Zueri Gmaetzlets Vol III - Dynamo Zürich 2024
Sa, 2. März 2024

Züri Gmätzlets Vol. 3 – Cattle Decapitation, Stillbirth, Gutalax

Dynamo (Zürich, CH)
/ / 27.03.2024
Zueri Gmaetzlets Vol III - Dynamo Zürich 2024

Von Tierzerstörung, Beachboys und Fäkalien

Domi the Stick (DtS): Hä? Ja, ihr lest richtig, das waren Themen bei den verschiedenen Auftritten am diesjährigen Züri Gmätzlets. Die dritte Ausgabe des Meh Suff-Events lockte mit einem coolen Line-Up, doch zwei Bands stachen am 2. März aus der Masse heraus…

«Zur Zubereitung schneidet man Kalbfleisch und gegebenenfalls Kalbsnieren quer zur Faser in kleine, dünne Scheiben, brät sie bei starker Hitze in Butter mit gehackten Zwiebeln kurz an, nimmt sie aus der Pfanne und stellt sie warm.»

Oh, wir sind ja gar nicht beim Wikipedia-Eintrag zu Züri Gschnätzlets, sondern bei der Metalinside-Review zum Züri Gmätzlets. Kleiner, aber feiner Unterschied. Hier im Zürcher Dynamo nehmen Cattle Decapitation das Fleisch vom Kalbskopf, und die Zwiebeln könnten höchstens bei Gutalax für lyrische Inspirationen verwendet werden. Fünf US-amerikanische und zwei europäische Bands verwandeln das ausverkaufte Dynamo am heutigen Samstag in eine wahrhaftige Todesmetall-Fete. Schreiten wir zum ersten Akt.

Vomit Forth

DtS: Für den Opener-Slot haben die Organisatoren des Züri Gmätzlets eine junge Band aus dem US-Bundesstaat Connecticut verpflichtet. Die vier Herren scheinen mächtig Bock auf Abriss zu haben. Schon beim Betreten der Bühne fährt Sänger Kane Gelaznik das noch nicht so zahlreiche Publikum an, wieso es so viel Platz gebe vor der Bühne und man solle gefälligst nähertreten. Wie eine Dampfwalze legen Vomit Forth los und beschallen uns mit von Hardcore-Einflüssen geprägtem, langsamem und doch treibendem Death Metal. Schon bald fordert der Fronter auch Pits ein, doch abgesehen von zwei Violent Dance-Lustigen herrscht beim Publikum noch Zurückhaltung. Diesen Umstand akzeptierend kommt etwas enttäuscht die Forderung, man solle das (zugegeben riesige) Loch wieder schliessen. Nur um dann etwas später, als sich doch ein scheuer Pit formt, diesen wieder lautstark anzufeuern.

Zwischen den Tracks kündigt Fronter Kane zudem die eingespielten Samples an. Nach einigen Songs wird auch das Tempo hochgefahren und Vomit Forth zeigen, dass sie sich auch mit mehr Speed wohlfühlen. Allgemein zeigt der Vierer auf der Bühne einen wilden Drive, für den ein Grossteil des Publikums wohl einfach noch nicht bereit ist.

Der energiegeladenen Show fehlt es dann allerdings an Ausdauer. Nach nur zwanzig Minuten verzieht sich der Opener von der Bühne. Ein Blick auf den Zeitplan verrät, dass sie noch zehn Minuten mehr zur Verfügung gehabt hätten und somit auf einen ganzen Drittel der eingeplanten Zeit verzichten.

Dutti: Hallo allerseits. Ich habe mich ebenfalls dem musikalischen Geprügel ausgesetzt und schwirre als Gast im Dynamo herum. Es gibt hier effektiv von Beginn an richtig auf die Schnauze. Zudem scheinen die Amis das “F-Wörtchen” überaus zu mögen. Ob wir allenfalls bald eine “Strichliliste” anlegen müssen? Das wird sich im Verlauf des weiteren Abends sicherlich zeigen.

Vomit Forth sind momentan gemeinsam mit 200 Stab Wounds, Signs Of The Swarm und Cattle Decapitation auf der “Terrasite Over Europe 2024”-Tour unterwegs. Aufgrund dessen musste Meh Suff!-Boss Füess wahrscheinlich sowieso automatisch das gesamte Paket für sein lautstarkes “Akustik-Gemetzel” buchen. Passt für mich, denn das bedeutet nämlich erneut einige Horizonterweiterungen für die persönliche Sammlung.

Dynamo / Merch

DtS: Schade, doch so habe ich massig Zeit für einen Abstecher zum Merchstand. Da ich knapp auf die erste Band beim Dynamo ankam, konnte ich dies nicht schon gleich am Anfang erledigen. Vom oberen Saal geht es also die Treppe runter, vorbei am Aussenbereich, der wie schon am Meh Suff Winterfestival vor einigen Wochen ein Raucherzelt und den Foodstand beherbergt, und rein in den Raum, der üblicherweise von Hobbytänzern genutzt wird.

Hier steht auch heute eine zusätzliche Bierzapfanlage, die die obere Bar entlasten soll und daneben massig Merchandise. Die Merch-Könige Stillbirth durften gleich den ersten Tisch beziehen und haben heute Shirts mit verschiedenen Prints, Patches in unzähligen Farben und auch einige Hüte und Kappen im Angebot. Keine Badeshorts oder Hawaiihemden also wie sie auch am Züri Gmätzlets nicht wenige Besucher tragen.

Mein Blick bleibt an einem Shirt mit dem schlichten, giftig grünen Backprint “HUERE GEIL” hängen. Auf Nachfrage bestätigt der Drummer, dass sie das Shirt extra für diese Schweizer Show gedruckt haben. Immerhin sei unser Land jedes Mal ein spezieller Ort für die deutsche Band. Nach diesem Einkauf zieht es mich wieder hoch in den Konzertsaal, wo bald die zweite Band loslegt.

200 Stab Wounds

DtS: Es handelt sich dabei um 200 Stab Wounds aus Cleveland in Ohio. Schon beim Umbau wird klar: Sänger Steve Buhl wird nicht gleich abgehen können, wie wir es noch beim ersten Act gesehen haben, denn er hat auch noch einen Zweitjob als Gitarrist inne. Die Überraschung folgt während den ersten paar Riffs: Sein Einsatz an der Gitarre ist keinesfalls nur ein Zweitjob! Nein, der Typ beeindruckt mit einem wahnsinnig schnellen und wilden Spiel.

Leider ist seine Gitarre noch etwas leise eingestellt und auch ansonsten muss die Abmischung erst noch korrigiert werden. Irgendwie etwas peinlich, soll doch die Band, als ich unten beim Merch war, schon 20 Minuten vor dem eigentlichen Beginn vermeldet haben, sie sei ready.

Wie dem auch sei: Die Herren haben deutlich schnelleres Material im Gepäck als zuvor Vomit Forth und stellenweise sind fast schon Einflüsse aus dem Thrash Metal hörbar. Zwischendurch bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Songs in den gespielten Geschwindigkeiten bereits alle richtig sitzen. Gerade bei Steve’s Gitarre und am Schlagzeug wirken einige Passagen etwas überhaspelt, was sich zumindest bei gewissen Fill-Ins selten auch hören lässt. Dabei geht es jedoch um Feinheiten und nach dem Set muss ich sagen: Doch, das hat Spass gemacht.

Dutti: Ich hirne ständig am Bandnamen herum. 200 Stichwunden? Aua! Da bleibt ja nicht mehr viel vom Opfer übrig. Musikalisch macht das Ganze hingegen viel Spass und sorgt für einige Headbanger-Sequenzen. In Sachen Abmischung muss ich Kollege Domi leider beipflichten, da kommen die Techniker bisher noch nicht wirklich auf einen grünen Zweig.

Larry: Gerne möchte ich hier noch die Kreativität der Bandmitglieder bezüglich der Setlisten hervorheben: Der Drummer nutzt Pappteller, die er am Ende des Konzerts wie Frisbees ins Publikum schiesst und der Gitarrist schrieb seine Setlist auf eine Serviette. (DtS: Ist das nun Kreativität oder Spontaneität…?)

Setlist – 200 Stab Wounds

  1.     Phallic Filth
  2.     Fatal Reality
  3.     Skin Milk
  4.     Tow Rope Around The Throat
  5.     Drilling Your Head
  6.     Gross Abuse
  7.     Masters Of Morbidity
  8.     Hands Of Eternity
  9.     Release The Stench
  10.   Stifling Stew
  11.   She Was Already Dead

Stillbirth

DtS: Die Präsenz des nächsten Acts müssen wir besonders schätzen: Eigentlich sind Stillbirth zurzeit mit Kataklysm und Fleshgod Apocalypse auf Tour und trotzdem spielen sie heute Abend nicht wie diese beiden Bands im Z7, sondern eben hier am Züri Gmätzlets. Anfangs wurden die deutschen Surfmetaller mal für beide Events angekündigt und im Hintergrund wurden wohl verschiedene Szenarien durchgespielt, doch schlussendlich gibt es die Beachparty nur hier im Dynamo.

Alleine schon der Umbau ist sehr spassig: Es werden mehrere Surfbretter aufgefahren, Back- und Sidedrops vermitteln Strandfeeling und bei den aufblasbaren Gummi-Bongs höre ich schon bald auf zu zählen. Danach folgt der Soundcheck, zunächst nur mit einzelnen Instrumenten, dann wird als gesamte Band ein Song angespielt.

Dem Brutal Surf Death Metal, wie der Stil auf den grünen Badehosen bezeichnet wird, steht nichts mehr im Weg. In ebendiesen Shorts und oben ohne betritt der Fünfer die Bühne und startet in ein absolutes Abriss-Set. Der umfassende Soundcheck zahlt sich aus. Von Beginn weg kommen wir in den Genuss einer top Abmischung, die nur noch nach minimalsten Korrekturen verlangt. Entsprechend auch die Eskalation vor der Bühne: Schon bald bildet sich ein grossflächiger Pit, im Verlauf des Gigs gibt es mehrere CrowdSURFer und Grunzer Lukas Swiaczny steigt später gleich selber in die Menge, um eine Wall Of Death zu dirigieren.

Auch auf der Bühne liefern Stillbirth eine eingespielte und doch authentische Show, welche sich durch einige koordinierte und vor allem passende Elemente wie synchrones Bodenstampfen bei verschiedenen Breakdowns oder Sprünge mit gemeinsamer Landung auf den ersten Schlag auszeichnet.

Die auf eine Art Flyer-Papier gedruckten Setlists scheinen das Ende des Auftritts in grauenvolle Nähe kommen zu lassen. Das kann es doch noch nicht gewesen sein! Glück gehabt, die beiden zuletzt eingeplanten Tracks werden noch zurückbehalten. Stattdessen berücksichtigen die Brutal Death Metaller aus NRW Rufe aus dem Publikum, die «Steuerklasse 1 Und Keiner Sagt Danke» verlangen. Auch nach dem spontanen Spielen dieses Titels wird die Setlist weiter angereichert. Sinngemäss vermeldet Lukas auch, dass noch zwanzig Minuten übrigbleiben und sie einfach so viele Songs spielen werden, wie da reinpassen. Dass sich die beiden weiteren zusätzlich gespielten Songs «Brootal Party» und «Open Up This Fkn Pit» nennen, ist mehr als nur bezeichnend für einen wilden Stillbirth-Trip.

Ja, die Brutalo-Surfer haben die Messlatte ganz, ganz weit oben angesetzt. Mit dem umfangreichen Soundcheck wurden Sound-Enttäuschungen verhindert und im Gegensatz zu anderen Bands wurde auch die Spielzeit vollständig ausgefüllt. Ganz zu schweigen von der explosiven Stimmung auf und vor der Bühne… Stillbirth waren erst die dritte Band von sieben, es ist noch relativ früh, und doch – Spoiler Alert – wird sich Duttis Wertung “Headliner!!!” im Metalinside-Chat als wahr erweisen.

Dutti: Hoppla, habe ich wieder einmal gespoilert? (DtS: oder einfach die Zukunft erfolgreich erraten) Sorry, aber dieser Abriss der brutalsten Badehosen unseres Planeten lässt mir auch kaum eine andere Wahl. Können wir Stillbirth nicht endlich einbürgern?! Eventuell sollte man demnächst einmal eine Petition mit dieser Thematik unters Volk bringen. Die Deutschen retten den Tag! Und ihre Stampfattacken befördern uns tatsächlich fast bis ins Werk 21 hinunter. Mein lieber Scholli! Im Pit jagt derweil ein Plüsch-Hai, den man öfters an Meh Suff!-Events antrifft, den aufblasbaren Bongs nach. Eines steht für mich somit glasklar fest: “Dä Hai gaht high hei!”

Wenn ich einen abschliessenden Wunsch anbringen dürfte, würde dieser freilich die Bitte beinhalten, dass Stillbirth an der diesjährigen Full Metal Holiday-Ausgabe auftreten. Diese Surfer-Shorts gehören einfach nach Malle!

Setlist – Stillbirth

  1.     The Hunt
  2.     Seed Of Judgement
  3.     Endgame Is Near
  4.     Rising From The Ashes
  5.     Global Error
  6.     Panem Et Circenses
  7.     Autonomous Eradication
  8.     Beating Pacifists
  9.     Steuerklasse 1 Und Keiner Sagt Danke
  10.   Unleash The Mutation
  11.   Brootal Party
  12.   Revive The Throne
  13.   Open Up This Fkn Pit

Signs of the Swarm

DtS: Mit dem Drumstick, den ich von Stillbirth-Trommler Martin Gruppe ergattert habe, muss ich nochmals kurz runter zum Merch, um ein Edding-Gekribbel abzuholen. Dabei philosophiere ich mit dem Fell- und Beckenverdrescher noch kurz über die verschiedenen Grössen dieser Sticks, bevor ich mich bei der mobilen Zapfanlage für ein Bier anstelle. Leider ist das Gas leer und der Wechsel dauert deutlich länger, als er sollte. Nach fast zwanzig Minuten und kurz bevor es oben weitergeht, entscheide ich mich trotzdem für die Bar im OG und schaffe es dann auf Signs of the Swarm nicht mehr zurück in die Front Row. Da wollte ich sowieso nicht zwingend hin; etwas “Pause” ist auch nicht verkehrt.

Jetzt wird es zum ersten Mal am heutigen Tag so richtig corig – im Rahmen dessen, was an einem Züri Gmätzlets möglich ist, natürlich. Signs of the Swarm kommen aus Pittsburgh in Pennsylvania und spielen Deathcore. Während den ersten Songs frage ich mich, ob das Publikum wirklich darauf gewartet hat. Es erweist sich als verhältnismässig inaktiv und beobachtet anfangs gespannt, was auf der Bühne genau fabriziert wird. Nach ein paar Breakdowns (welche jene von Stillbirth in Länge, Tempodrop, Häufigkeit und Brutalität nochmals deutlich übertreffen) lassen sich die Besucher dann doch zu etwas mehr Bewegung hinreissen.

Technisch ist das Gespielte absolut spannend. Gerade der Drummer Bobby Crow fasziniert mich mit seinem Spiel und seiner Ausstrahlung, die bis hierher in die etwa achte Reihe reicht. So sehr, dass ich nach einem der Breakdowns gar nicht bemerke, dass die Gitarre nicht mehr einsetzt. Ich empfinde den Schlussteil dieses Songs durchaus als exotisch, doch mit dem verstärkten Fokus auf die Versiertheit des Drummers und die brutalen Growls aus der Kehle von David Simonich gefällt mir dieser Abschnitt enorm. Nach einer kurzen Pause, in welcher die technischen Probleme bei der Gitarre behoben werden, beenden Signs of the Swarm bald einen potenten, kurzweiligen, wenn auch nicht übermässig spektakulären Auftritt.

Dutti: Schade, dass die technischen Schwierigkeiten bei dieser Performance die Entfaltung des vollen Potenzials verhindern. Aber ich werde Signs of the Swarm sicherlich im Rahmen eines anderen Gigs nochmals eine Chance geben, denn beim Anhören auf Spotify klang das Ganze fraglos spannend.

Pig Destroyer

DtS: In der Pause begebe ich mich für den Slot von Pig Destroyer wieder ganz nach vorne. Von hier beobachte ich den kurzen Soundcheck und bin etwas verwirrt ob dem Keyboard-artigen DJ-Pult, das dann doch nur einige Steuermodule und kein DJ-Equipment beherbergt. DJ-Sound würde eh nicht in den punkig angehauchten Death Metal passen, den ich vom Reinhören in Erinnerung habe…

Es geht los und ja, das “Instrument” bleibt auf der Bühne. Es ist ein spezieller Anblick: Drei absolute Meister ihrer Instrumente besetzen die Positionen an Schlagzeug, Bass und Gitarre. Dazwischen stehen ein Vokalist, der dauernd etwas ins Mikro rotzt und einen mittelmässig verpeilten Eindruck macht (ja, ein Schlüsselbund an der Gurtschlaufe kann auch ein Modestatement sein!) und besagter “DJ”, der abgesehen vom Einspielen einiger Samples vor allem fürs Abgehen auf der Bühne zuständig zu sein scheint.

Naja, musikalisch sind die Songs, die wohl irgendwo zwischen Grindcore, Punkrock und Death Metal einzustufen sind, vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber dem Treiben auf der Bühne zuzuschauen macht trotzdem Spass. Mein Blick sucht sich sowieso mehrheitlich den Weg am Fronter vorbei, um sich am gewaltigen Spiel des Trommlers zu laben. Dieser drischt dermassen auf sein Set ein, dass sich die Shred Bell verabschiedet, irgendwo zu Boden fällt und gar nicht wieder montiert wird (Larry: Hier möchte ich auch gerne das Können des Gitarristen und Bassisten hervorheben: Beide ziehen meine Blicke mit ihrer Spielfähigkeit auf sich. Oh wie ich es geniesse, wenn ein Bassist alle seine Saiten nutzt!)

Die eine oder andere Ansage von Fronter J. R. Hayes zaubert der Menge regelmässig ein Lächeln ins Gesicht. Dumme Sprüche, das Anfeuern des Pits oder auch einfach nur ein Kommentar dazu, dass sowohl Pig Destroyer als auch Cattle Decapitation im Endeffekt “animal destruction” seien… Seine Kommentare passen zum Gesamtkonzept! Pig Destroyer kommen beim bestimmt nicht mehr nüchternen Publikum alles andere als schlecht an und auch jetzt geht hinter uns mächtig die Post ab. Geschätzte Mitbesucher, ihr wisst, dass ihr bei Cattle Decapitation und Gutalax auch noch Energie braucht?

Dutti: Boah, diese Geschichte ist bei mir rasch erzählt. In meinen Notizen steht lediglich “Napalm Death, aber in schlecht…”

Setlist – Pig Destroyer

  1.     Gravedancer
  2.     Scarlet Hourglass
  3.     Thumbsucker
  4.     Pretty In Casts
  5.     Crippled Horses
  6.     The Gentleman
  7.     The Torture Fields
  8.     Loathsome
  9.     Sis / The American’s Head
  10.   Eve
  11.   Thought Crime Spree
  12.   Rotten Yellow / Deathtripper
  13.   Starbelly
  14.   Cheerleader Corpses
  15.   Scatology Homework
  16.   Trojan Whore
  17.   Piss Angel
  18.   Junkyard God

Cattle Decapitation

DtS: Juhui, Zeit für Cattle Decapitation! Neben Stillbirth sind sie die einzige Band, die ich schon mal live erlebte, und jenen Auftritt habe ich in guter Erinnerung. Der Progressive Death Metal der Herren aus dem kalifornischen San Diego dürfte für weniger intensive Pitausbrüche sorgen als zum Beispiel jene Tracks von Stillbirth oder Pig Destroyer. Doch halt! Bei diesem breiigen Soundteppich ist die Aktivität des Publikums absolut zweitranging. Was zur Hölle ist das? Ein besonderes Markenzeichen des Cattle Decapitation-Sounds sind ja die hohen, aggressiven Vocals von Sänger Travis Ryan. Leider kommen weder diese noch die etwas tiefer gesungenen Passagen wirklich durch die Anlage. Auch Snare und Toms sind viel zu leise und werden im Kontext des Drumsets von Becken und Bassdrum chancenlos übertönt. Die zweite Gitarre hört man ebenfalls kaum, und sowieso besteht der Mix überwiegend aus einer Gitarre, etwas Bass und dem lauten Zischen der vielen Cymbals.

Ich würde dies nicht ganz so detailliert beschreiben, wenn es denn innert weniger Minuten erledigt wäre. Aber nein, auch nach dem fünften Song will noch nichts so richtig funktionieren und enttäuscht gebe ich meinen Platz ganz vorne auf. Zwar macht es Spass, von ganz nah dem Wirken der einzelnen Musiker zuzuschauen (gerade Bassist Olivier Pinards Spiel ist ein Augenschmaus). Und wann kann man Cattle Decapitation schon aus dieser Distanz sehen? Trotzdem, nur mit Visuellem, ohne dass das Gespielte dann bis in die Gehörgänge durchkommt, macht so ein Gig halt nicht wirklich Laune.

In der hinteren linken Ecke des Saals kommen die Vocals etwas deutlicher an; dafür überschlägt sich hier der wummrige Bass. Motzen beim Mischpult ist kein Thema; dies erledigen allem Anschein nach gerade andere frustrierte Besucher. (Larry: Und nicht nur beim Mischpult will man darauf aufmerksam machen: Auch der Spanier neben mir in der ersten Reihe versucht mehrmals die Aufmerksamkeit der Band auf sich zu ziehen, um zu zeigen, dass man keinen Gesang hört und damit nur einen Instrumentalauftritt erlebt). Naja, mit einem frischen Bier in der Hand schleiche ich mich an der rechten Seite nach vorne und treffe dort auf Dutti. Dieser meint, Cattle Decapitation seien heute viel besser als damals in Wacken. Oh, dann muss das ja ein wahrhaftiges Trauerspiel gewesen sein… Ich drücke meinen durch den grottigen Sound ausgelösten Frust aus und beim nächsten Song – vierzig Minuten nach Beginn  – macht sich eine leichte Verbesserung bemerkbar. Endlich!

So drücken sich dann bei den letzten paar Songs die besagten charakteristischen Vocals einigermassen erfolgreich durch die Anlage. Auch die Gitarrenmelodien, welche je nach Song den Cattle-Sound entscheidend mittragen, sind jetzt einiges ausdifferenzierter abgemischt. Während der letzten Viertelstunde kann man durchaus von so etwas wie Genuss sprechen, wenn es um das Beiwohnen dieses Headliner-Auftritts geht. Liebe Mischer, es freut mich, dass ihr die richtigen Einstellungen gegen Ende beinahe gefunden habt. Trotzdem: Die letzte Stunde hat in der Gesamtwertung kaum ein “genügend” verdient. Zu gerne hätte ich einen fulminanten Cattle Decapitation-Gig von ganz vorne erlebt und Travis vielseitig eingesetztes Stimmorgan oder die gut harmonierenden Ausprägungen der Marke Technical / Progressive Death Metal gelobt. Naja, vielleicht das nächste Mal.

Dutti: Entweder sind meine Sinne wieder einmal zu sehr “biergetränkt” oder ich lebe manchmal einfach in anderen Sphären. Dieses Mal kommt mir der Mix nämlich gar nicht so übel vor. Und ja, Cattle Decapitation agieren in Tat und Wahrheit besser als 2022 in Wacken. Gemessen an der Spielzeit muss man sie heute Abend als Headliner einstufen. Und dieser Rolle werden sie – zumindest meines Erachtens – mehrheitlich gerecht.

DtS: Spannend, wie die Urteile diesbezüglich auseinandergehen… Beim Start mit «Terrasitic Adaptation» und den beiden weiteren Songs vom neuesten Silberling «Terrasite» sind die Vocals zuvorderst wirklich nur mit viel Fantasie zu erraten; Kenntnisse der Songs sind von Vorteil. Eine leichte Verbesserung gibt es diesbezüglich zum Glück nicht erst nach den erwähnten vierzig Minuten, doch von „gar nicht so übel“ sind wir meinem Empfinden nach noch lange meilenweit entfernt. Sozusagen zur Ehrenrettung klappt wenigstens der Abschluss einigermassen sauber. Aber beruhigend, dass es nicht alle so schlimm fanden wie ich!

Setlist – Cattle Decapitation

  1.     Terrasitic Adaptation
  2.     We Eat Our Young
  3.     Scourge Of The Offspring
  4.     Dead Set On Suicide
  5.     The Storm Upstairs
  6.     Bring Back The Plague
  7.     Finish Them
  8.     A Photic Doom
  9.     Mammals In Babylon
  10.   Time’s Cruel Curtain
  11.   Pacific Grim
  12.   Kingdom Of Tyrants

Gutalax

DtS: Gefühlt haben wir das Dynamo erst gerade betreten, und schon ist der letzte Act an der Reihe. Einige wenige Besucher haben sich bereits auf den Heimweg gemacht, doch den vielen Gutalax-Shirts und Klobürsten nach zu urteilen, die den ganzen Tag über zu sehen waren, dürfte auch diese letzte Party gut besucht sein. Dass schon tagsüber an der Bar nach WC-Papier gefragt wurde und die Veranstalter bereits im Vorfeld auf sämtlichen Toiletten die WC-Beseli entfernten, kündigt die tschechischen Grindcorer auf eine bemerkenswerte Art und Weise an.

Sich selbst kündigen die vier Musiker mit einem eindrücklichen Soundcheck an. Nach wie vor in normaler Kleidung – das Bühnenoutfit muss noch kurz warten – legt die Band wie auch schon zuvor Stillbirth einen Komplett-Soundcheck hin. Inklusive gleichzeitigen Spielens der ganzen Band. Alle zusammen, damit man auch hört, welche Spuren eventuell nicht hörbar sind oder zu fest durchdrücken. Das hätte dem vorherigen Auftritt von Cattle Decapitation ebenfalls gutgetan.

Kurze Zeit später geht es dann richtig los: In weissen hazard suits und teilweise mit Gasmasken sowie Schutzbrillen ausgerüstet betreten Gutalax die Bühne und lassen die erste Grunzhymne aufs noch immer energetische Publikum los. Nach dem zweiten Track – allzu lange sind diese bekanntlich nicht – gibt Fronter Maty mit starkem, jedoch sympathisch wirkendem Akzent auf Englisch durch, dass man gerne nach Hause gehen möge, wenn man noch auf etwas anderes warte. Wir hätten jetzt die ersten beiden Songs bekommen und der Rest klinge genau gleich. Auch die Aussage, “after all the blast beats” würden sie selbst wohl nur nach einem Whitney Houston Revival klingen, ringt dem einen oder anderen Besucher Gelächter ab.

Maty wird Recht behalten: Gutalax liefern weiterhin schnelle, nicht besonders anspruchsvolle Instrumentaltracks, über welchen Mr. Pigsqueals seine abwechslungsweise an Schweine, Frösche und gequälte Vögel erinnernden Vocals legt. Es gibt Ansagen, die mit gutem Humor nicht mehr viel zu tun haben, Songtitel à la «Poopcorn» und «Fart And Furious», fliegende WC-Papier-Rollen (wovon ich leicht geschockt mit der schwachen Hand eine fange und unversehens zurück über die Menge schicke) und wild umhergeschwungene, teilweise mit Leuchtketten verzierte WC-Bürsteli. Die letzte Dreiviertelstunde zeugt genau von dem, wofür Gutalax bekannt sind. Absolute Madness!

Auch der Moshpit erreicht Höchstformen. Keine Band zuvor hat ihn – zumindest hier auf der linken Seite – so breit hingekriegt. Mitverantwortlich dürften dafür auch einige Vertreter von Stillbirth sein, welche in ihrem eigenen Bühnenoutfit im Pit sehr aktive Rollen übernehmen (Larry: Gitarrist Szymon gesellt sich sogar während einem Song zu Gutalax auf die Bühne, um dann stagedivend wieder zum Pit zurückzukehren).

Obwohl der Chefgrunzer die noch verbleibende Anzahl Songs regelmässig ankündet, erwischt mich “the last song” eiskalt. Wir werden instruiert mitzusingen, obwohl die Lyrics auf Tschechisch seien. Nun, die Melodie von «Strejda Donald» (was übersetzt so viel wie Tante Donald heisst, aber ihr wisst schon, welcher Song hier verwurschtelt wird) ist ja international bekannt. “E-I-E-I-O” brüllt das ganze Publikum lautstark mit. Zumindest während den Refrains, welche von den Strophen unterbrochen werden, die nicht nur so klingen, als würde es um Farmtiere gehen, sondern, als würden diese Geschöpfe ihr Bauernhof-Leben gleich selbst vertonen.

Ach, die musikalisch leichte Kost und die wilde Party sorgen für einen erinnernswerten Abschluss dieser dritten Ausgabe des Züri Gmätzlets!

Dutti: Oha, ich glaube, dass ich mir langsam ein Sixpack “angelacht” habe. Gutalax bieten auf ihre völlig abgedrehte Art und Weise grandiose Unterhaltung zum Festivalabschluss. Viele würden bei dieser Mucke wahrscheinlich schnurstracks einen Therapeuten aufsuchen, aber meine Wenigkeit amüsiert sich prächtig. Die Songs des ulkigen Rausschmeissers sorgen nochmals für finale Eskalationen in den Publikumsreihen. Mir tut die Crew, die im Anschluss die ganzen WC-Papierrollen etc. einsammeln muss, fast schon leid. Das werden definitiv anstrengende Aufräumarbeiten.

Setlist – Gutalax

  1.     Diarrhero
  2.     Nosim Misto Ponozky Kousek Svoij Predkozky
  3.     Fart Fart Away
  4.     Poopcorn
  5.     Šoustání Prdele Za Slunné Neděle
  6.     Robocock
  7.     Total Rectal
  8.     Fart And Furious
  9.     Vaginapocalypse
  10.   Assmeralda
  11.   Shitbusters
  12.   Toi Toi Story
  13.   Strejda Donald

90er-Party

DtS: Auch das Züri Gmätzlets ist ein Meh Suff-Event, und wie es sich für diese gehört, gibt es im Anschluss eine 90er-Party. Da unser nächster Nachtzug noch nicht gleich fährt und die obere Bar bereits schliesst, zwingen wir uns also etwas widerwillig ins einige Stockwerke tiefer liegende Werk 21 und gönnen uns ein Abschlussbierchen. Dies jedoch schön brav neben der Bar – weiter rein in den gewölbten Keller traue ich mich nicht. Dafür müsste der Pegel deutlich höher sein.

Dutti: Trotzdem vielen Dank, lieber Kollege, dass du mich zumindest ein wenig an dieser Fete vertrittst. Ich bin derweil bereits auf dem Heimweg und freue mich auf ein weiches Kissen, welches mich nicht mit Britney Spears und Co. beschallt.

Das Fanzit – Züri Gmätzlets Vol. 3

DtS: Die dritte und für mich erste Ausgabe des Züri Gmätzlets darf gerne als ein positiver Konzertnachmittag respektive -abend verbucht werden. Der Anlass erinnerte stark ans Winter Meh Suff! (Kunststück…). Die meisten Bands haben auf ihre eigene Art und Weise überzeugt und keine Truppe war musikalisch zu nah an einer anderen dran. Sogar der Auftritt von Cattle Decapitation wird mir lange in Erinnerung bleiben, wofür jedoch in erster Linie die schlechte Arbeit der Mischer die Verantwortung trägt. An der Location können solcherlei Probleme übrigens nicht liegen, zumal andere Konzerte wie jene von Fear Factory oder Shakra mit gutem Sound glänzten.

Absolute Highlights des Tages waren die beiden europäischen Truppen Stillbirth und Gutalax. Beide überzeugten nicht nur mit ihrer extremen Musik, sondern auch mit den auf ihre Art blöden und stumpfsinnigen Konzepten und hervorragenden Eskalationsschüben im Publikum. Abgesehen von Die-Hard-Fans anderer Bands dürften mir hier wohl die wenigsten Besucher widersprechen.

Dutti: Meine Höhepunkte dieses ausverkauften Gemetzels hiessen Stillbirth (die haben wahrlich alles und jeden abgeräumt!), Gutalax und Cattle Decapitation. Die zumeist miese Soundqualität bei den Ami-Bands war dagegen in der Tat eine unschöne Angelegenheit.

Was wird uns die Zukunft bringen? Sicherlich ein Züri Gmätzlets Vol. IV! Das Ganze wird am 8. März 2025 erneut im Zürcher Dynamo über die Bühne gehen. Mit Suffocation, Avulsed, Kraanium und Serrabulho stehen auch schon die ersten Bands fest. Also brav in der Agenda vormerken.


Wie fandet ihr das Festival?

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