The real Sepultura …
Die Cavalera Bros n’ Family ist wieder mal unterwegs. Also eigentlich sind die ja – zumindest Max – in all ihren Ausführungen omnipräsent. Dieses Mal sind die beiden einmal mehr mit dem inoffiziellen Sepultura-Käppi im Z7 zugegen.
Man hat ja so seine Pflichttermine. Wo auf dem Roster Max C. drauf steht, holt pam sich seine regelmässig Groove-Dosis ab. Denn keiner grooved im Thrash mehr als der brasilianische Altmeister (OK, das Wort „groove“ kommt in verschiedenen Ausführungen noch das eine oder andere Mal im Text vor …). Und wenn er dann noch unter der Flagge von Sepultura mit Bruder Igor segelt, dann gibts sowieso kein Halten mehr. Nach mehrjährigen «Return To Roots»- und «Return Beneath Arise»-Touren, als die Alben 4, 5 und 6 auf den Bühnen dieser Welt (wieder) präsentiert wurden, sind sie jetzt mit den beiden ersten und wohl für die meisten unbekannten Scheiben «Bestial Devastation» und «Morbid Visions» unterwegs . Diese beiden haben die Cavaleras auch vorab neu aufgenommen und über Nuclear Blast re-released. Die noch ganz rohe Zeit in einem modernen Gewand (Bestial Devastation und Morbid Visions als CD/Vinyl portofrei bestellen).
Doch bevor es mit dem brutalen Groove-Gewitter losgeht, darf noch ein weiteres Familienmitglied mit seinen Jungs ran.
Incite
Denn dieses ist schliesslich als Kind in den Zaubertrank des Metals gefallen. Der Sohn von Max’ Frau Gloria und somit sein Stiefsohn – Richie – wuchs durch und durch mit Metal auf. Entweder hätte er voll gegen seine Eltern rebelliert und wäre jetzt als deutscher Schlagerstar unterwegs oder er lässt dem Schicksal seinen Lauf. Er hat sich glücklicherweise für Zweiteres entschieden. Und Leute, der Trank des Metals wirkt immer noch. Auch 15 Jahre nach der Gründung seiner Band «Incite» geht der ab wie eine wildgewordene Giraffe – nicht wegen dem langen Hals, sondern wegen seiner schlanken und in die Länge gezogene Statur. Da hätte Max ihm mal was abgegeben können …
Ich habe Richie beziehungsweise Incite 2012 nach einem Soulfly-Konzert am Earshakerday in Basel kennengelernt (siehe in der Review von damals ein paar Worte zu ihm). Dabei hab ich Richie nicht nur eines meiner all-time Lieblingsshirts – von Soulfly – abgekauft, sondern auch die Debutscheibe seiner Band Incite. Und die hatte es schon in sich.
12 Jahre später wirkt er immer noch jugendlich, geht ab, als wäre es seine erste Tour und nutzt die Chance als Support von den Cavaleras. Doch das ist nicht das erste Mal, dass die gemeinsam Konzerte bestreiten. Umso höher schätze ich seinen Aktivismus auf der Bühne. Denn er könnte sich ja auch sagen: Hey, die Leute finden mich ja nur schon wegen meinen Eltern cool und der Headliner wird mich eh nicht aus dem Billing schmeissen. Doch unabhängig von seinem Stammbaum liefern Richie und seine Truppe eine sehr coole Show mit groovigem Thrash Metal , welcher seine Herkunft nicht verleugnet.
Also von mir aus dürfen Incite gerne fix im Paket mit Soulfly-Cavalera -und-was-noch-alles-aus-diesem-Hause-kommt unterwegs sein. Kurzweilige Show mit viel Aktivität, coolen Moves und starkem Sound.
Cavalera
Zur Hauptband gibt es eigentlich nicht mehr viel Zusätzliches zu sagen , ausser dass auch die ganzen alten, frühen Songs, die man wenig bis kaum kennt, live sehr gut funktionieren und abgehen. Es muss wohl an den Brüdern und da vor allem an Max liegen, dass einfach im Live-Gewand alles hinhaut, was von denen gespielt wird. Und der Máximo Líder des Thrash strahlt nach wie vor viel Charme mit Schalk in den Augen aus.
Im (Thrash) Metal ist «Cavalera» eine sehr starke Trademark. Dort wo der Name draufsteht, sind immer viel Groove und einfach geniale Musik und Live-Shows drin. Umso weniger nötig hätten es die beiden, dass sie sowohl mündlich als auch schriftlich auf den Screens drauf hinweisen, dass sie die wahren Sepultura seien. Das kommt natürlich bei den Fans in Ektase in diesem Moment gut an; zugegebenermassen auch bei mir. Und trotzdem hinterlässt es ein bisschen einen faden Beigeschmack. Max und später Igor haben Sepultura freiwillig den Rücken gekehrt – aus welchen Gründen auch immer. Max hat sich später mit seinem Bruder Igor versöhnt, so könnte er es ja ebenfalls mit Andreas Kisser machen. Da braucht es eine solche Breitseite nicht (mehr). Obwohl wir zu diesem Zeitpunkt noch alle nicht wussten, dass Sepultura 2024 auf Abschiedstournee sein werden … oder wussten die Cavaleras da schon mehr? Zumindest hab ich diesen Spruch in früheren Shows von ihnen nie wahrgenommen.
So oder so, die beiden Lager haben bewiesen, dass sie auch unabhängig voneinander geniale Musik raushauen. Und Andreas Kisser hat dem Namen Sepultura sorge getragen und gerade die letzten Outputs – vor allem die letzte Scheibe «Quadra» – sind von allerhöchster Groove-Qualität (siehe Review), wie es scheinbar nicht nur die Cavaleras können, sondern auch ein Kisser unter der Flagge Sepulturas.
Das Fanzit – Cavalera, Incite
Incite waren wie gewohnt ein starker Opener. Da können sich die beiden Cavaleras auf den Stiefsohn von Max wie gewohnt verlassen. Und so banal es tönt, aber wo Cavalera draufsteht, ist jede Menge Groove im Dache des Thrash Metals vorhanden. Cavalera funktionieren auch mit unbekannteren Songs live sackstark. Es sollte schlussendlich eines meiner Top-5-Konzerte im Jahre 2023 sein (siehe Jahreshitliste) – wobei es hätte ebenso die Show von Soulfly am Masters of Rock 2023 sein können (siehe Review). Doch wenn man an einem solchen Konzert gleichzeitig noch einen speziellen Menschen kennenlernt, dann ist es definitiv a night to remember und das, was aus einem Hammerkonzert ein Hammerkonzertabend macht.