Winery Dogs, Elegant Weapons - Komplex 457 Zürich
Fr, 23. Juni 2023

The Winery Dogs, Elegant Weapons, Jared James Nichols

Komplex 457 (Zürich, CH)
09.07.2023
Winery Dogs, Elegant Weapons - Komplex 457 Zürich

Supergroup-Treffen in Altstetten

Am Freitagabend drückten sich im Zürcher Komplex 457 unter anderem Mitglieder von Judas Priest und Mr. Big die Klinke in die Hand. Die Besucher erhielten die rare Gelegenheit, populäre Künstler für einmal auf einer verhältnismässig kleineren Bühne live erleben zu können. Bevor die beiden Hauptattraktionen The Winery Dogs und Elegant Weapons ins Geschehen eingegriffen haben, durfte das Blues-Klampfen-Ass Jared James Nichols seine Fähigkeiten präsentieren.

Eigentlich hätte an diesem Wochenende die erste Ausgabe des Heavy Load Festivals im Zürcher Oberland stattfinden sollen. In der Eishalle Wetzikon wären diverse Grössen aus der metallischen und rockigen Szene aufgetreten. Bedauerlicherweise wurde die Umsetzung dieser Idee aufgrund von zu vielen Konkurrenzveranstaltungen und mässigem Ticketvorverkauf verworfen… Das Erbe des Hinwiler Rock The Ring-Events konnte somit leider nicht angetreten werden. Doch für die Crew der Good News Productions AG ist rasches Aufgeben in der Regel keine Option. Deswegen wurden mit einem Teil der Kapellen des ursprünglichen Line-Ups kurzerhand ein paar über die Schweiz verteilte «Splitter-Shows» (eine bessere Bezeichnung ist mir gerade nicht eingefallen) aufgegleist.

Eine davon findet heute Abend im Komplex 457 statt und beinhaltet die Akteure The Winery Dogs, Elegant Weapons und Jared James Nichols. Das Ganze dürfte ohne Zweifel viel Nährboden für Anhänger der hochstehenden Gitarrenkunst zu bieten haben. Überstunden im Büro sind für einmal kein Thema, denn die Pforten der Lokalität öffnen sich bereits um 18.30 Uhr. Frühzeitiges Erscheinen ist also absolut empfehlenswert! «Bewaffnet» mit dem goldfarbenen «Kehlen-Befeuchter» aus dem Zapfhahn platzieren wir uns in Bühnennähe und bereiten unsere Gehörgänge auf die anstehenden Sets vor.

Jared James Nichols

Seit ich ihn vor acht Jahren als «Eisbrecher» von Lynyrd Skynyrd in Wetzikon kennenlernen durfte, bin ich definitiv ein Unterstützer von Jared James Nichols und seinen musikalischen Erzeugnissen. Der fast zwei Meter hohe Turm mit der lockigen Löwenmähne aus dem US-Bundesstaat Wisconsin ist ein Meister im Umgang mit der Saitenkönigin. Er entlockt ihr spielend leicht bluesige Melodien und Tonfolgen – und stellt nebenbei sein nicht minder imponierendes Stimmorgan zur Schau. Rückendeckung erhält der hünenhafte Axtmann von seinen beiden Kumpels Diego Edsel (Bass) und Dennis Holm (Drums).

Blöderweise vergehen die zur Verfügung gestellten 30 Minuten wie im Flug. Songs der Marke «Down The Drain» oder «Threw Me To The Wolves» sind der pure Hörgenuss und gegen einen Nachschlag solcher Kaliber hätte wahrscheinlich niemand im Saal etwas einzuwenden. Vielleicht klappt’s ja dann beim nächsten Mal. So eine Jared James Nichols-Headliner-Performance hätte nämlich eindeutig ihren Reiz. Also, geschätzte Organisatoren da draussen, haltet dies bitte unbedingt in euren «Notizbüechli» fest.

Elegant Weapons

Weiter geht’s mit einer Auswahl von eleganten Waffen. Allerdings braucht sich jetzt keiner der anwesenden Gäste vor einem Feuergefecht zu fürchten. Bei der auf der Bühne eingesetzten Munition handelt es sich – den Göttern sei Dank – ausschliesslich um akustische Patronen. Diese hinterlassen kein Blutbad, sondern – zumindest in den meisten Fällen – zufriedengestellte Ohrmuscheln.

Doch wer sind diese «Elegant Weapons-Typen» eigentlich? In der Szene freilich keine unbeschriebenen Blätter – das wird euch bei den nachfolgenden Erläuterungen schlagartig bewusst werden, versprochen! Gründervater ist kein Geringerer als der normalerweise für die legendären Judas Priest im Einsatz stehende «Guitar Hero» Richie Faulkner. Der Blondschopf hat sich das chilenische Stimmwunder Ronnie Romero (unter anderem Rainbow, Lords Of Black, Ex-CoreLeoni), Trommler Scott Travis (Judas Priest) und Tieftöner-Bestie Rex Brown (Pantera) ins Boot geholt und mit ihnen gemeinsam das Album «Horns For A Halo» aufgenommen, welches seit Ende Mai dieses Jahres in den Plattenläden eures Vertrauens erhältlich ist.

Aufgrund von überfüllten Terminkalendern stehen sowohl Rex als auch Scott für Live-Auftritte der Elegant Weapons nicht zur Verfügung. Glücklicherweise verfügt Richie über einen erlesenen Künstler-Freundeskreis und konnte deswegen Christopher Williams (Accept) und Dave Rimmer (Uriah Heep) nachnominieren. Für die Fans im Komplex 457 ist es ohnehin eine kleine Sensation, dass sie diese bekannten Musiker auf einem Haufen bestaunen dürfen.

Nach dem epischen «Terminator 2: Judgement Day»-Intro (welches ja unter anderem ebenfalls bei Airbourne-Gigs als Stimmungsaufmacher eingesetzt wird) gibt’s feinen, klassischen Heavy Metal auf die Lauscher. Das ist von «Do Or Die» bis hin zu «Bitter Pill» schlichtweg ein waschechtes Vergnügen! Ronnie trällert in gewohnter Manier wie ein junger Gott und ist stets bemüht, das Publikum aus seiner «Mumienstarre» zu lösen (was dem heissblütigen Südamerikaner selbstverständlich problemlos gelingt). Dummerweise befindet sich nach der letzten Nummer noch ausreichend Zeit auf der Uhr. Allerdings scheinen die Herrschaften ihr komplettes Pulver schon verschossen zu haben. Oder existiert allenfalls ein finales Ass in irgendeinem Ärmel? Das tut es in der Tat! Kurzerhand wird der gute Jared nochmals zurück ins Rampenlicht geholt und im Anschluss folgt eine fusionierte Darbietung des Black Sabbath-Klassikers «War Pigs». Saustarker Abschluss!

The Winery Dogs

Von der einen Supergroup geht’s direkt weiter zur nächsten. Bei den drei Kläffern, welche nun für Furore sorgen werden, handelt es sich um Felle-Klopfer Mike Portnoy (Ex-Dream Theater), Basser Billy Sheehan (Mr. Big) und den mit einem fantastischen Stimmorgan ausgestatteten Klampfer Richie Kotzen (unter anderem Ex-Poison). Letztgenannter Kerl mag mit seinem Nachnamen im deutschsprachigen Raum zwar einen schweren Stand haben, aber seine Leistung löst überhaupt keinen Brechreiz aus – das sei euch an dieser Stelle vehement versichert. Das Komplex-Publikum kommt hervorragend ohne irgendwelche Eimer aus. Freudig jubeln sie den Protagonisten auf der Bühne zu.

Richie ruft bei mir sowohl optisch als auch auf der gesanglichen Ebene sofort Erinnerungen an den traurigerweise nicht mehr unter uns weilenden Chris Cornell hervor. Meine Güte, die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend! Für Farbtupfer sorgt derweil sein mit einem Blumenmuster dekoriertes Hemd. Rechts von ihm hantiert Billy ungebremst und hemmungslos an seinem Tieftöner herum. Scheint ein ziemlicher Virtuose zu sein. Und ja, genau das wird er etwas später noch auf unnachahmliche Art und Weise unter Beweis stellen. Hinter ihnen thront etwas erhöht Schlagmann Mike, der von dort oben glasklar die beste Aussicht geniessen darf. Mit Sonnenbrille, Stirnband und Kutte erweckt Mister Portnoy den Anschein, als ob er schnurstracks von einem Bikertreffen hierhin nach Zürich-Altstetten gedüst wäre. Der Coolness-Faktor kommt bei dieser Truppe jedenfalls in keinem Augenblick zu kurz.

Materialtechnisch können die Herren aus drei Studioalben schöpfen. Das letzte davon ist erst Anfang Februar dieses Jahres erschienen. Das grösste Highlight dieser Performance folgt unmittelbar vor dem Stück «The Red Wine». Billy hat die «Spielwiese» völlig für sich allein zur Verfügung und nutzt die Gunst der Stunde für ein atemberaubendes Solo! Bassisten werden ja häufig gerne belächelt und Ego-Trips fordert man von ihnen eher scherzhaft beziehungsweise zur Belustigung. Aber Kamerad Sheehan sorgt dafür, dass mein heruntergeklappter Kiefer samt herausgestreckter Zunge auf den Boden klatscht! «Leck mich fett!» – das ist die Mutter aller Bass-Solos! Überragende Kunst! Besser kann man dieses Instrument kaum bedienen. Eine Aktion dieser Güteklasse bekommen selbst regelmässige Konzertgänger selten zu Gesicht.

Im Zugaben-Block pflanzt sich Richie für «Regret» zuerst ans digitale Piano. Dieses steht schliesslich seit Showbeginn doof in der Gegend herum und muss ja irgendwie seine Daseinsberechtigung haben. Aber auch bei dieser gemächlicheren Komposition macht der Band-Leader eine gute Figur. Für das endgültige Finale wird danach «Elevate» ins Rennen geschickt. Als die Schlussakkorde ausklingen, verschwinden die «Dogs» in den leicht verfrühten Feierabend. Eigentlich würden ihnen noch zehn Minuten zustehen, aber nach diesem engagierten Auftritt bin ich gerne bereit, bei diesem Punkt ein Auge zuzudrücken.

Das Fanzit – The Winery Dogs, Elegant Weapons, Jared James Nichols

Heute Abend vermochten alle Musiker zu überzeugen. Bei mir persönlich haben die Elegant Weapons den stärksten Eindruck hinterlassen. Das wirkte einfach als Einheit überzeugend und ausgezeichnet eingespielt. Man darf gespannt sein, was uns diese Equipe in Zukunft noch alles bieten wird. Dürftig war hingegen das Merchandising-Angebot. Lediglich The Winery Dogs hatten Zeugs dabei. Bei den anderen Künstlern suchte man leider vergebens nach Erinnerungsstücken. Die Lokalität war bloss mittelmässig besucht, aber es fanden zeitgleich auch mehrere Konkurrenzveranstaltungen – wie zum Beispiel das neu aus dem Boden gestampfte Summerside Festival in Grenchen – statt.

Setliste – Jared James Nichols

  1. Easy Come, Easy Go
  2. Down The Drain
  3. Hard Wired
  4. Threw Me To The Wolves
  5. Bad Roots
  6. Nails In The Coffin

Setliste – Elegant Weapons

  1. Do Or Die
  2. Dead Man Walking
  3. Blind Leading The Blind
  4. Horns For A Halo
  5. Lights Out (UFO-Cover)
  6. Downfall Rising
  7. Dirty Pig
  8. Bitter Pill
  9. War Pigs (Black Sabbath-Cover) (mit Jared James Nichols)*

*Zugabe

Setliste – The Winery Dogs

  1. Gaslight
  2. Xanadu
  3. Captain Love
  4. Hot Streak
  5. Desire
  6. Breakthrough
  7. Time Machine
  8. Stars
  9. Damaged
  10. The Other Side
  11. The Red Wine
  12. I’m No Angel
  13. Oblivion
  14. Regret*
  15. Elevate*

*Zugabe


Wie fandet ihr das Konzert?

09.07.2023
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