Eine verspielte Angelegenheit
Obwohl El Pájaro Fantasma bereits im Juni erschienen ist, hat eine Internetrecherche das neuste Album von Saurom erst jetzt an die Oberfläche gespült. Zeit also, sich umgehend mit dem in Eigenregie veröffentlichten Werk auseinander zu setzten.
El Pájaro Fantasma ist das elfte Studioalbum der Andalusier und es bietet ein musikalisch vielschichtiges Programm. Saurom lassen ein symphonisches Grundgerüst einem roten Faden gleich die Basis jedes Songs bilden. Auf diesem Fundament bauen sie ihre Kompositionen auf, indem sie verschiedenste Einflüsse hinzufügen. Das sind bisweilen (Neo-) klassische Melodien und metallische Gitarren. In anderen Songs säuselt süsser Popgesang aus den Lautsprechern während Folklore aus dem keltisch-iberischen Kulturraum oder sogar Ska Lebensfreude und Energie versprühen. El Pájaro Fantasma ist ein Schmelztiegel an Ideen, die sich zu einem bunten Wirbel vermischen und die Gehörgänge mit einer Woge an Melodien fluten. Obwohl jedes Lied dadurch seinen eigenen Charakter erhält und das ganze Werk eine nicht zu unterschätzende Bandbreite auf der Härteskala auslotet, verstehen es Saurom, die verbindenden Elemente nie aus den Augen zu verlieren, so dass das Album zwar mal hierhin, mal dorthin treibt, dabei die Hörerin jedoch an der Hand nimmt und sich dadurch im Albendurchlauf homogen präsentiert.
Da wäre zu Beginn das Einstiegsdoppel, welches aus lupenreinem Symphonic Metal mit detailverliebter Orchestrierung geschmiedet ist. Anschliessend tendiert El Pájaro Fantasma mit „Burlesque“ zunächst in Richtung folkigem Rock, bevor „No Quedan Palabras“ einen ausgiebigen Flirt mit poppiger Musik wagt. Als ob hier in der Mitte des Albums ein Spiegel angebracht wäre, geht es im weiteren Verlauf auf demselben Weg zurück, der uns hierhergebracht hat. Nochmals ein im Pop sozialisiertes Stück, bevor es über Folk Rock in „Fuego“ – diesmal ergänzt um Versatzstücke aus dem Ska – schliesslich auf das Schlussdrittel hin zurück in Richtung Metal geht. Den Höhepunkt bildet schliesslich „La Llorona“, das sämtlichen Einflüsse Platz einräumt und damit zu einer Achterbahnfahrt einmal quer durch die musikalische Welt von Saurom avanciert. Darauf folgt noch ein kurzes Stück, einem Epilog gleich bevor die Reise schliesslich nach knapp 40 Minuten vorüber ist. Auf weiten Strecken davon platziert der Mix den Gesang auffällig präsent im Vordergrund, lässt dafür die Gitarren hin und wieder etwas gar in den Hintergrund rücken. Das unterstützt den Eindruck des bisweilen niedrigen Härtegrads und ist sicherlich auch der grossen Anzahl unterschiedlicher Instrumenten geschuldet, die allesamt ausreichend hörbar sein sollen. Diese Herausforderung meistert Javier Rondán an den Reglern grundsätzlich sehr gut, die vorab erwähnten Gitarrenteile mal ausgenommen.
Dem Album liegen als Bonus noch zwei weitere Silberlinge bei. Auf dem einen sind sämtliche Songs in einer Version ohne Gesangsspur zu finden. Dass das leider nicht gut funktoniert, hebt heraus, wie in Sauroms Kompositionen jeder Part und damit eben auch die Stimme seinen wichtigen Teil zu einem runden Ganzen beiträgt. Da ist die zusätzliche DVD interessanter, auf der zu jedem Lied ein Videoclip zu finden ist. Diese vermitteln auch Personen einen Eindruck der erzählten Geschichte, die des Spanischen nicht mächtig sind. Zum Schluss noch ein Wort zum Artwork, welches das Cover ziert. Das ist sehr schön gezeichnet, verkörpert in seinen gedämpften Grau- und Brauntönen die bunte Musik allerdings Sauroms kaum. Da hätte ein farbenfrohes Bild, wie es die Band in der Vergangenheit auch schon verwendete, den Inhalt besser repräsentiert.
Das Fanzit zu Saurom – El Pájaro Fantasma
Saurom holen den Hörer zu Beginn mit vertrauten Elementen ab und lassen sie danach Stück für Stück immer tiefer in ihre ganz eigene Art Symphonic Metal eintauchen. Das Album verströmt dabei aus jeder Pore ein südländisches Flair, das die Musik von der Masse abhebt. Wer ein Faible für orchestrale Musik mitbringt sowie keine Angst vor poppigen Einflüssen hat, erlebt auf El Pájaro Fantasma eine spannende Reise. Die ist zwar an mehreren Stellen zu lang in seichten Gefilden unterwegs und kann sich über alles hinweg nicht ganz zwischen Symphonic Metal und Folk Rock entscheiden, zieht mir aber trotzdem mit verspielten, sorgfältig aufgebauten Kompositionen locker 8 Punkte aus der Tasche.