Auf den Spuren von Lars und co.
Den englischen Thrashern Evile wird gerne mal vorgeworfen, dass sie sich etwas stark von Metallica inspierieren lassen. Nun, gegründet wurde die Band ursprünglich auch als Coverband unter dem Namen Metali Militia, riesig verwunderlich ist das also nicht.
Was aber beim neuen Album sehr speziell ist: hatte man sich bisher – besonders beim letzten Album „Hell Unleashed“ von 2021 – auf die Frühphase der grössten Metalband der Welt spezialisiert, ist man mit der neuen Scheibe „The Unknown“ in der Zeit von Black Album bis Reload angekommen. Ich sehe schon die Fragezeichen in den Gesichtern der meisten Metallica-Fans. Und auch bei mir sind das definitiv nicht die liebsten Alben der Thrash-Giganten. ABER: erstens hatten auch diese ihre Momente. Und zweitens sind die Songs trotzdem verdammt stark!
Gerade der das Album eröffnende Titeltrack hätte auf Load einen sehr grossen Teil der Songs ausgestochen nach meinem Geschmack. Der Beginn der Scheibe ist dabei generell im Midtempo gehalten. Erst nach über 20 Minuten wird beim fünften Song „Sleepless Eyes“ erstmals das Tempo etwas angezogen. Auch das anschliessende „Out Of Sight“ ist eine eher schnellere Nummer, bevor das Tempo wieder ein bisschen gedrosselt wird. Erst das Abschliessende „Balance Of Time“ ist wieder ein rasanter Thrash-Kracher.
Und ich muss ehrlich sagen: mir gefallen beide Gesichter der Band sehr gut! Auch die ruhigen Tracks wissen zu überzeugen, erstens wegen dem Songwriting und zweitens wegen den (für mich) ungeahnten Gesangs-Fähigkeiten von Frontmann Ol Drake. Er gibt den Hetfield 2023 fast besser als James selbst. Einer meiner absoluten Favoriten ist deswegen auch „When Mortal Coils Shed“, das wohl ruhigste Lied des ganzen Albums. Den von Frank Albrecht im Deaf Forever vorgebrachten „Nothing Else Matters“-Vergleich sehe ich hingegen kaum, ganz so schnulzig sind Evile definitiv nicht. Aber ja, es ist ebenfalls ein Beispiel, dass auch sonst harte Thrashmetaller eher ruhige Songs schreiben können und dieses Vorhaben nicht zwingend zum Scheitern verurteilt ist.
Das Fanzit Evile – The Unknown
Wer nur auf schnellen, möglichst harten Thrash steht, wird diese Scheibe definitiv nicht mögen. Für alle Metaller, die gerne grosse Melodien haben, ist „The Unknown“ aber eine heisse Empfehlung. Zudem der perfekte Soundtrack für den Start in den Tag. Die ersten Songs lassen einem noch gemütlich aufwachen. Und genau an der Stelle, wo das Tempo erhöht wird, sollte man langsam aber sicher in die Gänge kommen. Bei mir läuft das Album jedenfalls regelmässig am Morgen im Zug zur Arbeit.
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