Zebras im Keller!
King Zebra und The Order rockten am Freitagabend zusammen mit gutgelaunten Fans ins Wochenende. Neben überzeugender Musik gab es viele witzige Sprüche und sogar eine Tombola. Der Abstecher ins Werk 21 hat sich fraglos gelohnt.
Feierabend! Endlich kann der kopflastige Büroalltag wieder gegen belebende Rock ‘N’ Roll-Elemente eingetauscht werden. Dazu muss der geneigte Fan einfach das Werk 21-Gewölbe des Zürcher Jugendkulturhauses Dynamo aufsuchen. Eine Horde Zebras lädt dort nämlich zum Tanz. Die «Viecher» sind allerdings nicht aus dem örtlichen Zoo geflüchtet, sondern stehen bereits seit einigen Jahren gemeinsam auf der Bühne und frönen den Freuden des kollektiven Musizierens. Ihre Debütscheibe «Survivors» aus dem Jahr 2021 läuft bei mir nach wie regelmässig rauf und runter. Ein saustarkes Teil, welches Hard Rocker-Herzen höherschlagen lässt (obschon man sich nun doch langsam gerne mit einem Nachfolger beschäftigen dürfte – aber das bleibt dann wohl Stoff für ein anderes Kapitel).
Eigentlich hätten die Protagonisten den heutigen Event ursprünglich gemeinsam mit ihren Kollegen von Kickin Valentina in Angriff nehmen wollen, aber leider mussten die Amis am Ende passen… Wenn die Organisatoren als Ersatz jedoch einfach mal eben The Order aus dem Hut hervorzaubern, bleibt überhaupt keine Zeit zum Trübsal blasen. Dieses Package ist ohne Zweifel hundertprozentig hörenswert! In der verhältnismässig kleinen Location könnte es erfahrungsgemäss durchaus kuschlig werden (und im Fall von King Zebra müsste man nach Auftritten an Freiluft-Veranstaltungen der Marke Rock The Lakes möglicherweise von einem Kulturschock sprechen), aber dafür erleben die Leute in diesem «Loch» Rockstars zum Anfassen vor der eigenen Nase – und die Intensität fällt bei solchen Club-Shows in der Regel ohnehin höher aus.
Kurz nach 19 Uhr treffe ich am Schauplatz ein. Das spätsommerliche Wetter verleitet mich dazu, noch eine Weile auf der nahegelegenen Mauer zu entspannen, ein Bierchen zu schlürfen und die vorbeifliessende Limmat zu beobachten. Ein paar Augenblicke später erscheint plötzlich Zebra-Klampfer Jerry vor dem Eingang auf und nimmt zwei dieci-Pizzalieferanten in Empfang. Die Künstler benötigen offensichtlich noch eine Ladung italienischer Fladenbrot-Nahrung zur Stärkung vor ihren Einsätzen. Als etwas später Metalinside-Kollege Friedemann auftaucht, wagen wir uns ebenfalls hinein ins Gewölbe. Am Eingang erhält jeder Besucher ein Lotterielos, welches je nach Glücksrate einen Gewinn am Merchandise-Stand ermöglicht. Kollegin Isa zieht direkt einen Volltreffer und darf sich an einem Gratis-Hopfentrunk erfreuen. Wenn das mal nicht ideale Vorzeichen für einen rundum gelungenen Abend sind!
The Order
Um 20.35 Uhr starten dann The Order in ihr Set. Nach ganzen drei Jahren stehen Gianni, Bruno, Alain und Mauro wieder gemeinsam auf der Bühne. Da kann man schon einmal schnell aus der Puste kommen, oder? Zumindest erkundigt sich der Fronter nach den ersten drei Songs, ob unsere Energie noch reichen würde. Er und seine Kollegen seien nämlich bereits platt. Gitarrist Bruno müsse eh langsam in Pension gehen. Man sehe es ihm ja an. Frecher Kerl, dieser Gianni! Aber trällern kann er definitiv wie ein Gesangsgott. Welch ein Stimmorgan! Diesen rauen «Sirenentest» lassen die Zuhörer ohne Reklamationen über sich ergehen. Allerdings muss ich den zuvor gescholtenen Saitenhexer ein wenig in Schutz nehmen. Wer nach wie vor in unglaublich lockerer Manier packende Soli raushaut, muss also auf gar keinen Fall um die Auflösung seines «Arbeitsvertrages» fürchten. Da würde ich mich im Krisenfall ohne zu zögern für den emsigen Hutträger einsetzen. Selbst Basser Alain bleibt nicht vor Witzen verschont. Mit ihm mache Gianni fast alles (Kinobesuche etc.). Die einzige Ausnahme seien gemeinsame Schäferstündchen.
So, aber keine Angst, wir sind hier ja notabene nicht bei einer Steel Panther-Show. Neben dem Geplapper des Sängers wird auch ausgiebig Musik vorgetragen – und wie! Hymnen à la «In The Heat Of The Lonely Night» zählen zu den ganz relevanten Erzeugnissen helvetischer Gitarrenkunst. Das möchten sich sogar ein paar extra aus München angereiste Gäste keinesfalls entgehen lassen. Respekt! Im abwechslungsreichen Programm hinterlassen bei mir insbesondere Lieder der aktuellen Platte «Supreme Hypocrisy» bleibende Eindrücke. Dieses Album sei eben sehr «Metal-lastig» (das passt ja ausgezeichnet zum Coroner-Shirt von Gianni). Nach dem obligaten Werbeblock (in welchem um Almosen für die «ach so armen Musiker» gebettelt wird) taucht plötzlich die Frage auf, weshalb es in auffallend vielen Nummern der Truppe um Liebe gehe. Eine Antwort darauf wird zwar nicht geliefert, aber dafür schicken die Akteure getreu zum Thema den Track «Stop Lying In The Name Of Love» ins Rennen. Schliesslich beendet der Vierer seinen stimmigen Auftritt mit dem Zugaben-Kracher «Son Of Armageddon». Das mittlerweile zur Sauna mutierte Gewölbe ist danach mehr als nur bereit für den Headliner.
King Zebra
Gegen 22 Uhr bringt sich Kollege Friedemann samt Knips-Apparat abermals vorbildlich in Stellung. Er ist heute übrigens der einzige seiner Zunft und ich bin schon tierisch gespannt, mit welchen Schnappschüssen er meinen Bericht dann ergänzen wird. In den nächsten knapp 75 Minuten flitzen jedenfalls die rockigsten Streifenpferde des Kantons vor seiner Linse herum. Er befindet sich sozusagen auf der Jagd – und das passt wiederum hervorragend zum ersten Track von King Zebra, denn die Herrschaften eröffnen ihrer Performance standesgemäss mit «Be The Hunter». Ein Auftakt nach Mass!
Mit ansteckender Spielfreude und purer Souveränität begeistert das Quintett die Bude. Roman und Jerry kitzeln alles aus ihren Instrumenten raus und dürfen ihre Soli jeweils auf leuchtenden Podesten präsentieren. Die Ansagen kommen derweil vom «weissen Wolf» in der Mitte. Eric setzt zuerst auf ein paar charmante Brocken Deutsch, ehe er danach ins Englische herüberwechselt. Vor «She Don’t Like My R’n’R» erklärt er uns beispielsweise, dass man(n) – um Eindruck zu schinden – immer eine Gitarre ans erste Date mitbringen solle. Na toll, und was machen wir «Nicht-Musiker»? Soll ich als Schreiberling etwa einen Spruch aus der Kategorie «Hey Baby, meine mit tiefer Stimme vorgelesenen Wortkreationen ziehen dir glatt das Höschen aus» raushauen? Da ist die anschliessende Ohrfeige ja gezwungenermassen fest einkalkuliert. Aber lassen wir diese gloriosen Flirt-Tipps beiseite. Musiker seien oftmals arme Kerle. Um dies in optimalen Zeilen ausdrücken zu können, habe man gemäss Eric den Song «Desperate» geschrieben.
Traurige oder verzweifelte Augenblicke suchen Kritiker bei diesem Gig allerdings vergeblich. Die Zebras zeigen sich in bestechender Verfassung und reissen die Massen problemlos mit. Es wird munter mitgesungen und fleissig applaudiert. Die Textsicherheit der Mehrheit der Besucher ist wahrlich imponierend. Für mich persönlich taucht das einzige Haar in der Suppe erst ganz am Ende der Darbietung auf. Das ausgelutschte «Rockin‘ In The Free World» hätte jetzt wirklich nicht sein müssen… Klar können da alle lautstark mitgrölen, aber ich habe das Ding wahrscheinlich bereits zu häufig bei Krokus und Co. gehört. Abgesehen von diesem kleinen Dämpfer macht der Fünfer aber alles richtig. Die Rocknacht Tennwil darf sich zurecht auf diese wunderbare Gruppe freuen!
Das Fanzit – King Zebra, The Order
Die rockige Sparte der Schweiz lebt! Sowohl The Order als auch King Zebra ermöglichten ihren Fans einen stimmungsvollen Start ins Wochenende. Das sind allesamt sympathische Kerle, die ihr Handwerk lieben und passioniert ausüben. Das «Dynamo-Gewölbe» war sehr gut frequentiert, aber nicht bis unters Dach gefüllt (was den ständig schwitzenden Körper immerhin ein bisschen «beruhigte»). Eine spezielle Danksagung sei abschliessend an King Zebra-Felleklopfer Beni für die Organisation und den reibungslosen Ablauf in Zusammenhang mit uns Medienschaffenden gerichtet. Merci dir!
Setliste – The Order
- Intro
- Mama, I Love Rock ‚N‘ Roll
- Satisfaction
- As One Tonight
- The Power Of Love
- Love Ain’t A Game to Play
- In The Heat Of The Lonely Night
- Long Live Rock ’N’ Roll
- Bridges Burning
- Supreme Hypocrisy
- Back To Reality
- Stop Lying In The Name Of Love
- Son Of Armageddon*
*Zugabe
Setliste – King Zebra
- Intro
- Be The Hunter
- Under Destruction
- On The Run
- Hot Cop Lady
- Like A Hurricane
- King Zebra
- She Don’t Like My R’n’R
- We’re The Survivors
- Rush
- Wall Of Confusion
- That’s What I Like
- Desperate
- Firewwalker
- Rockin‘ In The Free World (Neil Young-Cover)
- Outro