Metalheadz Open Air 2024
Fr–Sa, 10.–11. Mai 2024

Metalheadz Open Air 2024 – Sorcerer, Gatekeeper u.v.m

Oberndorf am Lech (Bayern, DE)
31.05.2024
Metalheadz Open Air 2024

Er kam als Fremder und ging als Freund

Sold out: ein Status, der als Messwert für die Beliebtheit einer Veranstaltung dient. Ein Statement für einen erfolgreichen Event. Wenn ein Festival diese zwei Wörter mehrere Jahre in Folge über das Plakat mit dem Lineup hämmern kann, dann werden die Organisatoren einiges richtig machen. Es scheint daher also empfehlenswert zu sein, sich einmal näher mit dem Metalheadz Open Air zu beschäftigen.

Das Metalheadz Open Air kann mit seiner zwölften Ausgabe schon auf eine beachtliche Geschichte zurückblicken und trotzdem stellt es für mich Neuland dar. Ausgerichtet wird das Festival vom Verein Bavarian Metalheadz. Die Bavarian Metalheadz HMF e.V. sind ein eingetragener Verein, der im Jahr 2010 gegründet wurde. Der Verein „hat die lokale, wie auch überregionale Förderung und den Erhalt der Heavy Metal Szene in Bayern zum Ziel. Dies geschieht hauptsächlich durch die Organisation von Veranstaltungen, bei denen die Gäste die Möglichkeit haben, Auftritte von Bands zu erleben, die selten oder nie in Bayern spielen, oder auch lokalen Acts Gigs vor Publikum zu ermöglichen sowie die Möglichkeit für alle Interessierten, neue Kontakte innerhalb der Szene zu knüpfen.“ So steht es auf der vereinseigenen Website und zu den erwähnten Aktivitäten zählt eben auch das Metalheadz Open Air, das jeweils in Oberndorf am Lech stattfindet.

Metalheadz Open Air 2024 – Tag 0 (Donnerstag, 9. Mai)

Oberndorf am Lech ist zwar ländlich gelegen, aber gar nicht so weit weg, wie man im ersten Moment vermuten möchte. Nur rund 330 Kilometer von Zürich entfernt, befindet es sich innerhalb einer Distanz, die angenehm zu bewältigen ist. So komme ich nach rund 4 1/4 Stunden Fahrt an und werde von den Platzeinweisern ganz nach hinten auf die Campingflächen gelotst. Was jetzt negativ tönen könnte, ist im Gegenteil ein grosser Glücksfall, denn so treffe ich auf eine erfahrene Crew aus Stammgästen, die alle aus etwa fünf Kilometern entfernten Ortschaften herkommen und mich, ohne zu zögern, herzlich willkommen heissen. Von ihnen erfahre ich dann auch, dass sich der Besuch der Warm-up-Party erst so etwa ab 18 Uhr lohnt, obwohl das Gelände bereits drei Stunden früher geöffnet ist. Geöffnet heisst in diesem Fall, dass die Bar alle Durstigen mit Getränken versorgt, ein reduziertes Angebot an Speisen gekocht wird und das Gelände mit Musik beschallt wird, während die fleissigen Helferinnen und Helfer noch die letzten Handgriffe erledigen, um alles für den morgigen Tag bereit zu machen. In dieser ungezwungenen Atmosphäre ergeben sich rasch Gespräche und da jeder irgendwie jeden kennt, lassen sich mühelos neue Bekanntschaften machen. Die Offenheit der Metalszene verschmilzt hier mit der Gastfreundschaft der bayrischen Landschaftsbevölkerung und das Ergebnis dieser Kombination ist mitreissend. Da fällt es gar nicht so leicht, die Party früh genug zu verlassen, damit ausreichend Energie für die kommenden zwei Tage verbleibt. Aber zum Glück klappt es dann doch.

Metalheadz Open Air 2024 – Tag 1 (Freitag, 10. Mai)

Nach einer kalten Nacht begrüsst uns vom Morgen weg strahlender Sonnenschein. Heute gilt es ernst und auch wenn der eine oder die andere hier am Festival noch mit den Nachwehen des gestrigen Abends zu kämpfen hat, gibt sich der Zeitplan keine Blösse und lädt zur Mittagszeit (genauer um 12:30 Uhr) zum metallischen Mahl. Auf dem Speiseplan stehen verschiedene der klassischen Metalgenres und ich habe keine einzige der Bands, die heute spielen, zuvor live gesehen. Abgesehen von Gatekeeper und Smoulder, denen ich im Internet auch schon mal über den Weg gelaufen bin, sind es sogar alles gänzlich Unbekannte für mich. Dann mal auf zur Horizonterweiterung.

Defender

Der Balinger Band Defender gebührt die Ehre, das Metalheadz Open Air 2024 zu eröffnen. Mit klassischem Heavy Metal trifft die Truppe grundsätzlich den Nerv vieler anwesenden Metalheadz, zumindest wenn man sich an den Patches auf den vielen Kutten hier vor der Bühne orientiert. Mit einer grosszügigen Spielzeit von 50 Minuten ausgestattet, beginnt das Quartett, sich für sein in absehbarer Zeit erscheinendes Debütalbum zu empfehlen. Defender machen dabei einen soliden Job, schaffen es aber nicht ganz, den musikalischen Spannungsbogen über die ganze Dauer ihres Auftritts zu ziehen. Trotzdem bleibt der eine oder andere Song hängen wie zum Beispiel „Bang Your Head Again“, den sie extra für das gleichnamige Festival, das mittlerweile der Vergangenheit angehört, geschrieben haben. Und vor allem in den vorderen Reihen ertönt auch viel Jubel von den Fans. Hätte die Band nur 30 Minuten gespielt, wäre der Auftritt möglicherweise knackiger rübergekommen. So verbleiben Defender als ein Einstieg in das heutige Tagesprogramm, der nicht herausragend, aber ganz in Ordnung ist.

Battlecreek

Ob die nächste Band da eine Schippe drauf zu legen vermag? Der Speiseplan (alias Running Order) sieht im Anschluss gleich nochmals einheimisches Schaffen vor. Die Rede ist von Battlecreek, die auf der Bühne ansetzen, mit Thrash Metal etwas mehr Härte in den frühen Nachmittag zu bringen. Die Publikumsreihen haben sich gegenüber dem Auftritt von Defender etwas gelichtet, doch die vier Herren lassen sich davon den Spass nicht nehmen. Ihnen ist im Gegenteil unverhohlen anzusehen, wie viel Freude ihnen das Konzert hier bereitet. Diese Ungestümheit kollidiert allerdings etwas mit dem eher gemächlichen Energielevel im Publikum, so dass die Forderung nach einem Circlepit ungehört in den Weiten der umliegenden Felder verhallt. Battlecreek machen aber unbeirrt weiter, bewegen sich viel und zeigen eine engagierte Leistung. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. So sagen sie einen neuen Song an, korrigieren sich dann, sie hätten ihn vor 11 Jahren bereits gespielt, nur um dann selbstironisch das Fazit zu ziehen, dass er vor 11 Jahren neu gewesen war, aber sie ihn jetzt erst richtig können würden. Als die vier Jungs schliesslich ihre 50 Minuten ausgeschöpft haben, hat sich ein breites Grinsen auf mein Gesicht geschlichen. So macht Thrash Metal einfach Spass.

Mortician

Eigentlich sähe die ursprüngliche Running Order nun vor, dass Prediction auftreten. Doch anscheinend gab es hier noch eine Änderung in den letzten Tagen, denn vor uns stehen Mortician. Die stammen ebenfalls aus Österreich, spielen aber eine andere Art von Musik. Wir kehren nämlich zurück zu mehr Heavy Metal. Klassisch ist hier nur der Vorname, haben Mortician nämlich letztes Jahr ihr vierzigjähriges Jubiläum gefeiert. Den passenden Track „40 Years of Metal“ präsentieren sie uns auch heute. Trotz der vielen Jahre auf dem Buckel macht die Band einen sehr dankbaren Eindruck, was die Auftrittsmöglichkeit und den Publikumsaufmarsch angeht. Besonders Gitarrist Thomas Metzler wirkt bei seinen Ansprachen sehr bodenständig, was dies angeht. Mit verstreichender Zeit wirken allerdings die Songs von Mortician etwas gleichförmig. Möglicherweise liegt das auch an der Zusammenstellung der Setliste, so ganz genau kann ich es nicht festmachen. Am Engagement der Bandmitglieder sicher nicht, denn die machen alles richtig auf der Bühne und erhalten dafür auch den entsprechenden Zuspruch aus dem Publikum (wobei die gespielte Zugabe dann nicht unbedingt lautstark eingefordert wird). Insgesamt also ein solides Konzert, dem wir hier beiwohnen dürfen.

Prediction

Weiter geht es anschliessend mit den Wiederholungstätern Prediction. Das Duo aus Österreich war bereits 2019 auf dem Metalheadz Open Air zu Gast und konnte mit seinem Gemisch aus Black und Thrash Metal der alten Schule anscheinend auf voller Linie begeistern. Dann sind wir mal gespannt, ob ihnen heute, fünf Jahre später eine Wiederholung gelingt. Leute, die sich für die Band interessieren scheinen auf jeden Fall einige hier zu sein, denn der Bereich vor der Bühne ist überraschend gut gefüllt. Als einzige Band beider Tage haben Prediction etwas Deko mitgebracht. Zum einen schmücken zwei Sensen den Mikroständer, zum anderen etwas Corpsepaint die Gesichter der zwei Protagonisten. Das untermalt visuell schön, was wir akustisch geboten kriegen. Die Mischung aus Black und Thrash Metal kommt ziemlich rumplig daher und schafft es in der ersten Hälfte des Sets zwar nur bedingt, sich durch die friedliche sonnige Nachmittagsstimmung zu kämpfen, aber entfaltet sich schliesslich in der zweiten Halbzeit doch noch ausreichend, um punkten zu können.

Mit einer besseren Abmischung wäre möglicherweise noch mehr drin gelegen. Der Mix hat nämlich aktuell gerade noch ziemlich Luft nach oben, obwohl er bisher bei allen Bands völlig zufriedenstellend war. Doch hat sich das Ohr einmal daran gewöhnt, kann es Songs wie „The Gates of Angband“ und vor allem „Hordes of Hades“ durchaus etwas abgewinnen. Deshalb hätte ich mir als Zugabe auch lieber nochmals einen eigenen Song gewünscht als das – immerhin gelungene – Celtic Frost-Cover „Into the Crypts of Rays“.

Wings of Steel

Nun wird es transatlantisch: Aus Los Angeles nämlich stammen die sich soeben bereit machenden Newcomer Wings of Steel. Angepriesen als eine Mischung aus alten Judas Priest und Queensrÿche haben die Jungs ganz traditionellen Heavy Metal im Gepäck. Damit stossen sie auf das grösste Interesse bei den anwesenden Metalheads bis jetzt: Der Zuschauerbereich ist dicht bestückt mit Fans und Neugierigen, als das Quintett loslegt. Sehr schnell werden einige Dinge klar. Erstens: Wings of Steel sehen zwar aus wie eine Glam Metal-Band, spielen aber viel schwereren Heavy Metal mit leichter Schlagseite zum Epic Metal hin. Zweitens: Sänger Leo Unnermark hat richtig was auf dem Kasten, Parker Halub an der Gitarre ebenso. Und drittens: den Leuten vor der Bühne gefällt sehr, was sie zu hören kriegen. Rasch erheben sich Wings of Steel-Sprechchöre, während ich um mich herum viele lobende Stimmen vernehme. Das dankt die Band mit einer aktiven Show, bei der alle fünf Mitglieder viel in Bewegung sind. So sehr, dass sie nicht mal mitbekommen, dass zwischendurch die Anlage ausfällt und das Konzert kurzerhand zu einer pantomimischen Show mutiert. Zum Glück kriegen die Technikleute das Problem sehr rasch wieder in den Griff.

Über die ganzen 50 Minuten des Auftritts hinweg, kommt allerdings bei mir je länger, je mehr der Wunsch nach dem einen oder anderen zusätzlichen schnellen Song auf, denn Wings of Steel bewegen sich vornehmlich in langsameren Gefilden. Aktuell liegt das Verhältnis in der Setlist so geschätzt bei etwa 80 zu 20 zugunsten der dramatischen Stücke mit gemächlichem Tempo, dabei beherrschten die Kalifornier die schnellen Tempi durchaus, wie sie da und dort durchblicken lassen. Nichtsdestotrotz hinterlassen Wings of Steel viele begeisterte Fans – bisherige und neu hinzugewonnene.

Mittlerweile macht sich dann auch der Hunger bemerkbar, was mir im Anschluss an den Auftritt die Gelegenheit gibt, das Verpflegungsangebot genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben Klassikern wie Steak oder Bratwürste im Brötchen sind vor allem die Käsespätzle mit Zwiebeln beliebt. Fein ist alles, doch an der Spitze steht der Kartoffelsalat. Wie ich später von einer der Helferinnen erfahre, wird der jeweils selbst gemacht. Dafür dürfte ein nicht kleiner Teil der 150 bis 200 Freiwilligen, welche die Organisation mit helfenden Händen unterstützen, damit beschäftigt sein, Kartoffeln zu schälen. Bezahlt wird über ein Bonmarkensystem, bei dem Karten im Wert von jeweils zehn Euro an der Kasse bezogen werden können, die an Bar und Essensausgabe nur noch abgekreuzt werden müssen. Funktioniert schnell und zuverlässig und da überschüssiges Guthaben auf den Karten am Ende des Festivals wieder ausgelöst werden kann, ist auch keine vorausschauende Planung der Finanzverwaltung notwendig. Apropos Zahlen: die Preise sind wirklich fair. Bier gibt es für 3.50 Euro, Wasser für deren 2 und das Essen bewegt sich je nach Menü zwischen 3.50 und 7 Euro. Damit die Mahlzeit in aller Gemütlichkeit genossen werden kann, stehen nicht nur im Festzelt Bänke und Tische bereit, sondern auch davor mit Bühnensicht. Perfekt um gleich noch die Beine etwas auszuruhen. Gemütlichkeit ist allgemein ein Wort, das zum Metalheadz Open Air passt, wie der Patch auf die Kutte. Alles lässt das Herzblut erkennen, das die Organisatoren in diese Veranstaltung gesteckt haben und atmet ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Sogar der eher simple Festivalname trägt seinen Teil dazu bei, indem er bewirkt, dass die Bands das Publikum nicht mit dem Namen einer Ortschaft ansprechen, sondern ungewollt stilvoll mit Metalheadz. Also Metalheadz, seid ihr bereit für die nächste Band?

Smoulder

Mit Smoulder bleiben wir gerade noch etwas auf dem nordamerikanischen Kontinent. Sie reisen mit zwei im Untergrund (und eigentlich auch darüber hinaus) ziemlich abgefeierten Alben in der Hinterhand aus Toronto an. Die Band hat zuletzt die Doom-Anteile in ihrem Sound etwas zurückgefahren, bleibt aber weiterhin im Epic Metal verankert. Da holt also Bartli nicht nur den Moscht, sondern Frontfrau Sarah Ann auch das Schwert, wofür ihr und ihren vier Mitstreitern eine ganze Stunde zur Verfügung steht. Die nutzen die Kanadier, um uns in das prächtig goldene Licht der Abendsonne gehüllt einen Querschnitt durch ihre bisherigen kreativen Erzeugnisse zu bieten. Von Liedern neueren Datums wie „Victims of Fate“ bis hin zu den Ursprüngen der Band mit „The Sword Woman“ zeigt uns das Quintett sowohl seine doomige Seite als auch die etwas rasantere Ausrichtung am Heavy Metal, die auf dem aktuellen Album vermehrt vorzufinden ist. Das Highlight im Set ist dann das ausschweifende „Dragonslayer’s Doom“, bei dem Sarah Ann nochmals eine Spur an Ausdruck zulegt. Sie ist mit ihren marionettenhaften und dabei trotzdem ekstatisch wirkenden Tanzeinlagen sowieso der Blickfang auf der Bühne, verhält sich doch die Instrumentalfraktion grösstenteils zurückhaltend, was die Bewegung betrifft. Spielerisch überzeugen sie dafür, wobei hier das druckvolle Schlagzeug besonders hervorzuheben ist (was bei DEN Muskeln keine Überraschung darstellt). Im Endeffekt liefern Smoulder den gegenüber zuvor wieder etwas gelichteten Reihen das, was zu erwarten war: eine Stunde schwertschwingenden Metal mit leicht kauzigen Gesangslinien. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Oz

Als nächstes steht der Auftritt der dienstältesten Band am Metalheadz Open Air 2024 an. Oz haben im Jahr 1977 zusammengefunden und sind damit fast von Anbeginn des Metalzeitalters an dabei. Da von der ursprünglichen Besetzung nur noch Schlagzeuger Mark Ruffneck mit an Bord ist und die restlichen Mitglieder des aktuellen Lineups um das Jahr 2015 herum seinen Dienst aufgenommen haben, wirken Oz aber wie eine „normale“ Band und nicht wie Urväter aus der grauen Vorzeit. Was die Spielfreude angeht, könnten sie sowieso nicht weiter entfernt vom Prädikat angestaubt sein. Frontmann Vince zeigt sich als charmanter Unterhalter, der keinen Versuch auslässt, um mit dem Publikum zu schäkern. Mit augenzwinkerndem Humor kitzelt er so viel Energie aus den Leuten, wie es ihm möglich ist. Das erweist sich tatsächlich als Schwerarbeit, scheinen die Leute (wie übrigens schon den ganzen Tag über) die Konzerte eher in Ruhe geniessen zu wollen, als eine überbordende Party zu veranstalten. Die Würdigung der musikalischen Leistung erfolgt vielmehr in den Pausen zwischen den Songs durch laute Oz-Oz-Sprechchöre beziehungsweise generell Jubel und Applaus. Den verdienen sich die fünf Herren mit ihrem melodiösen Heavy Metal ebenso wie das Bier, welches Vince während eines Songs, bei dem er ausnahmsweise keinen Einsatz hat, auf die Bühne serviert. Songtechnisch sind die Highlights aus meiner Sicht vor allem „Dominator“ und „Turn the Cross Upside Down“, das angekündigt wird als der Song, auf den alle gewartet haben. Ein letztes Mal humorvoll wird es schliesslich vor der Zugabe, als das Publikum aufgefordert wird, laut Yes oder No zu rufen, um anzuzeigen, ob es eine Zugabe will. Als sich die Menge nicht zu grossen Reaktionen locken lässt, schraubt Vince kurzerhand die Erwartungen herunter und lässt durchblicken, dass es ihm egal sei, ob Yes oder No gerufen wird, die Leute sollen einfach laut sein. Das wirkt dann, womit Oz ihren kurzweiligen Auftritt nicht nur mit viel guter Laune, sondern auch mit „Fire in the Brain“ beenden können.

Sacred Steel

So langsam biegen wir auf die Zielgerade der Running Order ein, was bedeutet, dass die Auftrittsdauern zunehmen. Die nächsten 70 Minuten gehören Sacred Steel und allem Anschein nach ist die einheimische Band beliebt in diesem Teil Deutschlands. Vielleicht wussten die vielen Zuschauer im Gegensatz zu mir aber auch lediglich schon, dass Sacred Steel mit ihrem engagierten Auftreten eine gute Show liefern, die sogar noch von einigen Pyroeffekten unterstützt wird. Leider ist zum zweiten Mal am heutigen Tag der Sound schlecht, diesmal sogar sehr. Ausser Bass und Schlagzeug ist so gut wie gar nichts hörbar von dem, was da auf der Bühne musiziert wird. Der sowieso bereits schnörkellose nach vorne strebende Heavy Metal verkommt unter diesen Bedingungen zu stumpfem Geballere, was schade ist und der Band ziemlich sicher nicht gerecht wird. Das bestätigt sich in der zweiten Konzerthälfte, als die Abmischung ein wenig differenzierter wird. Jetzt kann ich immerhin heraushören, dass die Songs durchaus nicht von schlechten Eltern sind. „Beyond the Gates of Nineveh“ kommt tatsächlich am besten rüber, wobei „Heavy Metal to the End“ mit seinen Ohrwurmqualitäten ebenfalls offene Türen (oder eben doch Ohren?) einzurennen vermag. Zum Glück sind auch die Ansagen verständlich. Es wäre schade um den trockenen Humor gewesen, der sich bei Sacred Steel wie ein roter Faden durch ihren Auftritt zieht.

Gatekeeper

Und damit wären wir bereits bei der letzten Band des heutigen Tages angelangt. Das ist am Metalheadz Open Air jeweils auch die mit der längsten Spielzeit bestückte Headlinerposition, denn die weit verbreiteten „Rausschmeisserbands“ gibt es hier nicht. Dass gerade Gatekeeper diesen Slot innehaben, obwohl sie eigentlich tendenziell eher noch auf der Geheimtippseite stehen, hat mich doch etwas überrascht. Im positiven Sinne, wohlgemerkt, denn irgendwann müssen auch die nachrückenden Gruppen mal oben in den Line-ups ankommen dürfen. Gatekeeper haben sich das definitiv verdient. Für die beiden bisher veröffentlichten Alben – insbesondere das letzte – haben die Kanadier viele Lorbeeren eingeheimst und sie schaffen es jetzt gerade vor unseren Augen, die dort festgehaltene musikalische Leistung problemlos auf der Bühne umzusetzen. Mit einem hervorragend abgemischten Klang im Rücken spielen sie sich derart auf den Punkt gebracht durch ihr Set, dass es eine wahre Freude ist. Das ganze Konzert ist von Anfang bis Ende ein Schmaus für die Gehörgänge, wobei „Keepers of the Gate“, „From Western Shores“ und „Exiled King“ meine persönlichen Highlights darstellen. Aufgrund der Setzung als Headliner bleibt sogar unterwegs noch Zeit für ein kleines Mitsingspielchen, das Sänger Tyler Anderson angenehm kompakt gestaltet. So verwundert es nicht, dass die Band am Ende noch zu einer Zugabe aufgefordert wird von Fans, ein Begehren, das sie natürlich gerne erfüllt, bevor der Auftritt schliesslich zu Ende ist. Der anschliessenden Afterparty im Festzelt ziehe ich dann das warme Bett vor, um für den morgigen Tag wieder ausgeruht zu sein.

Metalheadz Open Air 2024 – Tag 2 (Samstag, 11. Mai)

Trotz des partylastigen Camping konnte ich eine erholsame Nacht verbringen. Da waren die Temperaturen die grössere Herausforderung: die Bandbreite von schweisstreibender Sonnenhitze bis zu frostig kalten Nächten entspricht ungefähr der Gegensätzlichkeit eines Lagerfeuer-Cervelats der aussen verbrannt und innen roh ist. Egal. Solange die Sonne scheint und die Witterung trocken ist, ist ja eigentlich alles in Ordnung. Da muss nicht mal der Plattenboden mit integrierter Unterbodenentwässerung viel Arbeit verrichten, den die Veranstalter im Bereich vor der Bühne sowie im Zelt verlegt haben und der bei Regen sicher zuverlässig für stabile Bodenverhältnisse gesorgt hätte. Auf jeden Fall beste Voraussetzung um auch heute, am zweiten Tag des Metalheadz Open Air 2024, wieder in den Genuss von vielen Neuentdeckungen zu kommen, denn einzig Total Annihilation sind mir vertraut. Doch zuerst steht noch etwas anderes auf dem Programm.

Weisswurstfrühstück mit N.O.T.

Der Samstag begänne hier am Metalheadz Open Air traditionell mit einem Weisswurstfrühstück, bei dem es musikalische Untermalung von einer Coverband gäbe. Das wären N.O.T. Die vor allem im süddeutschen Raum aktive Band hätte gemäss Website etliche Klassiker im Repertoire und würde mit Songs von Iron Maiden über Manowar bis Slayer für gute Stimmung sorgen bei allen, denen es nach den grossen Hits der Metalgeschichte gelüstet. Daneben würde es einen Flohmarkt geben, offen für alle, die etwas anbieten möchten sowie eine schöne Ergänzung zu den vier Merchständen im hinteren Bereich. Würde. Das alles steht hier im Konjunktiv, weil ich es gerade verpasse. Nicht etwa, weil ich zu spät aufgestanden bin, nein, sondern weil mich meine Zeltplatz-Nachbarn in einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit zum Frühstück – unbeteiligten Beobachter könnte auch der Ausdruck Gelage durch den Kopf gehen – bei ihnen im Camp eingeladen haben. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank dafür.

Was auffällt, als ich dann schliesslich nach zwei Minuten Fussmarsch (die Wege sind ultrakurz an diesem Festival) kurz vor der ersten Band das Gelände betrete: das Kassenhäuschen ist heute nicht mehr so stark frequentiert wie gestern. Da werden vermutlich die 444 Karten für das nächste Jahr, die es hier vor Ort exklusiv zu erwerben gibt, bereits alle einen glücklichen Besitzer gefunden haben. Die restlichen 223 Karten kommen übrigens am 1. Oktober in den Vorverkauf via Internet.

Tyran

Dann beginnen bereits Tyran. Die Truppe gibt es seit 2020 und bei der schlichten Herkunftsangabe Bayern bin ich sicher, dass mindestens ein Mitglied aus höchstens fünf Kilometern Entfernung kommt, so wie irgendwie alle, mit denen ich mich hier am Metalheadz Open Air unterhalte. Ungeachtet der Herkunft sind die Jungs motiviert, den Weckdienst für alle Langschläfer zu übernehmen. Mit Heavy Metal steht es sich natürlich angenehm auf, sodass Tyran zwar nicht gerade in ein Meer von aber doch einige fröhliche Gesichter blicken können. Wie ihr Pendant vom Vortag schafft es die Band nicht ganz, die Spannung über die vollen 50 Minuten zu halten, so dass ich auch hier zum Schluss komme, dass ein kürzerer Auftritt ihr besser zum Vorteil gereicht hätte. Dennoch sorgen Tyran vor allem in Anbetracht des totalen Newcomerstatus für einen guten sowie gut gelaunten Start in den Tag und regen den Appetit auf weitere Konzerte an.

Speedwhore

Im Anschluss geht es schnell zur Sache, denn uns erwartet eine Ladung angeschwärzten Speed Metal, bei dem die Grenzen zum Black-Thrash-Metal-Gemisch fliessend sind. Speedwhore nennt sich das Quartett passend dazu und es bringt einen coolen Sound mit, der bei mir schnell (ha!) auf Gegenliebe stösst. Wenn, ja wenn doch die Motivation bei den Musikern nur halb so gross wäre, wie vorab bei Tyran. Leider ist das nicht der Fall. Der Auftritt plätschert damit schwunglos vor sich hin, dabei wären die Vorzeichen durchwegs auf grün gestanden, sogar was den Publikumsaufmarsch zu dieser eher frühen Stunde angeht. Unter dem Strich bleibt leider nicht viel, das sich nach dem Konzert von Speedwhore nachhaltig ins Gedächtnis brennen würde, wobei ich der Band aufgrund der eigentlich passenden Ausgangslage sicher nochmal eine zweite Chance geben werde in Zukunft.

Amethyst

Amethyst sind als nächstes an der Reihe. Die schweizerischen Heavy Metaller sind erst seit einem Jahr unterwegs auf der Bühne und haben in dieser Zeit knapp 20 Shows gespielt. Das merkt man den selbsternannten Rock Knights aber kein Bisschen an. Sie stehen nämlich gut eingespielt mit einer top professionellen Ausstrahlung auf der Bühne. Die Instrumentalfraktion verbleibt so gut wie die ganze Zeit über an Ort und Stelle, Sänger Freddy wiederum zeigt sich von der aktiven Seite. Bewegungsfreudig tigert er über die Bretter, die die Welt bedeuten und nimmt dabei immer wieder Kontakt zum Publikum auf. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass die Band auch auf einer Bühne, die um einiges grösser ist, keine schlechte Figur machen oder verloren wirken würde. Irgendwie hat der sprichwörtliche Funken aber dann doch Mühe überzuspringen. Ich kann nur nicht genau den Finger drauflegen, weshalb. Vielleicht sind Songs der Marke „Queen of thousand Hearts“ einfach zu vielschichtig, um sofort zu zünden. Nur ganz am Schluss scheint das junge Bandalter schliesslich kurz durch, als Amethyst gutgläubig einen letzten Song ansagen, den aber aufgrund der bereits fortgeschrittenen Zeit umgehend wieder streichen müssen. Dennoch ziehe ich meinen imaginären Hut vor der Selbstsicherheit, die diese fünf Herren ausstrahlen.

Total Annihilation

Keine Ahnung, weshalb mir das so auffällt, aber wie gestern die Österreicher werden auch die Bands aus der Schweiz gleich im Doppelpack eingebettet. So stehen nun Total Annihilation auf dem Programm und wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei den Baslern um die einzige Kapelle am heutigen Tag, die mir (dank ihres Konzerts am Meh Suff! Metal-Festival 2022) bereits bekannt ist. Da bin ich doch mal gespannt, ob ich nun wie damals Metalmitinsider Luke eine Stufe aufsteige und mich von der Mischung aus Thrash und Death Metal, die uns die Band mitgebracht hat, begeistern lassen kann. Ausser mir sind nur wenige andere Leute da, um das herauszufinden. Die musikalische Ausrichtung von Total Annihilation scheint auf spärliche Gegenliebe zu stossen. Die Truppe lässt das aber nicht auf sich sitzen und gibt von Beginn weg alles, was sie hat, um für Action zu sorgen. Da wird auch schon mal Gitarrist Nici ins Publikum hinuntergeschickt, um einen Circlepit anzureissen. Doch die Technik macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Der Wireless-Sender ist zu schwach dafür, sodass er wieder auf die Bühne zurückmuss, damit seine Gitarre überhaupt hörbar ist. Naja, fast hätte es geklappt. Auf jeden Fall war das Metalheadz Open Air 2024 zu keinem anderen Zeitpunkt näher an einem Circlepit dran als in diesen wenigen Augenblicken. Dass sich Sänger Daniel anschliessend beim Abgehen mit dem Mikrofonkabel in der Gitarre verheddert, verkommt da zur Randnotiz. Am Einsatz von Total Annihilation kanns also wirklich nicht gelegen haben und als der Auftritt vorüber ist, bin ich tatsächlich eine Stufe aufgestiegen, und kann mit dem Gehörten auch mehr anfangen als beim letzten Mal.

Coltre

Einen etwas weiteren Anreiseweg hatte die nächste Band. Coltre kommen aus London und bringen uns Songs mit, die in der New Wave of British Heavy Metal verwurzelt sind. Englischer geht kaum (abgesehen vom italienischen Akzent während den Ansagen), wobei die Musik der vier Herren dies auch entsprechend transportiert. Das Quartett gehört zum breiten, spannenden Spektrum der jungen und aufstrebenden Bands, gibt es die Truppe doch erst seit fünf Jahren. Im Fokus steht für den heutigen Auftritt Liedgut vom brandneuen Debütalbum To Watch With Hands To Touch With Eyes, das vor nicht viel mehr als zwei Monaten das Licht der Welt erblickt hat. Ziemlich rasch kristallisieren sich zwei Dinge heraus. Erstens weicht der Gesang von Marco Stamigna hier im Livegewand immer wieder mal vom schmalen Pfad der Kauzigkeit ab und gerät im wahrsten Sinne des Wortes auf die schiefe Bahn. Nicht derart extrem, dass das Konzert dadurch ungeniessbar würde, aber es lässt sich dennoch nicht gänzlich ignorieren. Und zweitens: Die vier Herren stehen da gerade mit einer bemerken-, ja beneidenswerten Lässigkeit und Coolness auf dieser Bühne. Waschechte Musiker, mit jeder Faser ihres Daseins in die aus den Verstärkern schallenden Klänge eingetaucht. Vermischt mit einer überdurchschnittlichen Energie in ihrem Auftreten ergibt das ein treibendes Konzerterlebnis – ohne Chichi, dafür mit Schweiss und Schwielen. Da vergehen die fünfzig Minuten wie im Fluge, allerdings zeigen die anschliessenden Gespräche, dass dies nicht restlos alle im Publikum ebenso empfunden haben.

Karloff

Vielleicht stossen die ähnlich frisch in der Metallandschaft erschienenen Karloff ja auf breitere Zustimmung. Die Oldenburger sind nur zu dritt, was beim Blick auf ihren Musikstil schlüssig scheint. Eine Mischung aus Punk und Black Metal haben sie sich auf die Fahne geschrieben und die Bedingungen, welche ihnen die Soundcrew auf den Leib schneidert, sind hervorragend, um das Beste aus diesem Gebräu herauszuholen. Das fetzt dann dementsprechend gleich mal wirklich amtlich. Die Band hält sich dabei keine Sekunde mit Ansagen auf und richtet auch während der Songs keinerlei Worte an die anwesenden Metalheads. Obwohl die konsequente Umsetzung dieses Konzepts eine Erwähnung wert ist, so vermisse ich doch die Interaktion mit den anwesenden Fans, die für mich einfach zu einem Konzert dazu gehört. Vielleicht könnten solche Interaktionen zudem dabei helfen, die sich irgendwann einstellende Monotonie zu durchbrechen. Die Songs beginnen zu verschwimmen und manchmal ist es schwierig, genau herauszuhören, ob Karloff jetzt gerade drei verschiedene Stücke gespielt haben oder ein langes mit mehreren Teilen. Doch da ist der Auftritt bereits zu Ende. Ziemlich abrupt endet das Set, abgesehen von einer anhaltenden Gitarrenrückkopplung verklingen die Instrumente und das Trio verlässt die Bühne. Ein Blick auf die Uhr zeigt: Karloff haben ihre zur Verfügung stehenden 60 Minuten bei weitem nicht ausgeschöpft. Tatsächlich hat das Konzert nur 40 Minuten gedauert, mehr wären allerdings auch nicht nötig gewesen. Nun gut, dann bleibt hat mehr Zeit, um den Auftritt bei einem Getränk an der Bar ausgiebig mit anderen Interessierten zu diskutieren.

Savage Grace

Nach diesen beiden Newcomern gehört die nächste Stunde nun einer Gruppe, die schon über einiges mehr an Dienstjahren auf dem Buckel hat. Die Rede ist von Savage Grace, die aus den USA eingeflogen sind, um das Metalheadz Open Air mit dieser klassischen Mischung aus Heavy und Power Metal zu beehren, welche für Stahlklänge aus den Vereinigten Staaten von Amerika so typisch ist und hier noch mit viel Geschwindigkeit garniert wird. Eine kurze Recherche ergibt, dass von Savage Grace selbst aber nur Gitarrist Chris Logue dabei ist; beim Rest der Band handelt es sich um aus allen möglichen europäischen Ländern rekrutierte Livemusiker. Die gehen aber ab wie die Zäpfchen, während der Bandgründer eher statisch unterwegs ist. Neben mir im Publikum stehen derweil die Jungs von Amethyst, die ab dem ersten Ton voll abgehen. Damit stehen sie im Kontrast zu den Umstehenden, die dem Geschehen grösstenteils in einer aktionslosen Gemütlichkeit beiwohnen – ein Umstand, der mir eigentlich bei allen bisherigen Konzerten aufgefallen ist. Dabei ist der Auftritt wirklich eingängig und die hitverdächtigen Songs wie „After the Fall from Grace“ oder „We came, we saw, we conquered“ laden dazu ein, bereits beim zweiten Refrain mitzusingen, auf jeden Fall aber den Kopf wild zu schütteln. Das hängt vielleicht auch mit dem hervorragenden Job zusammen, den Tasos Lazaris am Mikrofon macht. Sowohl was seinen Gesang angeht als auch mit seinen wohldosierten Ansagen gibt er sich keine Blösse, sondern sorgt massgeblich dafür, dass der Auftritt sehr schnell zum Highlight des bisherigen Tages wird. Mit dem Titeltrack ihres Debütalbums, „Master of Disguise“, beschliessen Savage Grace dann ihren Gig unter absolut verdienten Beifallsbekundungen.

Dead Lord

Nachdem Savage Grace meinen musikalischen Geschmacksnerv sehr zuverlässig getroffen haben, haben Dead Lord höhere Hürden zu nehmen. Hardrock liegt ein wenig ausserhalb meiner Kernvorlieben, was die Welt der verzerrten Gitarrenklänge angeht. Dementsprechend lehne ich mich etwas zurück, als das schwedische Quartett auf die Bühne marschiert. Ein Fehler, wie sich bald herausstellt. Dead Lord spielen nämlich mit ebenso viel Schwung wie Präzision, dass es eine wahre Freude ist. Die Songs haben ein im Rock ’n‘ Roll verwurzeltes Fundament, treibend und tänzerisch. Überhaupt wirkt die Band, als ob sie bereits seit den 70er-Jahren am Start ist, dabei hat sie in Tat und Wahrheit erst ein Dutzend Jahre auf dem Buckel. Natürlich sind die vier Mitglieder keine unbeschriebenen Blätter, was die musikalische Vorerfahrung bei anderen Gruppen angeht, was dann auch die musikalische Qualität erklärt, mit der Dead Lord hier über die Oberndorfer Felder fegen. Zudem fällt Frontmann Hakim Krim mit trockenem Humor auf. Kleine Kostprobe gefällig? „Just in case you forgot: this is the electric guitar. And now let’s see, what you can do with the electric guitar.“ Danke für die Erinnerung, das hätten wir gerade noch selbst zusammengekriegt. Das proppenvolle Infield dankt es ihm mit guter Laune, wohin das Auge auch blickt.

Nur die Bassdrum knallt in der Nähe der Bühne zu stark, doch weiter hinten beim Mischpult tönt alles prima, so dass ich mir den Auftritt lieber von dort zu Gemüte führe. Selbst hier hinten ist es kaum möglich die Füsse stillzuhalten bei derart beschwingten Liedern. Sehr cool ist auch die Aktion beim Thin-Lizzy-Cover „The Rocker“, als einer der Gitarristen von Amethyst als Unterstützung auf die Bühne geholt wird und der Newcomer damit neben dem eigenen Auftritt nochmals eine Plattform bekommt, um zu zeigen, was er so drauf hat. Gegen den Schluss bietet sich sogar noch die Möglichkeit unabhängig vom Vorwissen zum veritablen Hit „Hammer to the Heart“ ganz einfach mitsingen zu können. Etwas schade ist nur, dass dieser Song – der gleich eine ausgedehnte und ebenfalls humorvolle Bandvorstellung umschliesst – nicht das Ende von Dead Lords Auftritt markiert. Er hätte so gut gepasst. Da kann der tatsächliche Rausschmeisser „Ruins“ nicht mehr ganz mithalten. Trotzdem kann ich zusammengefasst sagen: Das hat schlicht und einfach Spass gemacht.

Sorcerer

Im Anschluss an diese leichtfüssige Party haben es Sorcerer nicht leicht, mit ihrem Epic Doom Metal bei mir zu landen. Eine geschlagene halbe Stunde braucht es, die Band ist mittlerweile bei „Crimson Cross“ angelangt, bis die Musik zündet (Passt ja eigentlich zu Doom Metal: Da ist sowieso alles etwas langsamer.). Aber dann tut sie es richtig. Die schweren Riffs erzeugen ihre Sogwirkung und es ist vor allem das Gitarrensolo im erwähnten Song, das mir den Zugang öffnet in die Welten, die Sorcerer mit ihrer Musik aufspannen. Einmal drin, gib es keinen Grund, wieder herauszuwollen. Der Reiseprospekt empfiehlt bald darauf „The Dark Tower of the Sorcerer“ als nächste herauszustreichende Sehens- respektive Hörenswürdigkeit. Anders Engberg übernimmt in der Zwischenzeit die Rolle des Guides, um mit freundlichen, unaufgeregten Ansagen durch das Konzert zu führen. Die nächsten Höhepunkte lassen auch gar nicht lange auf sich warten: „Ship of Doom“, „The Hammer of Witches“ und dann vor allem „Lamenting of the Innocent“, das schon beinahe den Schlusspunkt bildet, sind einnehmende, ja einlullende Hymnen, die uns Sorcerer mitgebracht haben. Der perfekt abgemischte Sound, in dem gerade jede Note eines jeden Instruments hörbar ist, sorgt dafür, dass dem Eintauchen in die Musik nichts im Wege steht. Mit der Bandhymne „The Sorcerer“ (das wäre nun wohl der Herr, der im Dark Tower wohnt) geben die Schweden nochmals alles, was sie haben, um das zahlreich erschienene Publikum mit schwelgerischen Melodien zu versorgen, bevor dann das Ende des mächtigen Gigs unerbittlich zuschlägt und das Quintett zurecht laut bejubelt die Bühne verlässt.

Feuerwerk und Aftershowparty

Es dauert nicht lange, da knallt es. Am Himmel über der Bühne erstrahlen hell die Lichter eines kleinen Feuerwerks zu dem Manowars „Heart of Steel“ aus den Boxen dröhnt. Wie so vieles am Metalheadz Open Air ist auch dieses Feuerwerk handgemacht. Auf jeden Fall macht es den Eindruck, als ob irgendwo da hinten zwei Vereinsmitglieder die Raketen von Hand anzünden, was vielleicht auch der Grund sein könnte, wieso diese nach dem Abbrennen einfach mal so auf dem Zeltplatz niedergehen. Das Ergebnis hat jedoch Charme und das ist doch alles, was zählt. Als die letzten Töne der Ode an die Stahlherzen verklungen sind, nimmt im Festzelt der DJ das Heft in die Hand und im Gegensatz zu gestern erkunde ich heute auch noch die Aftershowparty, an der zu allen möglichen Metal- und Rockklassikern gefeiert wird, von „Wasted Years“ bis zu „Fat Bottomed Girls“. Die Stimmung ist ausgelassen, friedlich und angenehm. Davon nehme ich gerne eine knappe Stunde mit, bevor ich schliesslich zurückkehre ins Camp und dort dem Ruf des Kissens folge. In einem dämmernden Halbschlaf vernehme ich in der Ferne noch energische Stimmen aus dem Festzelt. Hail… hail… hail and kill. Und dann bin ich weg.

Das Fanzit zum Metalheadz Open Air 2024

Der Abreisetag ist immer auch der Moment für die Rückschau. Ausser Bonmarken zurückzutauschen und die wenigen aber stets sauberen WCs ein letztes Mal in Anspruch zu nehmen, bleibt nicht mehr viel zu tun.  Wer hier hinten auf dem Camping eingewiesen wurde, wartet geduldig, bis alle anderen aufgebrochen sind und eine Fahrgasse frei ist. Dabei muss ich gar nicht lange grübeln, um die Highlights der vergangenen Tage benennen zu können. Da wären mal Dead Lord mit ihrem lockeren Gig voller Spass. Savage Grace, die mich musikalisch voll abgeholt sowie einen energiegeladenen Auftritt gespielt haben, gehören ebenfalls dazu. Und genauso verhält es sich mit Gatekeeper, deren präzises, kraftvolles Spiel in Kombination mit spannenden Liedern am Ende alle anderen Gruppen hinter sich gelassen hat.

Neben den musikalischen Höhepunkten ist es vor allem die Geselligkeit, die ich an diesem ausgezeichnet organisierten Festival herausstreichen möchte. Nicht nur kennen sich augenscheinlich sehr viele Festivalbesucher und -besucherinnen, sie sind auch offen gegenüber Neuankömmlingen und bereit, diese umgehend in ihrer Mitte aufzunehmen. Also wenn ihr mal allein auf ein Festival fahren wollt: Hier am Metalheadz Open Air heissen sie euch mit offenen Armen willkommen. Oder um es in den Worten einer der fleissigen Helferinnen (natürlich aus einer etwa fünf Kilometer entfernten Ortschaft) zu sagen: Er kam als Fremder und ging als Freund.


Wie fandet ihr das Festival?

31.05.2024
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