Von schwarzer Farbe und Tannenästen
Am 24. Mai kamen Zuschauende in den Genuss von atmosphärischem Black Metal von Wolves in the Throne Room in der Schüür. Vorab gab es emotionalen Post Black Metal von Gaerea und Doom / Death Metal von Mortiferum.
Dank Veranstalter Metalstorm Concerts macht die «Crypt of the Ancentral Knowledge»-Tour der US-Amerikaner Wolves in the Throne Room mit samt Tourbegleitung, den portugiesischen Gaerea und den ebenfalls US-amerikanischen Mortiferum, Halt in der Schüür in Luzern. Das Line-up verspricht einen düsteren und atmosphärischen Abend.
Normalerweise bin ich sehr gerne bei Türöffnung vor Ort, um mich beim Merch umzuschauen, Getränke zu holen und allgemein nicht zu gehetzt an die erste Band heranzutreten. Dieses Mal will das jedoch nicht gelingen und kurz vor 19:30 stehe ich am Eingang der Schüür. Ein Blick auf die Running Order zeigt mir jedoch, dass ich mich geirrt habe und das erste Konzert nicht – wie gedacht – um 19:30, sondern 19:55 beginnt und ich deshalb noch völlig in der Zeit bin.
Bis zum Konzertbeginn verbringe ich die Zeit draussen im Garten mit einem kühlen Getränk in der Hand. Auch andere Metalheads geniessen das Wetter, schwatzen, trinken ein Bier – und jemand liest sogar ein Buch. Noch kurz beim Merch vorbeigeschaut und schon stehe ich vor der Bühne und warte auf den Opener: Mortiferum.
Mortiferum
Bereits bevor die vier Death / Doom-Metaller auf der Bühne stehen, befinden sich dort eingepackte Banner und Nebelmaschinen. Diese liegen jedoch, wie sich bald herausstellt, für die beiden anderen Bands bereit. Mit ihrer auf die Minute pünktlichen Ankunft bringen Mortiferum auch eine ordentliche Dosis Nebel mit, die aus den beiden Nebelmaschinen am hinteren Ende der Bühne austritt. Das Intro startet – einzelne Basstöne erklingen, die sich für mich wie Herzschläge anfühlen. Als die Band zu spielen beginnt, ist ihre Musik vor allem zweierlei: schwer und düster. Die drei Saitenhexer stehen in einer Reihe, wobei die beiden Gitarristen aussen und der Bassist innen stehen – was zur Folge hat, dass sich der Sänger mit seiner Gitarre rechts aussen befindet. Ich weiss nicht, ob es an meiner Positionierung vorne links oder der Abmischung liegt, aber ich höre die Gitarre und das Mikrofon von Max Bowman leiser als den Rest. Dies ist nicht weiter schlimm, weil es den Sound noch ein wenig düsterer macht. Mir gefällts.
Während dem vierten Song haben Mortiferum plötzlich Tonprobleme, die in Form von einem Klicken, ähnlich eines Weckers, hörbar sind. Die Gesichter der Musiker zeigen eine Mischung aus Verwirrtheit und Enervation. Die Probleme lösen sich noch während demselben Lied und so kann der fünfte und letzte Song ohne Einschränkungen gespielt werden. Ebenso pünktlich wie sie anfangen, hören sie auch auf. Ich habe dies an einem Konzert selten derart exakt erlebt. Mortiferum scheinen die Zuschauenden neugierig zu machen. Bis hinters Mischpult hat es Leute, die sich den Opener anschauen.
Gaerea
Zwischen den Bands gibt es jeweils 30 Minuten Umbauzeit. Gaerea sind anscheinend schon nach 15 Minuten fertig. Auf der Bühne stehen Podeste und die Bassdrum ziert nun das Logo von Gaerea. Auch das Intro der Post Black-Metaller erklingt pünktlich. Es stellt sich heraus, dass die Nebelmaschinen, die bereits bei Mortiferum auf der Bühne standen, für das Konzert von Gaerea bestimmt sind. Hier scheint es also ebenfalls einiges an Nebel zu geben. Einer nach dem anderen betritt während dem Intro die Bühne und die Masken und Verrenkungen der einzelnen Mitglieder weisen wieder auf einen spannenden Auftritt hin. Bereits im Januar durfte ich Gaerea am MehSuff Winterfestival erleben und war von der Energie der Band eingenommen. Das Spiel mit dem Publikum und ihre Masken trugen einen grossen Teil dazu bei, eine fesselnde Show darzubieten. Aber zurück zu heute: Von Anfang an ziehen Gaerea die Anwesenden in ihren Bann. Die Interaktion zwischen Band und Fans ist wieder grandios und animiert zum Headbangen und Geniessen. Auch die Versuche die Zuschauenden zum Fäuste-in-die-Luft-recken zu animieren gelingt.
Beim zweiten Song erblicke ich beim Aufsehen vom Headbangen die Faust des Sängers vor mir, der ich mit meiner einen Fistbump gebe. Durch die Farbe an seinen Händen und Armen habe ich nun ein Souvenir in Form von schwarzen Knöcheln. Nach dem vierten Lied verschwindet der Sänger hinter der Bühne und kommt mit einem Metallkäfig auf dem Kopf zurück. Er erklärt, dass sie ein neues Stück, «World Ablaze» haben, das erst vor einigen Tagen rausgekommen ist. Kurz darauf verteilt auch die Gitarristin in der ersten Reihe Fistbumps, wodurch ich nun zwei farbige Fäuste habe. Beim letzten Song liegt plötzlich die eine Hälfte der Band am Boden und die andere verhält sich still. Der Sänger beschmiert daraufhin einige der mittig stehenden Zuschauenden in der ersten Reihe mit einem Teil der schwarzen Farbe an seinen Händen und performt ohne Mikrofon. Das Ganze ist sehr dramatisch und emotional. Nach einem weiteren Song, und zehn Minuten verbleibender Zeit, verabschieden sich Gaerea von der Bühne.
Wolves in the Throne Room
Während der letzten Umbaupause wird Diverses an Deko auf die Bühne geschleppt: zwei Mikrofonständer mit einer Art Schild und getrockneten Tannenästen, ein Mikrofonständer mit einem Trinkhorn, weitere getrocknete Tannenäste und Blumen und, nicht zu vergessen, verschiedenste elektrische und echte Kerzen, die links und rechts auf einem Podest neben dem Drummer positioniert werden. In deren Mitte hat es ausserdem einen Glaszylinder mit einer Spirale, was sich später als sich drehende Flamme im Glas herausstellt. Ausserdem nutzen Wolves in the Throne Room die Podeste nicht, um darauf zu stehen (oder sich zu verrenken – wie der Sänger von Gaerea), sondern um dort weitere Tannenäste zu deponieren.
Die eingepackten Banner, die bereits bei Mortiferum da oben standen, entpuppen sich jetzt als Banner der Atmospheric Black Metal-Band Wolves in the Throne Room. Die Zuschauenden haben sich mittlerweile vor der Bühne versammelt und die Schüür ist nicht schlecht gefüllt. Sänger und Gitarrist Nathan Weaver sowie Gitarrist Kody Keyworth sind beide in schwarze Mäntel mit Kapuze gehüllt, was die Atmosphäre auf der Bühne mit der Deko und dem ganzen Nebel unterstreicht. Es ist so neblig, dass ich von meinem Platz vorne rechts nicht erkennen kann, was der Drummer trägt. Alle Saitenmusiker haben bei ihrem Instrumentenhals ein blaues Licht montiert, das ebenfalls zum Ambiente beiträgt.
Wie Kollege Dutti in vergangenen Reviews (z. B. 2019) bereits angemerkt hat, sind die Songs der US-Amerikaner eher länger und auch heute ist das kürzeste Lied näher an zehn Minuten als an fünf. Dies trägt jedoch dazu bei, dass die Musiker sich in den Stücken entfalten können und diverse Parts sich immer mit leichten Veränderungen wiederholen können, ohne langweilig zu wirken. Über das ganze Konzert kann ich eintauchen, mich fallenlassen und in den einzelnen Teilen der Lieder schwelgen. Ruhigere und weniger ruhige Parts wechseln sich ab und besonders im Lied „Thuja Magus Imperium“ verschweigt der anfängliche Gesang von Bassist Galen Baudhuin den explosiven mittleren Teil der Komposition. Kurz vor Ende des Konzerts steht Kody Keyworth plötzlich mit einer Art Ausräucherungs-Utensil auf der Bühne und läutet so den Song Cleansing ein, bei dem das Zusammenspiel des Backgroundgesangs von Kody und Galen sehr gut harmoniert. Um etwa zwanzig nach zehn ist das Spektakel vorbei und ich muss mich zuerst sammeln. Mit diesem Auftritt habe ich nicht gerechnet, als ich vor einigen Wochen in die mir damals unbekannte Band reingehört habe.
Das Fanzit – Wolves in the Throne Room, Gaerea, Mortiferum
Und wieder einmal hat es sich gelohnt, in die Schüür zu gehen. Vor allem die Auftritte von Gaerea und Wolves in the Throne Room haben mich mitgerissen. Dies lag primär an der Interaktion von Band und Publikum bei Gaerea sowie der grandios inszenierten Atmosphäre bei Wolves in the Throne Room. Mit Mortiferum war ausserdem ein starker Opener dabei.
Setlist Mortiferum
- Funereal Hallucinations
- Seraphic Extinction
- Incubus of Bloodstained Visions
- Putrid Ascension
- Inhuman Effigy
Setlist Wolves in the Throne Room
- Beholden to Clan
- Twin Mouthed Spring
- Vastness and Sorrow
- Thuja Magus Imperium
- Cleansing
- Crystal Ammunition
- Crown of Stone
- Queen of Borrowed Light