Metalinside.ch - All For Metal - Z7 Pratteln 2024 - Foto Daniel Betschart
Do, 25. April 2024

Lordi, All for Metal, Crimson Veil

Z7 (Pratteln, CH)
22.05.2024

Lordi und Z7, eine Bubengeschichte in sieben Streichen

Am 25. April war die Monstertruppe Lordi wieder einmal im Z7. Supportet wurden die Finnen von Crimson Veil und All for Metal. Wobei letztere und der Headliner das Publikum ganz unterschiedlich aus dem Häuschen lockten…

Natürlich hat der Abend genau gar nichts mit der Bubengeschichte von Max und Moritz zu tun. Ausser, dass es eben der siebte Lordi-Streich in der Prattler Konzertlocation war. Ganz im Sinne der unzähligen Wortwitze aus der Feder von Mr. Lordi konnte ich diese Titelvorlage dann aber nicht unverwertet lassen.

Das siebte Mal Lordi im Z7 ist das also, wenn man den Angaben in der immer wieder spannenden History auf der Z7-Homepage glaubt*. Bei fünf der sieben Konzerte war ich selbst vor Ort, stelle ich zudem erstaunt fest. Über eine solche Zeit – mein erstes Mal mit Lordi liegt fast genau elf Jahre zurück – eine gewisse Entwicklung festzustellen, ist völlig normal. Zumal in dieser Zeit auch der eine oder andere Line Up-Wechsel vorgenommen wurde (was beinahe eine Untertreibung ist, aber das ist ein anderes Thema). Ob Lordi die selbstverursachten Erwartungen 2024 auf der «Unliving Pictour Show» erneut erfüllen, erfahrt ihr in den nächsten Zeilen.

*Besagte History kann noch so interessant sein, eine Prise Skepsis ist immer und überall angebracht. Während dem Schreiben dieser Review bemerke ich, dass die Lordi-Show im Rahmen der Eisheiligen Nacht 2013, also im Vorprogramm von Subway to Sally, gar nicht in der History erfasst ist. Somit kommt die gesamte Einleitung zu spät, oder in anderen Worten: Ich hätte sie bereits für die Lordiversity-Tour vor eineinhalb Jahren verwenden müssen.

Crimson Veil

Doch kommen wir zum Thema: Der Musik. Der persönlichen Logistik sei Dank schaffen wir es wieder einmal sauknapp nicht pünktlich in die Halle. Es schlägt Punkt 19 Uhr, als ich mich dem Z7 nähere, und von drinnen klingt auch schon Live-Musik. Glaubt man der Setlist, dürfte ich jedoch wirklich nur die ersten paar Töne verpasst haben. Und überhaupt sind das da drin gar nicht die schwedischen Progessive Heavy Metaller Supreme Unbeing, die eigentlich als Opener vorgesehen waren. Nein, diese mussten aus gesundheitlichen Gründen nämlich bereits ab dem Tourauftakt in Stockholm aussetzen. So stehen heute im Z7 jene Musiker auf der Bühne, welche schon auf einem beträchtlichen Teil der Tour für Ersatz sorgten: Crimson Veil aus Brighton.

Musikalisch weht der Wind aus einer ganz anderen Richtung, als er es bei Supreme Unbeing getan hätte. Crimson Veil setzen nicht auf melodiöse, eingängige Riffs und liefern stattdessen düstere, atmosphärische Songs mit repetitivem, progressivem Charakter. Optisch untermalt wird dies mit paganen Elementen wie dem Kopfschmuck von Sängerin Mishkin Fitzgerald und Streicherin Hana Piranha oder dem Kapuzenmantel von Gitarrist Garry Mitchell. Schlagzeugerin Anna Mylee geht aufgrund des ohne Drumriser platzierten Drumsets etwas unter, wenn auch sie musikalisch einen wichtigen Platz in den rhythmischen Songs der Briten einnimmt.

Optischer Blickfang mag zwar Fronterin Mishkin sein, die nicht nur mit den grösstenteils zärtlichen, fast schon nur für sich selbst gesungenen Vocals besticht, sondern auch durch ihre Ausdruckstanz-Eskapaden auffällt. Doch der instrumentale Teil überzeugt mich persönlich viel mehr. Die sich langsam konstruierenden Melodien in einer derart geheimnisvollen Atmosphäre sind bestimmt nicht jedermanns Sache, doch werte ich deren rhythmischen Charakter als sehr positiv. Es ist die erste Tour von Crimson Veil und das Quartett ist sehr kurzfristig eingesprungen. Ob sie besonders gut zu All for Metal und Lordi passen, ist dabei eher zweitrangig.

Übrigens: Das Songmaterial der Engländer ist momentan noch eher spärlich erhältlich. Crimson Veil sind erst seit kurzem unter diesem Namen unterwegs; live kommen jedoch Songs zum Zug, die sie unter dem vorherigen Namen Birdeatsbaby veröffentlichten. Der erste waschechte Crimson Veil-Release steht jedoch bereits in den Startlöchern: Ab dem 23. Mai ist die Single «Flinch» online verfügbar.

Setlist – Crimson Veil

  1. Painkiller
  2. Shift
  3. Illuminate
  4. Flinch
  5. Hex

All for Metal

Als Nächstes ist eine jener Bands an der Reihe, die schon ganz zu Beginn ihrer Existenz einen schlagartigen Aufstieg zu verzeichnen hatten. Nur ein Jahr nach der Gründung spielten All For Metal vergangenen Sommer ihre ersten Gigs (Metalinside berichtete vom zweiten Auftritt der Bandgeschichte am Rockharz Open Air). Jetzt, kein Jahr später, befinden sich All for Metal – so betont es auch Co-Fronter Tim «Tetzel» Schmidt – auf ihrer zweiten Tour. Nicht nur das, zumindest hier im Z7 ziehen die sechs KriegerInnen auch eine beträchtliche Schar in die Location, weshalb sich diese besser oder zumindest früher füllt als beim letzten Lordi-Konzert vor eineinhalb Jahren.

Mit dem Song «All for Metal» startet die deutsch-italienische Truppe nicht nur kraftvoll in ihr Set, sondern gibt sogleich ein Versprechen ab: Für den Metal wollen sie alles geben. Das gesangliche Duo Antonio Calanna und Tetzel kommt auch heute sehr gut beim Publikum an und dies hoffentlich nicht nur aufgrund der muskelbetonten Oberkörper. Eine schier unbändige Energie bringen jedoch auch die beiden Gitarristinnen Ursula Zanichelli und Jasmin Pabst sowie die maskierte Rhythmusfraktion (Bassist Florian Toma und Drummer Leif Jensen) auf die Bühne. Songs wie «Raise Your Hammer», vor welchem es eine kurze Showeinlage mit Thors Hammer gibt, oder «Mountain of Power» lassen das Publikum eifrig mitfiebern. Wobei man schon auch beachten muss, dass dem sprichwörtlichen Funken fast schon mit Flammenwerfern (zum Beispiel in Form von Dauer-Fäustereck-Aufrufen, Mitsingspielchen und den beiden fast durchgehend anwesenden Tänzerinnen) nachgeholfen wird.

Die Zeichen stehen auf Show. So spielen besagte Tänzerinnen zum Beispiel bei «Hear the Drum» mit, wobei die theatralischen Schläge jedoch alles andere als soundgetreu sind und daher zum Glück durch die im Studio aufgenommene Soundspur ersetzt werden. Auch ansonsten wirken die Ansagen gar einstudiert und auch das Merch-in-die-Menge-Werfen ist nicht neu. So schwingt während dem gesamten Auftritt eine unauthentische Note mit. Selbst nach dem zweiten Auftritt bin ich mir nicht sicher, ob der Sechser sich ernst nimmt oder auf Parodie setzt. Dieser Graubereich zwischen den beiden Extremen hinterlässt leider einen schalen Beigeschmack.

Eines muss man All for Metal jedoch lassen: Das Publikum haben sie erfolgreich mitgerissen und wenn sie an den richtigen Hebeln drehen (und auch bald weitere qualitativ hochwertige Songs nachlegen, was sie mit der heute gespielten Single «Gods of Metal» schon andeuteten), dürfte die Band weiterhin steil aufsteigen.

Setlist – All for Metal

  1. All for Metal
  2. Fury of the Gods
  3. Raise Your Hammer
  4. Born in Valhalla
  5. Mountain of Power
  6. Hear the Drum
  7. Legends Never Die
  8. Gods of Metal
  9. Goddess of War

Lordi

In der zweiten Pause zieht es mich kurz nach draussen – schliesslich muss man auch noch kurz etwas zwischen die Beisser haben – und an die drei Merchstände. Gerade Lordi haben ein riesiges Arsenal dabei: Unterschiedliche Shirt-Motive pro Musiker und rund ein Dutzend verschiedene käuflich zu erwerbende Sticker. Vorne bei der Bühne angekommen, dauert es nicht mehr lange und der übliche Pre-Show-Track «God of Thunder» von Kiss dröhnt aus der Anlage.

Die vier Monster an den Instrumenten beziehen Stellung am Bühnenrand respektive links und rechts der grossen Türe, neben welche das Schlagzeug und das Keyboard platziert wurden. Aus ebendieser tritt kurz darauf Mr. Lordi und es geht los mit «Unliving Picture Show», welches der «Pictour» den Namen leiht. Nach einer kurzen, humorvollen Begrüssung (‘Guten Abend, meine Damen und Herren, ich will deinen Arsch lecken’) und dem Aufziehen des heutigen Running Gags (es ist nicht ‘ja ja’, sondern das auf der schweizerischen Sprachlandschaft basierende ‘ja oui’) folgt ein weiterer Song des neuesten (nicht neuen, aber neuesten, wie Mr. Lordi betont) Albums «Screem Writers Guild». Dieses stellt ganze sieben von siebzehn Songs, welche vor allem in der ersten Showhälfte platziert werden.

Den zweiten Fokus des Abends benennt Mr. Lordi schon vor Song Nummer drei: Es sind die Songs vom Zweitalbum «The Monsterican Dream», dessen Release sich dieses Jahr zum zwanzigsten Mal jährt. Diese fokussierte Songwahl setzt die Reihe abwechslungsreicher Setlists fort, denen die finnischen Monster jeweils einen Schwerpunkt verleihen. Zuletzt waren es zum Beispiel das Jubiläum des Debüts «Get Heavy» (unter anderem am Wacken Open Air 2022) oder die im selben Jahr folgende Promotion des «Lordiversity»-Albenzyklus. Bei der heutigen Songwahl vom Zweitalbum stellt sich mir schlussendlich nur eine Frage: Wo bleiben «Pet the Destroyer» und «Fire in the Hole»?

Nun gut, das ist jetzt Motzen auf hohem Niveau. Schliesslich bieten Lordi dem geneigten Fan, der mehr als nur ein gewisses «Hard Rock Hallelujah» und daneben vielleicht noch Songs über einen Daddy, einen verlierenden Teufel oder die Liebe zu einem Monster kennt, einen spannenden Flashback in die Anfänge der Bandgeschichte. Wobei alle diese Must-haves natürlich brav geliefert werden. Auch hier hätte ich für die Zukunft einen Wunsch: Wieso nicht wieder einmal «Bringing Back The Balls To Rock» anstelle von «Who’s Your Daddy» als zweite Vertretung von «The Arockalypse» wählen? Immerhin handelt es sich bei diesem Schmuckstück um einen von zwei Kandidaten für die ESC-Kandidatur – jenen zwar, der es bekanntlich nicht an den Contest schaffte.

Etwas, das Lordi 2024 ebenfalls beibehalten, sind die vier Instrumental-Soli: Am meisten Zuspruch nicht nur von mir, sondern auch vom Rest des Publikums, scheint dabei Manas Schlagzeug-Solo zu erhalten. Kein Wunder, schliesslich setzt der Trommler mit der weltbekannten Fanfare der 20th Century Studios und dem unschlagbaren Ohrwurm der Cantina Band auf zwei Kompositionen, deren Kult nur schwer zu übertreffen ist. Gegen diese Drum-Einlage stinken Hellas Keyboard-, Hiisis Bass- und Kones Gitarrensolo meiner Meinung nach etwas ab. Trotzdem, ohne diese Soli wäre eine Lordi-Show nicht komplett und im Gegenzug wird auf andere Verschnaufpausen verzichtet.

Nicht einmal für längere Illusionstricksereien unterbrechen die Finnen ihre musikalische Show. Es werden keine Prostituierten aufgeschlitzt, keine Puppen geschlachtet, keine Babys geschüttelt und keine Clowns umhergejagt. Stattdessen beschränken sich Lordi auf spärlich gesäte, sehr kurze Theatersequenzen und die üblichen Requisiten: eine aus der zentralen Tür schnellenden Puppe, die grossen Flügel an Mr. Lordis Rücken, seine Doppelaxt, eine blutspritzende Kettensäge und eine Nebelpistole. Für alle, die wegen Show-Elementen nach Pratteln gereist sind, dürfte dieser Punkt allenfalls etwas schwach ausfallen und auch ich fände ein oder zwei auf die Songs zugeschnittene Einlagen toll. Wenn dafür jedoch mehr Songs gespielt werden, kann ich über diese Reduktion durchaus wegsehen.

Viel zu schnell vergeht ein kurzweiliges Set voller Heavy Metal der Marke Lordi und unzähliger Sprüche zu ‘ja’ und ‘oui’. Nach der Abhandlung, ob man ein Monster daten würde, eröffnet Hella mit einer kürzer als auch schon ausfallenden Keyboard-Spielerei das Intro zu dem Grande Finale, das Lordi wohl nur unter Protest aus dem Set streichen könnten. Übrigens, wurde eigentlich das Bühnenbild falsch aufgebaut oder wurde die werte Tastenfrau absichtlich so weit hinten platziert, dass man sie manchmal kaum sieht? Wie auch immer: Nach dem Eurovision-Gewinner-Song «Hard Rock Hallelujah» ziehen Lordi endgültig einen Schlusstrich unter ein gewohnt gutes, wenn auch nicht besonders hervorstechendes Konzert.

Setlist – Lordi

  1. Unliving Picture Show
  2. Lucyfer Prime Evil
  3. My Heaven Is Your Hell
  4. Bloodred Sandman
  5. Mana’s Solo (Drums)
  6. In the Castle of Dracoolove
  7. Scarecrow
  8. Thing in the Cage
  9. Hella’s Solo (Keyboard)
  10. The Children of the Night
  11. Who’s Your Daddy
  12. Wake the Snake
  13. Hiisi’s Solo (Bass)
  14. Kalmageddon
  15. Shotgun Divorce
  16. Kone’s Solo (Guitar)
  17. Inhumanoid
  18. Dead Again Jayne
  19. Devil Is A Loser
  20. Would You Love A Monsterman?
  21. Hard Rock Hallelujah

Das Fanzit – Lordi, All for Metal, Crimson Veil

Mit dieser Wertung habe ich bereits einen Teil des Fanzits vorweggenommen: Lordi liefern 2024 wieder eine unterhaltsame Show, die jeden Franken des Eintrittsgelds wert ist. Erneut kamen die Tricks à la Alice Cooper etwas zu kurz, und ganz so humorvoll wie zum Beispiel zu «Scare Force One»-Zeiten zeigte sich Bandoberhaupt Mr. Lordi auch nicht mehr. Mit dem konsequenten Zusammenstellen abwechslungsreicher Setlists – auf dieser Tour mit Fokus auf das aktuelle Album und das zwanzigjährige «The Monsterican Dream» – befriedigten die rockenden Monster aber erneut gerade langjährige Fans. Was will man mehr? Ich freue mich jetzt schon ungemein auf weitere Jubiläumsshows. Schliesslich wäre als Nächstes bereits «The Arockalypse» an der Reihe, und auch bis «Babez for Breakfast» dauert es nur noch schlappe sechs Jahre…

Festzuhalten gilt es zudem, dass die deutschen Newcomer All for Metal beinahe als Co-Headliner hätten geführt werden müssen. Zumindest scheinen sie den einen oder anderen zusätzlichen Besucher an die Lordi-Show gezogen zu haben, und stimmungstechnisch konnten Tetzel und seine Truppe die anwesenden Metalheads deutlich stärker animieren. Textsicherer war die Menge dann aber trotzdem beim Headliner und ob All for Metal ihre aktuelle Erfolgswelle halten können, wird sich zeigen.

Was die kurzfristig eingesprungenen Opener angeht: Obschon sie stilistisch vielleicht nicht so gut zu den beiden anderen Acts passten, brachten sie die Besucherschar mit ihrem packenden Liedgut erfolgreich auf Betriebstemperatur. Crimson Veil sind definitiv eine weitere Beobachtung wert!

Die Fotos – Lordi, All for Metal, Crimson Veil

von Daniel Betschart von The Art 2 Rock


Wie fandet ihr das Konzert?

22.05.2024
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