Welcome To Hell
Egal ob Death- oder Black Metal, das Party.San Open Air (P:S:O:A) gehört bei vielen Liebhabern von extremem Metal seit längerem zum Pflichtprogramm. Das Line-Up bürgt immer für beste Unterhaltung, das Wetter oft für Überraschungen und das Köstrizer Bier für Diskussionen. Unter dem Strich bleibt aber immer ein geiles Festival. Auch dieses Jahr? Der folgende Bericht liefert Antworten.
Auch bei uns von Metalinside ist das Party.San mittlerweile fester Bestandteil in der Berichterstattung. Kollege Dutti machte mit dem Review der Ausgabe 2017 den Auftakt ( hier lesen), 2019 folgte mein erster Bericht. Im letzten Jahr schliesslich bündelten wir unsere Kräfte für einen Monster-Report. Da Dutti dieses Jahr kneift (Anm. Dutti: Weil er an anderen Konzert-Events herumlungert ;-P ), bin ich wieder als Einzelschreiber unterwegs. Gewisse Lücken im Programm seien mir somit verziehen.
Unsere Reisegruppe macht sich wie gehabt am Mittwochmorgen auf den Weg. Trotz einigem Verkehr und einer tückischen Umleitung kurz vor dem Gelände, welche über teilweise fast schon kriminelle Landstrassen führt, sind wir am frühen Abend da. Unsere Camp-Gruppe mit Bekannten aus dem ganzen deutschen Bundesgebiet ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, so warten wir diesmal noch vor der Auffahrt aufs Gelände auf die ersten Kollegen. Gemeinsam lässt es sich schliesslich einfacher Platz reservieren für die Nachzügler. Trotzdem stehen die Zelte knapp vor Einbruch der Dunkelheit und nach einem ersten Bier beim Camp ruft – natürlich – die Metal Disco.
Da dieses Jahr in den ersten Nächten – und besonders heute – ziemlich kühle Temperaturen angesagt sind, ist die Mittwochabend Vorglüh-Party sehr gut gefüllt. Im Zelt ist es doch einiges wärmer als draussen… Wie bereits gewohnt von den letzten Jahren, wird der Sound im Verlauf des Abends immer etwas softer. Wieder einmal schön zu sehen, wie optisch «harte» Blackmetaler Journeys «Don’t Stop Believin’» aus voller Kehle mitsingen. Der fast schon obligatorische Schlusspunkt «Bohemian Rhapsody» entlässt uns schliesslich kurz nach 2 Uhr morgens in die kalte Nacht. Jetzt heisst es warm einpacken, schliesslich will keiner den «richtigen» Eröffnungstag aufgrund einer Erkältung verpassen….
P:S:O:A – Donnerstag, 10. August – Es geht los!
Nach einer wirklich eher kühlen Nacht, erwache ich trotzdem bereits ziemlich früh am Morgen, wie schon im Vorjahr. Tja, das mit dem lange Schlafen im Zelt ist bei mir wohl endgültig vorbei. Obs am Alter liegt, senile Bettflucht und so? Keine Ahnung. Dies bedeutet aber auch, dass die Duschen noch nicht zu stark belegt sind. Also erst einmal Morgenhygiene und Frühstück, danach ein paar Büchsen Bier und gute Gespräche. Die Schüsse von Kanone «Esmeralda» zeigen an, dass es bald losgehen wird. Natürlich trifft Kollege Meier wieder knapp vor Beginn ein. Da wir auch noch sein Ticket bei uns haben, geht es also zuerst bei der Auto-Warteschlange vor dem Eingang vorbei. Danach zieht es uns aber Schnurstracks ins Infield, die erste Band wartet!
Mentor
Die Ehre das Party.San 2023 zu eröffnen haben die Polen von Mentor. Geboten wird ziemlich räudiger Old School Thrash Metal mit einer gesunden Dosis Punk und variablen Vocals. Der sympathische Fronter «King Of Nothing» alias Wojetek Kaluza lässt das Publikum wissen, dass dies hier der allererste Gig in Deutschland für die Jungs sei. Trotzdem wirkt das Ganze ziemlich routiniert umgesetzt. Auch der Mann am Mikro selbst macht seinen Job sehr gut. Auf extrem ausschweifende Ansagen wird zwar verzichtet. Schön finde ich aber den Hinweis, man soll sich von niemandem sagen lassen, dass man keine Songs über Gremlins schreiben kann. Denn genau das hat er mit «Fed After Midnight» gemacht.
Mir gefallen die Polen musikalisch wirklich gut. Erinnert mich ein wenig an Phantom Corporation, die neue Band vom ehemaligen Dew-Scented Frontmann Leif Jensen, welche vor ein paar Wochen ein superbes Debüt-Album rausgebracht haben. Ein bisschen D-Beat kann meiner Meinung nach in Verbindung mit Thrash Metal nie schaden. Und auch die immer wieder eingebauten Tempovariationen halten die Spannung hoch. Besonders beim letzten Song fallen schleppende Parts im Wechsel mit schnellen Eruptionen extrem auf.
Richtig viele Leute hat es vor der Bühne allerdings noch nicht – kein Wunder, habe ich doch soeben gesehen, wie viele Autos noch vor dem Eingang stehen. Und richtig viel Stimmung kommt auch nicht auf. Als zwei Unentwegte versuchen einen Moshpit anzureisen, ernten sie einige schräge- bis böse Blicke anstelle von Unterstützung. Nichts desto trotz bleibt ein in meinen Augen sehr guter Eröffnungsauftritt. So kann es gerne weitergehen!
Setliste Mentor
- We Dig
- Sometimes Dead Is Better
- Gimme Yer Blood
- Dance Of The Dead
- Sealed In A Tomb
- Scarecrow Fields
- Satan’s Snake-Handlers
- Tub Of Toxic Waste
- Equal In The Fire
- Fed After Midnight
- Gather By The Grave
Orbit Culture
Als nächstes sind Orbit Culture an der Reihe. Die Schweden kannte ich vor dem Party.San ehrlich gesagt nur dem Namen nach, und auch das kurze Reinhören hat mich noch nicht zum riesigen Fan gemacht. Aber Melodic Death Metal geht eigentlich meistens, also mal schauen, was die Jungs zu bieten haben.
Schnell fallen mir die vielen Backtracks ab Band negativ auf, die zumindest bei Beginn der Show auch eher etwas zu laut abgemischt sind. Abgesehen davon ist der Sound aber ziemlich gut, und auch musikalisch ist das nicht schlecht. Es scheint einige Fans hier zu haben, der Platz vor der Bühne ist nun doch schon etwas besser gefüllt als bei Mentor direkt vorher. Die Stimmung ist zwar noch nicht überragend, aber zwischen den Songs ist doch einiges an Applaus zu vernehmen. Zudem kann der erste (wenn auch einzelne) Crowdsurfer des Tages notiert werden.
Die Band selbst macht die Sache gut, mir gefallen Ausnahmsweise auch die (teilweise zweistimmigen) Clean-Vocals. Nur das Fehlen eines Live-Keyboarders ist wieder sehr schade. Wie auch schon erwähnt plädiere ich ja dafür, diese auf die WWF-Liste der bedrohten Arten zu nehmen. Scheinbar fast schon ausgestorben… Schliesslich wird auch noch ein Track des in kürze erscheinenden neuen Albums gespielt, bei welchem auffälliger Weise keine Backtracks zu hören sind. Waren die eventuell noch nicht bereit, oder hat der Mischer Mist gebaut? Ich habe keine Ahnung, tönt aber auch so nicht schlecht.
Ich bin jetzt auch nach dem Konzert nicht zum Hardcore-Fan geworden, aber der Auftritt war durchaus gefällig. Da habe ich definitiv schon schlechteres gesehen, aber halt auch schon besseres.
Angelus Apatrida
Apropos besseres, einer der in meinen Augen besten Bands des Festivals folgt bereits direkt im Anschluss, also ziemlich früh im Billing. Kein Wunder, haben die Spanier nach wie vor nicht den Status, welchen sie eigentlich verdient hätten. Für mich eine der allerbesten Thrash-Bands Europas, aber irgendwie leider immer noch nicht so richtig aus der Schublade Insidertipp rausgekommen. Da der Thrash Metal bei der diesjährigen Ausgabe aber sowieso etwas untervertreten ist für meinen Geschmack, freue ich mich umso mehr auf die kommende Show.
Aufgrund offensichtlicher Probleme beim Soundcheck – der Mischer sprintet kurzerhand sogar vom FOH zur Bühne – startet diese mit ein paar Minuten Verspätung. Macht aber nichts, dafür geht es danach gleich richtig los! Mit «Bleed The Crown» und «Indoctrinate» eröffnen zwei Songs vom aktuell noch neusten, selbstbetitelten Album aus dem Jahr 2021 den Reigen – mit «We Stand Alone» folgt später ein dritter. Auch das vorletzte Album «Cabaret De La Guillotine» und die 2012er-Scheibe «The Call» sind mit je zwei Songs vertreten, dazu gibt es den Titeltrack von «Give ‘Em War», 2007 veröffentlicht.
Somit wird mein bis heute liebstes Album «Hidden Evolution» leider wieder einmal ausgeklammert. Abgesehen davon ist die Setliste aber sehr gut zusammengestellt. Jemand, der die Band noch nicht kennt, erhält mit den gespielten Songs einen guten Überblick über das bisherige Schaffen. Was ich jedoch etwas schräg finde: Sänger Guillermo Izquierdo weisst in einer Ansage darauf hin, dass morgen die neue Single «Cold» inkl. Video veröffentlicht wird. Das Lied wird aber nicht gespielt, auch nicht kurz angeteast oder so. Hätte ich an der Stelle der Band gemacht, da der Song wirklich zu überzeugen weiss. Da hätte man grad nochmals etwas Werbung machen können.
Dies machen die Jungs aus Albacete aber mit dem Rest des Auftritts. Der Zuschauerraum wird immer voller, und direkt vorne bei der Bühne kommt sogar Stimmung auf. Auch wenn die ersten Moshpits jetzt noch nicht riesig sind, immerhin ist endlich einmal etwas Bewegung vorhanden. Ein wirklich gelungener Gig, auch wenn ich als langjähriger Hardcore-Fan auch schon noch geilere Konzerte gesehen habe. Trotzdem glaube ich, das sich Angelus Apatrida heute bei den Anwesenden Thrashern, welche sie bisher nicht kannte, ins Gedächtnis gespielt haben.
Setliste Angelus Apatrida
- Bleed The Crown
- Indoctrinate
- One Of Us
- Violent Dawn
- We Stand Alone
- Give ‘Em War
- Intro Corta
- Sharpen The Guillotine
- You Are Next
SubOrbital
Nun geht es für mich zum ersten Mal dieses Jahr ins Zelt, wenn auch nur kurz. Die kleinere Bühne wird bei der Ausgabe 2023 an jedem Tag von einem anderen (Indie-)Label kuratiert, den Auftakt übernimmt War Anthem Records aus Weimar. Dieses Label passt nicht nur Stilistisch perfekt zum Party.San, sondern ist auch sonst eng mit dem Festival verbunden. Somit eine Naheliegende Wahl.
Suborbital haben beim reinhören mein Interesse geweckt, aber leider den Nachteil, dass sie zwischen zwei Hauptbühne-Bands spiele müssen, die ich beide unbedingt sehen will. Aber für ein paar Minuten reicht es hier am Party.San ja dann jeweils trotzdem. Als wir eintreffen, ist der Platz vor der Bühne leider ziemlich leer. Das Zelt ist nicht einmal zur Hälfte gefüllt, schade.
Beim ersten Song, welchen ich beim Eintreffen höre, bestätigt sich eigentlich gleich mein Eindruck vom zuhause reinhören: gespielt wird ziemlich technischer Death Metal, die Stimme tönt aber irgendwie eher nach Old School Assi-Death Metal und ziemlich gallig. Finde ich in dieser Verbindung sehr ungewohnt, aber irgendwie passt das trotzdem. Tönt jedenfalls nicht nach 08/15.
Leider folgt nach diesem ersten gelungenen Eindruck ein gefühlt ewig langes Intro vor dem nächsten Song. Bei kurzen Spielzeiten ist sowas immer etwas speziell – wohl in meinem Fall noch spezieller, weil ich sowieso schon bald wieder vor die grosse Bühne «muss». Nach dem Intro tönt aber auch dieser zweite Song ziemlich gut. Ich werde die Band auf dem Radar behalten und hoffe, sie einmal in voller Länge sehen zu können.
Gatecreeper
Gerade rechtzeitig auf den Beginn von Gatecreeper treffe ich wieder vor der Hauptbühne ein. Letztes Jahr waren die Amis auf Ihrer Tour im Kiff Foyer zu Gast und haben mich da Restlos begeistert, mal schauen wie sie sich auf der grossen Openair-Bühne schlagen. Publikum hat es bei Beginn zwar noch nicht extrem viel, aber doch einiges mehr als bei den Bands zuvor.
Während ich wie schon den ganzen Tag eher am Schwitzen bin – im Gegensatz zur Nacht ists heute dank viel Sonne eher heiss – scheinen sich die Bandmitglieder andere Temperaturen gewohnt zu sein. Drei von Ihnen tragen jedenfalls Langarm. Da die Jungs aus Arizona sind kann ich mir aber gut vorstellen, dass es einiges mehr braucht das sie heiss haben…
Der Auftritt selbst ist jetzt kein riesiges Spektakel, sorgt aber trotzdem bereits für etwas Stimmung beim Publikum und gefällt mir musikalisch sehr gut. Teilweise erinnert das gehörte ein wenig an Obituary, allerdings in einer etwas moderneren Version und mit dezenten Hardcore-Einflüssen im Rhythmus. Das Ganze hat auf jeden Fall sehr viel Groove, welcher nicht nur zu einigen Circle Pits animiert, sondern auch die Nackenmuskulatur auf eine ordentliche Belastungsprobe stellt.
Ich fand ehrlich gesagt den Auftritt im Kleinen Kiff Foyer noch ein Stück besser als den heute. Auch durch die sehr wenigen und kurzen Ansagen zwischen den Songs, hat man fast ein bisschen das Gefühl, dass sich zumindest Sänger Chase H. Mason auf der grossen Party.San Bühne nicht ganz so wohl fühlt wie damals im verschwitzten Club. Abgesehen davon liefern die Amis aber einen guten Auftritt ab und werden bestimmt einige neue Fans dazugewonnen haben.
Helslave
Erneut steht nun ein Abstecher ins Zelt auf dem Programm, allerdings wieder ein eher kurzer. Da ich Gatecreeper zu Ende geschaut habe, sind Helslave schon mitten im Set als ich eintreffe. Das Zelt ist wieder ziemlich leer, aber trotzdem unglaublich heiss. Eigentlich hatte ich mich vor der Hauptbühne stehend noch auf etwas Schatten gefreut, dass die Sonne aber auch das Zelt gut aufheizt, hatte ich da nicht bedacht. Egal, die Band kommt aus Rom, auch die sollten sich hohe Temperaturen gewohnt sein…
Als wir vor der Bühne eintreffen merke ich, dass ich den Sänger ja bereits kenne. Auch wenn er gemäss Metal-Archives nicht zur Band gehört, steht hier Enrico Di Lorenzo auf der Bühne. Mit ihm und seiner Hauptband Hideous Divinity hatten wir bereits auf der 70000 Tons Of Metal das Vergnügen (siehe Review und Fotos), wo sich pam und ich über seine Ähnlichkeit zum Skifahrer Dominik Paris amüsiert haben.
Aber auch die Erinnerung an seine Stimme und das Stage Acting sind bei mir noch präsent und werden gleich aufgefrischt. Wie schon auf See kann der Gute praktisch keine Sekunde stillstehen, er wirbelt über die ganze Bühne und besucht auch immer wieder die erste Reihe Zuschauer direkt am Gitter. Und die Growls sitzen trotzdem. Allerdings finde ich musikalisch Helslave nicht ganz so spannend wie Hideous Divinity, die Songs sind jetzt nichts, was mich extrem aus den Socken haut oder länger im Gedächtnis bleibt.
Somit schmerzt es auch ein bisschen weniger vor Schluss abzuhauen. Denn es zieht mich bereits wieder zur Hauptbühne. Mit etwas weniger Konkurrenz im Programm wäre ich aber sicher noch etwas geblieben, schon nur wegen Enrico…
Archspire
Leider liegt das nicht drin, weil auf der Hauptbühne bereits das nächste Highlight ansteht. Von Archspire habe ich mittlerweile einige Tonträger, Live hatte ich mit den Kanadiern aber bisher erst einmal das Vergnügen. Der Beginn der Show verzögert sich ein wenig, obwohl der Soundcheck eigentlich abgeschlossen zu sein scheint. Als es dann doch endlich losgeht, folgt zuerst eine Stimme aus dem Off, welche erklärt, dass der Gig leider gecancelt ist. Anstelle von Archspire spielen heute fünf Alkoholiker-Loser. Alles klar, nur ein Intro, hatte mir schon fast Sorgen gemacht.
Seit meinem letzten Aufeinandertreffen mit Archspire scheint der Humor bei den Jungs aus Vancouver eine wichtigere Rolle eingenommen zu haben als früher. Nicht nur die Bühnenoutfits – teilweise Hawaii-Badeshorts und bei Frontmann Oliver Rae Aleron eine fette «Stay Tech»-Goldkette über Dolly Parton-Shirt – lassen darauf schliessen, sondern auch die Ansagen. Aber egal in welchem Outfit, die Band liefert technischen Death Metal der Sonderklasse, damals wie heute!
Oliver ist für mich einer der absolut krassesten Vocalists die es gibt. Seine Growls sind von der Geschwindigkeit her eigentlich gerappt, klingen aber trotzdem nach Death Metal. Und auch musikalisch weiss die Truppe zu überzeugen, auch wenn hier neben den auf der Bühne stark gespielten Instrumente doch einiges ab Band kommt. Da Archspire öfters mal mit Samples arbeiten wohl unverzichtbar.
Bei den Ansagen wird der Bogen allerdings für meinen Geschmack etwas überspannt. Teilweise sind die Storys lustig, manchmal auch nur dämlich. Ein absolutes Highlight ist aber, als die Crowd in der Mitte geteilt wird. Während alle mit einer Wall Of Death rechnen, gibt der Fronter einen Spielteppich ins Publikum. Schliesslich heisst das Festival ja Party.San und ohne das Spiel Twister ist das keine Party. Bei den ersten paar Umdrehungen des Zeigers sagt Oliver tatsächlich an, welches Körperteil nun auf welche farbige Fläche gestellt werden muss. Bei der vierten Umdrehung landet das Spielrad dann aber auf der (extra erstellten) Fläche Wall Of Death. Diejenigen, welche sich vorher nach den Regeln des Spiels verrenkt haben, sind natürlich genau im Zentrum und sehen die Menschenwände von beiden Seiten auf sich zukommen. So witzig umgesetzt habe ich eine WOD definitiv noch nicht gesehen…
Die Stimmung ist auch sonst eigentlich sehr gut, es ist ständig viel Bewegung im Publikum vorhanden. Sowohl an der Mosh Pit-Front, als auch bei den Crowdsurfern, ist immer etwas los. Nur ein paar eher «Trve» Gesellen, welche in der ersten Reihe bereits auf Deströyer 666 warten, finden das gar nicht witzig und sehnen sich das Ende der Show richtig herbei. Ansonsten habe aber die meisten der Anwesenden Ihren Spass. Ich ebenso, auch wenn ich den Klamauk-Faktor doch am oberen Ende der Skala fand, mehr müsste definitiv nicht mehr sein. Die Band wäre musikalisch auch gut genug, um komplett ohne Spässe und sauglatte Ansagen auszukommen. Trotzdem ein sehr guter und vor allem kurzweiliger Auftritt.
Jetzt wird es nach diesem Monster-Start – aufgrund des starken Lineups war ich eigentlich seit 5 Stunden immer bei einem Konzert – erst einmal Zeit für eine Pause. Die nächsten Bands interessieren mich entweder nicht sonderlich oder werden von mir im Falle von Deströyer 666 nicht supportet. Also zurück zum Zelt, Grill anschmeissen und endlich wieder einmal ein bisschen sitzen.
Tribulation
Die Pause hat etwas länger gedauert, aber immerhin die zweite Hälfte des Tribulation-Gigs bekomme ich noch mit. Der Platz vor der Bühne ist ordentlich gefüllt als ich eintreffe, die Stimmung aber eher verhalten. Liegt wohl auch an der Musik der Schweden, ist jetzt nicht DER Party-Soundtrack schlechthin.
Leider sind die Drums teilweise etwas zu laut abgemischt, ansonsten klingt das sehr gut. Ich habe das Gefühl, die Band ist Live ein Kleines bisschen härter als auf Tonträger. Mir gefallen die Melodien sehr gut, während mich der Gesang nicht umhaut. Aus der Konserve kenne ich Tribulation schon, dass hier ist aber meine erste Live-Begegnung. Dementsprechend fehlt mir auch der ehemalige Gitarrist Jonatha Hulten nicht, spielen kann sein Nachfolger Joseph Toll definitiv auch. Wie ich aber von mehreren Seiten höre, fehlt auf der Bühne nun ein früher zentrales Element.
Nun, eine Riesen-Show ziehen die Jungs jetzt schon nicht ab, aber musikalisch finde ich das mehr als solid. Ich habe einfach wie bei der letzten Platte das Gefühl, das zumindest bei mir nicht allzu viel von den Songs hängen bleibt. Trotzdem, ein guter Auftritt. Hätte eventuell zwei Stunden später, wenns schon ganz dunkel ist, noch mehr gewirkt, war aber auch so im Eindunkeln definitiv ok und auch Stimmungsvoll.
Graveyard
Um die Wartezeit bis Nile zu überbrücken, geht es nun nochmals ins Zelt. Dies ist als ich nach Tribulation eintreffe schon ordentlich gefüllt, und trotz einsetzender Dämmerung draussen auch noch ziemlich aufgeheizt. Graveyard spielen soliden Old School Death Metal, der einerseits etwas schwedisch (Dismember, Entombed) klingt, andererseits aber auch Bolt Thrower oder Asphyx-Momenten hat.
Das Ganze ist gut gespielt, ohne mich jetzt voll vom Hocker zu reisen. Die Jungs aus Barcelona verstehen ihr Handwerk und man merkt die Routine, schliesslich ist die Band bereits seit 2007 aktiv. Nur vom Songwriting her habe ich jetzt schon Spannenderes von ähnlich gelagerten Bands gehört. Die ersten paar Lieder werden ohne Ansagen durchgespielt, schliesslich folgt ein «It’s great to be back home» – immerhin der total vierte Auftritt hier der Spanier – und danach eine Pause zum Stimmen der Instrumente. War vorher grad endlich ein bisschen Stimmung aufgekommen, ist dies ein Unterbruch im dümmsten Moment. So verlassen sogar bereits einige Leute das Zelt, weil sie das Gefühl haben, das wars.
Dabei läuft, wie ich bei einem kurzen Abstecher nach draussen mitbekomme, auf der Hauptbühne noch gar nichts. Bei Nile scheint es zu Verzögerungen zu kommen, also nochmals rein und den Rest der Show anschauen. Aufgrund der Verspätung auf der Hauptbühne können Graveyard schliesslich bis zum Ende auf ein sehr gut gefülltes Zelt zählen, was sich auch in der Stimmung bemerkbar macht. Diese wird gegen Ende nochmals etwas besser und so kann die Band nach der Show jede Menge Applaus abholen. Für mich war das jetzt kein überragender Auftritt, aber definitiv ein guter.
Nile
Als Graveyard fertig sind, müssten Nile schon seit 10 Minuten am Spielen sein, doch auf der Hauptbühne geht immer noch gar nichts. Da es unterdessen ziemlich abgekühlt hat und ich nach dem warmen Zelt einen halben Kälteschock habe, hole ich mir erst einmal etwas Wärmeres zum Anziehen im Camp. Kurz bevor ich wieder beim Infield bin, höre ich die ersten Töne von Nile. Mit über 30 Minuten Verspätung scheint es endlich loszugehen, also schnell rein.
Ich habe aber effektiv keine Ahnung, was da so lange gedauert hat, denn der Sound klingt zu Beginn furchtbar. So ist es kein Wunder, das bereits nach dem ersten Song erneut eine Pause folgt; und nach dem zweiten wieder. Ich weiss nicht, ob der doch ziemlich technische Metal von Nile so schwierig zu mischen ist. Wenn, dann habe ich bei den bisherigen Konzerten, die ich gesehen habe, nicht viel davon mitbekommen.
Generell ist Nile aber eine Band, die mich oft auf Tonträger fast mehr abholt als Live. Ich habe zwar auch schon gute Clubshows der Amis gesehen, aber auch schon eher langweilige. Aufgrund der ganzen Unterbrüche fällt der heutige Auftritt unter die zweite Kategorie. Und da wir hier bei einem Open Air sind, kann die am Anfang verpasste Zeit natürlich auch nicht einfach nachgeholt werden, sonst käme es für die restlichen Bands zu gröberen Verzögerungen.
So endet ein Auftritt unter dem Motto Pleiten, Pech und Pannen nach einer extrem kurzen Spielzeit, Netto waren das wohl knapp 25 Minuten Musik anstelle der eingeplanten 60. Schade, aber ich bin mir sicher, dass ich wieder einmal die Chance haben werde die Death Metal Ägyptologen zu sehen. Hoffentlich dann mit mehr Glück auf der technischen Seite und damit verbunden einem packenderen Auftritt.
Postmortem
Die technischen Probleme bei Nile kommen Postmortem zugute, wandern doch bereits bei Beginn der letzten Zeltshow des Tages einige der Besucher vor der Hauptbühne ab, obwohl Nile noch am Spielen sind. Als ich dann auch noch eintreffe, ist das Zelt dementsprechend sehr gut gefüllt. Da die Sicht von hinten aufgrund des Bühnenlichts und des Rauches katastrophal ist – ein Problem, das am ganzen Weekend immer mal wieder auffällt – dränge ich mich trotzdem nach vorne zur Bühne. Denn was ich höre, gefällt mir sehr gut.
Die Band aus Berlin ist seit 1991 aktiv und sowohl Name als auch Logo habe ich schon mehrmals gesehen. So richtig gekannt habe ich die Gruppe aber nicht, beim Reinhören vor dem Party.San aber schon vermutet, dass das etwas für mich sein könnte. Geboten wird ein Mix aus Death und Thrash Metal mit jeder Menge Groove. Dazu kommt ein gewisser Death’n’Roll-Anteil, welcher perfekt zu der bodenständigen Attitüde der Gruppe passt.
Anthem Records haben wirklich alles richtig gemacht mit der Wahl ihres Zelt-Headliners! Nicht nur die Band liefert einen sehr guten Auftritt ab, auch die Stimmung ist auf dem absoluten Höhepunkt. Während der ganzen Show gibt es viel Bewegung im Publikum, gegen Ende auch immer mehr Crowdsurfer. Dazu kommt ein perfekt abgemischter Sound, welcher Nile wohl vor Neid erblassen lässt.
Postmortem räumen auf der ganzen Linie ab und bekommen nach Ablauf der Zeit aufgrund des grossen Jubels sogar das Ok für eine weitere Zugabe. Bei dieser wage ich mich etwas weit nach vorne, natürlich springt mir genau der grösste und schwerste Berliner aus dem Pit voll auf die Zehen. Und ich weiss wieder einmal, wieso Turnschuhe eigentlich nicht das Ideale Schuhwerk sind für eine Metal-Show in Nähe Pit… Der starke Auftritt wäre mir aber auch ohne dieses schmerzhafte Souvenir in Erinnerung geblieben. Würdiger Tagesabschluss auf der Zeltbühne!
Setliste Postmortem
- Are You Dead?
- 25 Comwell Street
- Gutterballs
- Until The Screamings Died
- Lobotomy
- Ghost Of The Warship
- Among The Dead
- Hate, Kill, Destroy
- Revolution
Deicide
Aufgrund des geile Auftritts von Postmortem verpasse ich den Auftakt der Deicide-Show. Als wir aus dem Zelt kommen fällt aber sofort auf, wie gut der Platz vor der Hauptbühne bereits gefüllt ist. Kein Wunder, geniessen Glen Benton und seine Mitstreiter doch bei sehr vielen Death Metal Fans nach wie vor absoluten Kult-Status. So richtig zu 100% nachvollziehen konnte ich das zwar nie, gibt es doch einige Genre-Bands, die mir besser gefallen. Der Auftritt hier 2019 war aber gut, also schaue ich mir natürlich auch die Show heute an. Schon nur, weil ich sonst von Kollege Meier einen Einlauf verpasst kriegen würde…
Der Sound ist nun absolut on Point, keine Spur von den Problemen mit denen Nile noch zu kämpfen hatte. Und auch die Gruppe selbst gibt sich sehr spielfreudig. So kommt jede Menge Druck von der Bühne, welcher auch für eine gute Stimmung sorgt – zumindest in den vorderen Reihen, weiter hinten ist naturgemäss nicht ganz so viel los. Die mit vielen Klassikern gespickte Setliste weiss zu gefallen. Trotzdem hat mich persönlich der Auftritt 2019 ein wenige mehr gepackt. Das dürfte vor allem zwei Gründe habe: erstens habe ich Deicide damals zum ersten Mal Live gesehen und zweitens war ich weiter vorne.
Heute haut mich die Band nicht komplett aus den Socken, ohne dass ich gross etwas auszusetzen hätte. Bei Glen gefallen mir nach wie vor die Growls besser als die Screams, aber objektiv gesehen macht er seine Sache sehr gut. Und auch sämtliche Deicide-Fans, mit welchen ich nach der Show spreche, sind absolut begeistert. Somit attestiere ich den Amis einen objektiv gesehen sehr starken Auftritt, welcher mich einfach subjektiv nicht ganz so gepackt hat. Soll ja mal vorkommen…
Setliste Deicide
- Satan Spawn, the Caco-Daemon
- Dead but Dreaming
- Repent to Die
- Trifixion
- Behead the Prophet (No Lord Shall Live)
- Holy Deception
- In Hell I Burn
- Revocate the Agitator
- Once Upon the Cross
- When Satan Rules His World
- They Are the Children of the Underworld
- Scars of the Crucifix
- Dead by Dawn
- Homage for Satan
Obituary
Während also Deicide mir eher etwas Zeit zum Durchatmen gegeben haben, bin ich zu Obituary wieder näher vor der Bühne. Die Florida Deather sind absolute Favoriten von mir und eine der Old School Bands, bei welcher ich nicht nur auf die Klassiker warte, sondern auch die neueren Scheiben grösstenteils sehr stark finde. Die Aufregung steigt, als «Snortin’ Whiskey» von Pat Travers ertönt. Dieser Song ist für Obituary-Fans sowas wie «Doctor Doctor» von UFO für Iron Maiden-Anhänger. Wenn man ihn hört, ist klar, nun geht es endlich los!
Auch der Einstieg mit «Redneck Stomp» – einem der geilsten Instrumentals überhaupt – ist keine grosse Überraschung und bringt sofort die ersten Crowdsurfer in die Lüfte. Als bei «Sentence Day» endlich auch Frontmann John Tardy die Bühne betritt, ist die Stimmung auf einem ersten Höhepunkt. Und John scheint heute ausserordentlich gut gelaunt zu sein! Die äussert sich bei ihm zwar nicht in ausschweifenden Ansagen, aber sein Stage Acting ist schon fast exzessiv, jedenfalls für was man sonst so gewohnt ist. So nutzt er die ganze Breite der Bühne und verlässt diese auch bei längeren Passagen ohne Vocals praktisch nie, sondern animiert das Publikum zum Mitmachen. Habe ich von John so bisher sehr selten gesehen, macht aber Spass.
Ein Streitpunkt bleibt beim heutigen Auftritt hingegen die Setliste. Ich persönlich finde das dieses Jahr erschienene Album «Dying Of Everything» sackstark! Trotzdem ist es natürlich sehr mutig, bei einem Festival-Auftritt gleich sechs Songs davon zu spielen – zwei davon sogar im Zugabe-Block. Hier hätte die Band sicher für noch etwas mehr Stimmung gesorgt mit einer Best Of-Setliste und weniger neuen Liedern. (Kleiner Zeitsprung: Meine Vermutung, dass einfach dieselben Songs gespielt werden wie auf der momentan laufenden Headliner-Club-Tour, bestätigt sich eine Woche später im Kiff).
Für mich selber ist dies wie gesagt kein Problem, ich finde sämtliche gespielten neuen Tracks sehr stark. Aber etwas mehr Old School-Material hätte das Publikum wohl noch mehr ausrasten lassen, auch wenn die Stimmung auch so gut ist. Als zweiter kleiner Kritikpunkt könnten die zwischenzeitlichen, kurzen Pausen aufgeführt werden, welche jeweils etwas Schwung rausnehmen. Aber irgendwann müssen halt die Instrumente kurz gestimmt und durchgeatmet werden und John Tardy macht auch gut gelaunt definitiv nicht den Pausenclown in diesen Unterbrüchen.
Abgesehen davon liefern Obituary eine – zumindest in meinen Augen – unglaublich starke Show, welche wenig Wünsche offenlässt. Ich freue mich schon jetzt auf die Kiff-Show nächste Woche!
Setliste Obituary
- Redneck Stomp
- Sentence Day
- A Lesson in Vengeance
- Visions in My Head
- The Wrong Time
- Barely Alive
- Slow Death
- Find the Arise
- Weaponize the Hate
- My Will to Live
- Chopped in Half / Turned Inside Out
- Zugaben:
- War
- Dying of Everything
- I’m in Pain
- Slowly We Rot
Nun geht es für mich zurück zum Camp. Da die einen Kollegen noch in der Metaldisco sind und die anderen bereits in ihren Zelten, verkrieche ich mich auch bald in meinen Schlafsack. Schliesslich hat der lange Tag viel Kraft gebraucht und mein Fuss schmerzt immer noch vom Postmortem-Zwischenfall. Also heisst es erholen und Kräfte sammeln für morgen.
P:S:O:A: – Fanzit Donnerstag
Ein Super Auftakt ins diesjährige Party.San! Der Eröffnungstag war bei mir dieses Jahr der mit den am meisten dick angestrichenen Bands. Der Grossteil davon hat mich auch überzeugt, allen voran Angelus Apatrida und Obituary. Archspire waren unglaublich unterhaltsam und Postmortem zusammen mit Mentor die Überraschung des Tages.
P:S:O:A – Freitag, 11.08.2023 – Becherhagel und eine Absage
Bei Ihrer Rückkehr aus der Metal-Disco, kurz nachdem ich mich warm eingepackt habe, veranstalten die Kollegen Joniz und Meier noch eine Deutsch-Schweizerische Talkshow direkt neben unserem Zelt. Hauptthema: «Duschen während dem Deicide-Auftritt, weil man Glen Benton doof findet – Todsünde oder legitim?». Im Gegensatz zu gewissen Podcasts hilft das nicht gerade beim Einschlafen, die kalte Nacht animiert aber auch nicht dazu, den warmen Schlafsack doch nochmals zu verlassen. Kaum bin ich dann doch endlich eingeschlafen, ist auch schon wieder morgen…
Also erstmal kurz duschen – Zeitfenster passt grad noch – und Frühstücken. Heute geht es doch fast zwei Stunden früher los als gestern und den Freitags-Auftakt will ich nicht verpassen. Also bleibt nicht allzu viel Zeit um rumzuhängen, schliesslich sind wir ja wegen der Musik hier…
Brutal Sphincter
Den traditionellen Spass-Goregrind-Eröffnungsakt machen heute Brutal Sphincter aus Belgien. Der Band-Backdrop hängt schon einmal um 90° verdreht, soweit passt also alles. Die Jungs selbst sind aber gar nicht verkleidet und auch im Publikum gab es in anderen Jahren schon mehr Kostüme. Nicht dass mich das extrem stören würde, es fällt halt einfach auf…
Musikalisch bleibt aber alles wie gewohnt, es gibt eine ordentliche Ladung Goregrind auf die Ohren und die Songtitel haben lustige bis fragwürdige Titel wie «Make GoreGrind Great Again», «The Art Of Squirting» oder «Anders Breivik Utoya Party». Wobei letzteres wenigstens mit einem klaren «Fuck All Extremists And Facists» eingeleitet wird. So weit, so gut.
Was aber wirklich beeindruckt, ist wie sehr die Gruppe die Anwesenden zum mitmachen animieren kann. So kommen wir nicht nur in den Genuss des einzigen All Girl Circle Pit des Festivals. Es gelingt sogar, einen Circle Pit rund um das doch ziemlich weit hinten platzierte Front Of House (Mischpult) anzureisen. Natürlich ist dafür der Platz direkt vor der Bühne dann einiges leerer, aber habe ich so trotzdem beim Party.San noch nie erlebt.
So kommen alle welche das möchten zu einer ordentlichen Portion Frühsport. Ein guter Auftritt, welcher wieder einmal beweist, dass eine halbe Stunde Goregrind zum Anfang locker mit Metal Yoga bei Full Metal Wacken Veranstaltungen mithalten kann.
Setliste Brutal Sphincter
- Sphinctroduction
- Hijab Is Feminism
- Marc Dutroux National Hero
- Autistic Meltdown
- Anders Breivik Utoya Party
- Infibulation Championship
- The Art Of Squirting
- Tony Hawk Pro Choice 2022
- Analhu Akbar
- Make GoreGrind Great Again
- Prohibit Anime
- Unvaxxed Lives Matter
- GoreGrind Number One
Be’Lakor
Mit den Australiern von Be’Lakor folgt so quasi das maximal mögliche Kontrastprogramm zu Brutal Sphincter. Von relativ simplem Goregrind geht es direkt zu sehr verschachteltem Progressive Melodic Death Metal. Bereits der erste gespielte Song dauert über zehn Minuten, in der Zeit hätten die Belgier vier bis fünf Nummern rausgehauen… Trotzdem bleibt das Publikum erfreulich zahlreich vor der Bühne. Andere Jahre hatte die Band nach dem Grind-Auftakt jeweils mit grossem Zuschauerschwund zu kämpfen, heute ist das glücklicherweise nicht so.
Es gibt sogar eine echte Seltenheit zu bestaunen beim Auftritt von Be’Lakor: ja, es gibt sie noch, die Live-Keyboarder! Endlich kriege ich wieder einmal ein Exemplar in freier Wildbahn – also auf der Bühne – zu sehen. Das gibt schon einmal Pluspunkte. Und auch sonst finde ich das Dargebotene gar nicht so schlecht. Ist zwar definitiv nicht zu 100% meine Baustelle, die Songs können auch nicht immer über die ganze Spielzeit die Spannung aufrechterhalten. Da wäre beim Songwriting manchmal weniger mehr.
Trotzdem gibt es doch einige Momente die mir gut gefallen und die Gruppe bietet definitiv auch Abwechslung. So bleibt ein sehr kurzweiliger Auftritt, der zwar bei den zahlreich anwesenden Fans nicht für riesige Stimmung sorgt, aber doch durch die Atmosphäre überzeugen kann. Ich muss mir die Band zuhause nochmals in Ruhe anhören, den das war alles andere als Schlecht.
Endseeker
Nun folgt mit Endseeker eine Band, auf die ich mich sehr gefreut habe. Die aktuelle Scheibe «Mount Carcass» war 2021 eines meiner Jahre-Highlights im Death Metal, Live habe ich die Hamburger aber bisher noch nie gesehen. Leider müssen sie mit etwas weniger Publikum auskommen als Be’Lakor direkt zuvor, trotzdem ist der Platz vor der Bühne für die Uhrzeit und die mittlerweile wieder brennende Sonne ganz ordentlich gefüllt. Beim ersten Song ist der Sound noch etwas diffus und besonders das Schlagzeug etwas matschig abgemischt, zum Glück bessert sich das aber schnell.
Lenny ist ein Frontmann wie er im Buche steht! Nicht nur die Growls sitzen perfekt, sondern auch die Posen während der Songs. Und zwischen den Liedern punktet er mit unterhaltsamen Ansagen. Wobei sich niemand von seiner Aufforderung an die destruktiven Leute im Publikum angesprochen zu fühlen scheint. Es bleibt bei Faustreck- und Headbang-Stimmung, für einen Moshpit kann sich scheinbar noch niemand richtig begeistern. Aber einen Track wie «Hell Is Here» ansagen zu können, ist am Party.San definitiv ein Trumpf. Stehen die Worte doch riesig auf einem Banner über der Bühne, so dass es gar nichts macht, dass sich Lenny angeblich nicht an den Titel erinnern kann…
Die Nordlichter liefern einen wirklich starken Auftritt, welcher definitiv zu gefallen weiss und Lust auf mehr macht. Ich hoffe die Jungs sind bald wieder einmal in der Schweiz anzutreffen, ich werde da sein.
Nun folgt bei mir aber erst einmal eine Pause. Erstens kommt jetzt ein ziemlich grosses Loch in meinem Programm und zweitens wollen ja auch mal noch Patches für Kutte Nummer zwei gekauft werden. Also erstmal durch die Händlermeile geschlendert und danach zurück zum Camp zwecks Verpflegung und ein bisschen Schatten.
Setliste Endseeker
- Into The Fire
- Unholy Rites
- Merciless Tide
- Bloodline
- Global Worming
- Cure
- Hell Is Here
- Count The Dead
- Mount Carcass
- Possessed By The Flame
Drowned
Nachdem meine (wieder einmal viel zu zahlreichen) Einkäufe verstaut sind, wir beim Zelt den Grill in Betrieb genommen und ein paar Biere vernichtet haben, mache ich mich zurück auf den Weg zum Infield. Mein eigentlicher Grund für die Rückkehr sind Illdisposed, da aber ganz offensichtlich Urgehal auf der Hauptbühne zu lang gespielt haben, entscheide ich mich auf der Zeltbühne bei Drowned reinzuschauen. Die Death Metal Veteranen – gegründet wurde die Band bereits 1992 – kommen ebenso aus Berlin wie Postmortem, welche mich gestern begeistert haben. Ein gutes Argument, auch hier einmal ein Ohr zu riskieren.
Präsentiert wird die Zeltbühne heute übrigens von Sepulchral Voice Records aus Zwickau. Bei diesem Label sind auch die Männer aus der deutschen Hauptstadt unter Vertrag. Gespielt wird Old School Death Metal mit mächtiger Doom-Kante. Es gibt zwar immer mal wieder auch etwas schnellere Parts, aber im Grossen und Ganzen überwiegen die schleppenden Teile etwas. Macht gar nichts, ab und zu ist gegen einen guten Lava-Strom nichts einzuwenden.
Aber wenn wir schon bei Vulkanen sind, durch das erneut sehr sonnige Wetter hat sich das Zelt wieder massiv aufgeheizt. Der Schweiss tropft auch ohne zu ergiebiges Headbanging, zu welchem der Sound aber durchaus auch animiert. Mich hauen Drowned nicht ganz so aus den Socken wie die städtischen Kollegen gestern, sie liefern aber ebenfalls einen mehr als soliden Auftritt ab. So und jetzt mal raus aus dem heissen Zelt.
Illdisposed
Kaum vor der Hauptbühne angekommen, werde ich – im metaphorischen Sinne – Kalt geduscht. Bevor die Show losgeht, hat ein Ansager die Pflicht, der wartenden Meute mitzuteilen, das Mantar leider aufgrund von Krankheit ihren Auftritt heute absagen müssen. Als Ersatz spielen Grave Miasma anstatt im Zelt auf der Hauptbühne. Für mich ein sehr schwacher Trost, hatte ich mich doch auf die Bremer Zwei-Mann-Soundwand extrem gefreut. Irgendwie scheint den Jungs das Glück an Festivals dieses Jahr nicht wirklich hold zu sein. Am Greenfield hatten sie nicht nur mit von der Fluggesellschaft verlorenem Equipment zu kämpfen, sondern auch mit einer Sintflut vom Himmel – und trotzdem haben sie abgeliefert. Umso gespannter war ich, wie sie das heute hier machen. Tja, Satz mit X…
Nun heisst es aber nicht zu lange Trübsal blasen, sondern sich auf die Show von Illdisposed freuen. Ich habe die Dänen bis heute noch nie Live gesehen, finde sie musikalisch aber einen sehr spannenden Act. Die Grundlage des Sounds ist Death Metal, dieser weisst aber jede Menge moderner Versatzstücke auf. Manchmal ist Old School ja geil, aber wenn man den modernen Groove so geil einbaut wie die Band aus Aarhus, kann ich sehr gut damit leben.
Frontmann Bo Summer – einziges verbliebenes Originalmitglied – begrüsst uns mit einer Ansage in gebrochenem Deutsch, bei welcher er erwähnt, heute nicht besoffen zu sein. Wohl eine Anspielung auf den Auftritt am Party.San 2006, als Bo den Erzählungen nach ziemlich gut betankt war. Heute klappt aber alles, sowohl mit den Vocals, als auch mit den weiteren Wortmeldungen zwischen den Songs. Diese sind zwar manchmal etwas diffus, aber immer unterhaltsam und sympathisch. Die Begründung für die frühe Spielzeit – nämlich sein hohes Alter – nimmt man dem Frontmann dann aber doch nicht ganz ab.
Gespielt wird aber wie bereits erwartet Death Metal mit einigen modernen Elementen, so sind auch Samples ab Band Teil des Programms. Diese stören mich hier aber weniger als bei anderen Bands, da es sich dabei nicht um Instrumente handelt die fehlen, sondern schlicht und einfach um zusätzliche Soundschnippsel. Der Platz vor der Bühne ist zwar nicht überfüllt, trotzdem sind ordentlich Leute hier, welche den Auftritt auch grösstenteils abfeiern. Die 45 Minuten vergehen jedenfalls wie im Flug und nach «You Against The World» ist für meinen Geschmack viel zu früh Schluss. Ein sehr guter Auftritt, welcher Lust macht auf mehr.
Concrete Winds
Da es auf der Hauptbühne immer noch eine gewisse Verzögerung gibt, die Nebenbühne aber im Zeitplan ist, haben die Finnen von Concrete Winds mit einer der grössten Überschneidungen der Spielzeiten am diesjährigen Party.San zu kämpfen. Entsprechend leer ist das Zelt auch, als ich nach dem Ende von Illdisposed schnell den Standort wechsle. Da wird aber bereits kräftig geholzt und ganz vorne bei der Bühne ist die Stimmung auch sehr gut.
Die Band hat eine sehr interessante Stilmischung am Start. Teilweise gibt es Parts zu hören, die schon als Grindcore zu bezeichnen sind. Auf der anderen Seite sind auch immer wieder eher melodiöse Riffs zu hören, welche nicht nur jede Menge Groove, sondern auch eine zünftige Portion Dreck atmen. Auch wenn ich schlussendlich nur noch drei oder vier Songs höre, kann ich der Band aus Helsinki nur einen starken Auftritt attestieren.
Notiert in meinem kleinen Block habe ich mir aufgrund des Sounds noch «Midnight auf Speed» – das Ganze erinnert ein bisschen an eine Mischung aus den Clevelander Kaputzenmännern und Napalm Death. Diese sind zwar nicht hier, aber Athenar und seine (Live-)Kollegen. Also schnell vor die Hauptbühne.
Midnight
Als ich aus dem nach wie vor eher hitzigen Zelt komme, herrscht im Zuschauerraum vor der grossen Bühne noch nicht allzu viel Betrieb. Die generelle Verspätung hat dafür gesorgt, dass sich viele der Besucher noch am Verpflegen sind. Als es dann aber losgeht, wird der Platz Tsunami-Mässig mit Leuten geflutet. Man hat sofort das Gefühl, hier folgt nun etwas ganz Grosses. Trotz erst einsetzender Dunkelheit werden gleich zu Beginn jede Menge Feuereffekte eingesetzt und der erste Pit lässt genauso wenig auf sich warten wie die ersten Crowdsurfer.
Gibt es eigentlich sowas wie einen schlechten Midnight-Auftritt? Ich persönlich hätte jedenfalls noch keinen miterlebt… Athenar nutzt nicht nur wie gewohnt jeden Quadratzentimeter der Bühne, sondern sorgt auch für die grösste Aufräumaktion des Festivals. Als relativ früh während der Show zwei Becher auf die Bühne fliegen – ziemlich sicher nicht aus Abneigung geworfen, sondern in Ekstase – fordert er das Publikum auf, weitere Würfe folgen zu lassen. Schliesslich lohnt sich Touren ja nicht mehr richtig und irgendwie müssen sie nach Hause kommen. Wenn er jeden Becher für fünf Euro einlösen kann – was wohl schwierig wird bei einem Pfand von einem Euro – sollte da ja etwas zusammenkommen.
Das Publikum lässt sich nicht zweimal bitten und schmeisst was das Zeug hält. Nach weiteren zwei Liedern sieht sich Athenar die Bühne an, und beschwert sich über die erst ungefähr 50 Becher die sich angesammelt haben. Midnight müssen zurück in die USA, da ist mehr nötig als die paar Becher. Auch wenn die Bühne aufgrund des Unrats aussieht wie teile der USA – konkret Philadelphia – muss da noch mehr gehen. Und klar, der nächste Hagel lässt nicht lange auf sich warten.
Abgesehen von der ganzen Show liefern Midnight auch musikalisch einen hervorragenden Auftritt ab! Die Spielfreude ist förmlich spürbar, und das Songmaterial sowieso über jeden Zweifel erhaben. Das grossartige «You Can’t Stop Steel» wird aufgrund der Becher kurzerhand in «You Can’t Stop Plastic» umbenannt. Das Ganze Thema wird konsequent bis zum Schluss durchgezogen. Und auch die Stimmung ist bis ganz am Ende sehr gut. Ein Triumphzug, anders kann man den Auftritt nicht nennen! Ich hoffe, die Bühnenhelfer haben alle Becher schön brav bei Athenar abgeliefert und der Heimflug hat irgendwie geklappt. Aber falls nicht: gerne bald noch einmal bei mir in der Nähe auftreten!
Black Curse
Aufgrund der nach wie vor etwas verschobenen Spielzeiten auf der Hauptbühne, reicht es mir bei der nächsten Zeltshow nur noch für den allerletzten Song. So heiss und stickig wie es im Zelt ist, macht mir das aber gar nicht so viel aus, auch wenn das Gehörte gar nicht so schlecht klingt. Für meinen Geschmack hat es zwar etwas gar viel Hall auf der Stimme, aber sonst gefällt mir das für Black Metal ziemlich gut. Liegt wohl an den Death Metal-Elementen im Sound. Was optisch vor sich geht sehe ich gar nicht, die Sicht auf die Bühne ist aufgrund viel Rauch und der Bühnenbeleuchtung spätestens ab Mitte des Zeltes praktisch inexistent. Und für die kurze verbliebene Rest-Spielzeit kämpfe ich mich nicht mehr weiter nach vorne, zumal das Zelt ganz ordentlich gefüllt ist. Der kurze Eindruck, welchen ich erhalten habe, ist indes nicht schlecht.
Decapitated
Auf der Hauptbühne sind nun Decapitated an der Reihe. Bei Beginn des Konzerts ist der Platz vor der Bühne auch hier noch reichlich leer, es kommen aber während der ersten beiden Songs ständig etwas mehr Leute dazu. Trotzdem sind die Fussstapfen, welche Midnight hinterlassen haben, für die Polen fast etwas zu gross. Ab Song drei formiert sich zwar ein anständiger Pit Zentral vor der Bühne, rundherum ist aber eher nicht ganz so viel los. Und dies trotz tadellosem Sound. Der Stil der Band ist wohl auch für einige Gäste fast etwas zu modern, ähnlich wie bei Illdisposed.
Für mich persönlich haben im direkten Modern-Groove-Death-Metal Vergleich die Dänen gegenüber den Polen leicht die Nase vorne. Decapitated liefern zwar durchaus einen guten Auftritt, haben aber wie bereits erwähnt den grossen Nachteil nach Midnight auf die Bühne gehen zu müssen. Und noch etwas spricht gegen die Jungs aus Osteuropa: Im Zelt fängt mit Sijjin nun einer der Geheimtipps des Festivals an zu spielen. So mache auch ich mich aufgrund der nach wie vor bestehenden Verzögerung bei der grossen Stage bereits vor Ende der Show auf den Weg zur Nebenbühne. Und das, obwohl mich Decapitated nicht wirklich enttäuschen. Sie hauen mich einfach zu wenig um dafür, dass sie ein Opfer der Zeitüberschneidungen sind.
Sijjin
Erneut Death Metal aus Berlin, erneut im Zelt. Da war doch was? Auf Sijjin habe ich mich aufgrund des 2021 veröffentlichen Debütalbum «Sumerian Promises» wirklich gefreut, gefiel mir die Scheibe doch damals ziemlich gut. Und obwohl die Band selbst noch nicht ewig lange besteht, sind seine Mitglieder doch schon länger aktiv. Malte Gericke (Vocals und Bass) sorgte bereits als Sänger von Necros Christos für Aufsehen, seine beiden Kollegen Ivan Hernandez (Drums) und Ekaitz Garmendia (Gitarre) kennt man unter anderem vom spanischen Thrash Metal-Kommando Legen Beltza und den Deathern von Extinction.
Man merkt live genauso wie ab Konserve sofort, dass man es hier keineswegs mit Grünschnäbeln zu tun hat! Da sitzt praktisch jeder Ton, und man fragt sich manchmal, wie zu dritt so ein Sound möglich ist. Ich vermute, dass die Gitarre teilweise via Effekt oder Verstärker gedoppelt wird. Um das sicher sagen zu können, bin ich aber viel zu wenig Sound-Nerd. Als Musik-Konsument gibt es aber einen dicken Daumen nach oben! Old School Death Metal wie er sein muss. Nur der teilweise etwas arg viel eingesetzte Hall über der Stimme weiss mich nicht so richtig zu begeistern. Malte hat so eine geile Stimme, die würde auch ohne Effekte bestens funktionieren.
Seine Ansagen sind – wohl der Internationalität von Band und Publikum geschuldet – komplett auf Englisch. Das stört mich hier aber definitiv weniger als bei Cytotoxin letztes Jahr. Und auch sonst gibt es bis auf den bereits erwähnten Hall und – wieder einmal – etwas viel Nebel auf der Bühne fast nichts, was ich bemängeln könnte. Ein sehr starker Auftritt einer Gruppe, die ich auch gerne mal bei einer Clubshow in der Schweiz erleben würde. Am besten in einer nicht allzu grossen Location, so kommt der Sound am besten zur Geltung.
Setliste Sijjin
- Remnants Of Cambrian Evil
- Daemon Blessex
- Dagger Of A Thousand Deaths
- Sumerian Promises
- Those Who Wait To Enter
- Angel Of The Eastern Gate
- Unchain The Ghost
- Condemned by Primal Contact
Grave Miasma
Als ich mich nach Sijjin, welche ja kurzfristig zur letzten Band der Zeltbühne wurden, wieder ins Freie begebe, fangen Grave Miasma gerad erst an. Auch wenn die Engländer aktuell grad ziemlich gehypt werden, bin ich mit ihrem Schaffen nie so richtig warm geworden. Woran genau das liegt, kann ich nicht einmal sagen. Eventuell für meinen Geschmack etwas zu viel Black im Death Metal? Könnte sein. Da vermisse ich Mantar gleich noch ein bisschen mehr.
Jedenfalls scheint es nicht nur mir so zu gehen. Der Platz vor der grossen Bühne ist doch einiges leerer als bei den Bands zuvor. Aber klar, ein paar Leute mehr als bei einem Auftritt wie geplant auf der kleineren Stage werden die Londoner wohl schon erreicht haben. Mein Ding ist das nicht so wirklich. Ist aber auch nicht schlimm, so bleibt wieder einmal Zeit um etwas zu Essen, ein bisschen zu quatschen und ein Kaltgetränk zu trinken. Da mir das Köstrizer nach wie vor nicht schmeckt, bin ich wieder bei Radler sauer, was ich sonst gar nie trinke. Aber wenn das Bier schon so einen komischen Eigengeschmack hat, ist verdünnen fast die einzige Lösung… Jedenfalls wenn man keinen Cuba Libre oder andere Longdrinks trinkt.
Dying Fetus
Hauptsache ich habe es geschafft, die Zeit zu meinem Headliner von Festivaltag zwei zu überbrücken. Vom vielleicht besten Trio im Brutal Death Metal habe ich persönlich noch keine schlechte Show gesehen. Aber so weit oben im Line-Up eines grossen Festivals hatte ich auch noch nie das Vergnügen. Also mal schauen, was die Jungs aus Baltimore heute auspacken.
Der Platz vor der Bühne ist bei Beginn schon ordentlich gefüllt und auch die Stimmung passt ab den ersten Tönen: da tobt doch tatsächlich bereits ein grösserer Pit. Was mehr Anlaufschwierigkeiten hat, ist der Sound. Während Gitarrist John Gallagher gut zu hören ist, muss man bei Bassist Sean Beasley etwas genauer hinhören – und beim zweiten Song genau umgekehrt. Ab «We Are Your Enemy» Ist das dann endlich besser und beide Mikros weisen eine akzeptable Lautstärke auf.
Im Gegensatz zu Obituary gestern, entscheiden sich Dying Fetus heute für eine absolute Best Of-Setliste! Zwar werden vom neuen, erst im September erscheinenden «Make Them Beg For Death» bereits zwei Songs gespielt, welche Digital bereits im Umlauf sind. Ansonsten setzen die Amis aber auf Songs von Total acht verschiedenen Alben und bieten so einen sehr guten Überblick über das bisherige Schaffen.
Die Spielfreude auf der meist komplett in grünes Licht getauchten Hauptbühne steckt ebenso an, wie die Stimmung im Publikum. Zwar ist oben nicht ganz so viel Bewegung wie unten, das erklärt sich aber dadurch, dass alle Protagonisten mit Instrumenten und Gesang schon ziemlich gut ausgelastet sind. Umso mehr Action gibt es im Zuschauerraum, neben endlosen Mosh- und Circlepits sind auch die Crowdsurfer fleissig unterwegs.
Auch Dying Fetus finde ich an einem Ort wie dem Z7 oder im Dynamo noch ein kleines Stück geiler als auf der ganz grossen Bühne. Trotzdem holt die Band auch bei diesen Verhältnissen alles aus sich raus und liefert einen mehr als würdigen Headliner-Gig!
Setliste Dying Fetus
- One Shot, One Kill
- Subjected To A Beating
- We Are Your Enemy
- Unbridled Fury
- In The Trenches
- Grotesque Impalement
- Compulsion For Cruelty
- Prais The Lord (Opium Of The Masses)
- Your Treachery Will Die With You
- From Womb To Waste
- Wrong One To Fuck With
Hypocrisy
Headliner-Gig? Stimmt, da kommt ja noch wer… Hypocrisy machen heute den Abschluss, wie schon am Donnerstag des Festivals 2019. Damals habe ich die Schweden zum ersten Mal überhaupt gesehen und fand den Auftritt eigentlich ziemlich gut. Bei den beiden Shows dieses Jahr auf der 70000 Tons Of Metal Cruise (siehe Review) war mein Eindruck schon ein bisschen zwiegespaltener.
Der Platz davor scheint mir doch ein bisschen leerer zu sein als noch gestern bei Obituary. Dafür ist der Aufbau auf der Bühne umso opulenter. Offenbar wollen Peter Tätgren und seine Mitstreiter heute eine echte Stadionshow bieten. Hätte das nur jemand dem Mischer gesagt, der Sound ist leider zu Beginn absolut miserabel. Das Mikrofon ist immer mal wieder gar nicht zu hören und auch sonst stimmt da nicht viel zusammen. Ich würde sagen der schlechteste Mix seit Nile gestern.
Ein bisschen besser wird das zwar im Verlauf, so richtig gut aber leider dann doch nicht. Zudem klingt Hypocrisy so direkt nach Dying Fetus halt eher – sorry – weichgespült. Ich mag die Band eigentlich schon, aber hier und heute holen sie mich einfach nicht ab. Eventuell weil es auch schon die Dritte Show dieses Jahr ist und eine vierte folgt am Meh Suff. So beschliesse ich nach ungefähr 35 Minuten einen vorzeitigen Abgang zu machen.
Aber zumindest hören tut man den Abschluss mit «Roswell 47» auch auf dem Campingplatz, wo heute auch sonst noch ein paar unseres Camps am ein (vermeintlich) letztes Bier trinken sind. Als dann auch noch der Rest der Truppe «glücklich betrunken» (Zitat Jule) zu uns stösst, wird die Nacht doch noch länger als zuerst gedacht. Bei Storys über Klo-Sarah und Yoga-Uschi sowie jeder Menge Flirt-Tipps aus der Runde an Single Christoph, wird der Abend würdig zu Ende gebracht. Zudem beschliesst ein Grossteil der Anwesenden, morgen zum Frühschoppen zu gehen. Mal schauen wie lange ich diesmal schlafe…
P:S:O:A – Fanzit Freitag
Auch der zweite Festivaltag kann als absoluter Erfolg verbucht werden. Und das trotz Absage von Mantar. Es war zwar noch einmal etwas heisser als gestern, trotzdem haben wir den Tag irgendwie überstanden. Der Tagessieg heute geht ganz klar an Midnight, aber auch Dying Fetus, Illdisposed, Endseeker und Sijjin wussten zu überzeugen.
P:S:O:A – Samstag 12.08.2023 – Gefrorenen Seelen und ewige Nächte
Natürlich hätte ich genau heute wohl auch noch etwas länger schlafen können. Aber ich stehe dann doch auf, schliesslich ist das ganze Camp bereits auf den Beinen. Haben die Frühschoppen-Bands letztes Jahr noch wenig Leute angezogen, hat man sich für dieses Jahr etwas Anderes überlegt: Coverbands funktionieren immer!
Spearhead
Im Falle von Spearhead kann ich das sogar noch nachvollziehen. Schliesslich kann man das Original Bolt Thrower heutzutage nicht mehr Live erleben. Und die Jungs scheinen Ihren Job auch gut zu machen, sie haben nicht nur sichtlich Spass, sondern tönen auch gut. Mein Spass hält sicher aber in Grenzen: das Zelt ist sehr gut gefüllt und da die Seite gegen das eigentliche Infield noch geschlossen ist, fällt das Atmen hier drin wirklich schwer. Als der Sänger dann auch noch den Mut der Organisatoren lobt, Coverbands zu buchen, bin ich endgültig raus.
Ich finde es gibt nicht viel Mutloseres, als anstelle von jungen Bands mit eigenen Songs solche zu buchen, welche möglichst bekannte Sachen nachspielen. Wie bereits erwähnt, im Falle von Spearhead und Bolt Thrower mag das noch ein bisschen Sinn machen. Wenn aber direkt im Anschluss mit Chaos And Confusion eine Coverband von Hypocrisy spielt, wo das Original weniger als 12 Stunden vorher selbst noch auf der Bühne stand, habe ich gar kein Verständnis mehr…
Egal, so bleibt wenigstens noch Zeit zum Frühstücken bevor auf der grossen Bühne die erste «richtige» Band des Tages loslegt.
Atomwinter
Diese hört auf den Namen Atomwinter und kommt aus Göttingen. Der Platz vor der Bühne ist für die Eröffnung des Tages noch nicht übermässig gefüllt, aber ein paar Leute sind doch schon hier. Die Band gibt es nun seit 13 Jahren, in der Zeit hat man sich einen gewissen Status im Untergrund erspielt.
Mich persönlich holt der Old School Death Metal, der stellenweise etwas an Bolt Thrower und Asphyx erinnert, nicht zu 100% ab. Das Songmaterial ist jetzt irgendwie nichts, das mich vom Hocker haut. Es stört aber definitiv auch nicht und passt live durchaus. Ob ich mir eine CD kaufen würde weiss ich nicht. Aber die Spielfreude fällt positiv auf. Sänger Florian Bauer betont in einer Ansage wie viel Freude sie haben hier zu spielen und das merkt man auch. Somit bleibt unter dem Strich ein solider Auftritt. Nicht mehr, aber definitiv auch nicht weniger.
Frozen Soul
Nun gibt es eine Portion «Cold School Death Metal» – dies ist die Eigenbezeichnung von der Band. Winter, Schnee und Eis sind bei Frozen Soul seit jeher dominante Themen, so auch auf dem bockstarken «Glacial Domination»-Album von diesem Jahr. Keine Ahnung, wie eine Band aus dem warmen Texas auf sowas kommt… Ich habe die Gruppe diesen Februar im Z7 als Support von Dying Fetus gesehen und fand den Auftritt damals schon ziemlich gut, obwohl sie als erste Band ranmussten und noch kaum jemand vor Ort war.
Nun also eine Show auf der grossen Party.San-Stage und trotz relativ früher Uhrzeit ist der Platz vor der Bühne bereits mehr als ordentlich gefüllt. Sänger Chad Green ist schon optisch eine sehr imposante Erscheinung, ein Bär von einem Mann. Aber seine Growls toppen nochmals alles! Mit der Bassistin Samantha Mobley steht zudem eine Frau mit im Line-Up, was ja im Death Metal leider nach wie vor nicht alltäglich ist. Und der Sound drückt hier ab der ersten Sekunde richtig gut aus den Boxen! Da hat sich der etwas längere Soundcheck, welcher eine Verzögerung von ein paar Minuten verursacht hat, definitiv gelohnt.
Geboten wird Death Metal, der zugleich Old School und auch Modern klingt. Die Band schafft es perfekt, traditionelle Klänge mit modernen Elementen und jeder Menge Groove zu verbinden. Und vor allem klingen die Texaner sehr eigenständig. Beim Publikum kommt das gut an, ab dem ersten Song sind (zuerst kleinere, später grössere) Pits auszumachen, und sogar die ersten Crowdsurfer sind bereits zu früher Stunde unterwegs.
Und die Band scheint genauso viel Freude zu haben wie die Zuschauer. Chad bedankt sich mehrmals für die Möglichkeit hier aufzutreten. Für eine Band aus «Dallas fucking Texas» ist es alles andere als selbstverständlich ausserhalb des Landes zu spielen, viele Texaner verlassen nicht einmal den eigenen Bundesstaat. Das Ganze wirkt sehr ehrlich und das kommt auch beim Publikum so rüber. Der Auftritt kommt dermassen gut an, dass sich bereits während der Show (!) eine Schlange beim Merch-Stand rechts von der Bühne bildet. Da wurde einiges an Frozen Soul-Merch abgesetzt und das absolut verdient. Ein durch und durch gelungenes Set!
Skitsystem
Während des Sets von Spectral Wound lege ich eine kurze Pause ein, (fast) pünktlich auf die Schweden von Skitsystem bin ich aber zurück vor der Hauptbühne. Die Band hat sich eigentlich 2007 aufgelöst und ehrlich gesagt war mir bis zur Ankündigung des Party.Sans gar nicht bewusst, dass sie wieder reaktiviert wurde. Der ursprüngliche Sänger Tompa Lindberg (At The Gates, Lock Up, The Lurking Fear, usw.) ist zwar schon vor dem Split ausgestiegen und dementsprechend auch jetzt nicht mit dabei. Trotzdem bin ich sehr gespannt, was mich hier erwartet.
Die Antwort: richtig geiler, räudiger D-Beat Crust Punk mit etwas Grind! Mir ist die Band zwar ein Begriff, richtig vertraut mit dem Material war ich ehrlich gesagt nicht. Aber was ich höre gefällt mir bestens! Natürlich nichts für Feingeister, hier wird mit der groben Kelle angerichtet. Aber wer ein Faible für eine grosse Portion Punk in seinem Metal hat, ist hier genau richtig. Allzu viele Leute scheinen das leider nicht zu sein, der Platz vor der Bühne könnte definitiv voller sein.
Die Band lässt sich davon nicht beeindrucken und haut ein Brett nach dem andern raus. Die Ansagen sind eher spärlich und meist genauso mysteriös («Kein Debit, Kein Krieg») wie die schwedischen Songtexte. Und der Gitarrist nimmt in jeder kurzen Spielpause einen grossen Schluck ab der Rotweinflasche. Aber trotzdem hat man das Gefühl, die Männer haben Spass. Mir als Fan von Bands wie Discharge gefällt das ausserordentlich gut. Und wenn am Merch-Stand nicht gross angeschrieben gewesen wäre «Kein Skitsystem-Merch, wie immer», hätte ich wohl zugeschlagen…
Apropos Merch-Stand, währen der Show von Skitsystem bildet sich eine riesige Schlange bei der Signing Session von Frozen Soul. Da war mein Eindruck während des Konzertes wohl richtig, die Texaner haben hier richtig abgeräumt.
Pünktlich zum Ende der Show von Skitsystem fängt es – zum allerersten Mal an diesem Wochenende – zu regnen an. Also erst einmal ab vor die Nebenbühne, diese befindet sich ja praktischerweise in einem Zelt.
Setliste Skitsystem
- Ondskans Ansikte
- När Ska Ni Fatta?
- Vald
- Stigmata
- Krossa Mig
- Skrivet I Bld, Ristat I Sten
- Den Yttersta Dagen
- Profithysteri
- I Skuggan Av Erat Sverige
- Det Sociala Arvet
- Blodskam
- Förtard Av Smärta
- Maktens Murar Rasar
- Alt E Skit
Tabula Rasa
Ok, ich gebe es zu: ich wäre wohl auch ohne nasses Wetter im Zelt gelandet. Tabula Rasa haben mich beim reinhören zwar nicht komplett gepackt, aber irgendwie fasziniert. Im Internet findet man über die Österreicher noch nicht allzu viel, aber da sie beim renommierten Van Records Label – welches heute die Nebenbühne präsentiert – unter Vertrag sind, wird sich das ziemlich sicher bald einmal ändern.
Musikalisch wird ein ziemlich wilder Mix aus Folk, Black/Heavy Metal und einer zünftigen Priese Punk geboten. Klingt – bis auf Punk – nicht nach meinem bevorzugten Beuteschema. Aber irgendwas haben die Salzburger beim reinhören. Auch wenn Kollegen aus unserer Camping-Gruppe finden, dass sie da nur hingehen, weil die so schlecht sind – ich bin gespannt.
Da ich Skitsystem bis zum Ende geschaut habe, ist das Zelt bereits ziemlich voll als ich eintreffe und die Show schon in vollem Gang. Ob das Zelt ohne Regen auch so voll wäre kann ich nicht beurteilen, aber es scheint schon ein paar Interessierte vor der Bühne zu haben. Und die Band ist genauso schräg wie ich es mir vorgestellt habe. Der Sänger kommt sehr Charismatisch rüber, und könnte von der Optik her auch bestens einen Psychopathen in einem Film spielen. Ans Opernhaus wird er es aber wohl nicht schaffen, der Gesang ist eher etwas schräg – allerdings auch gewollt wie es scheint.
Neben eigener Songs wird mit dem «Lied von der Anstrengung Böse zu sein» auch ein Cover des DDR-Musiker Reinhard Lakomy gespielt. Und das abschliessende «Belladonna» scheint sowas wie der Hit der Band zu sein, jedenfalls wird hier erstaunlich fleissig mitgesungen im Publikum. Und es ist auch wirklich ein Ohrwurm. Angekündigt wird dieser letzte Track noch mit den Worten «Einen müsst ihr noch, dann habt ihr es geschafft. » Und tatsächlich, obwohl noch 9 Minuten Zeit übrig gewesen wären, ist schon Schluss. Ich fand das, was ich gesehen habe, jetzt nicht überragend, aber auch nicht so schlecht. Auf jeden Fall sehr unterhaltsam…
Auch wenn der Regen mittlerweile etwas nachgelassen hat, das was ich von Ellende von der Hauptbühne her höre zieht mich nicht wirklich aus dem Zelt. Und es scheint nicht nur mir so zu gehen, der Platz vorne ist doch recht leer. Da mein nächster Programmpunkt sowieso im Zelt ist, vertreibe ich mir die Zeit also etwas hier an der Bar.
Setliste Tabula Rasa
- Intro – Heinomarsch
- Zähne und Krallen
- Der Wildmensch
- Der Geilist
- Blutige Mönche
- Lied von der Anstrengung Böse zu sein
- Belladonna
The Night Eternal
Zum Glück bin ich hiergeblieben, der Ansager kündigt The Night Eternal über 10 Minuten vor der eigentlichen Spielzeit an, dadurch wird es vor der Bühne früh etwas voller. Es scheinen noch ein paar Leute genauso gespannt auf die Band zu sein wie ich. Die Newcomer aus Essen spielen ziemlich klassischen Heavy Metal und sind somit sowohl am Party.San als auch bei Lieblingsbands von mir eher Aussenseiter. Durch das neue Album «Fatale», welches im Deaf Forever Album der Ausgabe war, bin ich zum Fan geworden. Erst später habe ich festgestellt, dass auch die Releases zuvor (ein Longplayer und eine EP) schon grandios waren.
Das Intro «Hate Street Dialog» von Rodriguez ertönt dann aber effektiv noch fünf Minuten zu früh, und auch als die Band auf die Bühne kommt läuft die grosse Uhr am Rand zuerst noch nicht. Da ich schon hier bin soll mir das durchaus Recht sein. Denn schon bei den ersten Tönen wird mit klar: sie sind auch Live unglaublich geil! Mir gefällt die gewisse Melancholie und Düsterheit, die bei den Liedern meist mitklingt, sehr gut. Und vor allem haben die Jungs mit Ricardo Baum schlicht und einfach einen Weltklasse-Sänger in ihren Reihen. Oft stört mich am klassischen Heavy Metal genau der Gesang, wenn sich zum Beispiel fast alles in den ganz hohen Stimmlagen abspielt. Das ist hier überhaupt nicht der Fall.
Aber natürlich steht auch der Rest der Band ihrem Frontmann in nichts nach. Gitarrenläufe zum Niederknien, ein Bass der nicht nur begleitet, sondern auch Akzente setzt und ein geiles Schlagzeug. Dazu kommt bei allen Protagonisten eine spürbare Spielfreude. Es wäre somit eigentlich gar nicht nötig, das der Ansager (mir leider unbekannt, eventuell von Van Records?) und der Goreminister (Frontmann von Kadaverficker, Youtuber und Ruhrpott-Metal-Original) vorne am Gitter die Zuschauer immer wieder zum Mitmachen animieren. Aber es trägt eventuell doch auch noch zur ab Beginn sehr guten Stimmung bei.
Das neue Album ist mit vier Tracks in der Setliste vertreten und diese vier Songs sind auch genau die, welche ich unbedingt hören wollte. Aber auch die gespielten Lieder vom Debüt «Moonlit Cross» können da Problemlos mithalten, nur die EP wird heute komplett ausgeklammert. Beim das Set abschliessenden Titeltrack der ersten LP stranguliert sich Sänger Ricardo fast mit dem Mikrofon, man merkt ihm an, dass er jeden der Songs regelrecht lebt auf der Bühne. Um alle Positionen der Setliste unterbringen zu können wir die Spielzeit dann auch noch um ein paar Minuten überzogen.
Ein zu früher Beginn und ein zu später Schluss ergeben schlussendlich 40 anstatt der geplanten 35 Minuten, trotzdem hätte ich Problemlos auch noch länger zugehört. Ich habe während der Hälfte der Songs Hühnerhaut, so sehr reisst mich der Auftritt mit. Klar, natürlich auch bedingt dadurch, dass ich die Band erst gerade kennen und schätzen gelernt habe und die Show somit zum perfekten Zeitpunkt kommt. Aber auch sonst hinterlassen die Jungs nur glückliche Gesichter hier im Zelt. Was für ein Abriss! Mal schauen, ob das heute noch jemand toppen kann… Liebe Schweizer Booker: bitte unbedingt bald einmal in eine Location in meiner Nähe buchen!
Setliste The Night Eternal
- Intro
- Between The Worlds
- In Tartarus
- Shadows Servants
- Prince Of Darkness
- Elysion (Take Me Over)
- Stars Guide My Way
- Moonlit Cross
Skinless
Als ich nach dem sensationellen Night Eternal-Auftritt aus dem Zelt taumle, scheint draussen wieder die Sonne. Und Skinless sind schon mitten in ihrem Set. Nach melancholischem Heavy Metal aus Essen gibt es mit Brutal Death aus Glens Falls, New York (der Bundesstaat, nicht die Stadt) das ultimative Kontrastprogramm. Ich hatte den Sänger Sherwood Weber während der Show von Frozen Soul schon die ganze Zeit am Bühnenrand gesehen, aufgrund seines grossen Cowboyhutes aber für ein Crew-Member der Texaner gehalten…
Die Band existiert seit 1992 und das hört man ihr auch an. Zwar wird schon Brutal Death gespielt, aber sehr Old School. Wenn Sherwood sagt, sie seien “The Most Brutal Band In The World”, mag das eventuell vor ein paar Jahren so gewesen sein, heutzutage gibt es definitiv Härteres. Sie machen ihre Sache soweit ganz gut. Zum Beispiel Internal Bleeding oder Suffocation, welche vergleichbare Musik schon ähnlich lange Spielen, hauen mich dann aber doch noch ein Stück mehr um.
Die Band scheint aber Ihren Spass zu haben und Sherwood zeigt sich auch als sehr sympathisch. Er lobt diverse andere auftretende Bands, unter anderem Hypocrisy (er hat auch einen Backpatch auf der Kutte), Frozen Soul und Immolation. Der Platz vor der Bühne ist zwar nicht brechend voll, aber bei den Anwesenden kommt zwischendurch etwas Stimmung auf, es sind immer mal wieder kleinere Moshpits zu beobachten.
Unter dem Strich definitiv kein schlechter Auftritt, aber auch keiner, der mich komplett umgehauen hat. Eventuell hätte mir die Band noch ein kleines bisschen besser gefallen, wenn ich nicht noch so im Night Eternal-Flash gewesen wäre… Sollte ich nochmals die Möglichkeit haben an einem anderen Festival, würde ich Skinless durchaus nochmals eine Chance geben. Aber jetzt gönne ich mir erst einmal eine Pause, etwas essen und absitzen kann zwischendurch definitiv nicht schaden. Zudem sieht das Wetter nun definitiv danach aus, als könnte man die Regenjacke wieder im Camp versorgen.
Immolation
Natürlich hat die Pause wieder einmal etwas länger gedauert und so verpasse ich den Anfang von Immolation. Die Death Metal Veteranen sind schon ungefähr 15 Minuten am Spielen als ich eintreffe, die letzte halbe Stunde nehme ich aber gerne noch mit. Die Band kommt wie zuvor Skinless aus dem Staat New York und ist ebenfalls schon länger im Geschäft, nämlich seit 1988. Mit «Acts Of God» von 2022 hat man aber eindrucksvoll bewiesen, dass die Gruppe noch lange nicht zum alten Eisen gehört.
Der Sound ist sehr gut abgemischt, da kommt ordentlich Druck aus den Boxen. Die tiefen Growls von Ross Dolan dürften zwar für meinen Geschmack noch ein kleines Stück lauter sein, der Instrumentale Mix lässt aber keine Wünsche offen. Die vier komplett in schwarz gekleideten Musiker bieten zwar optisch kein Spektakel, knallen dem Publikum aber einen geilen Song nach dem anderen vor den Latz.
Und die Zuschauer wissen das durchaus zu schätzen, der Platz vor der Bühne ist nicht nur voller als zuvor, sondern die Circle Pits in der Mitte des Zuschauerraums werden auch immer grösser. Selbst im hinteren Bereich werden fleissig die Köpfe geschüttelt und zwischen den Songs auch die Fäuste in die Luft gereckt. Die Amis bieten einen zwar wenig Spektakulären, aber trotzdem ziemlich guten Auftritt ab. Freunde von traditionellem US-Death-Metal kommen jedenfalls voll auf Ihre Kosten.
Wound
Nun geht es aber direkt weiter ins Zelt, welches nach dem Ende von Immolation etwa zur Hälfte gefüllt ist. Hier sind nun Wound an der Reihe, und für die Band aus Wiesbaden ist dies ein spezieller Auftritt. Bereits im Mai wurde bekannt gegeben, dass sich die Band eine Auszeit nehmen wird, deren Dauer nicht definiert wurde. Das Statement liest sich fast ein bisschen wie eine Auflösung. Also gilt natürlich erst Recht hier reinzuhören.
Und das mit dem Hören klappt auch, der Sound passt. Nur ist wieder so viel Bühnen-Rauch im Einsatz, dass die Sicht hinter den vielleicht vordersten 15 Reihen praktisch gleich null ist. Gespielt wird interessanter Death Metal mit gewissen Black Metal-Einflüssen. Während mir das musikalisch gut reinläuft, finde ich die Vocals von Frontmann Schettler nicht durchgehend gelungen. Gewisse Parts gefallen mir, andere wieder eher nicht.
Die Stimmung im Zelt ist gut, besonders in den vorderen Reihen gibt es immer mal wieder etwas Bewegung. Hinten kommt der Sound etwas weniger an, eventuell auch aufgrund der praktisch nicht vorhandenen Sicht. Trotzdem kann sich die Band nach dem Auftritt verdientermassen einigen Applaus abholen. Ein ziemlich guter Auftritt, der hoffentlich nicht der Allerletzte in der Geschichte der Hessen bleiben wird.
Während auf der Hauptbühne Endstille beginnen und uns gelinde gesagt nicht grad nach vorne sprinten lassen, treffen wir auf Amadé. Der Kopf hinter (unter anderem) den Mega Mosh-Veranstaltungen und Meh Suff-DJ ist uns während es ganzen Wochenendes immer mal wieder über den Weg gelaufen, nun entschliessen wir uns anstatt für deutschen Black Metal auf der Hauptbühne für ein Schweizer Bier bei unserem Camp.
Kataklysm
Da es beim Zelt grad so gemütlich war und mich vom Programm – bis auf Heretic, die ich versehentlich verpasst habe – nichts wirklich interessiert, komme ich erst zu «meinem» Headliner Kataklysm wieder nach vorne. Die Kanadier haben gestern ihr neues Album «Goliath» veröffentlicht, welches wohl bei mir Zuhause im Briefkasten auf mich wartet. Gehört habe ich aber somit erst die Vorab-Singles.
Eine davon, «Die As A King», hat es heute auch schon ins Set geschafft. Ansonsten ist noch nichts von der neuen Scheibe zu hören. Ist wohl auch eine gute Entscheidung, schliesslich kennen wohl die meisten hier das Album noch nicht wirklich. Stattdessen setzen Kataklysm auf eine absolute Best Of-Setliste, welche Tracks aus der erfolgreichsten Phase der Band ab 2000 bis heute berücksichtigt. Wobei mir wieder einmal auffällt, wie Problemlos eher neuere Stücke wie zum Beispiel «Thy Serpent’s Tongue» von 2015 mit absoluten Klassikern wie «In Shadows & Dust» mithalten kann.
Immer wieder ein Thema bei Kataklysm ist der Sound. Auch heute ist das Schlagzeug für die Trve-Fraktion wohl definitiv zu stark getriggert. Und auch sonst hat man manchmal den Eindruck, dass da wohl teilweise auch mit Backtracks ein bisschen getrickst wird. Nur: solange das trotzdem so gut klingt – für meinen Geschmack – kann zumindest ich locker damit leben. Es kann zumindest sicher kein Mensch behaupten, dass der Sound nicht ordentlich drückt.
Einer der grössten Trümpfe der Gruppe ist zweifellos Frontmann Maurizio Iacono. Auch wenn ich die letzten Interviews mit ihm teilweise etwas sonderbar fand, auf der Bühne ist der Typ eine Macht. Nicht nur seine Vocals überzeugen mich immer wieder, und gerade auch live. Auch seine Fähigkeit das Publikum zu animieren ist wirklich ausgezeichnet. So peitscht er die sowieso schon gute Stimmung immer mehr auf, bis zum ultimativen Belastungstest für die Security im Bühnengraben bei «As I Slither» und «Serenity In Fire». Da kommen dann – auch aufgrund von Maurizios Aufforderung – die Crowdsurfer fast im Sekundentakt vorne an.
Kurz zuvor hatte die Security während der Show (!) noch Zeit für eine Bändchen-Kontrolle bei einem Besucher aus England. Da dieser als einziger kontrolliert wird und eine dunkle Hautfarbe hat, hinterlässt das ganze bei den Umstehenden einen – gelinde gesagt – etwas komischen Eindruck. Die drei Freunde aus dem Vereinigten Königreich lassen sich aber die Freude zum Glück nicht verderben. Und da ich die Hintergründe nicht kenne und nicht mit der Security sprechen konnte, will ich auch kein abschliessendes Urteil bilden. Eine schräge Szene war das aber allemal.
Zurück zum Konzert, welches mit dem grossartigen «The Black Sheep» einen würdigen Abschluss findet. Ich habe von Kataklysm eigentlich noch keine schlechte Show gesehen, aber diese heute war definitiv eine der Besten. Eine Band in Hochform, satter Sound und ein bewegungsfreudiges Publikum. Dazu Maurizio bestens gelaunt. Auch wenn wohl viele Death Metal Traditionalisten da widersprechen würden, ich finde die Kanadier aktuell einen der besten Live-Acts des Genres.
Setliste Kataklysm
- Narcissist
- Thy Serpent’s Tongue
- At The Edge Of The World
- The Ambassador Of Pain
- Underneath The Scars
- Die As A King
- Soul Destroyer
- In Shadows & Dust
- Manipulator Of Souls
- Taking The World By Storm
- Outsider
- As I Slither
- Serenity In Fire
- The Black Sheep
Enslaved
Beim eigentlichen, nominellen Headliner Enslaved hat es wohl fast ein bisschen weniger Leute als bei Kataklysm. Trotzdem ist der Platz vor der Bühne natürlich immer noch ordentlich gefüllt. Die Norweger sind eine der Bands, die mir aufgrund von Interviews und so eigentlich sympathisch sind. Zudem haben sie progressive Elemente in ihrem Viking-Metal, die ich spannend finde. Und trotzdem packt mich das so überhaupt nicht auf Tonträger.
Und wie ich schnell feststelle – Live auch nicht… Mir gefallen weder die beiden verschiedenen Gesangsstimmen, noch packt mich der musikalische Unterbau. Das ist sicher alles gut gemacht, aber einfach nicht meins. Deswegen entschliesse ich mich nach dem ersten Lied – welches handgestoppt ungefähr 12 Minuten dauert – den Rückzug anzutreten. Nach 3 Tagen auf den Beinen mit ungefähr 20’000 Schritten pro Tag (kein Witz!) ist das was hier geboten wird nichts, was mich noch weiter rumstehen lässt.
So wird bei unserem Camp im Sitzen ein letztes Bier vernichtet und dann der Schlafsack noch einmal in Betrieb genommen. Mit der Aussicht auf das heimische Bett in der nächsten Nacht schläft es sich doch gleich nochmals besser.
P:S:O:A – Fanzit – Samstag
Auch der letzte Festivaltag hatte wieder einige Highlights zu bieten! Alles überragt haben für mich die jungen wilden von The Night Eternal im Zelt und Frozen Soul auf der Hauptbühne. Aber auch Kataklysm haben einen erwartet guten Auftritt abgeliefert, die Schweden von Skitsystem einen überraschend guten. Zudem hat ein Gewitter glücklicherweise das Gelände knapp verfehlt, bis auf ein bisschen Regen war das Wetter absolut ok.
Das Fanzit – Party.San Metal Open Air 2023
Das Party.San enttäuscht eigentlich nie. Auch die diesjährige Ausgabe stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Das Line-Up war gewohnt gut, mit einer gelungenen Mischung aus Sachen die ich bereits kenne und schätze und ein paar Neuentdeckungen.
Auch die Organisation war gewohnt gut. Bis auf den Dauerbrenner Köstritzer Bier und die in meinen Augen unnötigen Tribute Bands am Samstagmorgen habe ich nichts zu bemängeln. Und zumindest bei den Coverbands gibt das volle Zelt den Veranstaltern ja recht, insofern alles richtiggemacht.
Vielen Dank dem ganzen Party.San Team dafür, dass sie dieses Open Air immer wieder auf die Beine stellen. Und danke unseren lieben Mitcampern, welche das Festivalerlebnis definitiv noch besser machen. Wir sehen uns nächsten August wieder, wenn es heisst: Hell Is Here!