Elvellon - Promobild 2024 Paul Epp
Mi, 8. Mai 2024

Elvellon – Interview mit Nele und Jan

Symphonic Metal
14.05.2024
Elvellon - Promobild 2024 Paul Epp

Ein liebevoll geknüpftes Netz der Musik

Die deutsche Symphonic Metal – Hoffnung Elvellon veröffentlicht am 17. Mai 2024 ihr zweites Album „Ascending in Synergy“ (zur Review). Ein Werk, das stilistisch gekonnt zwischen den frühen Anfängen des Symphonic Metal auf der einen, und einem modernen, zeitgemässen Ansatz auf der anderen Seite balanciert. Wir durften Nele Messerschmidt (Gesang) und Jan Runkel (Bass) vorab zu diesem Meisterwerk befragen.

Das Interview fand aus termintechnischen Gründen meinerseits für einmal auf schriftlichem Wege statt (ein sogenannter Mailer), was dem Informationsgehalt jedoch keinerlei Abbruch tat. Auch im Umgang mit den Medien erweisen sich Elvellon bereits als echte Profis. Doch warum mussten die Fans stolze sechs Jahre auf den Nachfolger von „Until Dawn“ [siehe auch die Review von Domi The Stick] warten? Wie sind diese magischen Songs entstanden, woher kommen die Inspirationen für die Texte? Und: Was halten Nele und Jan (die meine Fragen gemeinsam beantwortet haben) von der Bezeichnung „Nightwish vom Niederrhein“? Viel Spass beim Lesen!

Metalinside.ch (Sandro): Ein liebes Hallo aus der Schweiz! Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für die Beantwortung meiner Fragen nehmt! Wie würdet ihr Elvellon jemandem erklären, die/der die Band noch nicht kennt?

Elvellon: Wir sind eine deutsche Symphonic Metal Band, die die Musik macht, die sie wirklich fühlt. Wir alle sind mit dem Sound und der Magie des Symphonic Metals der 1990er/2000er Jahre verflochten. Weitere Inspirationen stammen von Künstlern wie Hans Zimmer. Einflüsse aus dem Bombast von z.B. Soundtracks sind bei uns somit sicher auch zu finden. Die Musik zu schreiben, die wir wirklich fühlen, bedeutet für uns, dass es sowohl verträumt, ruhig und hoffnungsvoll, als auch mitreissend laut und alles dazwischen werden kann. Eine gut platzierte Portion Orchester darf sicherlich ebenfalls nicht fehlen. Gut arrangierte, klug inszenierte & ehrliche Musik ist das, was wir anstreben – in der Hoffnung, dass sich der Zuhörer in das von uns liebevoll geknüpften Netz der Musik fallen lassen kann.

MI: Ziemlich genau sechs Jahre sind seit der Veröffentlichung eures ersten Albums „Until Dawn“ vergangen. Was waren die Gründe für diese – ich nenne es mal – lange Schaffenspause?

Elvellon: Das stimmt, es war eine lange Zeit. Eine Zeit, die wir als Band, retrospektiv betrachtet, brauchten. 2019 waren wir mit Visions of Atlantis auf Tournee, haben wundervolle Festivals, wie das Rockfest Barcelona, das Rockharz oder auch das Dong Open Air spielen dürfen. Wir waren überzeugt, dass wir nun endlich richtig durchstarten konnten. Dann kam Covid-19. Wir als Band, die neue Songs vor allem gemeinsam im Proberaum kreiert, haben einen grossen Rückschlag durch die hiesigen Restriktionen erlebt. Zwar haben wir alles gegeben, um uns so häufig wie möglich zu sehen. Leider aber war es schlicht nicht ausreichend, um der Musikrichtung, die wir machen, gerecht werden zu können. Vor allem, wenn wir bedenken, dass wir alle Inspiration brauchen, um etwas Neues schaffen zu können.

Woher kommt aber Inspiration, wenn man zu Hause im Lockdown sitzt und darauf hofft, dass die Welt dieses Virus und seine Folgen heil übersteht? Ein weiterer Grund war, dass wir uns menschlich alle einen riesigen Schritt weiter entwickelt haben und dies galt es nun mit in ein intaktes Bandleben zu integrieren – das braucht wahnsinnig viel Zeit. Und zu guter Letzt haben wir an unserem Songwritingprozess gefeilt. Wir haben uns neu positioniert, um ein bestmögliches Debut mit bzw. bei unserem neuen Partner Napalm Records abliefern zu können. Mit diesem haben wir dementsprechend auch beschlossen, dass wir uns nicht hetzen lassen. Denn das Ziel ist der bestmögliche Start mit einem neuen Label.

MI: Wann habt ihr mit den Arbeiten am neuen Album begonnen? Gab es eine Art Trigger-Event, bei dem ihr euch gesagt habt: „So, jetzt aber!“?

Elvellon: Einen genauen Zeitpunkt können wir gar nicht mehr ausmachen. Soweit ich mich erinnere, muss es 2019/Anfang 2020 gewesen sein. Wir alle hatten unendlich viel Motivation, uns endlich an die bis dahin unangetasteten Ideen zu setzen, die wir bereits gesammelt hatten. Ein besonderes Triggerevent gab es nicht, da für uns von Beginn an klar war: wir wollen neue Musik schreiben.

MI: „Ascending In Synergy“ erscheint mir sehr reif, vielschichtig, das Songwriting sehr abwechslungsreich und durchdacht. Und vor allem „The Aeon Tree“ hat mich sehr berührt. Wenn ich solche Lieder höre, frage ich mich, wie sie wohl entstanden sind. Wie läuft das Songwriting bei euch ab? Und müsst ihr dabei manchmal kreative Differenzen innerhalb der Band ausgleichen?

Elvellon: Im Normalfall spielt unser Keyboarder Pascal uns eine Idee vor. Daraus nehmen wir oft nur einen winzigen Teil – es können auch mal nur zwei Takte sein – und versuchen, den Song sich selbst schreiben zu lassen. Dabei gibt es häufig dieses spezielle Elvellon-Feeling. Wir wissen einfach, dass es ein Song wird, der von uns geschrieben werden will. Dabei sind kreative Differenzen ganz bestimmt nicht auszuschliessen. Wir sind eine Band, die aber alles demokratisch entscheidet. Daher stammt vielleicht das Gefühl der Vielschichtigkeit bei dir. Hier und da kann es natürlich auch mal ein Veto zu einer Idee geben und zwischenzeitlich knallt es auch mal – wie in jeder Familie. Aber wir finden immer wieder gut zusammen und bringen den Song genau so zu seinem verdienten Ende.

MI: Wie wichtig sind für euch die langsameren, tragenden Songs? Die eben erwähnte Power-Ballade „The Aeon Tree“ sorgt ja für echte Hühnerhaut-Momente!

Elvellon: Das ist eigentlich ganz einfach: Die Mischung macht’s. Eine gute Balance zwischen ruhigen, bombastischen und „heavieren“ Stücken ist für uns wichtig.

MI: Wie entstehen bei euch die Lyrics, woher nehmt ihr die Ideen?

Elvellon: Den Grossteil der Lyrics hat dieses Mal Nele geschrieben. Da aber jeder seinen kreativen Raum bei uns ausschöpfen soll, hatten auch Maddin & Gilbert ihren lyrischen Anteil am Album. Nele beschreibt das Texten meist wie eine Art „channeln“. Häufig ist ihr dabei nicht von Beginn an bewusst, worüber sie eigentlich schreiben will. Das kristallisiert sich dann erst im Laufe des Songs raus. Ihre Ideen stammen grösstenteils von dem, was sie erlebt und wie man es aus der echten Welt in die Welt von Elvellon übertragen kann.

MI: Welcher der neuen Songs von “Ascending in Synergy” liegt euch besonders am Herzen?

Elvellon: Es sind alles unsere Babys. Und es fällt mir immer schwer, eines davon zu bevorzugen. Aber ein ganz besonderer für mich ist wohl „A Legacy Divine“. Er ist eine Einladung des Lebens an die Person, die es lebt.

MI: Im Internet bin ich über den Begriff „Nightwish vom Niederrhein“ gestolpert. Wie stehst du zu solchen Vergleichen?

Elvellon: Wir sind da immer zwiegespalten. Einerseits ist es häufig einfacher, um zu beschreiben, welche Art Musik wir machen. Und es ist natürlich ein Wahnsinns-Kompliment mit den Musikgrössen in diesem Genre verglichen zu werden – es spricht ja sehr für unsere musikalische Qualität. Allerdings ist es aus künstlerischer Sicht natürlich immer schwierig. Wir als Künstler wissen zwar, wir haben das Rad nicht neu erfunden. Aber dennoch haben wir (und tun es heute noch) sehr hart an unserer eigenen DNA gearbeitet. Wir möchten ungern im Schatten einer anderen Band stehen und Vergleiche sind auf Basis der geschaffenen Kunst meist eher abträglich.

MI: Welche Bands oder Künstler haben euch am meisten beeinflusst und wie spiegelt sich das in eurer Musik wider?

Elvellon: Wie gesagt, sind wir alle sehr mit dem Symphonic Metal der 1990er & frühen 2000er Jahre verflochten. Das steckt schon sehr tief in uns drin. Hier wären für uns alle selbstredend Nightwish zu nennen. Gilbert & Nele halten z.B. Within Temptation sehr in Ehren.

Nichtsdestotrotz beeinflusst uns alle aber auch ein weitgefächerteres Genregebiet. Pascal zieht z.B. viel Inspiration aus Bands wie Finntroll oder Dimmu Borgir. Maddin hält den Filmkomponisten Hans Zimmer in Ehren. Und Jan kommt generell eher aus der Death Metal Richtung. Das, was uns inspiriert und etwas in uns auslöst, beeinflusst dann eben auch, welche Musik wir schreiben.

MI: Mit dem Vertrag bei Napalm Records habt ihr einen weiteren wichtigen Schritt nach vorne gemacht. Wie hat sich das auf den Entstehungsprozess des aktuellen Albums oder generell (Promo, Kontakte zu Leuten im Business etc.) ausgewirkt?

Elvellon: Beeinflusst hat es unsere Musik nicht direkt. Diesen Vertrag eines Tages zu unterschreiben, war immer das, wovon wir in unseren Jugendjahren und bei der Gründung der Band geträumt haben. Damals hatten wir noch keine Ahnung, was so ein Vertrag überhaupt bedeutet. Heute macht es die Arbeit innerhalb der Band aber um ein Vielfaches professioneller, einfacher und gleichzeitig zeitintensiver. Mir persönlich gibt es oft das Gefühl, dass die Zeiten, in denen meine Liebe zur Musik von anderen als Hobby abgetan werden konnte, nun endlich vorbei sind. Wir haben mit Napalm Records einen starken Partner an der Hand, der uns dabei unterstützt, den Traum des Musikerseins zu leben – so hart es auch manchmal sein mag.

MI: Noch ein paar persönliche Fragen: Wie stehst du zu Sozialen Medien wie Facebook oder Instagram?

Elvellon: Ich persönlich sehe beide Seiten von Social Media. Einerseits ist es ein wunderbares und halbwegs einfaches Tool, um News und Infos unter unsere Fanbase zu bringen. Es ist möglich, sich global zu vernetzen und neue Menschen zu erreichen sowie selbst auf dem Laufenden zu bleiben.

Die andere Seite ist, dass ich kein Fan von Likes etc. bin – denn die scheinen die neue Währung zu sein. Wir haben es durchaus schon erlebt, dass wir aufgrund von „zu wenig Likes & Followern“ als Supportact abgelehnt wurden. Sprechen unsere Likes & die Followeranzahl denn tatsächlich für unsere Qualität? Oder liegt es vielleicht doch daran, dass uns der Algorithmus nicht gnädig ist und will, dass wir ihn mit Werbeschaltung finanziell bestechen? Es steht für mich mittlerweile ein enormer Druck hinter Social Media und die Vorteile, die es ursprünglich mal hatte, verflüchtigen sich in der Realität dann oft – auch wenn ich sie als Person immer noch mit Sozialen Medien verknüpfe.

MI: Gab es auch Momente, in denen du dich und dein Tun als Musiker hinterfragt hast, ob sich das alles wirklich lohnt?

Elvellon: Ich denke, das haben wir alle in irgendeiner Form bereits durchlebt. Je länger ich in der professionellen Musikszene unterwegs bin, desto mehr verinnerliche ich Sätze wie „Musik gehört zur brotlosen Kunst“ oder „Musiker sein kannst du nur, wenn du es wirklich mit ganzem Herzen willst!“

Es steht so viel Organisation und Herzblut, Zeit und Aufwand, Kreativität & Leidenschaft hinter einer Band wie Elvellon. Wir verbringen einen grossen Teil des Tages mit der Band – vor allem, wenn ein Release ansteht. Hier musste mein Umfeld auf harte Weise lernen, dass es oft hinten ansteht. Wie viele Ereignisse, Festivitäten, Chancen für einen anderen Lebensweg etc. ich habe ausschlagen müssen, kann ich an meinen beiden Händen gar nicht mehr abzählen. Dabei sind es dann die Menschen, die ich durchaus vernachlässigen musste, die dann bei einem wichtigen Konzert in der ersten Reihe stehen oder ihren ganzen Freundeskreis mobilisieren, um beim Crowdfunding zu spenden.

Ich könnte ohne diesen bedingungslosen Rückhalt keine Musik machen. Und bisher kann kein Mitglied unserer Band von der Arbeit (persönlich & musikalisch) in der Band leben. Das lässt uns alle dann und wann zweifeln. Und dann steht man gemeinsam im Proberaum und spielt einen bedeutungsvollen Song zum ersten Mal gemeinsam, oder unsere Fans überwältigen uns mit ihrem Einsatz. Oder wir stehen mittags um 12 Uhr auf einer Festivalbühne und gehen davon aus, dass da noch kein Besucher aus seinem Delirium erwacht ist. Und was ist? Wir spielen die ersten Töne und eine schwarze Masse stürmt über das Infield bis vorn zur Bühne. Das sind die Momente, die uns Kraft und Zuversicht geben. Wenn jemand mit Tränen in den Augen vor mir steht und mit mir teilt, wie sehr diese Person unsere Songs brauchte, und ich sehe, dass mein Instrument bis in das Herz eines anderen dringen kann. Dann fühlt es sich an, als hätte ich die Möglichkeit, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Dafür lebe ich.

MI: Was bringt dich zum Lachen?

Elvellon: Bandtechnisch gesprochen: Maddin, unser Schlagzeuger! In einer Situation, in der ich konzentriert und ernsthaft sein muss, ist Maddin mein Endgegner. Ich kann nicht genau beschreiben, was es ist, aber sein Humor schlägt bei mir jedes Mal voll ein.

Ansonsten sind es z.B. für mich nostalgische Sitcoms und Freunde. Wenn ich in der Natur unterwegs bin und mir begegnet ein kleines Wunder, dann bringt es mich auch zum Lachen. Eigentlich passiert jeden Tag so viel, was uns alle zum Lachen bringen kann – man muss es nur schaffen, die Augen danach offen zu halten 🧡

MI: Schlagzeuger scheinen im Allgemeinen ein lustiges Völkchen zu sein (siehe auch die Aussage von Jennifer Haben). Gibt es zum Schluss noch etwas, was du deinen Fans sagen oder allgemein hinzufügen möchtest?

Elvellon: Ich bedanke mich im Namen der ganzen Band bei euren Lesern und unseren Fans für das Interesse – ohne euch könnten wir nicht die Band sein, die wir sind! Wir heissen jeden, der neu dazu gekommen ist, herzlichst willkommen und freuen uns, dass so viele Fans immer noch an unserer Seite stehen.

Wenn ihr uns unterstützen wollt, bestellt jetzt unser Album bei Napalm Records vor, besucht uns auf Instagram (@elvellon_band) oder auf Facebook (Elvellon), teilt unsere Musik und macht unsere Songs zu euren! Am 24.05.2024 freuen wir uns riesig, mit euch den Release von „Ascending In Synergy“ im Bollwerk 107 in unserer Heimat Moers zu feiern (Tickets dazu können ebenfalls vorbestellt werden)! Wir können es kaum noch erwarten, mit euch zu teilen, woran wir die letzten Jahre mit vollem Herzen gearbeitet haben!

MI: Vielen Dank für eure Zeit! Ich wünsche euch eine erfolgreiche Veröffentlichung von „Ascending In Synergy“ und viel Spass bei all den spannenden Momenten, die noch folgen werden!

Video Elvellon – A Vagabond’s Heart

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14.05.2024
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