Anette Olzon Rapture Cover Artwork
Fr, 10. Mai 2024

Anette Olzon – Rapture

Power Metal, Symphonic Metal
31.05.2024
Anette Olzon Rapture Cover Artwork

Hoffnungsvoller Endzeitsoundtrack

Fällt der Name Anette Olzon im Zusammenhang mit Nightwish, gehen die Meinungen meilenweit auseinander. Doch es wäre töricht, die bodenständige Schwedin auf ihre fünf Dienstjahre bei der grössten Symphonic-Metal-Institution zu begrenzen. Anette ist mehr. Viel mehr!

Allein der Gedanke, die Nachfolge von Tarja Turunen anzutreten, erfordert Mut und setzt musikalisch gesprochen eine grosse Schuhnummer voraus. Wird man zudem aus 2’000 Bewerberinnen selektioniert und gezielt ausgewählt, kommt das einem Jackpot gleich. Leider ist der langjährige Nightwish-Fan weithin nicht auf die musikalischen Änderungen und Anpassungen vorbereitet. Aus opernhaft gotischem Symphonic Metal entwickelt sich gestählter Soundtrack. Anettes Stimmlage wird zur Fan-Krux, obwohl sie sich perfekt ins neue Soundgewand einfügt.

Jenseits von Nightwish

Nightwishs «Dark Passion Play» (2007) und «Imaginaerum» (2011) zählen rückwirkend als Pfeiler einer neuen Ära, die dann mit Floor Jansen fortgeführt wird. Anettes Anteil am musikalischen Meisterwerk mit cineastischem Ausmass fliesst in ihre künstlerische Laufbahn ein. Sie nimmt ihren Posten bei der AOR-Band Alyson Avenue wieder auf und arbeitet an ihrem ersten Soloalbum. Dieses fällt unter dem Titel «Shine» (2014) zwar etwas poppig aus, lebt aber unüberhörbar von Anettes gesanglicher Qualität.

Das italienische Label Frontiers wird auf die Schwedin aufmerksam und verbindet sie mit Jani Liimatainen, Mitbegründer und Gitarrist von Sonata Arctica. Unter dem Namen The Dark Element erscheinen das gleichnamige Debutalbum (2017) und «Songs The Night Sings» (2019). Beides herausragende Platten, die unvermeidbar mit Nightwish in Verbindung gebracht werden. Allerdings sind die Ähnlichkeiten höchstens im Ansatz vorhanden; The Dark Element ist wesentlich erdiger und direkter.

Anette ist musikalisch längst angekommen, setzt aber bei der Zusammenarbeit mit Symphony-X-Goldkehle Russell Allen noch eins obendrauf. Ein weiterer Baustein in ihrer Solokarriere, die mit dem Album «Strong» (2021) wiederholt positiv aufhorchen lässt.

Entrückendes Erlebnis

Trotz guter Resonanz bleibt Anette dem kommerziellen Rockstarleben fern. Stattdessen lässt sich die dreifache Mutter zur Krankenschwester ausbilden, was sich offensichtlich inspirierend auf ihre musikalische Entwicklung auswirkt: Das dritte Soloalbum «Rapture» reisst vom ersten Ton an mit und überrascht mit ausgereiftem Songwriting auf ganzer Linie. Mitverantwortlich ist die Kooperation mit Tausendsassa Magnus Karlsson, der Anettes Soundvision packend einzufangen und umzusetzen weiss. Obendrauf verpasst Mastering-Experte Jacob Hansen dem Ding den perfekten Feinschliff.

«Rapture» bietet eindeutig mehr Dramaturgie als die bisherigen Produktionen – aber auch mehr Power, Growlingeinlagen inklusive. Der Einstieg ‹Heed The Call› steht dafür als bestes Beispiel. Lyrisch wird man in ein bekanntes Szenario versetzt: die Apokalypse. Ein Konzept, das dem gesamten Album zugrunde liegt und sich spezifisch mit der biblischen Entrückung auseinandersetzt. Doch damit betreibt Anette keine biblisch-christliche Zeigefingerpropaganda. Vielmehr verarbeitet sie ihren Glauben mitsamt Ängsten und Zweifel sowie Hoffnung und Zuversicht im Angesicht des zunehmenden Weltchaos.

Besonders persönlich wird es bei ‹Hear My Song› – einem Lied, das Anette gemäss eigener Aussage für ihre Kinder geschrieben hat. Als Vermächtnis, sollte sie mal nicht mehr da sein. Eine berührend schöne Ballade, die textlich zusätzlich unter die Haut geht.

Doch Anettes Stimme ist nicht nur für Balladen bestimmt. Allein der Kontrast mit den Growlings von Ehemann Johan Husgafvel passt wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer. Bei Songs wie ‹Arise›, ‹Head Up High›, ‹Creedy World› oder dem hymnischen Titeltrack spielt Anette die ganze Bandbreite ihres Könnens aus. Ihre Stimme wirkt jederzeit kontrolliert und hält selbst grossen kompositorischen Stürmen (Day Of Wrath, Take A Stand) in ausharrender Ruhe stand.

Das Fanzit Anette Olzon – Rapture

Wie das biblische Ereignis der Entrückung erscheint «Rapture» aus dem vermeintlichen Nichts … und überrascht gewaltig! Anette Olzon zieht mit ihrem dritten Soloalbum Bilanz zu ihrer bisherigen Karriere. Mit einer Schnittmenge aus Symphonic, Melodic sowie Power Metal bis hin zu Melo-Death bringt die ehemalige Nightwish-Dame selbst hartgesottene Nörgler zum Schweigen.

Das Schöne an der Geschichte ist, dass Anette sich mit der Vergangenheit versöhnt hat. Entsprechend wirkt jeder einzelne Song geerdet und fokussiert und ist von einer spürbaren Hoffnung getragen. Genau das macht «Rapture» im wahrsten Sinne des Wortes zu einem entrückenden Erlebnis. Selbsterfahrung höchst empfohlen!

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Trackliste Anette Olzon – Rapture

  1. Heed The Call
  2. Rapture
  3. Day Of Wrath
  4. Requiem
  5. Arise
  6. Take A Stand
  7. Cast Evil Out
  8. Greedy World
  9. Hear My Song
  10. Head Up High
  11. We Search For Peace

Line Up Anette Olzon

  • Anette Olzon – Vocals
  • Magnus Karlsson – Guitar / Bass / Keyboards
  • Anders Köllerfors – Drums
  • Johan Husgafvel – Growls

Video Anette Olzon – Rapture


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 9.5/10



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31.05.2024
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