Ein sphärischer Wochenauftakt
Packende Scheinwerfereffekte und Kompositionen, welche direkt in die Seelen der Besucher eindrangen, dominierten am Montagabend im Komplex 457 die Szenerie. Im lediglich mässig frequentierten Saal vermochten im Besonderen die Auftritte von Cult Of Luna und Slow Crush den Schreiberling dieses Berichts zu überzeugen.
Auftakt in eine strenge Konzertwoche! Fünf von sieben möglichen Tagen sind bei eurem geschätzten Metal-Dutti mit Veranstaltungen belegt. Zu Beginn dieses Mammutprogramms stehen gefühlsbetonte und hypnotisierende Klänge im Fokus. Mich hat primär der Headliner Cult Of Luna in den in Zürich-Altstetten gelegenen Club gelockt. Allerdings bin ich mit der Materie der Schweden noch nicht sonderlich intensiv vertraut. Vor einiger Zeit begegnete ich auf Spotify dem Stück «A Greater Call», welches mich komplett umgehauen und regelrecht in seinen Bann gezogen hat. Eine epische Nummer! Seither habe ich den «Kult» auf dem Schirm. Die beiden Vorgruppen sind hingegen noch nie auf meinem Radar aufgetaucht. Mal schauen, was uns die Organisatoren von Mainland Music hier alles «ins Haus» geholt haben. Die Bühne wird jedenfalls bereits ordentlich eingenebelt und aus den Boxen erklingt einlullende «Einstimmungs-Mucke».
Slow Crush
Oh je…, bei diesem noch völlig bescheidenen Publikumsaufmarsch ist es fast verwunderlich, dass nicht plötzlich das aus zahlreichen Western-Filmen bekannte «Tumbleweed» durchs Bild rollt. Das Verhalten der anwesenden Gäste ist jedoch vorbildlich. Alle platzieren sich relativ nahe am Bühnenrand. Dadurch dürften sich die Musiker nicht gänzlich verloren vorkommen. Aber wer spielt denn da eigentlich gerade? Das Quartett hört auf den Namen Slow Crush und stammt aus Belgien. Im Einsatz stehen zwei Gitarristen, ein «Felle-Klopfer» und Frontmädel Isa Holliday, die an einem auffallend glitzernden Bass herumhantiert. Musikalisch darf der Vierer durchaus im Shoegaze angesiedelt werden. Man wandert auf den Spuren von Alcest (obschon die Franzosen die schier unerreichbaren Grossmeister dieses Fachs bleiben).
In diesen 40 Minuten duellieren sich harte Riffs und Drums mit der beruhigenden Stimme von Isa. Allerdings dürfte ihr butterzarter Gesang gerne etwas lauter abgemischt sein, da dieser andernfalls kaum mit der Dominanz der Instrumentalfraktion Schritt halten kann. Zudem tut mir Schlagzeuger Frederik Meeuwis bisschen leid, denn er kriegt immer die volle Nebelladung ins Gesicht (kann ihm bitte mal jemand eine Gasmaske besorgen?). Aber ansonsten passt die Darbietung. Mit fortschreitender Gig-Dauer entwickle ich sogar selbst langsam einen kleinen «Crush» für diese Band und beschliesse, dass dann nach der Show ein kurzer Abstecher an den Merch-Stand eingeplant werden muss. Dieser idyllische Sound hat es mir schlichtweg angetan! Eine willkommene Abwechslung für zwischendurch.
GGGOLDDD
Nein, ich bin nicht betrunken! Gggolddd ist tatsächlich – trotz akuter Augenkrebsgefahr – die korrekte Schreibweise der nächsten Gruppe. Doch die «Synthesizer-Elektro-Orgie», welche mir da entgegenprescht, entspricht bedauerlicherweise überhaupt nicht dem Gusto meiner Gehörgänge. Hinzu gesellt sich ein arg gewöhnungsbedürftiger «Robo-Strobo-Yoga-Goa-Bauchtanz» von Sängerin Milena Eva. Das ist mir irgendwie zu «abgespaced»… Wahrscheinlich fehlt meiner Wenigkeit der LSD- (oder-was-weiss-ich) Trip, um diese Vorführung richtig auszukosten. Die Leute um mich herum lauschen andächtig der Performance (obwohl ich nicht sicher bin, ob sie jetzt fasziniert oder – eher – verwirrt sind). Aktuell würde mein Zwischenfazit wohl folgendermassen lauten: Es ist nicht alles Gggolddd, was glänzt. Hui, am Ende wird aber noch thematisch harter Tobak ausgegraben, denn wie uns Milena erklärt, verarbeitet sie auf dem letzten Album «This Shame Should Not Be Mine» ihre persönlichen sexuellen Missbrauchserlebnisse. Das sorgt zum Abschluss für eine ziemlich betrübte Stimmung…
Cult Of Luna
Punkt 21 Uhr sind die Gedanken in den Köpfen wieder geordnet und wir sind bereit für den Auftritt des Headliners. Oha, jetzt knallt’s! Die Nordmänner arbeiten gleich mit zwei Schiessbuden. Die doppelte Drum-Maschinerie! Die Besucher werden allerdings nicht nur mit Schlägen eingedeckt, sondern ebenfalls einem flackernden Lichtgewitter! Das verleiht der Show zweifelsohne eine spezielle Würze, aber für die knipsende Zunft ist das selbstverständlich der pure Albtraum. Ich bin gespannt, ob überhaupt irgendjemandem brauchbare Bilder des heutigen Abends gelingen werden. Seitens metalinside.ch sind wir glücklicherweise eh bloss mit meiner Wenigkeit als Schreiberling vor Ort. Somit muss ich mir keine Sorgen um den Fotografie-Bereich machen.
Die «Mondanbeter» spielen sich mit ihrem Gemisch aus Post-Metal und Atmospheric Sludge in einen unaufhaltsamen Rausch. Himmel, Gesäss und Zwirn! Das nenne ich doch mal ein imposantes Paket voller überragender Hymnen! Lediglich an zwei Stellen driftet das Gezeigte für mich ein bisschen zu fest in den langatmigen Sektor ab. Über den gesamten Rest betrachtet, überwiegt jedoch die gute Qualität. Gitarrist und Grunzer Johannes Persson tigert unermüdlich durch die Gegend. Seine kräftigen Growls gehen einem wahrlich durch Mark und Bein. Die Equipe zieht ihr Set kompromisslos durch. Erst am Ende der gezockten 85 Minuten folgt eine kurze Danksagung und Interaktion mit dem Publikum. Anschliessend verschwinden die «Kultisten» wieder in den Schatten und ihre Anhänger dürfen – gestärkt vom dargebotenen wilden, musikalischen Ritt – die Heimreise antreten.
Das Fanzit – Cult Of Luna, GGGOLDDD, Slow Crush
Traurigerweise machte sich der gefürchtete Montagabend-Effekt bei den Zuschauerzahlen deutlich bemerkbar. Doch wer sich in das Komplex 457-Gebäude gewagt hat, kam in den Genuss von saustarken Gigs seitens Slow Crush und Cult Of Luna. Die «goldigen Holländer» waren hingen gar nicht mein Fall.
Setliste – Slow Crush
- Aid And Abet
- Drift
- Tremble
- Aurora
- Swoon
- Rêve
- Hush
- Glow
Setliste – GGGOLDDD
- He Is Not (PTSD Version)
- Silence
- Spring
- I Won’t Let You Down
- It’s Over
- Old Habits (PTSD Version)
- I Let My Hair Grow
- Notes On How To Trust
- On You
Setliste – Cult Of Luna
- Intro – Beyond II
- Cold Burn
- Nightwalkers
- The Silver Arc
- I: The Weapon
- Lights On The Hill
- Finland
- Beyond I
- The Silent Man
- Blood Upon Stone