Whiskey in der Stimme
Der Kampf ums Publikum ist aktuell hart. Das Angebot an Live-Events ist extrem gross und viele Musikfans entscheiden sich erst kurzfristig für den Kauf eines Tickets. Trotz der interessanten Vielfalt auf dem Konzertmarkt, haben sich jedoch ziemlich viele Rock-Fans ins ehrwürdige Z7 verirrt. Nun, verirrt ist wohl der falsche Begriff, schliesslich stand mit The New Roses ein nicht zu unterschätzender Hauptact auf dem Programm, der zudem von einer der vielversprechendsten Schweizer Rockmusikerinnen begleitet wurde. Seraina Telli war auf der aktuellen Tour als Support mit dabei.
Seraina Telli
Mittlerweile kennt man die Aargauerin und Wahl-Luzernerin auch international ziemlich gut. Nicht nur als ehemalige Sängerin der Burning Witches, sondern, oder vor allem als Hauptprotagonistin der Prog-Kombo Dead Venus und seit 2021 ebenfalls als Solo-Künstlerin unter eigenen Namen.
Einst mit Leder, Nieten und langen blonden Haaren, tritt Telli heute nicht weniger auffällig auf. Schillernd und vielfältig ist sie so oder so – sei es als Metal-Frontfrau, Prog-Sängerin mit Federschmuck (Dead Venus, Surrilium) oder eben jetzt als farbenfrohe Gitarristin und Sängerin mit ihrem Soloprojekt. Egal wo oder was Telli singt oder in die Hand nimmt – eines ist immer garantiert: Eine makellose Gesangsleistung und anspruchsvolles Songwriting. Beides wird auch an diesem Abend in gewohnt perfekter Qualität präsentiert.
Der Auftritt im Z7, welcher den Abschluss der gemeinsamen Tour mit The New Roses markierte, machte da keine Ausnahme. Mit Mike Malloth an den Drums und Carmen Campari am Bass und Gesang, absolvierte das Trio einen mehr als nur überzeugenden Auftritt. Das Publikum war zwar, nicht ganz so lebendig wie in Deutschland, aber die Band schaffte es trotzdem, dem fast ausverkauften Z7 kräftig einzuheizen. Seraina Telli ist quasi eine eierlegende Wollmilchsau. Sie komponiert alle Songs selbst, schreibt die Texte, rockt mir der Gitarre und hat auch bei den kreativen Ideen rund um ihre Musik die Nase vorne. «She’s the boss» und wenn man das Resultat anschaut, dann funktioniert dieses Konzept verdammt gut. Das Publikum bestätigte dies mit lauthals schreienden „Zugabe“-Rufen.
Mit ihrem Debüt-Album «Simple Talk» schaffte es Seraina Telli auf Platz zwei der Schweizer Album Charts und machte so einer Taylor Swift Konkurrenz. Mittlerweile ist auch das nächste Album «Addiced To Color» am Start, welches am 18. August in diesem Jahr erscheinen wird. Der Erfolg der Aargauerin ist aus meiner Sicht nicht von der Hand zu weisen.
Setlist Seraina Telli
- Dreamer
- Remedy
- Sorry
- Take Care
- Not one of your kind
- I dare to
- Hit Shit
- Soldier of fortune
- Modern Warrior
The New Roses
Wer solide und gute Rockmusik mag, kommt an The New Roses definitiv nicht vorbei. Die Jungs aus dem Rheingau (DE) orientieren sich an Rockgrössen wie Guns N´Roses, Bon Jovi, Kid Rock, Aerosmith, Metallica oder auch The Black Crowes. Das klingt schon mal vielversprechend, obwohl man die Einflüsse der Thrash-Metal-Ikone Metallica gut versteckt hält. Mindert das die Leistung der Deutschen? Auf gar keinen Fall! The New Roses rocken was das Zeug hält. Partystimmung ist in jedem Fall vorprogrammiert.
2019 im Vorprogramm von Kiss aufzutreten, ist schon mal ein Leistungsausweis. Offenbar heizten die Hessen dem Kiss-Publikum so gehörig ein, dass die US-Rocker sie auch 2023 für Ihren Auftritt in Deutschland buchten. Kein Wunder – The New Roses liefern ab.
Die Band bringt das, was das Publikum will und braucht – Party! Nein, kein Klamauk-Auftritt mit fragwürdigen Sprüchen wie bei Steel Panther, sondern einfach nur mitreissende und präzis gespielte Rockmusik die perfekte Laune macht. Die Band kommt gut rüber – sympathisch und authentisch. Kein affektiertes Gehabe und übertriebenes Rumgehopse auf der Bühne, dafür Spielfreude und Lust, dem Publikum was zu bieten. Und genau das machen The New Roses in Perfektion.
Auch über die musikalische Qualität gibt es nichts Negatives zu berichten. Man macht genau das, was nötig ist. Kein überflüssiges Gitarren-Gefrickel, dafür grundsolide Gitarrenarbeit. Kein überdimensioniertes Drum, bei dem man den Drummer nicht mehr erkennen kann. Man ist versucht zu sagen: Einstöpseln und abdrücken. Und genau das, hat das Z7-Publikum letztendlich auch begeistert.
Mit Frontman Timmy Rough ist zudem ein Sänger am Start, der keinen internationalen Vergleich scheuen muss. Gesang und Optik wie einst der junge Jon Bon Jovi. Seraina Telli kam zum Tourabschluss auch nochmals auf die Bühne und sang mit Timmy im Duett: «Rockin’ in the free world» von Neil Young und gab somit dem Song ihre persönliche Note.
Setlist The New Roses
- The Usual Suspects
- The Lion in You
- It‘s a Long Way
- Every Wild Heart
- All I Ever Needed
- 1st Time for Everything
- Rockin‘ in the Free World (Cover)
- Nothing but Wild
- Gimme Your Love
- Warpaint
- Glory Road
- Without a Trace
- Forever Never Comes
- Down by the River
- Thirsty*
- Old time Rock n Roll (Cover)*
*Zugaben
Das Fanzit – The New Roses, Seraina Telli
In einer post-pandemischen Zeit, wo die Bands die Konzert-Durststrecke aufholen müssen, ist es eine Mammutaufgabe, ausreichend Publikum in eine Venue zu holen. Ein Z7 anständig zu füllen ist daher ein mehr als nur befriedigendes Zeichen. Beiden Bands, Seraina Telli und The New Roses ein Qualitätsiegel zu vergeben ist das Mindeste, was ein Musikliebhaber machen kann. Whiskey in der Stimme hatten in jedem Fall beide Acts. Well done!!