Heimweh nach dem Hochgebirge
Motherland ist der englische Begriff für Mutterland. Wenn eine Band ihrem neusten Album diesen Titel verpasst, liegt die Vermutung nahe, dass sie ein Werk präsentieren möchte, welches die Verbundenheit mit ihrer Heimat verarbeitet. So geschehen im Fall von Concrete Age.
Motherland präsentiert dabei zuvorderst eine Facette des Folk Metals, die in der aktuellen Musiklandschaft nicht sehr häufig anzutreffen ist. Concrete Age beginnen nämlich im Death Metal-Basiscamp, von wo aus sie die leichte Thrash Metal-Route in Richtung Folk Metal-Anhöhe nehmen. Die alpine Analogie kommt nicht von ungefähr, denn die selbsternannten Death Metal Monks von Concrete Age stammen aus der Kaukasusregion, wenngleich sie seit zehn Jahren in London zuhause sind. Der Einfluss der ursprünglichen Heimat zieht sich, wie eingangs bereits angedeutet, durch das komplette Album. Weniger einem roten Faden gleich, sondern vielmehr einer Grundtextur, die fest in den Klangteppich aller neun selbst komponierten Songs (sowie in das Arrangement des abschliessenden Coversongs) eingewoben ist und gleichzeitig Farbtupfer sowie eine verbindende Struktur bildet.
Die Lieder sind voller Energie und tänzerischer Melodien, zu denen sich eine urtümliche Perkussion gesellt. Darin vermengen sich osteuropäische mit vorderasiatischen Einflüssen und Concrete Age bewegen sich mit ihrer Musik sinnbildlich gesprochen mal auf der einen, mal auf der anderen Seite des prägenden Gebirges ihrer Herkunftsregion. Die daraus geformte Melange verfügt nicht nur über einen hohen Wiedererkennungswert, sondern schafft es darüber hinaus, sich als weitgehend einzigartig in der Musiklandschaft zu platzieren.
Die erste Albumhälfte erklimmt die Gehörgänge mit einem treibenden Stück nach dem anderen und obwohl mit «Raida Rada» ein gnadenloser Hit gleich den Anfang bildet, schafft es die Band auch mit den folgenden Songs die Intensität aufrecht zu erhalten. Mit Erreichen der zweiten Hälfte zeigt sich allerdings, dass der Albumaufbau noch einiges mehr an Potenzial geboten hätte. Das sehr abwechslungsreiche, eingängige «Cossack’s Pride» hätte sich zwei oder drei Plätze weiter vorne auf der Tracklist besser in den Hörfluss eingefügt und damit «Adeghaga», das mit an Jodel erinnernden Einsätzen aufwartet, mehr Raum gegeben, um sich zu entfalten. Auch das instrumental gehaltene «Shalaho» bringt eine neue Note ein, und würde zu einem früheren Zeitpunkt im Ablauf noch mehr zum Album in seiner Gesamtheit beitragen, als es dies bereits so tut.
Etwas aus der Reihe tanzt schliesslich der allerletzte Track, «Hasbulat», bei dem es sich um ein Cover eines Popsongs aus dem Kaukasus handelt, der im Original vom lokalen Sänger Magamet Dzybov stammt. Concrete Age machen sich das Lied vollständig zu eigen und fügen es in das auf Motherland vorherrschende Klangbild ein. Trotzdem bildet es im Albenkontext eher einen Bonussong als einen integralen Bestandteil des Gesamtwerks.
Das Fanzit zu Concrete Age – Motherland
Motherland, das übrigens via Soundage Productions erschienen ist, bietet eine einmalige klangliche Reise ins Hochgebirge des Kaukasus. Die Vermischung der verschiedenen kulturellen Einflüsse, die Concrete Age in ihrer Musik vornehmen, führt zu einem einzigartigen Ergebnis, das gleichzeitig mit Exotik punktet und sich seine Zugänglichkeit bewahrt. Die Ballung der Lieder, welche dem Sound des Albums neue Elemente hinzufügen, ist in der zweiten Albumhälfte zwar etwas unglücklich, aber die hohe Qualität der einzelnen Songs tröstet über dieses Manko hinweg. Concrete Age bieten auf Motherland Folk Metal ihrer ganz eigenen Art und holen sich damit auf dem Weg zum Gipfel mühelos 8.5 Punkte.
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