier Vorgruppen, wenn man denn von Vorgruppen sprechen möchte, hat sich gegenüber Monster Magnet mit einem nicht gerade ruhmreichen Auftritt die Blösse gegeben. Selten erlebe ich es, dass mir an einem Event, an dem ganze fünf Bands auftreten, alle ohne Ausnahme gefallen. Dies macht die Beurteilung, wer am meisten überzeugt hat, ein schieres Ding der Unmöglichkeit, weshalb ich es bleiben lasse zu versuchen, möglichst objektiv auszuwerten, wer den Abend für sich entschieden hat, als wäre es ein Contest. Einzig eine Einschätzung, wer mir persönlich am besten gefallen hat, werde ich abgeben:

Da wäre sicherlich mal Seraina Telli, deren Karriere ich bereits über mehrere Jahre verfolge und von der bisher nichts erschienen ist, was nicht meinen Geschmack getroffen hätte. Weiter wären da Saint Agnes, deren aggressiver Punk-Metal-Industrial-Crossover-Sound ziemlich genau meinen Geschmack getroffen hat und deren „rotzige Punker-Attitüde“ mich sehr unterhielt und mir imponierte. Saint Agnes hat an diesem Abend mindestens einen neuen Fan, nämlich mich, gewonnen. Ausserdem sind da noch Butcher Babies, die mich irgendwie musikalisch nicht wirklich abholen konnten, dafür gefiel mir ihr energiegeladene Auftritt umso besser. Am „schlechtesten“, wobei schlecht eigentlich ein viel zu harsches Wort ist, um meine Meinung über diese Performance auszudrücken, hat mir tatsächlich der Mainact Monster Magnet gefallen. Ich kann nicht wirklich festmachen, woran es gelegen hat, am ehesten wohl daran, dass mir der Sound der Band zu vertraut vorkam, als hätte ich ihn bereits einige Mal gehört.

Fotos – Monster Magnet, Butcher Babies, The Raven Age, Saint Agnes, Seraina Telli (Friedemann)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 27.07.2023
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