Rockige Coolness
Wenn Danko Jones ruft, erscheinen die Massen. So geschah es auch am Mittwochabend im Zürcher Dynamo. Die Besucher wurden abermals mit einer fantastischen Rock-Performance belohnt, die zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen liess. Beim Support-Slot gab’s einen kurzfristigen, aber meines Erachtens völlig lohnenswerten Wechsel. Doch dazu später mehr.
«Samichlaus, du liebe Maa. Dörf ich hüt z’abig ächt as Danko Jones-Konzert gha?» – so, und mit diesem «Sprüchli» habe ich die für den heutigen Tag anstehende Aufgabe ohne Zweifel bravourös gemeistert, oder? Hoffentlich ist der rotgekleidete Geschenksackträger damit zufrieden. Ich verspreche zudem feierlich, dass ich während den nächsten Stunden im Dynamo Saal ganz artig bleiben werde. Richtig gelesen, erneut hat es meine Wenigkeit ins an der Limmat gelegene Jugendkulturhaus verschlagen. Die Band, welche die hiesige Bühne demnächst erobern wird, besitzt für dieses Lokal ohnehin fast eine Art Saison-Abonnement.
Das energiegeladene, kanadische Rock-Trio Danko Jones (rund um den namensgebenden, mit tonnenweise Entertainer-Qualitäten ausgestatteten Frontmann) ist zurück in Zürich! Die Auftritte der Herren waren bisher immer ein Spektakel. Bei ihnen trabt am Ende grundsätzlich höchst selten jemand unzufrieden retour in die heimischen vier Wände. Mit dabei haben sie einerseits ihre Mitte September dieses Jahres veröffentlichte Platte «Electric Sounds» (notabene Nummer 11 in der eigenen Diskographie) und auf der anderen Seite eine mir unbekannte Vorgruppe mit klangvollem Namen: Los Pepes.
Stopp! Einschub! Zumindest war das mit dem Support-Act der ursprüngliche Plan. Aber aufgrund eines Todesfalls im nahen Umfeld des Gitarristen setzten die Jungs aus London heute verständlicherweise aus (gerne möchten wir in diesem Zusammenhang unser Beileid aussprechen…). Doch Veranstalter Good News konnte glücklicherweise kurzfristig einen Ersatz auftreiben. Und dieser hat es meiner bescheidenen Meinung nach absolut in sich!
Seraina Telli
Wie? Euer Alltag ist öde, trist und grau? Dann braucht ihr dringend Farbe in eurem Leben! Und ich kenne da jemanden, der euch genau das liefern kann. «Unsere» Rockröhre Seraina Telli. Dem Paradiesvogel mit der leuchtenden Mähne wird – gemeinsam mit Tieftöner-Hüterin Carmen Campari am Bass und Mike Malloth hinter der Schiessbude – die Aufgabe zuteil, dem Publikum Dampf unter dem Allerwertesten zu machen. Dank toller Chemie innerhalb des Dreiergespanns und einer ansprechenden Songauswahl sind die Voraussetzungen für dieses Unterfangen freilich gegeben. Allerdings scheinen gewisse Teile der Zuhörerschaft effektiv bloss auf Maestro Jones zu warten und bringen dem Gezeigten nicht die eigentlich verdiente Wertschätzung entgegen. Scha(n)de, denn auf der Bühne wird ordentlich Gas gegeben. Dazwischen folgen Ansagen, die Serainas Persönlichkeit ziemlich gut widerspiegeln. Mal frech, mal ernst und auch immer wieder witzig.
In ein paar Tagen wird das Frontmädel im Hallenstadion beim «This Is Rock»-Event aufspielen. Da finde ich es umso schöner, dass man sie heute nochmals im kleinen Rahmen erleben darf. Das ist eben der Reiz der intimen Club-Atmosphäre. Mein Lieblingsstück «Modern Warrior» wird ebenso gezockt wie die Ode an das weibliche Geschlecht «Song For The Girls» (obschon da im falschen Moment ebenfalls ein paar Kerle mitjohlen). Jetzt muss ich an dieser Stelle zwingend schnell eine Lanze brechen: Seraina ist und bleibt unser weiblicher, helvetischer Rockstar und es ist mir eine Ehre, sie zu kennen und ihre Karriere verfolgen zu dürfen. Ihre grandiose Stimme und ihre Art werden definitiv noch für verdammt viel Furore sorgen. Möge sie ihrem Weg treu bleiben und sich nicht von den Tücken der Musikindustrie in den Ruin treiben lassen. Ah, und beim nächsten Mal dürfe das Set dann ungeniert wieder länger als 40 Minuten sein 😉
Danko Jones
Inzwischen ist der Saal wahrlich genagelt voll. Die «Sold Out»-Marke dürfte wohl erreicht worden sein. Zum Glück hat man von der Seite oftmals noch eine einigermassen brauchbare Sicht auf das Geschehen. Dann ist ja alles angerichtet, damit Danko Jones (Gitarre, Gesang), John «JC» Calabrese (Bass) und Rich Knox (Drums) die Hütte in ihre Einzelteile zerlegen können. Macht euch bereit, denn dieser «Rock ‘N’ Roll-Train» lässt sich nicht aufhalten und kennt keine Entgleisungen!
Ich bin zwiegespalten: Auf der einen Seite ist es genial, dass die Truppe stets in solch verhältnismässig kleinen Läden gastiert, aber andererseits würde sie – gemessen an ihrer Leistung – glasklar zu Höherem berufen sein. Auch der heutige Gig ist wieder von A bis Z eine fulminante Sause! Die Songs verbreiten umgehend gute Laune und lassen sich leicht mitträllern. Die «gitarrenlastige» Mucke und das Band-Leben werden mit Nummern à la «I’m In A Band» oder «I Gotta Rock» ideal zelebriert. Das Hit-Barometer schlägt sowieso ständig aus, denn kurz darauf werden bereits «First Date» und «Legs» ins Rennen geschickt. Bei der zweitgenannten Kompositionen arten die «Uh la la la la la la»-Rufe vor dem Refrain beinahe aus. Da ziehen gleich mehrere Ohrwürmer unaufgefordert in meine Gehörgänge ein, die sich in den kommenden Tagen garantiert nur schwer vertreiben lassen werden. Das wird beim später folgenden, neuen Über-Hit «Good Time» logischerweise nicht wirklich besser. «I came here to fuck shit up and have a good time!» – existiert überhaupt ein besserer oder passenderer Leitsatz für eine Rock-Show dieses Kalibers?
Dazwischen sorgt Labertasche Danko mit unterhaltesamen Sprüchen für intensives Lachmuskel-Training. Diesem Typ darf man effektiv niemals den Mund verbieten. Auf einige mag er vielleicht phasenweise etwas arrogant wirken, aber das bleibt am Ende Ansichtssache. Für mich dominieren die sympathischen Aspekte. Die personifizierte Rampensau! Gemäss eigener Aussage wäre es ihm völlig recht, wenn er jede Woche in der Schweiz (beziehungsweise in Zürich) spielen könnte. Das hören die Fans selbstverständlich gerne. Allenfalls lässt sich ja eine Doppelbürgerschaft aufgleisen. Aber das bleiben Gedanken für die Zukunft. In der Gegenwart beendet die Gruppe ihr Furioso mit drei Zugaben. Hätte man noch etwas besser machen können? Hmm, eventuell ein spontanes Duett mit «unsere»r Seraina? Das wäre dann wirklich die sprichwörtliche Kirsche auf der Torte gewesen.
Das Fanzit – Danko Jones, Seraina Telli
Danko Jones sind ein Garant für grandiose Darbietungen. Dies haben die Kanadier heute Abend erneut eindrücklich unter Beweis gestellt. In einer vollen Hütte wollten die Begeisterungsstürme kaum mehr abreissen. Der nächste Danko-Gig kann gar nicht früh genug ums Eck kommen. Und der Support-Act? Jep, Seraina und ihre Gefährten haben ebenfalls absolut zufriedenstellend abgeliefert. Madame Telli erhebt freilich Ansprüche auf den schweizerischen Rock-Thron (und das nicht erst seit der Top-Chart-Platzierung von «Addicted To Color»)!
Setliste – Danko Jones
- Guess Who’s Back
- Get High?
- I’m In A Band
- I Gotta Rock
- Lipstick City
- First Date
- Legs
- Code Of The Road
- Good Time
- Sticky Situation
- Fists Up High
- Full Of Regret
- Had Enough
- Lovercall
- I Want You
- My Little RnR
- Cadillac*
- The Twisting Knife*
- Shake Your City*
*Zugabe