Lärm im Keller
Jungle Rot und XONOR liessen es am Freitagabend in der untersten Etage des Dynamo-Gebäudes ordentlich krachen. Die Leistung der Ostschweizer Thrasher war für einmal nicht gänzlich über alle Zweifel erhaben, aber dafür liess der Headliner aus den USA absolut nichts anbrennen.
Meine Kollegen und ich machten zudem unsere Zahnärzte glücklich. Wie wir das angestellt haben, wird euch irgendwo in den nachfolgenden Zeilen genau erläutert.
Wildes «Dschungel-Abenteuer» im Werk 21-Gewölbe! Veranstalter Good News Productions bringt uns die amerikanische Todesblei-Equipe Jungle Rot nach Zürich. Die heutige Location sollte den Herrschaften eigentlich bekannt vorkommen, denn ich habe sie hier schliesslich schon 2019 einmal in Aktion erlebt. Mit einem schweisstreibenden Abend ist durchaus zu rechnen. Vor der Lokalität geniessen etliche Zürcher das Ferien-Ambiente. Waren die Plätze am See allenfalls bereits überfüllt? Es sieht beinahe so aus. Deswegen muss die Limmat wohl als valable Alternative herhalten. An den diversen Schönheiten, die in ihren Bikinis an einem vorbei stolzieren, hat man(n) wahrlich seine Freude. Aber wir sind ja nicht für irgendeine «Fleischschau» da, sondern möchten uns grundsätzlich mit Live-Musik befassen. Fokus Dutti, Fokus!
Ursprünglich wollte Metalinside-Allvater pam heute noch als Knipser auftauchen, aber dann ist ihm blöderweise ein anderer, wichtiger Termin in die Planung gegrätscht (pam: Und das gurkt mich jetzt grad nochmals ziemlich an, während ich deine Zeilen lese). Tja, somit liegt es wohl an mir, euch dafür mit ausreichend bildlich gesprochenen Phrasen einigermassen solide zu unterhalten. Damit die Kreativitäts-Zentrale ausreichend mit Ideen versorgt wird, muss logischerweise der Flüssigkeitshaushalt des eigenen Körpers optimal stimmen. Also, nix wie hin zur Bar. Eine kühle «Hopfenblondine» ist stets ein Hochgenuss. Kumpel Ruedi hat zusätzlich die fantastische Idee, ein paar «Pfeffi-Shots» zu konsumieren. Dank dieses Mundwassers dürften wir alle bei unseren nächsten Zahnarzt-Besuchen unfassbar brillieren! Aber jetzt darf die laute Beschallung gerne losgehen.
XONOR
Die Aufwärm-Einheit übernehmen die Ostschweizer XONOR. Dass sie als Vorgruppe von Jungle Rot auftreten können, müsste ohne Zweifel ein weiteres Highlight ihrer noch jungen Karriere sein. Ohne Sturmhauben gehen die Akteure höchst selten aus dem Haus, weshalb sie auch am heutigen Abend wieder mit diesen Gesichtsverhüllungen in ihr Set starten. Aufgrund der überschaubaren Spielzeit von 30 Minuten muss das Quartett ziemlich auf die Tube drücken. Gewohnt wild ballern sie uns ihre Thrash-Salven um die Lauscher. Dazwischen stellt Fronter Donagh klar, dass sie aus dem einzigen Kanton stammen, der das Wörtchen «Erdbeertööörtli» richtig aussprechen könne.
Im vorderen Teil des überaus gut gefüllten Kellers toben erste Moshpits. Beim Track «Anti Blitzer Aktion» kickt der Strobo-Effekt richtig rein. Man fühlt sich tatsächlich wie in einem Gewitter. Hoffentlich verteilen die Musiker der ganzen Belegschaft nach der Show nicht etliche Bussen. Oder finanzieren sie dadurch eventuell ihre Gage? Man weiss es nicht. Mit dem poetischen «Dickpics» endet die Sause bereits wieder. Das habe ich freilich alles schon stärker erlebt, aber das sind notabene auch bloss vier Menschen, die von ihrer Tagesform abhängig sind. Schade, dass es die kultige Rausschmeisser-Nummer «Zigipause» nicht mehr in die Performance geschafft hat.
Jungle Rot
Nach einer weiteren Mundspülung sind wir bereit für den Headliner! Dieser lässt sich jedoch ein bisschen Zeit und tritt erst um 21.10 Uhr in Erscheinung… Doch die Entschädigung folgt sogleich. Die Herren aus dem US-Bundesstaat Wisconsin servieren uns ein gnadenloses Death Metal-Brett. Mikrofon-Röchler Dave Matrise wird nicht müde zu betonen, dass ihr Sound «oldschool» sei. Mein Kollege Timo reagiert bei dieser Bezeichnung oftmals leicht allergisch, denn aus seiner Sicht wird das Wort heutzutage von vielen Bands zu exzessiv (und unpassend) verwendet. Aber für die Kompositionen von Jungle Rot gibt es schlichtweg keine bessere Formulierung. Die akustischen Genickbrecher strotzen nur so vor über drei Dekaden Band-Erfahrung. Die Amis räumen ab und verwandeln das Werk 21 in ein Tollhaus!
Während des Auftritts komme ich leider nicht um die Befriedigung des eigenen Harndrangs herum. Dafür nutze ich auf dem Rückweg die Gunst der Stunde und lege einen Boxenstopp am Merch-Stand ein. Der Verkäufer unterbricht wegen meines Shirt-Erwerbs sogar extra kurz seine Luftgitarren-Ekstase. Das nenne ich vorbildlichen Service! Dank der raschen Abwicklung bin ich gerade rechtzeitig zum Kracher «Send Forth Oblivion» wieder zurück am Ort des Geschehens. Das muntere Headbangen kann ungestört weitergehen. Heute präsentieren sich die Herren wirklich von ihrer beeindruckendsten Seite. Beim letzten Mal hat ihnen unsere helvetische Todesdampfwalze Requiem nämlich ein wenig die Show gestohlen. Dieses Risiko droht jetzt nicht. Es gibt ausschliesslich «Rumble In The Jungle» mit dem Headliner (weshalb kommen mir dazu eigentlich immer die «Donkey Kong»-Videospiele in den Sinn?!).
Das Fanzit – Jungle Rot, XONOR
Jungle Rot lieferten eine grandiose Darbietung ab! Der Gig machte von A bis Z Laune (und hätte ruhig noch etwas länger dauern dürfen). Mit solchen Leistungen brauchen sie sich keinesfalls vor mächtigen «Szene-Kalibern» wie Vader, Obituary oder Benediction zu fürchten. «Unsere» XONOR-Haudegen zogen hingegen für einmal eine etwas schwächere Show ein. Und wie sehr mein Schädel nach all den konsumierten Bierchen und «Pfeffi-Shots» morgen brummen wird, möchte ich an dieser Stelle lieber nicht wissen. Dutti over and out!
Setliste – Jungle Rot
- Worst Case Scenario
- Stay Dead
- A Call To Arms
- Beyond The Grave
- A Burning Cinder
- Doomsday
- Population Suicide
- Total Extinction
- Eat Fuck Kill
- Send Forth Oblivion
- Strangulation Mutilation
- Paralyzed Prey
- Face Down
- Strong Shall Survive
- Psychotic Cremation