Liebeserklärung an die Fans
Zum 40-jährigen Thronjubiläum beschenkt sich die Metal-Queen Doro mit einem abwechslungsreichen Album., welches vor allem mit ganz starken Duetts heraussticht. Zwei davon mit dem Metal-God. Was dabei rauskommt, wenn sich Himmel und Erde vereinen und der Mond dazwischenkommt, lest ihr in den nächsten Zeilen.
Rückblende – Wacken Open Air 2023
Doro erhält einmal mehr die ganz grosse Bühne am Mekka des Metals für ihre 40-jährige Jubiläumsshow. Und trotz bekanntlich wetterbedingt weniger Zuschauern, war das Infield dabei gut gefüllt. Es kamen auch ein paar Gäste auf die Bühne – nicht zuletzt die verbliebenen Motörhead-Mitglieder Phil Campbell und Mikkey Dee.
Doch mehr Eindruck als die Show selbst hat bei mir das Presse-Pre-Listening ihrer neuen Scheibe hinterlassen. Und wer meint, dass Doro dabei einfach dasitzt und ihren eigenen Songs lauscht und brav Fragen beantwortet, der sieht sich getäuscht. Sie kann auch da nicht einfach untätig sein. Sie krallt sich das Mikrofon und singt die Songs ab Band live mit. Und sorgt dabei für eine kleinere Konzertatmosphäre und richtig gute Stimmung unter den Medienvertretern.
Ein Track blieb mir damals besonders hängen. Die Cover-Version von «Total Eclipse Of The Heart» (Bonnie Tyler). Einer dieser Klassiker, bei dem man sich beim Nachspielen und -Singen gehörig die Finger verbrennen kann. Doch gemäss Doro war das eine Herzensangelegenheit des Metal-Gods – Rob Halford – himself. Er wollte diesen Song schon länger mal covern und hat mit Doro die entsprechende Partnerin dazu gefunden.
Natürlich ist der Eindruck eines Pre-Listeninga immer stärker, wenn die Künstlerin anwesend ist. Insbesondere im Festival-Modus. Drum jetzt die grosse Frage: Wie wirken die in Wacken gehörten Songs und das erwähnte Cover zu Hause und unterwegs ab Konserve?
Eine Best of – mit neuen Songs
Doro. Was für eine Marke im Metal. Und nein, ich geh jetzt nicht auf die ewigen Nörgler und Haters ein. Denn so «Strong and Proud» wie der Titel – und sie sich typischerweise auch auf diesem Cover präsentiert – darf die unermüdliche Düsseldorferin auch auf ihr bisheriges 40-jähriges Schaffen zurückblicken..
Die Zutaten des neusten Werks der Metal-Queen sind nicht ganz neu. Ein paar schnelle Nummern, ein paar Stampfer und ein, zwei Schmalzballaden. Letztere meist zumindest teilweise auf Deutsch gesungen. Und ja, auch der deutsche Akzent im Englischen bleibt bei der seit 1990 in den USA wohnenden Wahlamerikanerin erhalten. Das macht doch irgendwie auch den Charme von Doro aus. Auch der Hang zu den Clichées und Kitsch im Heavy Metal und dennoch mit viel (Nächsten-)liebe angereichert. Auch auf dieser Platte hört man sie «Human Rights» singen. Und auch hier gibt es die eine oder andere Liebeserklärung – an die Fans oder einen imaginären Mann an ihrer Seite.
Also so eine Art Best-of ihres 40-jährigen Schaffens, einfach mit neuen Songs? Oder gar der Kulminationspunkt davon?
Ich finde, Doro kommt mit «Conqueress – Forever Strong And Proud» dem Karriere-Gipfel auf jeden Fall sehr nahe. Und es sind vor allem die dann doch eher etwas untypischeren Songs, die es schliesslich ausmachen, dass man Doro im Gipfelbuch zu ihrem Jubiläum gratulieren kann. Zum Beispiel mit …
Sackstarke Duette
Doro hatte ja immer wieder Duette mit ihren Helden – u.a. zwei mit Lemmy selig – aufgenommen. Und das ist jetzt überraschend, dass sie meines Wissens zum ersten Mal mit Rob Halford zusammen was macht. Dass ihre beiden Stimmen besser harmonieren als z.B. bei früheren Geschichten mit Tarja oder Johann Hegg, liegt für mich auf der Hand bzw. in ihren Stimmen und Musikstilen, die sie abdecken. Nicht zuletzt, da Doro seit Jahren «Breaking The Law» covert – nicht nur live, sondern auch mit einer Hammerversion zusammen mit Udo D. und Orchester auf ihrer 30 Jahre Jubi-Scheibe «Classic Diamonds». Für mich eine der geilsten gecoverten Songs ever. Gesegnet mit viel Bombast und Power.
Und dass die Stimmen und deren Musikstile harmonieren, scheinen auch Doro und Rob erkannt zu haben … es sind gleich zwei Coversongs von ihnen auf «Conqueress – Forever Strong And Proud» enthalten. Der erste bereits an dritter Stelle (!) mit «Living After Midnight». Der funktioniert live sicher ganz gut – grad im Duett – aber auf dem Album kommt der definitiv zu früh und ist jetzt auch nicht grad was, dass dich aus den Socken haut. Doch dafür an 15. Stelle umso mehr das bereits erwähnte «Total Eclipse Of The Heart». Verdammt Leute, hört auch den Mal an … und ihr werdet diesen nicht mehr aus dem Kopf und Herzen bringen. «Turn Around» – damit tanzt man glatt durch einen Ort wie dem HB in Zürich zu später Stunde. Umso schöner, wenn man den Song mit schönen Erinnerungen gespickt, immer und immer wieder geniessen kann und sich an einen wunderbaren Menschen erinnert.
Und es gibt noch ein weiteres Hammerduett – welches riffmässig in den ersten Sekunden auch ein die Ärzte-Song sein könnte. Doch nicht in erster Linie das Einstiegsriff überrascht, sondern vor allem der Duettpartner Sammy Amara – Sänger, Songwriter und Frontmann der Oi-/Punkrockband «Broilers». Ausser mit Düsseldorf als gleiche Heimatstadt, hätte ich jetzt keine weitere wirkliche zwingende Gemeinsamkeit der beiden entdeckt. Dementsprechend überrascht bin ich vom Resultat mit «Bond Unending». Ich find Sammy mit Broilers grad live sehr geil und doch hätte ich ihn bzw. seine Stimme kaum erkannt. Das Duett/den Song find ich wirklich auch sehr stark. Einzig, er ist etwas zu kurz geraten. Da hätte ich gerne noch, zwei, drei Minuten mehr davon gehabt. Anyway, I’m loving it.
Und der Rest?
Gut, da gibt es noch weitere ganz starke Nummern mit immer wieder ganz coolen Riffs und den typischen doro’schen Hooklines, die sie beherrscht wie nicht viele andere. Die beiden Startnummern 1 mit viel Epos (Children Of The Dawn) und 2 mit viel Tempi (Fire In The Sky) sind schon mal ein überaus gelungener Einstieg. Der langsam startende Powersongs «All For You» mit einem sehr starken Refrain. Einzig, übertreibt sie es da etwas mit dem «Eigenen-Echo-Singen». Leider auch etwas typisch bei Doro. Da sollte man ihr mal ein Effektgerät mit Echo schenken. Noch mehr reizt sie das beim doch eher mittelmässigen «Lean Mean Rock Machine» aus. Der ist dann wie der Titel des Songs schon etwas zu einfach gestrickt. Aber bei 20 Songs (inklusive fünf Bonustracks) darf es auch den einen oder anderen Hänger geben. Ich würd nicht grad von Füllern sprechen, aber es ist einfach zu viel starkes Liedgut auf dem Album enthalten, so dass da naturgemäss nicht alle auf dem gleichen hohen Niveau mithalten können, die jedoch auf einem eher durchschnittlichen Album gut mithalten würden.
Bei «Lean Mean Rock Machine» fällt mir auch eher etwas negativ auf, dass die Drums von Johnny Dee gefühlt mehr getriggert sind, als auch schon. Allgemein ist der Sound sehr modern, teilweise schon fast ein bisschen überproduziert. Ecken und Kanten findet man keine – es ist alles glatt geschliffen.
Zurück zu den weiteren grossen Momenten. Zum Beispiel «Horns Up High». Warum das ein Bonus-Track ist, kann ich nicht ganz nachvollziehen, weil das ist endlich ein Stampfer, bei dem man vorwärts kommt. Der nicht einfach ein Loch in den Boden stampft, sondern eine Autobahn zurücklässt. Gesang und Drums machen dabei auf Stampfer, die Gitarren geben Gas. Kaufi, so muss eine epische Live-Nummer sein, so darf man Stampfen. Auffallend ist der halbgesprochene Vers, umso stärker dann der bombastische Refrain. Definitiv eine sackstarke Live-Hymne und Doro hat sich dabei fast ein bisschen neu erfunden. Sicher der Song, der am meisten raussticht – nebst «Eclipse Of The Heart» 😉.
Die Tourmanagerin von Doro hat mir vor ein paar Jahren auf der 70’000 Tons of Metal Cruise auf meine Nachfrage, ob Doro liiert sei gesagt, dass Doro mit ihren Fans verheiratet ist. Ich würde behaupten «Best Of Me» ist eine Liebeserklärung an ihre Die-Hard-Fans: «You bring out the best in me, you are the reason why … you make it all worthwile … I’d be nothing without me … you carry me, as I lift you up …»
Ein Cover zu viel …
Doro hat eigentlich bis zum letzten Song alles richtig gemacht … doch dann war die Euphorie über das Geleistet wohl etwas zu gross und man hat noch ein Metallica-Cover von Kill ‘Em All draufgeknallt. Liebe Doro, ich find dich wirklich sehr cool, respektiere dein Schaffen über vier Jahrzehnte und find vieles davon absolut top, aber «The Four Horsemen» darf und kann man nicht covern – ausser man isst seit Kindheit jeden Morgen eine grosse Portion Thrash Metal. Da passt deine Stimme wirklich nicht. Kill ‘Em All besticht durch seine Rohheit und durch seine «Nicht-Produktion», da kann man das nicht mit einem getriggerten Schlagzeug und modernem Sound covern. Das gibt auf jeden Fall einen Abzug in der Gesamtnote, aber nicht ganz stark, weil es schliesslich «nur» ein Bonustrack ist.
Das Fanzit Doro – Conqueress – Forever Strong And Proud
Eine Best-of von vier Jahrzehnten Doro, welches nur aus neuen Songs besteht. Zwei sehr starke Duette und ein hammergeiles Cover. Dazu die typischen Doro Erfolgsformel mit starken Riffs, epischen Hooklines, schnellen und stampfenden Nummern und schmalzenden Balladen. Eine Liebeserklärung der im nächsten Jahr 60-jährigen Metal-Queen an ihr treues Volk. Über das ganze Album gäb ich eine 8.5 … doch es gibt einen halben Punkt Bonus für Eclipse Of The Heart.
Anspieltipps: Children Of The Dawn, Fire In The Sky, All For You, Bond Unending, Total Eclipse Of The Heart, Horns Up High
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Trackliste Doro – Conqueress – Forever Strong And Proud
- Children Of The Dawn 4:06
- Fire In The Sky 3:26
- Living After Midnight 3:52
- All For You 3:55
- Lean Mean Rock Machine 3:00
- I Will Prevail 3:54
- Bond Unending 2:30
- Time For Justice 3:30
- Fels in der Brandung 3:41
- Love Breaks Chains 4:57
- Drive Me Wild 4:07
- Rise 3:11
- Best In Me 4:26
- Heavenly Creatures 3:56
- Total Eclipse Of The Heart 4:00
- Bonus Track: Warlocks And Witches 1:34
- Bonus Track: Horns Up High 3:41
- Bonus Track: True Metal Maniacs 3:37
- Bonus Track: Heart In Pain
- Bonus Track: The Four Horsemen 7:11